DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Die nächste Ungleichheit

Erstellt von Redaktion am Sonntag 19. August 2018

Klimawandel und „Flüchtlingskrise“ sind eng miteinander verknüpft

Datei:20150715 xl 145658-o13592-Karikatur--Gerhard-Mester--Klimawandel-und-Kohleverbrennung--Totschlagargument-Arbeitsplaetze.jpg

Autorin   :   Amy Fleming | The Guardian

Hitzewelle Die Teilung in Arm und Reich lässt sich auch beim Klima nicht ignorieren: Während sich Wohlhabende Kühlung verschaffen, schwitzen sich andere tot.

Als in diesem Sommer die Hitzewelle durch die kanadische Provinz Quebec zog und in wenig mehr als einer Woche 90 Todesopfer forderte, hat derunbarmherzige Sonnenschein die Ungleichheit zwischen Arm und Reich deutlich gemacht. In Montreal, der größten Stadt der Provinz, suchten die wohlhabenden Einwohner in herrlich von Klimaanlagen gekühlten Büros und Häusern Schutz. Die Obdachlosen der Stadt – die normalerweise in öffentlichen Räumen wie Shopping Malls und Restaurants nicht willkommen sind – hatten es dagegen schwer, sich der bleiernen Hitze zu entziehen.

Das Benedict-Labre-House ist eine Tageseinrichtung für Obdachlose. Erst nach fünf Tagen Hitze konnte endlich ein gespendetes Air-Conditioning-Gerät aufgetrieben werden, um Kühlung zu verschaffen. „Man kann sich ja vorstellen, was das bedeutet: 40 bis 50 Leute in einem geschlossenen Raum, wenn es so heiß ist“, berichtete Einrichtungskoordinatorin Francine Nadler.

54 Menschen starben in Montreal durch die hohen Temperaturen in diesem Sommer. Ob Obdachlose darunter waren, geht aus den Angaben der Gesundheitsbehörden nicht hervor. Aber die Mehrheit der Hitze-Opfer war älter als 50, lebte allein und hatte latente physische oder psychische Gesundheitsprobleme. Keiner von ihnen hatte Air-Conditioning. Laut Polizei-Rechtsmediziner Jean Brochu waren viele der Toten, die sein Team untersucht hat, „in einem fortgeschrittenen Zustand der Verwesung, weil sie teils bis zu zwei Tage in der Hitze lagen, bevor sie gefunden wurden.“

Arme und Isolierte leiden am meisten

Es waren die Armen und Isolierten, die still und leise am meisten unter der Hitze litten – und ähnlich sah die Lage in überhitzen Städten auf der ganzen Welt aus. In den USA ist die Wahrscheinlichkeit an Hitze zu sterben für Arbeiter mit Migrationshintergrund drei Mal so groß wie für amerikanische Bürger. In Indien, wo im Jahr 2050 voraussichtlich 24 Städte durchschnittliche Sommerhöchsttemperaturen von mindestens 35 Grad Celsius haben werden, sind Slumbewohner am stärksten gefährdet. Und während das Risiko, längere Zeit tödlichen Temperaturen ausgesetzt zu sein, weltweit ständig steigt, steigt auch das damit verbundene Risiko menschlicher Katastrophen.

Im vergangenen Jahr prognostizierten hawaiische Forscher, dass der Anteil der Weltbevölkerung, der mindestens 20 Tage im Jahr tödlicher Hitze ausgesetzt ist, von derzeit 30 Prozent auf 74 Prozent im Jahr 2100 steigen wird. Vorausgesetzt, wir lassen zu, dass die Treibgasemissionen weiter wachsen. Bei „drastischer Reduzierung“ dagegen würde der Anteil zwar nur auf 48 Prozent, aber dennoch weiter wachsen. Das Fazit der Wissenschaftler: “Eine steigende Bedrohung menschlichen Lebens durch exzessive Hitze scheint fast unausweichlich”.

„In einer Hitzewelle zu sterben ist wie langsam gekocht zu werden“, erklärte der hauptverantwortliche Autor der Studie, Professor Camilo Mora, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. „Es ist reine Folter. Kinder und Ältere sind besonders gefährdet. Aber wir haben festgestellt, dass diese Hitze auch Soldaten töten kann oder Athleten, eigentlich jeden.”

File:20150811 xl P1020015 Strausberg Trockenheit im August-die Blaetter fallen--Im Wald des Wohngebietes Hegermuehle.JPG

Das Jahr 2018 wird wohl zu einem der heißesten werden, seit mit den Temperatur-Aufzeichnungen begonnen wurde. Weltweit wurden nie da gewesene Höchsttemperaturen erreicht – von 43 Grad Celsius in Aserbaidschans Hauptstadt Baku bis zu etwas mehr als 30 Grad in skandinavischen Ländern. Im japanischen Kyoto fiel das Quecksilber eine Woche lang nicht unter 38 Grad Celsius. Und in den USA erlebte der Vorort von Los Angeles Chino Hills eine ungewöhnlich frühe und feuchte Juli-Hitzewelle mit einem Höchstwert von 48,8 Grad Celsius. Die Bewohner drehten ihr Air-Conditioning so hoch, dass es zu Stromengpässen kam.

Städte absorbieren Hitze

In städtischen Gebieten werden solche Killer-Temperaturen schneller erreicht als in weniger bevölkerten Gebieten. Städte absorbieren Hitze, produzieren Hitze und strahlen sie aus. Asphalt, Backsteine, Zement und dunkle Dächer wirken wie Schwämme, die die Hitze am Tag aufnehmen und nachts wieder abgeben. Dabei ist Air-Conditioning ein Lebensretter für die, die es sich leisten können, aber es macht die Straßen sogar noch heißer für die, die das nicht können. In einer Untersuchung der US-Regierung heißt es warnend: “Urbane Hitzeinseln kombiniert mit einer alternden Bevölkerung und wachsender Urbanisierung steigern in der Zukunft die Angreifbarkeit der städtischen Bevölkerung für Gesundheitsprobleme, die mit der Hitze zusammenhängen“.

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO werden im Jahr 2030 60 Prozent der Menschen in Städten leben. Und je stärker die Städte bevölkert sind, desto heißer werden sie. Angesichts jüngster Warnungen, dass die Temperaturen in Südasien die Grenze für menschliches Überleben am Ende dieses Jahrhunderts überschreiten werden, zählt jedes Grad. Schon in diesem Jahr starben 65 Menschen bei Temperaturen von fast 44 Grad Celsius in der pakistanischen Stadt Karachi – einer Stadt, die extreme Hitze gewohnt ist.

Aber die Auswirkungen sind nicht für alle gleich. Zum Beispiel gibt es eine starke Korrelation zwischen den Grünflächen eines Gebiets und seinem Wohlstand: Wenn der Schatten von Baumkronen die Höchsttemperaturen an der Erdoberfläche um 11 bis 25 Grad senken kann, „ist die Landschaft ein Indikator für die Sterblichkeitsrate bei Hitzewellen”, erklärte Tarik Benmarhnia, Experte für öffentliche Gesundheitsfragen an der University of California San Diego. Er ist Co-Autor eines wissenschaftlichen Berichts, laut dem in weniger bewachsenen Gebieten ein 5 Prozent höheres Risiko besteht, an Hitze zu sterben.

2017 gelang es Forschern an der University of California in Berkeley, eine Verbindung zwischen nach ethnischen Gruppen getrennten Wohngebieten in den USA und der Nähe zu Bäumen herzustellen. Für Schwarze ist im Vergleich zu Weißen die Wahrscheinlichkeit in Gebieten mit einer extremen, „mit Hitzerisiko verbundenen Landschaftsstruktur“ zu leben, um 52 Prozent höher, für Asiaten 32 Prozent und für Hispanier 21 Prozent höher.

Air-Conditioning bleibt für viele unerreichbar

Quelle    :    Der Freitag        >>>>>        weiterlesen

———————————————————————-

Grafikquellen   :

Oben    —     Karikatur von Gerhard Mester zum Thema Klimawandel und Kohleverbrennung: – Totschlagargument Arbeitsplätze (Stichworte: Globus, Erde, Klima, Kohle, Energie, Umwelt)

Urheber   —      Gerhard Mester  (1956–) Blue pencil.svg wikidata:Q1512151

Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.

——————————————-

Unten    —      Strausberg Trockenheit im August – die Blätter fallen: Im Wald des Wohngebietes Hegermühle – 52.552202, 13.869314

Author Molgreen      /   Own work

This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license.

Kommentar schreiben

XHTML: Sie können diese Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>