Die Linken in Leipzig
Erstellt von Redaktion am Sonntag 10. Juni 2018
Herz, Seele und Oktoberrevolution
Von Martin Reeh
Katja Kipping und Bernd Riexinger wurden wiedergewählt, aber mit einem deutlichen Dämpfer für die Parteichefin. Und sonst?
Die Linke hat ihre Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger im Amt bestätigt. Kipping erhielt jedoch nur 64,6 Prozent, Riexinger 73,8 Prozent. Bei der Wahl 2016 hatte Kipping 74 Prozent erhalten, Riexinger 78,5 Prozent. Gegenkandidaturen gab es nicht.
Bereits bei den Reden von Kipping und Riexinger am Samstagmorgen und Freitagabend hatte sich die Mehrheit abgezeichnet, dass die Entscheidung trotz monatelanger Querelen zwischen Fraktion und Partei zugunsten einer Bestätigung der Parteichefs verlaufen würde. Beide erhielten nach ihrer Rede Standing Ovations von rund zwei Dritteln bis drei Vierteln der Delegierten. Ein erheblicher Teil blieb allerdings sitzen.
Der Beifall war immer dann am stärksten, wenn beide die flüchtlingspolitischen Positionen der Partei bekräftigten. „Das Treten nach unten ist alltäglich geworden, über Geflüchtete wird nur noch als Problem gesprochen“, sagte Kipping. „Die Grenzen verlaufen nicht zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen, die Grenzen verlaufen zwischen Klassen.“ Sie machte Sahra Wagenknecht ein Versöhnungsangebot – „wir sind alle Teil der Linken, und das ist gut so. In unserer Partei gibt es weder Rassisten noch Neoliberale“ –, griff aber Wagenknechts Mann Oskar Lafontaine an: „Ich möchte Oskar Lafontaine persönlich ansprechen. Nach dem Parteitag muss Schluss damit sein, dass die demokratische Beschlusslage zur Flüchtlingspolitik in Frage gestellt wird.“
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„Die Linke verliert Herz und ihre Seele, wenn wir uns nur auf nationalstaatliche Verteilungskämpfe beschränken“, hatte Riexinger am Abend zuvor gesagt. Lafontaine und Wagenknecht hatten beide seit 2015 die flüchtlingsfreundliche Position der Partei kritisiert, die „offene Grenzen für alle“ fordert. „Mit großer ideologischer Hartnäckigkeit“ werde „die Lohn- und Mietkonkurrenz geleugnet, die entsteht, wenn sehr viele Menschen zu uns kommen“, hatte Lafontaine zuletzt im taz-Interview gesagt.
Gregor Gysi schlug sich in seiner Rede am Nachmittag auf die Seite des Parteivorstands, ohne Wagenknecht und Lafontaine namentlich zu erwähnen. „Auch rechte Bewegungen können sich für soziale Gerechtigkeit innerhalb einer Nation einsetzen. Deshalb ist der Internationalismus Kernfrage der Linken“, sagte er. „Probleme können mit Abschottung niemals gelöst werden. Bevor die Flüchtlinge in Deutschland waren, gab es kein höheres Hartz IV und seitdem gibt es kein niedrigeres Hartz IV.“ 2016 seien 60 Prozent der Zugewanderten in Deutschland aus Europa gekommen. „Spricht das gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU? Das kann nicht unsere Forderung sein“, sagte Gysi.
Große Mehrheit für Leitantrag zu „offenen Grenzen“
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Katja Kipping und Bernd Riexinger, deutsche Politiker und Vorsitzende der Partei „Die Linke“ (seit 2012).