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Die Linke ohne Frontfrau?

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 14. März 2019

Sahra Wagenknecht – die freie Radikale

Jahrelang stand sie im Dauerfeuer. Mit Sahra Wagenknechts angekündigten Rückzug endet eine Ära – nicht nur für sie. Ein Porträt.

Es war dies womöglich der Tag, an dem Sahra Wagenknecht endgültig zwischen alle Fronten geriet: Anfang Oktober 2018 sitzt sie auf einer Bühne im Multiplex-Kino Cinemotion in Berlin-Hohenschönhausen. Und sagt einen Satz, der ihr um die Ohren fliegen wird. „Offene Grenzen für alle“, das sei „eine Forderung, die die meisten Menschen als irreal und völlig weltfremd empfinden und damit ja auch recht haben“

Eine Übung für die komplizierte Doppelrolle, die sie nun hatte: Anführerin der Sammlungsbewegung „Aufstehen“, einer außerparlamentarischen Organisation, die auch Wutbürger erreichen will. Und nach wie vor Chefin der Bundestagsfraktion der Linkspartei, der sie sich doch eigentlich loyal verpflichtet fühlen sollte. Beides zusammen, das wird schwierig – Wagenknecht sollte das an diesem Abend schmerzhaft erfahren.

Denn das ist unstrittig einer der Gründe für den Rückzug von Wagenknecht aus der ersten Reihe, neben Gesundheitsproblemen: das Dauerfeuer, dem sie sich schon seit Jahren ausgesetzt sieht. Dabei geht es längst nicht allein um die Fehde mit Parteichefin Katja Kipping, mit der sie unter anderem in der Flüchtlingspolitik über Kreuz liegt. Insgesamt vertrauen viele in der Linken ihrer zuweilen eigenbrötlerischen und unnahbaren Frontfrau nicht mehr. Die Fraktion hat der am Montag per E-Mail angekündigte Verzicht Wagenknechts auf eine neue Kandidatur für den Fraktionsvorsitz überrascht. Einer der Abgeordneten sagt: „Wagenknecht steht über Jahre im Dauerkonflikt. Das verändert einen, das bleibt nicht spurlos. Fitter wird dabei niemand.“

Mobbing? Wagenknecht weist die Interpretation nicht zurück

Am Dienstagnachmittag kommt die 49-Jährige gemeinsam mit Dietmar Bartsch zum Pressestatement vor der Fraktionssitzung. Wurden Sie von Parteifreunden gemobbt, Frau Wagenknecht? „Ach, wissen Sie“, antwortet Wagenknecht, „die Dinge, die stattgefunden haben, sind alle öffentlich. Welchen Begriff man dafür findet, das kann jeder für sich entscheiden.“ Was durchaus heißt, dass die Machtkämpfe in der Partei zum „negativen Stress“ beigetragen haben, den sie seit längerer Zeit, wie sie sagt, verspürt. Erleichterung über den eigenen Rückzug, sollte es sie geben, lässt sie sich nicht anmerken. Sie tritt auf wie fast immer: kontrolliert.

Dabei ist einiges außer Kontrolle geraten. Das betrifft auch die künftige inhaltliche Aufstellung. Spaßeshalber hat ein Abgeordneter Wagenknecht schon gefragt, ob sie ohne die Bürde des Spitzenamtes wieder zur freien Radikalen werde und sich noch häufiger als bisher gegen die Partei-Programmatik positioniere. Das könnte eine ernste Frage werden. Oder beerben andere Linkspopulisten Sahra Wagenknecht inhaltlich? Verspüren jene Aufwind, die die Partei mehr Richtung Mitte positionieren wollen? Noch ist das alles offen.

Wagenknechts Ko-Chef Dietmar Bartsch beteuert: „Es wird keine Neuausrichtung der Fraktion geben.“ Dass es künftig ohne Wagenknecht leichter werden könnte, rot-rot-grüne Bündnisse zu schmieden, wie die SPD orakelt hat, wird in Fraktionskreisen als „mangelhafte Analyse“ und „bizarre Einschätzung zurückgewiesen.

Streit um die große „Unteilbar“-Demo

Im Kino in Hohenschönhausen diskutierte mit Wagenknecht damals die dortige Wahlkreisabgeordnete Gesine Lötzsch. 2600 Euro aus der Fraktionskasse waren für das Event geflossen, obwohl es an diesem Abend eben vor allem um die einen Monat zuvor offiziell gegründete „Aufstehen“-Bewegung ging. Im grauen Kostüm, elegant wie immer, saß Wagenknecht auf der Bühne des vollbesetzten Kinosaals.

Lötzsch, von 2010 bis 2012 mal Linken-Parteivorsitzende gewesen, forderte „Offenheit und Kooperationsbereitschaft“ der Linkspartei.

Bundesarchiv Bild 183-1988-0819-431, Berlin, Besuch Lafontaine, Spaziergang in Köpenick.jpg

Das Ende des Größenwahn unter den  Kleinen  ?

Einer aus dem Publikum brachte das Gespräch auf die am Wochenende in Berlin bevorstehende große „Unteilbar“-Demonstration gegen Rechtsruck und Rassismus, der sich 240.000 Leute anschließen sollten. Auch die Linkspartei hatte dazu aufgerufen. Wagenknecht aber äußerte Vorbehalte: Es sei nicht gut, dass „Offene Grenzen für alle“ als „die bestimmende Position dargestellt wird“ – obwohl das im Aufruf zur Demonstration gar nicht stand. Und im übrigen würde dort in Berlin „ein bestimmtes Milieu“ demonstrieren. Sie jedenfalls nicht.

Quelle      :          Der Tagesspiegel          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen        :

Oben      —          Als Gründerin der Kommunistischen Plattform wurde sie einst bekannt –

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Unten         —        Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein. ADN-ZB/Oberst/18.8.88/Berlin: Lafontaine-Besuch Der Ministerpräsident des Saarlandes und stellvertretende Vorsitzende der SPD, Oskar Lafontaine (M.), bei einem Spaziergang durch Köpenick. Dabei gab es auch ein Treffen mit sonnenbadenden Kindern. Rechts: Horst Stranz, Stadtbezirksbürgermeister von Köpenick

7 Kommentare zu “Die Linke ohne Frontfrau?”

  1. Basisdemokrat sagt:

    Janine Wissler wird das neue Gesicht der Linken. Sie ist offen und geht auf die Basis zu.

  2. Demokratikus sagt:

    OFFENER BRIEF AN SAHRA WAGENKNECHT: DANKE FÜR DEINE TOLLE ARBEIT, BITTE MACH WEITER!

    https://www.openpetition.de/petition/online/offener-brief-an-sahra-wagenknecht-danke-fuer-deine-tolle-arbeit-bitte-mach-weiter?fbclid=IwAR1jKyYaOhKcK4ROcsMXrpu8Rp6pl1pHnBKvjkauyIhfBfiSI_iGiTyLvDw

  3. Saarländer sagt:

    Die Zwickauer Linke-Abgeordnete Sabine Zimmermann sagte der „Freien Presse“, das Klima in der Fraktion sei „extrem vergiftet“.

    Tja, aus dem engsten Umfeld der Zwickauer Abgeordneten giftet JEMAND oft ins Saarland.

  4. Ichbins sagt:

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sahra-wagenknecht-aufstehen-initiatoren-rechnen-ab-a-1258120.html

    War’s das denn nun?
    Schade, dass es nicht gelingt in unserem Lande für soziale Gerechtigkeit und vielem mehr was dem normalen Bürger auf dem Herzen und Existenz liegt zu sorgen. Es gibt Aktionen, Demos, Projekte, Vereinigungen, neue Parteien und was passiert?
    GroKos sind ein Treppenwitz und Politiker verabschieden sich immer mehr in ihren Olymp, verlieren die Bodenhaftung, Nähe und Vertrauen der Menschen die sie auch noch treudoof wählen.
    Haben so gar kein Interesse daran was zum Wohle des Volkes zu tun ausser ab den oberen 10000 bzw 1000000.
    Opposition dümpelt vor sich hin… Reden verpuffen im Plenum und Talkshow, Interview, Zeitungsartikel.
    Das ist gelinde gesagt Sch****

  5. Otto sagt:

    Linke Sammlungsbewegung
    „Aufstehen“-Initiatoren rechnen mit Wagenknecht ab
    Nach dem Rückzug von Sahra Wagenknecht aus der „Aufstehen“-Führung droht der Sammlungsbewegung das Aus. Mehrere Initiatoren erheben schwere Vorwürfe gegen die Linken-Politikerin.

    Zuerst wird die Linken Politikerin in den Himmel gehoben. Nun soll sie offenbar in der Hölle schmoren. Unfassbar!

  6. karin kiefer sagt:

    LINKE ohne Frontfrau geht gar nicht!!! Sahra hat einfach nur den falschen Mann! Der bringt sie nicht weiter sondern zieht sie runter…sorry, ist so!

  7. Ichbins sagt:

    https://www.tagesspiegel.de/politik/aufstehen-vor-dem-aus-sahra-wirkte-im-ganzen-irrsinn-voellig-verloren/24111416.html

    Irgendwie schade, dass was falsch läuft war von Anfang an klar. Sahra hat sich leider verzettelt. Das Potential vers(ch)enkt.
    Eine gute Idee leider wieder zum Scheitern verurteilt. Und warum?

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