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RENTENANGST

Die Linke hat Recht !

Erstellt von Redaktion am Dienstag 23. August 2011

Start zum Kapitalismus 3.0

Luc Jochimsen Die Linky Wahlparty 2013 (DerHexer) 03.jpg

Realitätsverleugnung ist bei bürgerlichen Strategen, die diese Qualifikation verdienen, im engsten Zirkel selten angesagt. Die vergangenen Jahrzehnte neoliberaler Marktreligion haben sich für die Besitzenden und Herrschenden gelohnt. Sie waren erfolgreich.

Wie den gewonnenen Reichtum und die kulturelle Hegemonie  sichern, erhalten und weiter mehren?

Fukushima kam gerade recht, um einen strategischen Wechsel hin zu einem neuen Akkumulationstyp in Deutschland einzuleiten, ohne mit zerfleischender Selbstkritik sich vor dem Wahlvolk als Statthalter der Reichen zu entblößen und ohne weitere Zeit in den eigenen Reihen mit der eigenen – im alten Kapitalismus befangenen Nachhut – zu vergeuden.

Sie wußten es schon immer, Marx hatte Recht und die klügsten Systemapologeten haben sich dieses Wissen soweit zu nutze gemacht, wie es nützte den alten Kapitalismus zu erhalten und zu modernisieren.

Nun geht es darum den öffentlichen Raum und die Institutionen des Wandels zum Kapitalismus 3.0 von den Linken, von der LINKEN frei zu halten, denn die Systemgrenzen zur Sicherung privater Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums sollen nicht gesprengt werden.

Kulturell wird die Linke so enteignet, denn der Plan zum Kapitalismus 3.0 ist eben konservativ, weil er Kapitalismus im Grundsätzlichen und Gewohnten bleibt, und er ist modern, zukunftsfähig und nutzt linke Impulse für seinen ökonomischen Wandel, um die „lohnende“ und „bewährte“ Ungleichheit für die Oberen und die Mitte zu wahren. Verpackt wird das ganze als chancengerechte Gesellschaft und kann in der „Tradition“ des neoliberalen Leistungsindividualismus auf breite Zustimmung oder doch zumindest nicht auf breiten Widerspruch rechnen.

Bemerkenswert ist, wie rasch die Ethikkommission für den Atomausstieg damit die Grundlagen für einen neuen Akkumulationstyp nutzte. So wie das System innerer und äußerer Sicherheit gerade rechtzeitig vom überholten „Kalte Kriegsmodus“ im Inferno des  11. September auf  innere Sicherheit im Namen der Terrorbekämpfung gegen potenzielle innere Unruhen optimiert wurde und auf flexible militärische Interessensdurchsetzung unter den nun – wieder verstärkt auftauchenden Divergenzen, nachdem das eiserne Band der kalten Kriegsfreundschaft gesprengt war – Konkurrenten umgestellt wurde, so wurde das Inferno von Fukushima von Deutschland zur Einleitung einer ökonomischen Transformation zum Kapitalismus 3.0 genutzt.

Was auffällt, die Bundesregierung verzichtete auf die Umsetzung der Empfehlungen der Ethikkommission für die Absicherung des Wandels mit neuen demokratischen Institutionen. Das scheint der CDU zu unsicher oder doch nicht nötig. Sie kann auf einen neuen bürgerlichen hegemonialen Block rechnen, ein bürgerliches Crossoverprojekt Rot-Grün-Schwarz, aber ohne DIE LINKE. Die wird nämlich aus ihrer Sicht nicht gebraucht.

„Ene, mene, miste, es rappelt in der Kiste, Rot-Grün-Schwarz,  ene, mene, muh und raus ist DIE LINKE“

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Die Linke hat Recht! Aber was nutzt das?

Von Lukrezia Jochimsen, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Zunächst traut man seinen Augen nicht: Auf der ersten Seite des Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ist ein riesiges Geldhandelsbild abgedruckt und darunter steht in großen Lettern „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“. Autor: Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der FAZ, und wenn man so will ihr geistiger Wortführer in allen politischen Fragen. Wie gesagt, man traut seinen Augen nicht an diesem zweiten Wochenende des August 2011 und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wie der erste Satz sich schon liest: „Ein Jahrzehnt enthemmter Finanzmarktökonomie entpuppt sich als das erfolgreichste Resozialisierungsprogramm linker Gesellschaftskritik. So abgewirtschaftet sie schien, sie ist nicht nur wieder da, sie wird auch gebraucht.“

Dass man das noch erleben darf als linke Paria-Politikerin! Wer hätte das gedacht? Frank Schirrmacher zitiert dabei den konservativen englischen Journalisten Charles Moore, der im „Daily Telegraph“, bevor die Unruhen ausbrachen, folgenden Kommentar veröffentlicht hat: „Die Stärke der Analyse der Linken liegt darin, dass sie verstand, wie die Mächtigen sich liberal-konservativer Sprache als Tarnumhang bedient haben, um sich Vorteile zu sichern. „Globalisierung“ zum Beispiel sollte ursprünglich nichts anderes bedeuten als weltweiter freier Handel. Jetzt heißt es, dass Banken die Gewinne internationalen Erfolgs an sich reißen und die Verluste an den Steuerzahler in jeder Nation verteilen. Die Banken kommen nur noch ’nach Hause‘, wenn sie kein Geld mehr haben. Dann geben unsere Regierungen ihnen neues.“

Hat irgendjemand aus dem bürgerlichen Lager die Situation des Augenblicks so präzis auf den Punkt gebracht? Schirrmacher wiederum kommentiert diese Analyse so: „Es gibt Sätze, die sind falsch. Und es gibt Sätze, die sind richtig. Schlimm ist, wenn Sätze, die falsch waren, plötzlich richtig werden.“ Aber wieso werden Sätze, die falsch waren, plötzlich richtig? Waren diese Sätze nicht vielleicht immer schon richtig und wurden nur als „falsch“ etikettiert, disqualifiziert, diffamiert? Der Satz zum Beispiel: Das politische System dient nur den Reichen. Schirrmacher schreibt, das sei so „ein linker Satz, der immer falsch schien“. Das ist es genau. Er war nicht falsch dieser Satz, aber er wurde als falsch „verkauft“, und zwar unisono, so geschickt, so aufgemotzt und aufpoliert in allen Medien, dass er der Mehrheit des Volkes als falsch „erschien“, während das Volk – eigentlich sichtbar für alle – ausgebeutet und betrogen wurde. Nun sind wir also an einem historischen Punkt angekommen: Was die Linke analysiert und angeprangert hat, wird nicht mehr als falsch bezeichnet.

Zitat Charles Moore: „Wenn die Banken, die sich um unser Geld kümmern sollen, uns das Geld wegnehmen, es verlieren und aufgrund staatlicher Garantien dafür nicht bestraft werden, passiert etwas Schlimmes. Es zeigt sich – wie die Linke immer behauptet hat – dass ein System, das angetreten ist, das Vorankommen von vielen zu ermöglichen, sich zu einem System pervertiert hat, das die wenigen bereichert.“

Welch eine bürgerliche, konservative Erkenntnis eines englischen Kommentators, aufgegriffen von einem bürgerlichen, konservativen deutschen Zeitungsherausgeber! Wird sie uns allen jetzt in dieser Situation nutzen? Wird sie uns herausbringen aus dem Teufelskreis enthemmter kapitalistischer Wirtschaft und Politik? Manchmal ist es sehr schmerzlich, recht zu haben. Hoffentlich kommt die Erkenntnis von den richtigen linken Ideen nicht zu spät. Schirrmachers Fazit: „Ludwig Erhard plus ALG plus Lehmann plus bürgerliche Werte – das ist wahrscheinlich eine Killer-Applikation gewesen.“ Gewesen? Das wäre schön. Aber das ist das große Problem, welche die historische Erkenntnis, dass die Linke recht hat, nicht aus der Welt räumt: Wie überwinden wir diese Situation jetzt – bürgerlich und links.

Quelle: Linksfraktion/Bundestag

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Grafikquelle    :  Feier der Partei Die Linke in der Berliner Kulturbrauerei. Luc Jochimsen.

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