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Die legale Steuerflucht

Erstellt von Redaktion am Mittwoch 8. November 2017

Paradise-Papers-Enthüllungen

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Blick von der Spitze des Leuchtturm auf den Berg Gibb’s in Bermuda

von Ingo Arzt und Eric Bonse

Journalisten decken auf, wie Firmen und Privatleute weltweit den Fiskus um Einnahmen prellen. Die Politik gibt sich machtlos.

BRÜSSEL/BERLIN taz | Paris am Montag: Experten aus aller Herren Länder besprechen, wie einer der häufigsten Steuertricks von weltweit agierenden Konzernen abgestellt werden kann – die Gewinnverlagerung in Länder, die kaum Steuern erheben. Apple baut iPhones in China, verkauft sie in Deutschland und versteuert die Gewinne mit einem Satz von 0,005 Prozent in Irland.

Es ist reiner Zufall, dass die OECD ausgerechnet jetzt daran arbeitet, solche Missstände abzustellen – nur einen Werktag nach den Enthüllungen rund um die Paradise Papers. Das ist der Name, unter dem die 13,4 Millionen Dokumente der Anwaltskanzlei Appleby und der kleineren Treuhandfirma Asiaciti bekannt werden, die der Süddeutschen Zeitung zugespielt wurden. Die SZ hat sie in Kooperation mit anderen internationalen Medien sowie NDR und WDR ausgewertet.

Sie zeigen, wie Geld international verschoben wird, um es – meist legal – nicht oder kaum versteuern zu müssen. Rund 120 Politiker aus fast 50 Ländern tauchen darin auf, darunter ein Vertrauter des kanadischen Premierministers Justin Trudeau, US-Handelsminister Wilbur Ross, Queen Elizabeth II, U2-Barde Bono, Exbundeskanzler Gerhard Schröder.

Die Summen, die Staaten jährlich entgehen, sind gewaltig. Die NGO Tax Justice Network, die seit 2003 gegen Steuerflucht ankämpft, schätzt den jährlichen weltweiten Steuerverlust durch Gewinnverschiebung multinationaler Konzerne auf über 600 Milliarden Dollar. 21 bis 32 bis Billionen Dollar privaten Vermögens würde laut den Experten in Steuerparadiesen gebunkert, bei einer konservativen Rendite von 3 Prozent entgeht den Staaten so weltweit weitere 189 Milliarden Dollar an Steuern im Jahr. Besonders betroffen sind Entwicklungsländer mit schwachen Steuerverwaltungen.

Die neuen Enthüllungen platzen mitten hinein in eine Reihe internationaler Reformen oder besser gesagt: Reformbemühungen, wie etwa auf der Konferenz der OECD, die noch bis Dienstag in Paris stattfindet. Es geht um eine neue Version eines über 600 Seiten dicken Standards, der zeigt, wie Staaten Konzerne besteuern sollten, die Gewinne über Grenzen verschieben.

Schwachsinnige Sonderregeln

Den Standard allerdings gibt es in anderer Fassung seit 1995 – gebracht hat er wenig. Warum? Zwar gibt es eine Menge effektiver Ideen und Instrumente. Die werden aber auf internationaler Ebene bereits verwässert verabschiedet, und bleiben dann auch noch freiwillig.

Ein Beispiel ist die schwarze Liste der G20-Staaten mit Steueroasen. Darauf stand auf dem letzten G20-Gipfel in Hamburg Trinidad und Tobago. Das war der einzige Staat, der sich bis dato geweigert hatte, an einem internationalen Datenaustausch unter Finanzbehörden teilzunehmen.

Bis September 2018 sollen 204 Staaten und Jurisdiktionen mitmachen – also auch die klassischen Steueroasen, die meist zu Großbritannien gehören, aber aufgrund schwachsinniger Sonderregeln ihre eigenen Steuersätze haben.

Das Problem an dem Datenaustausch: Der deutsche Fiskus kann sich zwar fein säuberlich ausrechnen, wie viel Steuern fehlen, weil Konzerne oder Privatpersonen ihre Gewinne ins Ausland verschieben – aber gegen die niedrigen Steuersätze in anderen Staaten kann er nichts tun. Niedrige Steuersätze sind nicht illegal, Gewinnverschiebung ist es auch nicht.

Die Entwicklungsorganisation Oxfam listet regelmäßig die wildesten Blüten der Steuervermeidung auf: 2012 haben US-Konzerne auf den Bermudas mehr Gewinne gemeldet als in Japan, China, Deutschland und Frankreich zusammen. Die französische Bank BNP Paribas hat 2015 auf den Kaimaninseln 134 Millionen Euro Gewinn verbucht – ohne Angestellte vor Ort.

Kein öffentlicher Druck

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Sportkonzern Nike und Steuerparadiese

Just don’t do it!

Ein Kommentar von Tanja Tricarico

Mit Sportbekleidung macht Nike ein Milliardengeschäft. Mit Transfergeschäften umschifft der US-Konzern offenbar hohe Steuerabgaben.

Preiswert geht anders: Der Air Max Thea kostet rund 130 Euro. Laufschuhe mit dem vielversprechenden Titel „razer“ liegen bei etwa 160 Euro. Doch der Nike-Fan zahlt gern – gern auch mehr. Es geht schließlich nicht nur um Laufkomfort, sondern um Design, um Lifestyle.

Steuern, die der Verbraucher über die Preise mitträgt, sind inklusive. Zumindest in Form von 19 Prozent Mehrwertsteuer, Abgaben für die schicke Ladeneinrichtung, für die Bezahlung der Mitarbeiter. Wer dort arbeitet, steht für Coolness, ist nicht nur einfach ein Verkäufer im Einzelhandel.

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Deutscher in den Paradise Papers

Lachende Sonne vor der Isle of Man

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Promenade at Douglas, Isle of Man

von Karl Schöneberg

Auch das Daddelimperium Merkur von Paul Gauselmann taucht in den Paradise Papers auf. Der Unternehmer agiert in einer rechtlichen Grauzone.

BERLIN taz | In Lübbecke, Ostwestfalen, ist Paul Gauselmann eine ganz große Nummer. Beim 60-jährigen Jubiläum der Gauselmann-Gruppe im September dreht sich ein Riesenrad auf dem Firmengelände. Stargeiger David Garrett fidelt Interpretationen der Hits von Michael Jackson und Led Zeppelin, wie die Firma in ihrem Pressetext berichtet. Exlandwirtschaftsminister ­Gar­relt Duin (SPD) und FDP-Grande Herrmann Otto Solms loben „Fairness“ und „un­bändigen Willen“ des Jubilars. Gauselmann selber, 83 Jahre alt, lässt es „noch mal richtig krachen“ – und spielt vor 2.500 Gästen Schlager von Caterina Valente von der „Symphonie 80“ ab – einer Musikbox aus den Anfängen der Firma.

1974 hat der Paul Gauselmann in Delmenhorst seine erste Spielothek eröffnet, heute ist er Chef eines Glücksspielimperiums. Mit 12.000 Mitarbeitern und 2,5 Milliarden Euro Umsatz ist es deutscher Marktführer. Das Logo der Firma ist eine lachende Sonne. Gut 45.000 Automaten produziert Gauselmann jedes Jahr, über die Hälfte der bundesweit 250.000 Geldspielgeräte stammen aus seiner Produktion. Marktführer ist er auch mit seinen mehr als 200 Spielhallen bundesweit. Dazu kommen rund 300 Spielstätten in neun Ländern Europas.

Doch das reicht Gauselmann nicht. In den Paradise Papers taucht der Ostwestfale nun neben der Queen und Bono auf. Er ist nicht nur offline in Daddelhöllen, sondern auch im Onlineglücksspiel aktiv: Das ist eine rechtliche und höchst lukrative Grauzone. Vor sieben Jahren gründete Gauselmann eine Tochter namens Edict IoM in der Steueroase Isle of Man.

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Grafikquellen  :

Oben   —   View from the top of Gibb’s Hill Lighthouse in Bermuda

Source Own work
Author Mike Oropeza
I, the copyright holder of this work, release this work into the public domain. This applies worldwide.
In some countries this may not be legally possible; if so:
I grant anyone the right to use this work for any purpose, without any conditions, unless such conditions are required by law.

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Unten   —   Promenade at Douglas, Isle of Man

Source Flickr
Author Eirik Newth from Oslo, Oslo
Reviewer SFC9394
w:en:Creative Commons
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This file is licensed under the Creative Commons Attribution 2.0 Generic license.

 

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