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Die Elbe – nach der Flut

Erstellt von Redaktion am Samstag 21. Dezember 2013

Der Fischer und sein Land

SCHICKSAL Die Flut im Sommer hat die Menschen im Hochwassergebiet vereint. Einige sagen schon wieder: Die Elbe nimmt, und die Elbe gibt. Da ist Zuversicht, aber nur bei wenigen. Ein vorweihnachtlicher Besuch

AUS HOHENGÖHREN, KABELITZ UND FISCHBECK THOMAS GERLACH (TEXT) UND ROLF ZÖLLNER (FOTOS)

Gernot Quaschny läuft mit großen Schritten über sein Anwesen. Durch die hüfthohen, schwarz glänzenden Watstiefel sieht es aus, als schreite da ein Kranich übers Land. „Das Wasser stand bis unters Fenster“, sagt Quaschny, als er innehält. Aber wie hoch genau? Er sucht nach einer Marke. Doch es gibt keinen Hinweis mehr, keine Erinnerung. Die Fenster sind weg, das Haus ist weg, das Wirtschaftsgebäude ist weg. Eigentlich ist alles weg, was damals war. Und das Wasser hängt heute nur in den Netzen, die über den Zäunen liegen. Auch die Zäune sind neu. Quaschny wirkt, als ob er sich selbst nicht ganz zurechtfindet, dabei ist er hier großgeworden.

„So lange wie ich lebe, haben wir keine Probleme mehr mit Wasser“, murmelt er wie ein Prophet, hat dabei die Hände in der Jackentasche vergraben und blickt zufrieden unter der blauen, mit Erde besprenkelten Schirmmütze hervor. Der Blick ruht auf einem mächtigen Riegel aus grün lackiertem Stahl. Ein Lächeln huscht über Quaschnys Gesicht. Es ist, als hätte der Fischer die Bibel zu Rate gezogen: Ein Boot thront vor ihm auf Beton, 30 Meter lang, 70 Tonnen schwer und komplett als Wohnung eingerichtet, „Arche 2013“ weht an Bug und Heck.

Der Fischer Gernot Quaschny, fünfzig Jahre alt, ist einer von denen, die sich vor einer neuen Jahrhundertflut nicht mehr zu fürchten brauchen.

Eigentlich ist Hohengöhren beim Deichbruch vor einem halben Jahr glimpflich davongekommen. Tagelang war es eine Insel inmitten der Elbe, das Dorf blieb aber weitgehend trocken. Quaschnys Grundstück am Ortseingang nahm sich die Elbe wie zum Trotz, als wollte sie den Mann einmal besuchen, der ihr die Fische abjagt.

Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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Fotoquelle: Wikipedia – Author Einsamer Schütze

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