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Der Vatikan und sein „Waschsalon“

Erstellt von Redaktion am Sonntag 6. Januar 2013

Der Vatikan und sein „Waschsalon“

Wieder einmal macht der Vatikan von sich Reden. Dieses Mal ist es nicht der Missbrauch von Schutzbefohlenen, die Kirchenmänner benutzten, um ihre menschlichen Gelüste zu befriedigen. Nein! Wieder einmal ist es die IOR (Vatikanbank), die für Schlagzeilen sorgt. Die Vatikanbank arbeitet – juristisch gesehen – mit eigenem Vermögen und auf eigene Rechnung im Auftrag des Papstes und fungiert damit als eine Art Girozentrale der katholischen Kirche.

Schon längere Zeit hat die italienische Finanzpolizei Transaktionen dieser Vatikanbank unter die Lupe genommen und ermittelt offiziell gegen den Chef der Bank, Ettore Gotti Tedeschi. 23 Millionen Euro wurden 2010 wegen des Verdachts auf Geldwäsche von einem Konto des Instituts beschlagnahmt. Der Vatikan selbst zeigt sich „verblüfft und überrascht“.

Doch kann er sich glaubhaft überrascht zeigen? Schon in den 80er-Jahren war die Vatikanbank IOR mit einem Riesenskandal in die Schlagzeilen geraten. Dieser Skandal wurde sogar im dritten Teil des Films „Der Pate“ eingebaut.

Im Juni 1982 baumelte an der Blackfriars-Bridge in London dmittie Leiche von Roberto Calvi, dem damaligen Präsidenten der Mailänder Bank Ambrosiano. In seinen Taschen wurden Backsteine und 15.000 Dollar gefunden, also Zeichen auf einen Fememord der Mafia. Kurz vor seinem Tod soll Calvi gesagt haben, wenn ihm etwas zustoße, müsse der Papst zurücktreten.

Calvi, dessen Banken-Imperium Mitte der 1975er-Jahre zusammenbrach, arbeitete eng mit dem obersten Chef des IOR und einem Geldwäschebanker der Mafia, Michele Sindona, der im Gefängnis später vergiftet wurde, zusammen. Investitionen des Mafiahelfers kosteten das IOR rund 50 Millionen Dollar.

Nach dem Tod Calvis kam heraus, dass der Vatikan durch diese Verbindungen und über Beteiligungen an der Banco Amrosiano an einem großen Geldwäschenetz und waghalsigen Geschäften beteiligt war. Calvi und Sindona waren Mitglieder in der umstürzlerischen Geheimloge P2, die später verboten wurde. Der eine lieferte Geld auch aus dem Handel mit Heroin und der andere gründete Briefkastenfirmen und legte das Geld an. Für südamerikanische Staaten wurden damit unter anderem Waffengeschäfte finanziert.

Die IOR war in die größte Bankenpleite der Geschichte Italiens verwickelt, nachdem sich Calvi verzockt und seine Bank 1,5 Milliarden Dollar Schulden hatte. Durch Verbindungen des damaligen Chefs, ein amerikanischer Erzbischof, Paul Casimir Marcinkus, hatte die Vatikanbank Bürgschaften für die Mailänder Bank übernommen. Er hatte scheinbar versucht, mit gefälschten Aktien an Darlehen heranzukommen. Auch gegen Erzbischof Marcinkus erging in Italien ein Haftbefehl, worauf dieser den Vatikan nicht mehr verließ und später in die USA flüchtete.

Mehr als fünf Milliarden Dollar Gesamtvermögen

Medienberichten zufolge beläuft sich das Gesamtvermögen des IOR mittlerweile auf mehr als fünf Milliarden Dollar, die von ca. 150 Mitarbeitern im Nikolausturm des Vatikans betreut werden. Die Vatikanbank ist nur dem Papst Rechenschaft schuldig. Viele katholische Einrichtungen haben dort ein Konto.

1968 hatte Papst Paul VI. (auch Pillen-Paule genannt) eine Enzyklika herausgegeben, in der die katholische Kirche sich strikt gegen die Anti-Baby-Pille wandte. Peinlich nur, dass das IOR bis 1970 an einem Pharmaunternehmen, das die Anti-Baby-Pille produzierte, Aktienmehrheit besaß.

Am 23. September 2009 löste Gotti Tedischis den Präsidenten der vatikaneigenen Bank Istituto per le Opere di Religione (IOR) Angelo Caloia auf Druck Papst Benedikts XVI ab, nachdem durch ein Buch des Journalisten Gianluigi Nuzzi einige unangenehme Geschäfte aus dem Vatikan bekannt wurden. Gleichzeitig löste der Papst den gesamten Aufsichtsrat auf. Tedeschis sollte die Vatikanbank wieder auf sichere Füße stellen, mehr Transparenz schaffen und die innerhalb der EU geltenden Regelungen zur Verhinderung von Geldwäsche einhalten.

In den Jahren davor gab es immer wieder Ermittlungen wegen undurchsichtiger Transaktionen der IOR. Gotti Tedeschi gilt als Experte für Finanzethik und hat gute Verbindungen innerhalb der römisch-katholischen Kirche. Zuvor war er Chef der Santander-Bank in Italien. Am 21. September 2010 leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Tedeschi und den Generaldirektor der IOR, Paolo Citriani, wegen des Verstoßes gegen die Normen zur Verhinderung von Geldwäsche ein. Die italienischen Behörden hatten 23 Millionen Euro über Monate beschlagnahmt. Das Geld befand sich auf dem Konto einer anderen Bank und sollte zu JP Morgan in Frankfurt und an ein anonymen Empfänger überwiesen werden. Die Vatikanbank, die übrigens keine richtige Bank ist, hatte scheinbar keine Kontrollmitteilungen über den Transfer der Überweisungen gemacht.  Die Ermittlungen wurden 2011 eingestellt und das konfiszierte Geld zurückerstattet. Gotti Tedeschi hatte zuvor das vatikanische Finanzsystem neu geordnet und Benedikt XVI per Dekret verfügt, dass die Vatikanbank die EU-Richtlinien zur Geldwäsche zu befolgen habe und gleichzeitig eine vatikanische Finanzinformationsbehörde geschaffen.

.Zudem tauchte vor gut einem Jahr in einem Bericht des US-Außenministeriums der Vatikan auf einer Liste auf, in der Staaten wegen des Verdachts auf Geldwäsche beobachtet werden.

Mittlerweile agiert die IOR viel vorsichtiger. Trotzdem werden aber immer wieder Gerüchte laut, die Bank habe mit Geldwäsche zu tun.

Nach einem einstimmigen Misstrauensvotum des Vorstands trat Tedeschi am 24. Mai 2012 als Präsident der Vatikanbank IOR zurück. Als Begründung teilte das Pressebüro des Vatikans mit, er habe „grundlegenden Anforderungen(!) nicht genügt“ und „trotz mehrmaliger Mahnungen Aufgaben von vordringlicher Wichtigkeit nicht ausgeführt.“

Wenn auch die Hintergründe nicht klar sind, wird vermutet, dass im Vatikan wieder einmal recht unheilig gemobbt wurde oder ein neuer Skandal ins Haus steht. Außerdem hat das dem Papst direkt unterstellte Institut für die religiösen Werke (IOR) seit Jahrzehnten einen recht zweifelhaften Ruf.

Gotti Tedeschi sagte zu dieser Bankrotterklärung lediglich, er wolle das nicht kommentieren, „sonst müsse er hässliche Worte in den Mund nehmen“.

Nun wird im Vatikan ein Nachfolger gesucht, der “wirksame und umfangreiche Beziehungen zwischen dem IOR und der Finanzgemeinschaft” aufbauen soll.

Am Tag nach dem Rücktritt Tedeschis bestätigte der vatikanische Pressesprecher Federico Lombardi die Festnahme des päpstlichen Kammerdieners Paolo Gabriele, der Geheimpapiere des Papstes veröffentlicht hatte.

Medien berichteten, dass Tedeschi in den vergangenen Monaten immer wieder mit dem vatikanischen Staatssekretär Kardinal Tarcisio Berone in Konflikt geraten war. Das hätte zur Ausgrenzung Tedeschis geführt. Interimspräsident der Bank wurde Ronaldo Schmitz, ein Vertreter der Deutschen Bank im IOR-Vorstand.

Im Zusammenhang mit einem Bestechungsskandal des Rüstungskonzerns Finmeccanica durchsuchte im Juni 2012 die Polizei Tedeschis Haus.

Italienische Medien berichten, dass Tedeschi seitenlange Schreiben an den Papst vorbereitet hatte, in dem der ehemalige Santander-Banker die Missstände in dem Finanzinstitut des Vatikans beschreibt. Danach sollen sowohl Politiker als auch streitbare Vermittler und Strohmänner der organisierten Kriminalität chiffrierte Konten bei dem Institut für Religiöse Werke haben (wie das IOR übersetzt heißt). Nach Aussagen von Gotti Tedeschi soll dieser um sein Leben fürchten. Eine Kopie der Schreiben sollte im Fall seines Todes auch an einen befreundeten Journalisten gehen. Nach Darstellung des entlassenen IOR-Präsidenten sollen seine Probleme beim IOR begonnen haben, als er Fragen nach den Namen hinter den Nummernkonten stellte.

Kein elektronischer Zahlungsverkehr mehr

Seit 1. Januar 2013 ist der Vatikan vom elektronischen Zahlungsverkehr abgeschnitten. Besucher und Gläubige können damit nicht mehr wie gewohnt mit Kredit- oder EC-Karte, sondern nur noch in bar bezahlen. Grund ist das über Jahrzehnte immer wieder hochgekommene Problem, das lautet: Verdacht auf Geldwäsche.

In der Apotheke, dem Supermarkt, der Vatikanpost und vor allem an den Eintrittkassen berühmter Museen sind bei einem Jahresumsatz von mehr als 90 Millionen Euro nur Barzahlungen möglich.

Die Deutsche Bank Italien hat bisher einen Großteil des Zahlungsverkehrs für den Vatikan abgewickelt. Eine Genehmigung für den elektronischen Zahlungsverkehr wurde von den Behörden abgelehnt, weil die Banca d’Italia der Auffassung ist, dass der Vatikan die internationalen Anti-Geldwäsche-Standards immer noch nicht erfüllt. Aus diesem Grund dürfen italienische Banken die Finanztransaktionen im Vatikan nicht mehr abwickeln.

Der Vatikan gibt dazu keinen Kommentar ab. Allerdings bestätigte der Vatikansprecher Lombardi, dass Verträge einiger vatikanischen Einrichtungen mit einem ihrer Finanzdienstleister ausgelaufen sind.

Fazit

Dass Banken zocken und spekulieren ist bekannt. Auf diese Weise sind sie mitschuldig am Preisanstieg etwa bei Lebensmitteln, die ärmere Menschen sich nicht mehr leisten können. Dass aber Banken zu Geldwäschern werden um den Verdienst von Heroin zu legalisieren ist mehr als verbrecherisch.

Sollte hier ein Zusammenhang bestehen? Banken sind schließlich mittlerweile weltweit vernetzt und von der Deutschen Bank in Deutschland wurde in den letzten Wochen auch einiges an unreellen Machenschaften bekannt.

Sind in den Unterlagen der IOR Dokumente sichergestellt worden, die zeigen, dass die Deutsche Bank in Deutschland ebenso in die Machenschaften der Vatikanbank verstrickt ist? Schließlich ist einer aus dem Aufsichtsrat der Vatikanbank Interimschef geworden und stammt zufällig (?) aus der Deutschen Bank Italien

Offensichtlich sind im Vatikan Intrigen und Machtkämpfe genauso gängig, wie in der Wirtschaft. Die hohen Geistlichen sind wie es scheint genauso menschlich wie die Deutsche Bank und ihre Mitarbeiter, gegen die ermittelt wird. Es ist eben nicht überall „Kirche“ drin, wo „Kirche“ draufsteht.

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Grafikquelle    :   Münz-Waschsalon in Deutschland.

5 Kommentare zu “Der Vatikan und sein „Waschsalon“”

  1. Thomas A. Bolle sagt:

    Wer die Geschichte der Kirche, speziell die der kath. Kirche kennt, weiss:
    Es ist überall Kirche drin, wo Kirche draufsteht. Es ist keine Religion drin, wo Kirche draufsteht. Aber was will man denn von einer Orga erwarten, die sich erdreistet, einen Menschen von Menschen gewählt als Stellvertreter Gottes zu erheben? Der den unfehlbaren Alleinvertretungsanspruch praktiziert, frauenverachtende Kirchenpolitik betreibt … – der Rest bringt das Fass zum Überlaufen.

    Aber eigentlich müsste es wie eine Bombe zerplatzen!

  2. MariaMagdalena sagt:

    Es wird einfach wieder einmal Zeit,
    dass eine Frau Päpstin wird.

    Einige Autoren stellen zwar immer wieder die Behauptung auf, dass es sich bei der Päpstin Johannes VIII. um einen Mann und nicht um eine Frau gehandelt habe, aber die Indizien in Rom auf Gemälden und Skulpturen sprechen eine andere Sprache, auch wenn es für die Päpstin keine sogenannten wissenschaftlich anerkannten Beweise gibt.

    Die Geschichte der Päpstin Johanna wird von seriösen Historikern als Legende bezeichnet. Sehr wahrscheinlich sind populäre Volksirrtümer in Bezug auf antike Baudenkmäler und volkstümliche Phantasien verantwortlich für diese Legende, welche Chronisten erst ab der Mitte des 13. Jh. weitergegeben haben. Dabei sollte klar sein, dass die römischen Katholen kein Interesse daran haben, die Wahrheiten durch Belege aus den Annalen des Vatikan zu untermauern.
    Bei Interesse kann es hier weitergehen.

  3. emschergenosse sagt:

    Aber 100 %-ig fände man die Beweise für die Päpstin Johanna alias Zacharias im Archiv des Vatikan. „Um’s Verrecken“ werden sie das nicht zugeben.

  4. frans wagenseil sagt:

    Das ist wie bei den Parteien:

    In der CSU (Christlich Soziale Union) ist weder was Christliches noch was Soziales drin.

  5. Mann-in-de-Tünn sagt:

    Eine Organisation wie der Vatikan, deren oberstes Prinzip – analog der Mafia – die Geheimhaltung ist, nicht der „Glaube“, deren zweites Prinzip der Nutzen zugunsten des eigenen Machterhalts ist, hat für sich keine Probleme, mit den Feinden der Menschheit zu kooperieren. Als positive Ausnahme in diesem Gestrüpp muss man wohl Bankchef Gotti Tedesci bezeichnen, der seinen Auftrag offenbar gut erfüllt hat:
    – „Tedeschi sollte die Vatikanbank wieder auf sichere Füße stellen, mehr Transparenz schaffen und die innerhalb der EU geltenden Regelungen zur Verhinderung von Geldwäsche einhalten.“
    Das hat er ganz offenbar auch geschafft:
    – „Die Ermittlungen [der italienischen Staatsanwaltschaft] wurden 2011 eingestellt und das konfiszierte Geld [23 Mio Euro] zurückerstattet.“
    Das ändert jedoch nichts an der ansonsten im Wesentlichen „kriminellen“ Geheimhaltungsstrategie der Katholischen Kirche und des Vatikan-Staates.

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