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Der schwarze Spiegel :

Erstellt von Redaktion am Sonntag 23. September 2018

Soziale Bewegungen von rechts

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von Antonio Negri und Michael Hardt

Soziale Bewegungen sind nicht per se fortschrittlich. Bewegungen der politischen Rechten, von Nationalsozialisten bis zu religiösen Fanatikern, standen hinter einigen der verheerendsten und ungeheuerlichsten politischen Entwicklungen des vergangenen Jahrhunderts. Gegenwärtig sind rechte Bewegungen erneut im Aufwind, häufig im Schulterschluss mit rechten Regierungen.

Der Umstand, dass soziale Bewegungen destruktiv sein können und selbst in rechten Bewegungen mitunter Verweise auf Befreiungskämpfe aufscheinen, sollte uns jedoch nicht dazu verleiten, der Politik sozialer Bewegungen grundsätzlich zu misstrauen oder etwa der Behauptung aufzusitzen, da träfen sich irgendwie die radikale Linke und die radikale Rechte. Tatsächlich zeigen sich in rechten politischen Bewegungen mitunter Momente von Befreiungsbewegungen, doch wie in einem Zerrspiegel, der die Proportionen verkehrt, so dass beispielsweise Identität alles beherrscht und Demokratie nur noch eine untergeordnete oder gar keine Rolle mehr spielt. So zieht sich das Bemühen, eine vermeintliche Identität und „Einheit des Volkes“ zu erretten und wiederherzustellen, wie ein roter Faden durch die große Bandbreite heutiger rechter Bewegungen, von religiösen bis zu säkularen Gruppen, von den xenophobischen Bewegungen in Europa bis zur US-amerikanischen Tea Party und vom Daesch [dem sogenannten Islamischen Staat, d. Red.] bis zu antimuslimischen Bewegungen in Südasien.

Denken und Handeln rechter politischer Bewegungen sind in der Regel nicht konservativ, sondern reaktionär: Sie sind nicht darum bemüht, Bestehendes zu bewahren oder zu schützen, sondern eine frühere Ordnung, ein Ancien Régime, wiederherzustellen. Jene, die in jüngerer Vergangenheit gesellschaftlichen Einfluss und Ansehen eingebüßt haben – wie etwa weiße Männer in den USA, die weißen Arbeiterklassen in Europa oder die Angehörigen der Oligarchien Lateinamerikas –, bilden den Kern der rechtsgerichteten Massenmobilisierung; zu wichtigen, Einheit stiftenden Elementen werden dabei sehr häufig „Rasse“, Religion oder nationale Identität. Oft genug jedoch ist das, was da wiederhergestellt werden soll, nicht einmal eine untergegangene Ordnung, sondern eine imaginäre, fiktive Vergangenheit.[1] Rechte Bewegungen sind noch in einer anderen Hinsicht reaktionär, insofern sie nämlich auf linke Politik reagieren: Die Reaktion in diesem Sinn zielt nicht nur darauf ab, Ansätze gesellschaftlicher Befreiung zu vereiteln, sondern zeigt sich auch in Versuchen, Protestformen, Diskurse und sogar bestimmte Ziele zu übernehmen, wie selektiv und verzerrt auch immer. So organisierte etwa Operation Rescue, eine Gruppierung militanter Lebensschützer in den USA, Sit-ins vor Kliniken für Schwangerschaftsabbrüche und bediente sich damit einer Protestform der Bürgerrechtsbewegungen der 1960er Jahre. In jüngster Vergangenheit gingen Angehörige der Oligarchien und der unzufriedenen Mittelklasse in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern mit Töpfen und Pfannen auf die Straße, um gegen progressive Regierungen zu protestieren, und ahmten so die Cacerolazos nach, die jene Regierungen ins Amt begleitet hatten. Rechte politische Bewegungen eignen sich Momente des Führungsstils, der Organisationsstrukturen und auch des Protestrepertoires progressiver Bewegungen der vergangenen Jahrzehnte an.

Die Beispiele veranschaulichen unsere These, dass Widerstand der Macht immer schon vorausgeht. Revolutionäre Bewegungen und Kämpfe um Befreiung sind der Ursprung politischer Neuerungen, rechte politische Bewegungen hingegen sind lediglich imstande, manche dieser Innovationen nachzuahmen, oft genug mit schrecklichen Folgen.

Das gesamte 20. Jahrhundert hindurch bestimmten vor allem zwei Merkmale rechte politische Bewegungen: Autorität und Identität, also zum einen die Überhöhung von Führung und zum anderen die Vorstellung, eine „Einheit des Volkes“ verteidigen oder wiederherstellen zu müssen. Während die Begeisterung für das Autoritätsprinzip in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts ein wenig nachließ oder sich gewandelt hat, bildet das Gefühl, „das Volk“ sei von allen Seiten bedroht und müsse verteidigt werden, weiterhin den Glutkern rechter Bewegungen.

Carl Schmitts Ausführungen zur NS-Bewegung sind zweifellos ein extremer Fall, doch liefert er durch die Klarheit seiner Darstellung zugleich einen Maßstab für die Betrachtung gegenwärtiger rechter Bewegungen.[2] In seiner Schrift „Staat, Bewegung, Volk“ feiert Schmitt die 1933 in Kraft getretene „vorläufige Verfassung […] des nationalsozialistischen Staates“, indem er, wenig überraschend, dem Prinzip des Führertums den höchsten Stellenwert beimisst.[3] „Die Stärke des nationalsozialistischen Staates liegt darin, dass er von oben bis unten und in jedem Atom seiner Existenz von dem Gedanken des Führertums beherrscht und durchdrungen ist.“[4] Ein vorrangiges Ziel der liberal-demokratischen Rechtstheorie habe darin bestanden, beklagt Schmitt, den „Begriff der echten Führung“ zu eliminieren und durch den Gegenbegriff der „Aufsicht“ zu ersetzen.[5]

Die »Identität des Volkes« retten

Führung in heutigen rechten politischen Bewegungen weist kaum Ähnlichkeiten zu Schmitts Schilderungen auf. Selbst das bekannte Führungspersonal der in Europa bei Wahlen antretenden Parteien der äußersten Rechten – ob Marine Le Pen vom Front National, Nigel Farage von der UK Independence Party oder Jimmie Åkesson von den Sverigedemokraterna – ist in seiner Funktion den von Schmitt verabscheuten liberal-demokratischen Prinzipien näher als uneingeschränkter Autorität. Und auch Donald Trump hat, ungeachtet seiner Launen und seiner autokratischen Anwandlungen, wenig von dem Führertum, wie es Schmitt bewundert. In den sozialen Bewegungen am rechten Rand schließlich hat der Faktor Führung sogar noch einen geringeren Stellenwert: Lutz Bachmann etwa, einer der Begründer der Pegida-Bewegung, spricht in den Medien häufig im Namen seiner Gruppierung, bleibt dabei aber eine relativ unbedeutende Figur. Und in der Tea Party tritt das Fehlen charismatischer Führer sogar noch deutlicher hervor, tatsächlich sind solche Personen als Autoritäten für die Bewegung selbst vergleichsweise irrelevant.

In Milizorganisationen wie dem Daesch oder bei Al Qaida im Irak treten Autoritäten – wie Abu Bakr al-Baghdadi, der sich selbst als „Kalif“ seines sogenannten Kalifats bezeichnet – stärker hervor und in vielen rechtsgerichteten politisch-religiösen Bewegungen behaupten sich religiös begründete charismatisch-autoritäre Führungsstrukturen, die sich auf Moscheen, Tempel und Kirchen als Orte stützen, von denen aus sich die politische Botschaft verbreiten lässt. Doch tatsächlich sind auch solche Führer von nachrangiger Bedeutung und letztlich austauschbar. Exemplarisch nachvollziehen lässt sich das Abrücken von traditionellen Führungs- und Kommandostrukturen gerade an den anonymen Rekrutierungsstrategien des Daesch in Europa und Nordamerika, die sich als erschreckend effektiv erweisen. Mitunter treten Funktionäre der Miliz selbst in direkten Kontakt mit Rekrutierungswilligen, die im Anschluss auf eher traditionelle Art überprüft und militärisch ausgebildet werden, doch in sehr vielen Fällen gibt es keinerlei unmittelbare Verbindung zwischen der Organisation oder ihren Führungsstrukturen und jenen, die – durch öffentliche Gewaltaufrufe in den sozialen Medien „rekrutiert“ – ihre Treue zum Daesch durch die Verübung brutaler Massaker unter Beweis stellen. Derart führungs- und strukturlose Rekrutierungsmethoden durchkreuzen traditionelle Strategien zur Aufstandsbekämpfung.

Im Unterschied zu Führung spielt Identität weiterhin eine zentrale Rolle. Tatsächlich ist das beständigste Merkmal rechter politischer Bewegungen, was Carl Schmitt als die Verpflichtung beschreibt, die Identität des Volkes zu retten oder wiederherzustellen, eine Identität, die fortwährend von äußeren Kräften bedroht ist.

Die Bewegung ist dabei für Schmitt das ausschlaggebende Element in jedwedem politischen Vorhaben zur Herstellung einer Einheit von Staat (begriffen als politisch, doch zugleich statisch, insofern er nicht das Volk einbeziehen und dessen Bedürfnisse deuten kann) und Volk (begriffen als dynamisch, doch dabei grundlegend apolitisch, insofern es weder seine Bedürfnisse auszudrücken noch eine diesen förderliche gesellschaftliche Ordnung herauszubilden, noch überhaupt Entscheidungen zu treffen imstande ist). Die Bewegung „durchdringt“ sowohl Staat als auch Volk, sie stellt zwischen ihnen Verbindungen und Verknüpfungen her. „Die Bewegung“, schreibt Schmitt, „ist sowohl Staat wie Volk, und weder der heutige Staat (im Sinne von politischer Einheit), noch das heutige deutsche Volk (als das Subjekt der politischen Einheit ‚Deutsches Reich‘) wären ohne die Bewegung auch nur vorstellbar.“[6] Nun sind rechte politische Bewegungen allerdings nur dann imstande, eine solche Vermittlungsfunktion zu übernehmen, wenn das Volk als Einheit besteht, die durch nationale, religiöse oder ethnische Identität bestimmt ist. Das Volk als das Objekt rechter Bewegungen muss eins sein.

Der Politik rechter Bewegungen liegt die Logik eines Kampfs der Kulturen zugrunde, die sie in erster Linie durch Religion oder „Rasse“ (oder beides) definieren. Die kulturelle Identität sei, so versichert Schmitt, die psychologische und ontologische Grundlage politischer Interessen und Sehnsüchte: „Bis in die tiefsten, unbewusstesten Regungen des Gemütes, aber auch bis in die kleinste Gehirnfaser hinein, steht der Mensch in der Wirklichkeit dieser Volks- und Rassenzugehörigkeit.“ Die oberste politische Pflicht bestehe dementsprechend darin, die eigene Art gegen „Fremde“ zu verteidigen: „Ein Artfremder mag sich noch so kritisch gebärden und noch so scharfsinnig bemühen, mag Bücher lesen und Bücher schreiben, er denkt und versteht anders, weil er anders geartet ist, und bleibt in jedem entscheidenden Gedankengang in den existenziellen Bedingungen seiner eigenen Art.“[7] Ein zentraler Punkt dabei ist, dass die „Einheit des Volkes“ immer als das Merkmal einer (realen oder imaginären, mitunter uranfänglich begriffenen) Vergangenheit und ihrer gesellschaftlichen Ordnung gilt, die rechte Bewegungen gegen „Fremde“ zu verteidigen, zu behaupten oder zu retten sich berufen fühlen. Solche Bewegungen sind daher populistisch im engen Sinn, denn im Mittelpunkt ihrer Politik stehen die Identität des Volkes und der Ausschluss anderer.

Ausgehend von der Reaktion der amerikanischen Rechten auf Präsident Barack Obama zeigt sich jedoch noch ein besonderer Aspekt von Schmitts Argument: Legitimer Führer kann nur sein, wer dem „Volk“ angehört und daher imstande ist, dessen Identität und Souveränität zu verteidigen. Die Anhänger der Tea Party seien, so Christopher Parker und Matt Barreto, weniger als „konventionelle“ denn als „reaktionäre Konservative“ zu betrachten, da sie über den wirtschaftlichen Libertarismus hinaus bemüht sind, „die Uhren zurückzudrehen“ und eine imaginäre – in erster Linie weiße, protestantische und heterosexuelle – nationale Identität wiederherzustellen.[8] Entsprechend dämonisieren die Anhänger der Tea Party alle, die in ihren Augen für die „Einheit des Volkes“ eine Bedrohung darstellen – dazu gehören Arme, Migrantinnen, Sozialhilfeempfänger und Muslime; in Präsident Obama sehen sie deren Repräsentanten (und sogar Verkörperung). Barack Obama ist der Widersacher schlechthin. Gegen ihn vergewissern sich die Parteigänger der Tea Party der Einheit ihrer imaginären nationalen Identität. Gegen sein „Schwarzsein“ heben sie sich umso heller ab.

Schmitts Diagnose benennt mit bemerkenswerter Klarheit den Grundgedanken, der die von der Tea Party ständig angestimmte Klage über die „imperiale Präsidentschaft“ Obamas und die „Tyrannei“ seiner Regierung motiviert: „Nur die Artgleichheit kann es verhindern, dass die Macht des Führers Tyrannei und Willkür wird; nur sie begründet den Unterschied von jeder noch so intelligenten oder noch so vorteilhaften Herrschaft eines fremdgearteten Willens.“[9] Ihre Kernaufgabe sieht die Tea Party entsprechend darin – und dies ist ein Schlüssel zum allgemeinen Verständnis aktueller Bewegungen am rechten Rand –, die „Einheit des Volkes“ nachdrücklich hervorzuheben und sie gegen alles Fremde zu verteidigen oder wiederherzustellen. Nur so lasse sich Souveränität begründen. Auch wenn rechte politische Bewegungen heute nicht offen rassistisch auftreten, genügt es, den Deckel ein wenig anzuheben, und schon kommt das Kernanliegen zum Vorschein: die Verteidigung eines imaginären Volkes und seiner ethnischen, nationalen oder religiösen Identität gegen „Fremde“.

Populismus und rassisiertes Eigentum

Bundesarchiv B 145 Bild-F079284-0010, Münster, SPD-Parteitag, Lafontaine.jpg

Rechte politische Bewegungen sind, wie bereits festgestellt, in einem doppelten Sinn reaktionär: insofern sie die Wiederherstellung einer gesellschaftlichen Ordnung anstreben, die der Vergangenheit angehört, und darüber hinaus dadurch, dass sie (häufig in verzerrter Form) auf das Protestrepertoire, das Vokabular und bisweilen sogar auf manifeste Ziele linker Widerstands- und Befreiungsbewegungen zurückgreifen. Besonders evident ist dies bei rechten populistischen Bewegungen, die im Namen des Volkes gegen Eliten protestieren, um so die Armen und gesellschaftlich Benachteiligten zu mobilisieren, zugleich aber unbeirrt daran arbeiten, gesellschaftliche Hierarchien aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. „Der rechte Populismus“, beschreibt Corey Robin die Strategie, „macht es sich zur Aufgabe, an die Massen zu appellieren, ohne die Macht von Eliten wirklich zu bedrängen: Er nutzt dabei die Energie der Massen, um die Macht von Eliten zu festigen oder wiederherzustellen. Dies ist beileibe keine neue Erfindung der christlich-fundamentalistischen Rechten oder der Tea-Party-Bewegung, vielmehr zieht sich der reaktionäre Populismus von Anfang an wie ein roter Faden durch konservative Diskurse.“[10] Zweifellos ist Robin zuzustimmen, dass rechte Populismen die Macht mancher Eliten stärken helfen; um das genauer zu verstehen, scheint es notwendig, verschiedene Arten gesellschaftlicher Hierarchien und letztlich verschiedene Formen des Eigentums zu unterscheiden.

Zum einen sind es die vermeintliche Missachtung und Herabsetzung durch bürgerlich-liberale Eliten, die rechte populistische Bewegungen antreiben – und tatsächlich lassen sich unschwer Belege dafür finden, dass Eliten die Belange der Armen und der arbeitenden Klassen ignorieren und instrumentalisieren. Die Ernsthaftigkeit und den Scharfblick vieler rechter Proteste gegen die Eliten im Finanzsektor, gegen globale Institutionen und nationale Regierungen wollen wir gar nicht in Abrede stellen. (Und tatsächlich ließen sich manche der populistischen Elemente von intelligenten linken Bewegungen zurückholen.) Die populistische Wendung gegen Eliten drückt sich häufig als Empörung gegen die Herrschaft des Eigentums aus, das als ein mobiles, körper- und identitätsloses Eigentum identifiziert wird. Die populistische Kritik richtet sich so insbesondere gegen die Macht des Geldes, des Weltmarktes und auch nationaler Notenbanken, denen vorgeworfen wird, als „Währungshüter“ zu versagen. Zum anderen affirmieren populistische Bewegungen in ihrem Bemühen um das – in der Regel ethnisch, religiös oder kulturell bestimmte – Volk durchaus das Eigentum: namentlich als Immobilien- und anderes gegenständliches Eigentum sowie letztlich in allen seinen mit Identität verknüpften Formen. Grund und Boden sind dementsprechend ein wiederkehrendes Thema, aber auch die Geldwertstabilität (gemessen etwa am Goldpreis).

Identität und Eigentum werden hauptsächlich auf zwei Arten miteinander verknüpft: Erstens soll Identität ein privilegiertes Recht auf Eigentum und entsprechenden Zugang gewähren. Ein wesentlicher Anspruch populistischer Bewegungen ist die Wiederherstellung angeblich eingebüßter ökonomischer Macht (wie gering diese auch sein mag) und verlorenen gesellschaftlichen Ansehens; begründet wird ein solcher Anspruch durch den expliziten oder impliziten Bezug auf ethnische Identität. Die Vorstellung einer aufgrund der „Rasse“ bestehenden Überlegenheit greift, wie Hannah Arendt feststellt, auf den aristokratischen Stolz zurück, auf „das ohne eigenes Verdienst und ohne eigene Arbeit Bevorzugtsein“, das seine „gesellschaftliche Stellung […] nur dem Faktum der Geburt“ verdankt, und überträgt jene Haltung auf gewöhnliche Menschen, von denen es heißt, sie teilten eine gemeinsame „Natur“.[11] In den migrantenfeindlichen populistischen Bewegungen, die überall in Europa an Boden gewonnen haben, finden sich Identitätsvorstellungen – das „Volk“ wird bisweilen explizit als weiß und christlich definiert, zuweilen aber auch kulturell, ausgerichtet auf liberale Werte – häufig vermischt mit Eigentumsversprechen. Sowohl bei offen faschistischen Bewegungen wie Chrysi Avgi in Griechenland oder Casa Pound in Italien, die Migrantinnen und Migranten direkt und brutal angreifen, als auch bei ihren „respektableren“ Entsprechungen wie dem Front National oder den Sverigedemokraterna ist die rassistische, migrantenfeindliche Rhetorik von dem Versprechen begleitet, den vermeintlich verlorenen gesellschaftlichen Status ihrer Anhänger wiederherzustellen, insbesondere den auf „Rasse“ basierenden Vorrang einer weißen Arbeiterklasse und ihre „Löhne des Weißseins“, um einen durch W.E.B. Du Bois und David Roediger geprägten Ausdruck zu verwenden.[12]

Zweitens ist Identität selbst eine Form des Eigentums, und zwar eine, in der Ökonomie, Kultur und „Rasse“ eine unentwirrbare Verbindung eingehen. Identität impliziert den Besitz eines exklusiv Eigenen, um es in der Sprache der Eigentumstheorie zu formulieren, und dabei sollten wir uns nicht daran stören, dass Identität im Wesentlichen immateriell ist, zumal auch Eigentum in materieller wie immaterieller Form vorliegt. Das Rechtssystem garantiert den „Eigentümern des Weißseins“, wie Cheryl Harris feststellt, auf die gleiche Art Vorrechte und Vorteile wie Eigentümern anderer Art: „Der Ausschluss der subalternen ‚Anderen‘ war und bleibt ein wesentlicher Aspekt der Verrechtlichung von Weißsein als Eigentum und ist tatsächlich Teil des Schutzes, den der [Oberste] Gerichtshof Weißen und ihrer begründeten Erwartung ständiger Bevorzugung gewährt.“[13] Weißsein gehört einem, es ist Eigentum – ein Eigentum, das andere auszuschließen erlaubt und eigene Souveränität verspricht. In der Tat sind Eigentum und Souveränität eng miteinander verwoben, insbesondere in der Funktionsweise von Besitz und Ausschluss.

Ein solches Konzept des rassisierten Eigentums bietet ein brauchbares Gerüst, um zu verstehen, was Teile der weißen Armen und der weißen Arbeiterklasse dazu bringt, politische Gruppen am rechten Rand zu unterstützen, selbst wenn diese gegen ihre ökonomischen Interessen agieren. Was Hannah Arendt als „Stolz auf das Bevorzugtsein“ bezeichnet, bringt nicht in jedem Fall ökonomische Vorteile mit sich; und dass der finanzielle Segen ausbleibt, führt umgekehrt bei den armen und aus der Arbeiterklasse stammenden Anhängern rechter Bewegungen nicht notwendigerweise zu Enttäuschungen. Die verspürte Notwendigkeit, Identität und Vorrechte zu verteidigen – und das vermeintlich verlorene rassisierte Eigentum wiederherzustellen –, drängt mitunter alle anderen Ziele in den Hintergrund. Identität und Eigentum sind somit im rechten Populismus auf doppelte Art miteinander verknüpft: Identität dient als Privileg und Mittel des Zugangs zu Eigentum, zugleich ist Identität selbst eine Form des Eigentums, die verspricht, die Hierarchien der gesellschaftlichen Ordnung aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen.[14]

Die Gewalt religiöser Identitäten

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Grafikquellen    :

Oben     —          Marsch für das Leben 2012 in Berlin

Urheber Turris Davidica    /    Quelle     —     Eigenes Werk

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2.)  Von Oben      —        Der Rechte Flügel ? Blogsport  / Ein ganzes Leben wie Göttin und Gott in Frankreich  – andere Arbeiten lassen !

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Unten     —

Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein. 30.8.-2.9.1988 SPD-Parteitag in Münster, Halle Münsterland

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