DEMOKRATISCH – LINKS

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RENTENANGST

DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am Dienstag 3. September 2019

Demokratie als Hintenherum-Bürgerkrieg

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Durch die Woche mit Robert Misik

Es gab einmal eine Zeit, in der ein erheblicher Teil der Linken der Bundesrepublik ablehnend gegenüberstand. Einfach so, in gewohnheitsmäßiger Antihaltung. Das Land wurde entweder als verstockt autoritär angesehen oder einfach als bürgerlicher Staat, dessen Zweck nun einmal die Absicherung von Klassenherrschaft sei. Aber irgendwann begannen die meisten ­Linken die robuste pluralistische Demokratie zu schätzen. Auch ehemalige Linksradikale akzeptierten ihre Spielregeln – und gingen wie selbstverständlich davon aus, dass die andere Seite dies auch tat.

Mir als Österreicher ging es da nicht anders, sowohl was die Bundesrepublik betraf als auch in Hinblick auf mein eigenes Land. Ich erinnere mich noch, wie sehr der Kohl-Spendenskandal, der Ende der neunziger Jahre die CDU erbeben ließ, auch mich erschütterte. Mich verstörte weniger, dass da eine Partei schwarze Kassen unterhielt, in der über die Jahre Millionen verschwanden. Viel mehr schockierte mich die Tatsache, dass die Verantwortlichen kein schlechtes Gewissen hatten; dass sie im Grunde ihr Handeln rechtfertigten, und zwar mit der Behauptung, dass illegale Machenschaften eben den Zweck erfüllten, „die anderen“, also vor allem die Sozialdemokraten, von den Regierungsämtern fernzuhalten.

Der Hass auf den Feind – die Roten – war also deutlich stärker ausgeprägt als die Loyalität gegenüber demokratischen Prinzipien. Das hat mich tief geschockt, da ich, vielleicht etwas naiv, davon ausgegangen war, dass wir heutzutage doch alle Demokraten seien. Ich stellte fest: Ja, auf unserer Seite sind wir jetzt alle Demokraten, aber für die andere Seite gilt das nicht.

Heute flirten in vielen Ländern die ehemaligen Konservativen, zu Rechtspopulisten gewendet, mit dem autoritären Nationalismus. Um ihre Agenda durchzusetzen, gehen sie über Verfassung, Rechtsstaat und pluralistische Gepflogenheiten hinweg wie über einen billigen alten Vorzimmerteppich. Dass Boris Johnson das britische Parlament ausschalten will, um seinen Plan eines No-Deal-Brexit durchzupauken, ist wahrscheinlich der eklatanteste Angriff eines westlichen Regierungschefs auf die Demokratie. Aber er ist längst kein Sonderfall mehr.

Matthias Laurenz Gräff - "Liebende Eltern".jpg

Manche Konservative sind mit bloßem Auge kaum mehr von Rechtsextremisten unterscheidbar, was auch seine ulkigen Seiten haben kann. In Österreich geht der Wahlkampf jetzt in seinen entscheidenden Monat, und der junge Rechtsaußenmann der konservativen Volkspartei, Sebastian Kurz, lässt sich mit dem Slogan „Einer, der unsere Sprache spricht“ plakatieren: Skurrilerweise hat er diesen Spruch von Jörg Haider geklaut, dem historischen Anführer der österreichischen Radau-Rechten. Und auch der ultrarechte Ex-Innenminister Herbert Kickl von der FPÖ tritt mit der Parole an: „Einer, der unsere Sprache spricht.“

Quelle        :          TAZ       >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben    —    Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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