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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am Dienstag 5. Februar 2019

Der warme Atem des Patriarchats

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Saskia Hödl

Ständig wird man als Frau bevormundet. Wie man als Mutter zu sein hat. Wie man seine Entscheidungen zu fällen hat. Wieviel man wissen darf.

„Heute schon mit Ihrem Kind gesprochen?“ – jeden Morgen, wenn ich das Kind, 17 Monate, in die Kita bringe, ich selbst schon seit 2 Stunden wach bin und noch eine Stunde habe, bis ich in der Redaktion sein sollte, keift mich dieses Plakat an.

Ob ich schon mit meinem Kind gesprochen habe? Ja. Ich hab ihm, als er morgens neben mir lag, gesagt, dass er bitte aufhören soll, mir den Finger ins Auge zu stecken. Ich hab ihn gefragt, was er geträumt hat. Ich hab ihn beim Frühstück gebeten, das Käsebrot nicht auf den Boden zu werfen. Er hat’s trotzdem gemacht, den Hund hat es gefreut, das Obst, das hinterherflog, liegt immer noch unterm Tisch.

Ich hab ihn getröstet, als sein Papa loshetzte, um früher in der Arbeit zu sein, damit er nachmittags früher in der Kita sein kann, damit er mit ihm spielen, ihm etwas kochen und ihn dann auch noch ins Bett bringen kann, falls ich es nicht rechtzeitig schaffe. Ich hab ihn getröstet und ihm gesagt, dass wir jetzt in die Kita gehen – „Kitita!“ hat er freudig gerufen.

Also ja, wir haben gesprochen. Danke. Dieses Plakat will aber gar nicht darauf hinaus, ob man redet. Es zeigt Erwachsene mit Smartphones auf dem Spielplatz und ein Kind, das offenbar um Aufmerksamkeit ringt. Es will sagen: Leg das Handy weg. Spiel nicht die ganze Zeit Candy Crush und scrolle nicht durch Facebook, du Honk. Liebst du denn dein Kind nicht?

File:Bundesarchiv Bild 183-29407-0003, LPG Wortenberg, Blick in die Kinderkrippe.jpg

Das Problem ist, dass wir uns wirklich den Arsch aufreißen, wie andere Eltern auch. Da brauche ich den erhobenen Zeigefinger vom Plakat wie einen nassen Stiefel.

Denn die Umstände sind in Berlin für Eltern nicht unbedingt die besten: hohe Mieten, keine Wahlmöglichkeit bei der Kindertagesbetreuung, kaum kinderfreundliche öffentliche Einrichtungen (außer da, wo die Mieten teuer sind), schlecht bezahlte Kita-Erzieher*innen, die am Dienstag völlig zu Recht gestreikt haben (und eigentlich streiken sollten, bis sie bekommen, was ihnen zusteht); ein öffentlicher Nahverkehr, der nicht nur zu teuer ist, sondern es auch Eltern, die in günstigeren Außenbezirken wohnen müssen und in teureren Innenbezirken arbeiten, oft unmöglich macht, pünktlich in der Kita am Stadtrand aufzuschlagen.

Lasst uns doch leben

Quelle      :          TAZ           >>>>>           weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben    —    Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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