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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am Dienstag 2. Oktober 2018

Einlullen als Kerngeschäft – denkste, wa?

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Nina Apin

Welche Art von Schauspiel das war, am Dienstag in Fulda, darüber dürften die Meinungen auseinandergehen. Ein Drama an seinem Wendepunkt, kurz vor der Katharsis? Ein Rührstück? Oder ein ziemlich mies gespieltes Schmierentheater? Dass die offizielle Vorstellung des Missbrauchsberichts durch Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz im Kern vor allem eine Performance war, dürfte am Ende allen klar geworden sein, selbst wohlmeinenden Beobachtern, zu denen ich zugegebenermaßen sowieso nicht gehöre. Dafür hatte ich in den letzten Jahren zu viel Kontakt zu Menschen, deren Leben von der Kirche zerstört wurde und die noch immer um Gerechtigkeit kämpfen. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich nie.

Es kam natürlich anders. Freilich, an warmen Worten des Bedauerns und der Scham, am Ausdruck der Abscheu und des Grausens vor der tausendfach begangenen Gewalt gegen der Kirche anvertraute Kinder und Jugendliche war kein Mangel. So viele Worte können aber ganz schön misstrauisch machen. Oder, wie der Wortkünstler Shakespeare einst so schmallippig anmerkte: „Wo Worte selten sind, haben sie Gewicht.“ Was will man von einer Organisation, deren Kerngeschäft im wortreichen Einlullen von Menschen besteht, denn schon groß erwarten?

Trotzdem konnte man dieses Schauspiel kaum verfolgen, ohne mit den Zähnen zu knirschen. Denn, wenn dieser billige Gag an der Stelle erlaubt sei: Gottverdammt noch mal! Folgt jetzt mal irgendwas aus der Entdeckung, dass Tausende Kirchenleute das Leben junger Leute zerstört haben? Das Kirchenverantwortliche weiter oben in der Hierar­chie davon gewusst und nichts unternommen haben, um bloß den „guten Ruf“ nicht zu gefährden? Dass Täter sogar befördert wurden, Opfer aber eingeschüchtert und bedroht? Gibt es jetzt Rücktritte? Externe Untersuchungen? Untersuchungsausschüsse? Ach nö.

Datei:Gedenkbild Erste Deutsche Bischofskonferenz Wuerzburg 1848.jpg

Erst mal werden jetzt – Trommelwirbel! – die Opfer mündlich gebeten, bei der Aufklärungsarbeit zu helfen. Bei welcher Aufklärung noch mal? Ach, richtig, die Bistümer werden jetzt vom Missbrauchsbeauftragten Ackermann hochoffiziell aufgefordert, ihre Akten zu durchkämmen und Fälle zu melden. Und wenn sich jemand nicht beteiligt, beispielsweise das notorische Bistum Regensburg, das sich bisher einfach tot gestellt hat? Dann, so Ackermann, werde das schon unangenehm auffallen. Bedeutungsschweres Nicken von Kardinal Marx. Ui, ui, ui, werden die jetzt alle Angst haben – und sich fürderhin nur noch mit gebotener körperlicher Distanz und zwischenmenschlichem Einfühlungsvermögen ihren Zöglingen nähern. „Denkste, wa?“, würde mein Sohn da rufen. Zum Glück sind ihm die Täterorganisation katholische Kirche und deren bizarre Eigenlogik so fern wie, sagen wir mal, der Uranus.

Quelle     :         TAZ          >>>>>             weiterlesen

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Grafikquelle    :

Oben     —    Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

Unten     —        Gedenkbild der ersten deutschen Bischofskonferenz in Würzburg 1848: Bischöfe und Kathedralen

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