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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am Dienstag 18. Februar 2020

Von der hohen Kunst des Abschiednehmens

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Nina Apin

Es sollte Seminare in Abschiedsmanagement geben. Die CDU, die Katholische Kirche – viele tun sich schwer damit. Nur bei der taz klappt es ganz gut.

Die Dinge im Griff haben – wer will, ja wer muss das nicht? Im Büro-Posteingang türmen sich die unbearbeiteten Mails, auf dem Nachttisch ungelesene Bücher und im Familienkalender die Termine, die es vorzubereiten und einzuhalten gilt. Den LADEN IM GRIFF HABEN gilt als Grundvoraussetzung gesellschaftlichen Erfolgs. Denn wer es nicht schafft, die Kinder regelmäßig zum Zahnarzt zu schicken, Texte pünktlich abzuliefern oder sich darum zu kümmern, dass ein Landesverband sich an die Parteirichtlinien hält, die es verbietet, mit Faschisten zu kooperieren, der oder die ist unten durch. Und dann heißt es Abschied nehmen vom Selbstbild als gutes Elternteil, als tüchtige Arbeitnehmerin, als gute Chefin, als Parteivorsitzende oder als Thüringer CDU-Chef. Was in den letzteren beiden Fällen auch den Abschied vom Amt bedeutet.

Abschied nehmen, das hat diese Woche gezeigt, ist eine hohe Kunst. Eigentlich müsste es Seminare für vorbildliches Abschiedsmanagement geben. Denn damit ein Abschied gelingt und keinen Schaden anrichtet, ist vieles zu beachten: Zum Beispiel den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Nicht zu früh hinwerfen – aber auch nicht so lange abwarten, dass die Rücktrittsforderungen überlaut aus allen Ecken des Internets und der Öffentlichkeit schallen.

Dass Annegret Kramp-Karrenbauer am Montag ihren Rücktritt als Parteivorsitzende und den Verzicht auf die Kanzlerkandidatur bekannt gab, war, so gesehen, gerade noch rechtzeitig. Viele hatten es kaum abwarten können, dass die als Vorsitzende unfähige und als Kanzlerkandidatin ungeeignete AKK ihren Platz räumt. Und dass Mike Mohring dann am Freitag die Reißleine zog, um weiteren Schaden von der angeschlagenen Thüringen-CDU abzuwenden, war konsequent. Ein Abschied darf also auch mal schnell gehen; allerdings gilt es, zu vermeiden, dass dadurch Lücken und Risse entstehen, die man so leicht nicht wieder gekittet bekommt. Denn jeder Abschied ist auch ein Neuanfang – fragt sich nur, für wen und wann.

File:Adenauer Grab.jpg

Die Abschieds-Zeitschiene ist das größte Pro­blem für die CDU. AKK will offenbar einen planvollen Übergang gestalten: Kandidatensuche bis zum Sommer und erst auf dem Parteitag im Dezember dann die Übergabe des Vorsitzes an den oder die Gekürte. Damit macht sie denselben ­Fehler wie Merkel, die ja auch dachte, sie könnte einen ­selbstbestimmten Abschied von der Macht nehmen. In einem Großkonzern mögen solche modernen Abschiedsmanagement­methoden vielleicht funktionieren, aber nicht im machtversessenen und autoritätsfixierten ­Traditionsladen CDU. Da glichen Vorsitzendenwechsel bislang eher ­Shakespeare-Dramen, mit Dolch im Gewand und brutalem Herrscher-Meucheln. Alles oder nix, Chef(in) oder weg, Triumph oder Niederlage, anders geht es anscheinend nicht.

Abschied vom Zölibat? Fehlanzeige

Quelle       :     TAZ          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben       —             Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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