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RENTENANGST

Der misstraurische Soverän

Erstellt von Redaktion am Dienstag 22. März 2016

Ende der Volksparteien

File:Karikatur von Gerhard Mester zum Thema Nicht Gewusst O11189.jpg

von Felix Butzlaff

Die Welt erklären, das Richtige entscheiden: Immer weniger Wähler trauen den etablierten Parteien das zu. Wie konnte es dazu kommen?

War es das jetzt mit großen Parteien, stabilen Mehrheiten und Regierungen? Keine neue Partei sprang je so hoch wie die AfD in Sachsen-Anhalt, noch nie wurden die Grünen in einem Land stärkste Partei. Und nie zuvor waren die Unterschiede bei der SPD so riesig: von den sonnigen Höhen in Rheinland-Pfalz bis zu den tiefen Tälern in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. Und selten zuvor verlor wie nun die Union eine Partei in drei Ländern, obwohl (oder gerade weil?) eine Mehrheit der Bevölkerung ihre Regierungspolitik im Bund nach wie vor gutheißt.

Es scheint etwas ins Rutschen geraten zu sein. Mit jeder neuen Wahl scheint die Politikordnung der alten Bundesrepublik mit ihren klaren Verhältnissen weiter in die Ferne zu rücken.

Ein Blick auf die Voraussetzungen der Integrationskraft von Volksparteien und die Grundlagen politischer Repräsentation führt zu der Frage, woraus sich politische Stabilität eigentlich speist. Parteien leisten – neben den ihnen zugewiesenen Aufgaben der Mitwirkung an der Willensbildung des Volkes, den Wahlen und der Rekrutierung des politischen Führungspersonals – einen wichtigen Beitrag zur Reduktion politischer wie gesellschaftlicher Komplexität und zur Einteilung von Entscheidungsalternativen in richtig und falsch. Sie bedürfen daher des Vertrauens ihrer Anhänger und Wähler, dass sie dies nach den gewünschten, „richtigen“ Maßstäben gestalten.

In einer Demokratie speist sich Vertrauen aus mehreren Quellen. Geregelte Verfahren wie Wahlen stellen eine dieser Quellen dar. Kein Mensch kann in modernen Demokratien alle politischen Diskussionen und Entscheidungssituationen selbst überblicken. Das Ergebnis wäre permanente Überforderung. Verfahren dampfen die Entscheidung, die ein Bürger als Teil des Souveräns zu treffen hat, auf eine Wahlentscheidung zu Beginn einer Wahlperiode ein: Wen oder welche Partei wähle ich, damit er oder sie für mich die richtigen Entscheidungen trifft?

Vertrauensbildende Wahlen

Dass diese Reduktion heutzutage vielen Menschen nicht mehr genügt, zeigt die in Deutschland sinkende Wahlbeteiligung seit den 1980er Jahren wie auch die immer lauter geäußerte Forderung nach einer direktdemokratischen Erweiterung politischer Verfahren. Wahlen als Vertrauen stiftendes Element scheinen unter Druck geraten zu sein.

Denn auch wenn bei den jüngsten Landtagswahlen die Wahlbeteiligung gegen den Trend wieder etwas gestiegen ist: Die Tatsache, dass sich der Anstieg besonders der Mobilisierung einer Bewegung wie der AfD verdankt, welche die Kritik an einem vermeintlich verkommenen repräsentativen System auf die Spitze treibt und mehr direkte Demokratie fordert, macht deutlich, wie gering Wahlen mittlerweile in Teilen der Gesellschaft geschätzt werden.

Eine weitere Quelle von Vertrauen speist sich aus politischen oder religiösen Weltanschauungen und Ideologien. Menschen gewinnen mit verinnerlichten Weltbildern auch die Fähigkeit, nach gut und böse, nach richtig und falsch für sich selbst zweifelsarm entscheiden zu können. Anhänger einer politischen Bewegung, die sich einer gefestigten politischen Ideologie bedient, profitieren von dieser Verlässlichkeit. Denn sie können darauf vertrauen, wie die Führer dieser Bewegung in den meisten politischen Fragen entscheiden.

Der politische Katholizismus oder die Arbeiterbewegung sind die wohl prägnantesten Beispiele dieser Vertrauen stiftenden Wirkmächtigkeit von Weltbildern. Aber auch dieser Ursprung politischen Vertrauens ist mit der Auflösung politischer Traditionsmilieus in den westlichen Gesellschaften nahezu versiegt.

Vertrauen in die Fähigkeiten und Kenntnisse von Experten ist eine dritte Form, die komplexe Wirklichkeit begreifbar zu machen. Das häufige Beauftragen von Gremien, die sich aus renommierten Wissenschaftlern oder Spezialisten zusammensetzen, ist denn auch eine der Entwicklungen, mit denen versucht wird, Legitimation für Politik in zu erreichen.

Den Bürger entlasten

Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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Urheber Gerhard MesterGerhard Mester

 

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