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Der Merkel – Selfie – Fall

Erstellt von Redaktion am Mittwoch 8. März 2017

Gerichtsurteil: Keine einstweilige Verfügung gegen Facebook im Merkel-Selfie-Fall

facebook menlo park

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In einem Gerichtsverfahren gegen Facebook wurde heute über Löschpflichten des Werbekonzerns bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen entschieden. Das Gericht sprach jedoch keine einstweilige Verfügung aus, die ein Betroffener verlangt hatte. Unabhängig von der heutigen Entscheidung des Landgerichts wirft der Fall aber grundsätzliche Fragen auf, denen wir uns stellen müssen.

Ein Selfie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel war der Ausgangspunkt für einen Rechtsstreit, den der Syrer Anas M. vor dem Landgericht Würzburg initiiert hat. Denn eine recht beispiellose Hatz gegen den Mann folgte auf das Foto: Er wurde als Terrorist und als Mörder verunglimpft. Bilder von Anas M. wurden bei Facebook hochgeladen und geteilt, zusammen mit verleumderischen Behauptungen.

Heute fiel die Entscheidung des Gerichts: Anas M. hat mit seinem Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen Facebook nicht durchdringen können. Er wollte den Konzern verpflichten, alle Postings zu entfernen, die ihn verunglimpfen. Wie Fabian Reinbold berichtet, habe sich Facebook nach Auffassung des Gerichts die verleumderischen Fotomontagen mit dem Syrer aber nicht zu Eigen gemacht, für die Inhalte seien die Nutzer verantwortlich.

Die genaue Begründung des Gerichts steht noch aus. Klar ist aber bereits, dass Anas M. Schadenersatz verlangen und eine weitere Instanz anrufen wird.

Dass es sich bei den geteilten Bildern auf Facebook um klare Rechtsverletzungen handelte, war nicht streitig. Der Knackpunkt war jedoch, ob der Werbekonzern nur die gemeldeten Postings blockieren muss oder generell in Deutschland oder EU-weit zu löschen hat. Zunächst hatte Facebook nur blockiert und nicht aktiv weitere vorhandene Bilder gelöscht.

Die Zivilkammer des Gerichts hatte am 6. Februar 2017 in einer mündlichen Verhandlung die gegnerischen Seiten angehört. Facebook, vertreten durch den Anwalt Martin Munz, argumentierte, man sehe keine Verpflichtung, aktiv nach rechtswidrigen Inhalten zu suchen, und teilte bei diesem Gerichtstermin außerdem mit, dass die bekannten unstrittig verleumderischen und damit rechtswidrigen Fotos über Geoblocking für Deutschland nicht mehr sichtbar seien. Weitergehende Verpflichtungen, etwa ein Upload-Filter, lehnte der Konzern ab und begründete das mit technischer Unmöglichkeit.

Allzu wirksam sei die behauptete Sperre allerdings nicht gewesen, so der Anwalt von Anas M., Chan-Jo Jun. Auch nach dem Gerichtstermin Anfang Februar seien die Bilder weiterhin aus Deutschland abrufbar und auch neue Uploads zu finden gewesen. Deswegen warf er Facebook einen weiter andauernden Rechtsverstoß vor.

Das Gericht sollte sich nach Ansicht des Anwalts von Anas M. auch der Frage stellen, ob es zuverlässige technische Möglichkeiten gäbe, etwa Fotomontagen seines Mandanten automatisch aufzufinden und wirksame Upload-Filter einzubauen. Damit ist er heute gescheitert.

Immerhin ist Facebook bei Fragen des geistigen Eigentums technisch nicht so zimperlich wie bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen: Nachdem ein Boxkampf zwischen Anthony Mundine und Danny Green massenhaft bei Facebook live gestreamt worden war, versprach man flugs, eine technische Lösung gegen die „Piraterie“ auszuarbeiten, die das Streaming in Zukunft automatisch blockiert. Zusammen mit dem Pay-TV-Kanal Foxtel, der die Rechte für den Boxkampf besaß, werde man das Facebook-Streaming solcher Inhalte beenden.

Outsourcing von Zensur an Facebook?

Quelle :

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