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RENTENANGST

Der Google-Agent

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 23. Oktober 2014

Dobrindt gibt den Internet-Versteher

Autor: U. Gellermann

Rationalgalerie

Datum: 23. Oktober 2014

Bekommt der Bundesverkehrsminister eigentlich Honorar, wenn er für die FAZ schreibt? Oder zahlt Alexander Dobrindt dafür, dass die FRANKFURTER ALLGEMEINE seine Meinung zum Google-Monopol verbreitet? – Scheinbar zufällig zeitgleich mit einem Bitt-Brief Googles, das Bundeskartellamt möge doch im Streit der US-Datenkrake mit den deutschen Verlegern zugunsten von Google entscheiden, macht Dobrindt in seinem FAZ-Artikel den ungefragten Google-Verteidiger: Ja, gewiss habe Google irgendwie ein Monopol, aber man solle doch „diese Bedrohung nicht überhöhen“. Schließlich gäbe es doch auch eine Tendenz der Netz-Nutzer zur „Selbstentmündigung“ und außerdem habe man doch die freie Marktwirtschaft und deren Wettbewerb. Also sei alles in Butter, gehe mit rechten Dingen zu und würde sich bei Gelegenheit schon selbst regeln.

Folgten wir dem Minister, auch zuständig für „Digitale Infrastruktur“, sollte das deutsche Waffengesetz schnellsten aufgehoben werden. Regelt mit ihm doch der Staat die Verfügung über Waffen so, dass viele mündige Bürger entwaffnet sind und nicht so einfach sich und andere umbringen können. Unter diesen staatlich geschaffenen Zwangs-Bedingungen kann sich auch die segensreiche Konkurrenz zwischen Heckler & Koch und Sig-Sauer kaum entwickeln. „Es darf nicht darum gehen“ so Dobrindt, „Google zu verteufeln oder zu zerschlagen. Es muss darum gehen, Google endlich starke, plurale Konkurrenz zu machen oder zumindest zu ermöglichen.“

Es ist schon erstaunlich, wie sich ein deutscher Minister für einen nur relativ legalen Steuerbetrüger wie Google ins Zeug legt. Denn das amerikanische Datenmonster nutzt das Double-Irish-With-a-Dutch-Sandwich-Prinzip, um seine Steuern auf in der EU erwirtschaftete Gewinne nahe Null zu senken, wo es in Deutschland zum Beispiel fast 30 Prozent zahlen müsste: Man versteuert die Gewinne niedrig in Irland, transferiert die Reste nach Holland, um dann die letzten Spuren von Profit auf den Bahmas aufzulösen. Geht mich nix an, könnte Dobrindt sagen, bin ja nicht der Finanzminister. Aber ist es nicht auch der Daten-Infrastruktur-Minister, der für die Datensicherheit sorgen sollte? Seit Juni 2013 ist bekannt, dass Google, dem Geheimdienst NSA im Rahmen des PRISM-Überwachungsprogramms Zugriff auf den gesamten Datenverkehr ermöglicht, der aus dem Ausland kommt und über konzerneigene Server läuft. Tja, äh, hören wir schon Dobrindt stammeln, der dann den verdrehten Begriff des „digitalen Sozialismus“ einführt, einen von ihm entdeckten „Big-Data-Sozialismus“, der die „Freiheit des Individuums“ einschränkt und eben nur mit dem Wettbewerb zu bekämpfen sei. Anscheinend kann der Herr Minister ein wenig Englisch, deshalb sollte ihm mal jemand zurufen: „It’s the economy, stupid!“, denn es sind die 60 Milliarden Dollar Umsatz, aus denen 13 Milliarden Gewinn fließen, die dem Individuum als kostenloser Daten-Kuh abgemolken werden, und die den Dobrindtschen Sozialismus-Begriff in das Reich der Billig-Fabel, des ordinären Betrugs, der galoppierenden CSU-Rosstäuscherei verweisen.

Sage mir, was Du suchst, und ich sage Dir, wer Du bist, lautet ein wesentliches Geschäftsprinzip der Google-Krake. Da Google den Online-Werbemarkt mit 80 Prozent Marktanteil beherrscht, kann das Unternehmen der Spur des Nutzers durch das Netz folgen. Schon die Speicherung und Analyse von personenbezogenen Suchanfragen erlaubt extreme Möglichkeiten für die Erstellung von individuellen Nutzerprofilen. Der „Financial Times“ erzählte Google-Geschäftsführer Eric Schmidt von seinem Traum: Er plane so viele Daten jedes einzelnen Nutzers zu sammeln, dass sogar sehr persönliche Fragen beantwortet werden könnten, wie zum Beispiel „Womit soll ich mich morgen beschäftigen?“ – Dass Googles Traum der Alptraum von Milliarden Nutzern bedeutet, was kümmert es den Minister, der wie besessen vom Segen der Konkurrenz im Netz schwafelt, und behauptet „freie Menschen tauschen Informationen zum wechselseitigen Nutzen“, als handele es sich beim Internet-Datensammeln um ein Kinderkartenspiel, bei dem so viele Quartette wie möglich durch Tausch erreicht werden sollen.

Längst gibt es eine ganze Reihe von anderen Suchmaschinen, also eben jenen Wettbewerb, der nach Dobrindt jetzt aber endlich mal kommen sollte: Mit den Finde-Maschinen BING (Marktanteil 2,5 Prozent, Nummer zwei auf dem Markt) oder YAHOO (Marktanteil 2 Prozent, Nummer drei auf dem Markt) ist der 95-Prozent Marktanteil der Google-Krake und deren Vorsprung kaum beizukommen. Es ist bezeichnend für die Mischung von mangelndem Sachverstand und mafiöser Seilschaft, dass irgendjemand ausgerechnet den anerkannten Betrüger Karl-Theodor zu Guttenberg der EU als Internet-Beauftragten untergeschoben hatte. Bezeichnend auch, dass der Dobrindt in seinem Artikel mit keinem Wort die Meta-Suchmaschine „Ixquick“ (https://www.ixquick.com/deu/) erwähnt hat, eine Maschine, die in Holland beheimatet ist und auf die Speicherung der IP-Adresse verzichtet, auf jene Adresse also, die den Nutzer und seine Gewohnheiten transparent macht. Auch der Sitz des Unternehmens in Holland gewährt eine gewisse Sicherheit vor den NSA-BND-Zugriffen. Aber genau das will der Verkehrsministers nicht, der lieber Autofahrer mit einer Maut strafen will, statt das Google-Monopol einer demokratischen Kontrolle zu unterwerfen.

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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber Mike Licht from Washington, DC, USA

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