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Der Fachkräftemangel

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 12. Mai 2011

Was ist schuld an dem bejammerten Fachkräftemangel

File:Angela Merkel in Nürnberg, 2009.jpg

Sie alle benötigen eine bessere Ausbildung damit wieder Flughäfen, Autobahnen
und Brücken gebaut werden können. Wir brauchen Fachleute und keine Experten
= politische Hilfsarbeiter “ Der Fisch stinkt vom Kopf an !

Noch bis 1964 hießen die drei Schultypen: „Volksschule“ für das Volk, „Mittelschule“ für die Mittelschicht und „Oberschule“ für die Oberschicht. Aus dem bis dahin wohl gehüteten Erbe der Ständegesellschaft wurden später Hauptschule, Realschule und Gymnasium – eben alter Wein in neuen Schläuchen.

Im April 2008 forderte der OECD-Wirtschaftsbericht für Deutschland, dass das Selektieren der 10-jährigen in Deutschland endlich aufhören soll. Unsere Gesellschaft lehnt eine Zwangsehe ab, hält es aber für normal, wenn immer noch Eltern zum Teil bestimmen, was für eine Schulbildung und später dann berufliche Ausbildung ihr Sprössling erhalten soll. So ein Verhalten passt nicht mehr ins dritte Jahrtausend unserer doch so fortschrittlichen Welt.

Häufig werden hochbegabte Schüler und noch weniger Kinder mit Migrationshintergrund nicht auf das Gymnasium empfohlen, weil diese aus der falschen „Bevölkerungsschicht“ kommen. Demgegenüber wird der Nachwuchs der „Bessergestellten“ mühelos dort untergebracht, selbst wenn der IQ kleiner ist als die Schuhgröße der Sprösslinge. Unsere so genannte Elite nimmt sich heraus, ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen!

Im Februar 2006 stellte der UN-Sonderberichterstatter für Bildung, Vernor Munoz, eine vernichtende Kritik am Bildungssystem Deutschlands aus und erinnerte gleichzeitig an das Recht auf kostenlose Grundbildung, wie es die Menschenrechtskommission von 1948 fordert.

Nach dem Pisa-Schock boomen Privat-Schulen in Deutschland. Eliten wollen bekanntlich unter sich sein und bezahlen z. B. der Phorns AG hohe Schulgelder. 24 Investoren wollen eben Traumrenditen sehen. Mit Beträgen von über 300,– € für Unterschichtler soll der Eindruck erweckt werden, dass auch Kinder aus diesen Schichten willkommen sind. Doch kann sich das der „Ottonormalverbraucher“ leisten?

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil aus dem Jahre 2005 für die Erhebung von Studiengebühren Tür und Tor geöffnet. Vorher war unser Bildungssystem für Investoren nicht interessant.

Durch eine Pisa-Studie wurde es amtlich, dass die Schere zwischen guten und schlechten Schulen und Schülern groß ist und immer weiter auseinander driftet. Wie kann so etwas in einem Land wie Deutschland sein, das wie kaum eine andere Industrienation große Einkommen, Vermögen und Erbschaften offensichtlich verschont und begünstigt. Für Bildung ist aber angeblich kein Geld da. Hörsäle sind überfüllt und der Lehrermangel groß!

      „Auf jeder fünften Seite von Schulbüchern sind
      sachliche Fehler, trotz „strengen“ Zulassungsver-
      fahren. Diese Bücher sind in Nordrhein-Westfalen,
      Niedersachsen und in Baden-Württemberg im Einsatz.“
    Stiftung Warentest

Ist es daher nicht eine beißende Kritik an Ursula von der Leyen, wenn 47 % der Deutschen Heidi Klum den „Job einer Familienministerin“ zutrauen? Und sagt es nicht viel über unser Bildungssystem aus? Gerhard Schröder meinte vor einigen Jahren: „Unsere Gesellschaft braucht Eliten!“ Aber was sind eigentlich „Eliten“?

      „Von Öffnung der deutschen Elite kann keine Rede
      sein. Die Bildungsexpansion hat höchstens den
      Zugang zu Bildungseinrichtungen erleichtert, nicht
      aber in echte Spitzenjobs. Wer in Vorstände und
      Geschäftsführungen von Unternehmen gelangen will,
      muss vor allem eines mitbringen: „habituelle“
      Ähnlichkeit mit den Personen,die sich dort bereits befinden!“
    Michael Hartmann, Eliteforscher

Einige Studiengänge mögen vielleicht nützlich sein für gewisse Karrieren. Sie sagen aber keineswegs etwas über die Qualität einer Ausbildung aus. Betriebswirtschafts- oder Managerstudien, ob sie sich Bachelors of Arts in Economics oder Master of Business Administration (MBA) nennen sind im Grunde gut ausgebildete Buchhalter. Alles andere, was in diesem Studium gelehrt wird, ist für den späteren Job meist unbrauchbar. Man sagt auch, Bachelor ist der „Abschluss für Studienabbrecher“.

Einen Doktor-Titel kann man schon nach dem Bachelor erwerben, obwohl es sich offenbar um eine Ausbildung für „intellektuelle Hilfsarbeiter“ handeln soll.

Auch das Studium zum MBA vermittelt kaum echtes Wissen. Für den St. Gallener Weiterbildungsexperten, Michael Schade, ist die angebliche „Elite-Ausbildung“ meist nur ein unterqualifiziertes Hochschulstudium. Dieses Niveau soll durch den Bologna-Prozess und das Turbo-(G8)-Gymnasium nach 12 Jahren den Bedürfnissen „der Wirtschaft in der Globalisierung“ angepasst und europaweit vereinheitlicht werden. Nicht das Lernen fürs Leben wird hier angewendet, sondern ein Drill für die „Verwertbarkeit“, d. h. „Humankapital“ soll hergestellt werden. Produktionsfaktoren stellen keine dummen Fragen!

Im Jahr 2008 hat die deutsche IHK unter 2135 Wirtschaftsunternehmen eine Umfrage gestartet. Die Auswertung deckte ein erschreckendes Bild auf. Danach sind die Unternehmen schwer enttäuscht von den Hochschulabsolventen.

40 % konnten freie Stellen aufgrund mangelhafter fachlicher Qualifikation der Bewerber nicht besetzen.
38 % trennten sich bereits in der Probezeit wieder von diesen Berufseinsteigern. Häufigster Grund: Die Bewerber konnten ihre theoretischen Kenntnisse nicht in der Praxis anwenden. Aber auch Selbsteinschätzung, Mangel an Sozialverhalten (19%), mangelndes Fachwissen (15%), Dienstleistungsorientierung, fehlende Belastbarkeit und Mangel an Flexibilität waren Gründe, sich von den Hochschulabsolventen wieder zu trennen.

Gut 2 Milliarden Euro werden jährlich an so genannte „Elite-Unis“ aus Steuergeldern bezahlt und somit über deren Glanz oder Elend entschieden. Wer etwas bekommt, setzen wieder die Rankings fest. Diese richten sich nach abgestuften Punktesystemen, die wiedergeben, wie stark die Unis in der Fachwelt beachtet werden und wie schwer es ist, einen Artikel in den jeweiligen Fachzeitschriften unterzubringen. Es kommt nicht auf Inhalte an, sondern auf die Menge. Ob diese jemals gelesen wurden, ist fraglich!

Durch diese Rankings werden dann Karrieren gefördert oder zerstört. So liest man dann im Spiegel „Heidelberger Mathematik im Focus-Ranking auf Platz 1.“ Wie bitte, der Spiegel begutachtet Elite-Unis? Merke: Wer nicht der Wirtschaft zuarbeitet, bekommt keine Drittmittel zur Verfügung gestellt.

John Grisham beschrieb in seinem Buch „Das Urteil“, wie Tabakkonzerne Gutachten über die Unschädlichkeit des Rauchens kaufen. Offenbar wurde dies als Handlungsanleitung nicht nur in der Tabakwarenindustrie verstanden. Auf der anderen Seite wurde jahrzehntelang die Forschung zur Suchtprävention von dieser „Wissenselite“ blockiert, die nun „weltweit ganz hinten liegen“ würde (Deutsches Krebsforschungszentrum).

Von einem hoch entwickelten angesehenen Land wie Deutschland wird daraufhin gearbeitet, nur noch „Ja-Sager“ zu züchten? Qualifizierte Gutachten darf man da bestimmt nicht mehr erwarten. Und wenn unsere Bundesbildungsministerin Schavan meint, dass die Bildung in Deutschland ausreichend wäre, muss man sich wirklich fragen: Wo schaut die denn hin? Aber wir wissen mittlerweile, dass unsere Regierenden nur die Wirtschaft unterstützen und Gesetze zu deren Gunsten verabschieden. Wo aber bleibt die Lobby der übrigen Bevölkerung, hauptsächlich für diejenigen, die auf Bildung Wert legen?

      „Unsere so genannte Elite ist eine asoziale, relativ
      abgeschottete Erbdynastie, ergänzt um einige halb-
      und eingebildete Emporkömmlinge, währen die wirklichen
      Leistungsträger in Wirschaft und Wissenschaft im
      gesellschftlichen Mittelfeld rangieren.“
    Thomas Wieczorek (Die verblödete Republik)

Modell- und Reformstudiengänge bei Ärzten

Im Wintersemester 2011/2012 sollen an der Universität Oldenburg im Rahmen des Bologna-Prozesses ein Bachelor- und Masterstudiengang eingerichtet werden. Am Ende dieses Studiums soll dann gewählt werden können, ob die angehenden Ärzte ein Master of Science in Geneskunde oder ein Staatsexamen absolvieren möchten. Beide sollen nach Europarecht zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in allen Staaten der Europäischen Union befähigen. Zu welchen Tätigkeiten der Bachelor-Abschluss berechtigen soll, ist noch ungeklärt. Wollen wir wirklich von solchen Ärzten behandelt werden? Wohl kaum!
Was sind die Auswirkungen solcher Bachelor- und Master-Studien für die deutsche Wirtschaft?

Seit Jahren ist bekannt, dass es in Deutschland hochqualifizierte arbeitslose Akademiker aus dem In- und Ausland gibt, die sich ihren Lebensunterhalt, so weit es möglich ist, mit Taxifahren oder anderen Hilfsarbeiten verdienen. Warum greift die Wirtschaft nicht auf diese Menschen zurück? Viele davon haben noch ein Diplom oder einen Magister, sind also nach der alten Methode gut ausgebildet. Menschen mit einem solchen Abschluss sind aber der Wirtschaft zu teuer. Man muss ja sparen um die Gewinne zu maximieren!

Durch die verstärkt vorangetriebene Automatisierung sind immer weniger Arbeitsplätze zu verteilen. Das macht die Arbeitnehmer erpressbar und sichert billige Arbeitskräfte.

Die Wirtschaft, besonders zu erwähnen die Bertelsmann-Stiftung, greifen in die Unis insofern ein, dass fehlende Zuschüsse vom Bund mit scheinbar uneigennützigen Spendengeldern aufgestockt werden. Gleichzeitig werden natürlich auch Forderungen an die Ausbildung gestellt, frei nach dem Motto: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing?

Durch die Privatisierungen auch im Bildungsbereich hat ein fundamentaler Prozess begonnen, nämlich die Zerstörung von erkämpften bürgerlichen und sozialen Rechten und demokratischer Kontrolle. Über privatisiertes Eigentum verfügt der Besitzende und nicht mehr der Staat. Ist es da ein Wunder, dass Ausbildungen nach dem Gutdünken der Wirtschaft gestaltet werden?

Dass diese Entwicklung nicht auf Dauer gut gehen kann, wird immer deutlicher. Der Schuss, ausbildungswillige junge Leute klein zu halten, geht immer offensichtlicher nach hinten los. Nun fehlen gut ausgebildete Arbeitskräfte und schon wird wieder der Staat und somit der Steuerzahler um Hilfe gerufen. Ausländische Fachkräfte sollen es sein. Wird im Ausland etwa besser ausgebildet als in Deutschland? Diese Arbeitskräfte gehen aber lieber in andere Länder, weil sie dort bessere Karriereaussichten und Arbeitsbedingungen haben als in Deutschland. Wen wundert’s?

Liebe Politiker: Regiert endlich wieder selbst unser Land zum Wohle ALLER! Sucht euch Experten, die diese Bezeichnung auch verdienen und nicht Berater aus der Wirtschaft, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind. Bildungslücken von heute sind über Jahrzehnte nicht mehr aufzuholen und viel Wissen, das heute noch auf vielen Gebieten vorhanden ist, geht unwiederbringlich verloren! Frau Merkel, denken Sie an Ihren Amtseid, in dem Sie geschworen haben, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden! Wenn Ihr so weitermacht, wird Deutschland früher oder später – nicht nur in der Bildung – zu einem unterentwickelten Land.
Quelle: www.muskelkater.wordpress.com

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Grafikquelle  :

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Namensnennung: Schanz O
Quelle Übertragen aus de.wikipedia nach Commons durch Saibo mithilfe des CommonsHelper.
Original text: Privat
Urheber Schanz O

 

Ein Kommentar zu “Der Fachkräftemangel”

  1. Dieter W. sagt:

    Dieser Artikel wurde unter anderem von der Bloggerin Martha Brauch auch hier

    http://www.politik-sind-wir.de/f66/das-falsche-spiel-mit-unserer-bildung-t23259/
    veröffentlicht.

    Frau Brauch bezieht sich auf den „St. Gallener“ Michael Schade.

    Mit dem St. Gallener ist es aber nicht weit her. Der Name Dr. Michael Schade, wird nur, in seiner eigenen Werbung, wie hier

    http://www.naa.de/trainer/detail.jsf?trainerId26
    mit der Uni Sankt Gallen, in Verbindung gebracht.
    Als Dozent ist er an der HSG, welch ein Wunder, vollkommen unbekannt.
    Bei Google finden sich auch keine Belege über seine Tätigkeit an der HSG.

    Die aktuellen HSG Dozenten finden sie hier, ein Dr. Michael Schade ist nicht darunter.

    http://www.meinprof.ch/unis/ostschweiz/unisg

    Ich finde, es muss nicht jedes Geschreibsel einer Bloggerin blind übernommen werden.

    Nicht jeder der heute die meist besuchte Schule, Gymnasium, besucht stammt aus der sogenannten Oberschicht, und nicht jeder Studierende hat seine erste Million schon auf dem Konto.

    Im übrigen sollte Frau Brauch sich bei der Beurteilung von Studienabschlüssen nicht auf eine Person berufen, die ihr Geld mit beruflicher Weiterbildungen verdient.

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