DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Der 13. August 1961

Erstellt von Redaktion am Mittwoch 3. August 2011

Zum „Mauerbau“
Der 13. August 1961 und linke Strategien im 21. Jahrhundert

File:Bundesarchiv Bild 183-88574-0004, Berlin, Mauerbau, Bauarbeiten.jpg

Wenn den bisher Herrschenden wirtschaftliche und politische Macht entwunden werden soll, um eine solidarischere Gesellschaft, mit weniger sozialer Ungleichheit und vollkommenerer Demokratie in Politik und Wirtschaftsleben, zu verwirklichen, ist mit deren (international organisierten) Widerstand zwingend zu rechnen.

Diese Transformationsprozesse werden, wenn überhaupt, weltweit in starker Ungleichheit und Ungleichzeitigkeit verlaufen.

Unsere, die eurozentristische Welt, ist ein Auslaufmodell. Die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Kräfte Asiens, Afrikas und Lateinamerikas werden die globalen
Kräfteverhältnisse und politischen, sozialen und kulturellen Verhältnisse gravierend verändern.

Bürgerliche politische Freiheiten, der Schutz des Eigentums und die politischen und sozialen Menschenrechte geraten in sich rasant und fundamental verändernde Kräfteverhältnisse und politisch- ökonomischen Ziele.

Am 13. August baute die Sowjetunion und die DDR mit ihren Verbündeten die Mauer. So verschafften sich die SED und die KPdSU eine Atempause gegen das Ausbluten der DDR und sorgten im Blockübergreifenden Interesse für eine Stabilisierung, ja Überwindung der Friedens gefährdenden Instabilität der Machtbalance zwischen Ost und West. Diese „Atempause“ sollte nun genutzt werden, den Sozialismus an Produktivität, Konsum und Lebensweise dem Westen überlegen zu machen, so dass die Mehrheit der Menschen freiwillig im Ostblock verbliebe und am Aufbau des Sozialismus engagiert mitwirkte.

Diese Ziele wurden verfehlt.

Der ökonomische Wettbewerb in Produktivität, Wirtschaftswachstum und Konsum schlug fehl, hinzu kamen die Lasten der Finanzierung der militärischen Balance.

Die Menschen in der geteilten Nation, vielfältig kommunikativ – auch ohne Internet – miteinander verbunden (Reisen, Post- und Telefonverkehr, mediale Erreichbarkeit), verglichen weiterhin die „Leistungsfähigkeit“ der Systeme.

Der Vergleich ging zu Ungunsten der DDR und des Ostblocks aus. Letztlich opferten die Ideologen des Ostens die Ziele einer anderen Lebensweise, weniger Haben und mehr Sein (im Sinne Erich Fromm´s), diesem – ökonomisch und ideologisch verlorenem – Wettbewerb.

Wie würde sich dieser Vergleich und die damit zu führende Auseinandersetzung mit Kultur und Lebensweise in einem „Transformationsprozess“ der Zukunft gestalten? Wohin würde es die Mehrheiten ziehen?

Aber der Real-Sozialismus scheiterte noch an etwas anderem, wofür die Mauer und das damit verbundene politische Regime des Misstrauens, des Absolutheits- und Unfehlbarkeitsanspruches der Partei (SED) stehen. Es gelang nicht, aus verschiedenen Gründen, Sozialismus und Freiheit, Sozialismus und eine neue Qualität gelebter Demokratie miteinander zu verbinden.

Wie werden die „Transformer“ der Zukunft mit diesem wahrscheinlich drohenden Dilemma umgehen: Einerseits kann es eine solidarischere und weniger ungleiche Gesellschaft nur unter den Bedingungen ausgeweiteter und qualifizierter politischer Partizipation gelingen. Andererseits wird es angesichts vielfältiger Schwierigkeiten beim Finden der Wege in eine neue Gesellschaft Zweifler, Enttäuschte und Widerständige geben. Wie werden internationale Kapitalmächte auf ihre schrittweise Entmachtung reagieren? Doch sicher mit vielfältigem und im schlimmsten Falle gewaltsamen kulturellem, ökonomischen, polizeilichen und militärischen Widerstand?

Wie können unter solchen Bedingungen uneingeschränkte politische Freiheiten und Frieden im Inneren und nach außen gewahrt werden? Welche reale Ausgestaltung können die Menschenrechte mit den vorhandenen ökonomischen, politischen und kulturellen Ressourcen erfahren?

Wer es sehen will, der kann verstehen, die SED und der Ostblock standen 1961 vor einem Dilemma. Entweder Verlust der DDR, dass Eingeständnis des Scheiterns des Versuchs eine dem Westen überlegene Gesellschaft aufzubauen oder Mauerbau, Trennung der unauflösbaren Beziehung zwischen Sozialismus und Demokratie und – sollte daraus kein Ausweg gefunden werden – der Weg in eine Sackgasse und letztlich ebenso das Ende dieses konkreten Ausbruchs aus der kapitalistischen Welt. Das haben wir 1989/90 erlebt.

Die Fragen der Demokratie, der Freiheit, der Menschenrechte und neuer Formen der
wirtschaftlichen Vergesellschaftung im Transformationsprozess der DDR und des gesamten
Ostblocks (Aufbau und Entwicklung des Sozialismus) wurden nicht gelöst.

Ein dritter Weltkrieg wurde vermieden. Die Ostblockstaaten kapitulierten. Jedoch, nach 1989 trat nicht die erhoffte Friedensdividende aus dem Ende des kalten Krieges ein. Im Gegenteil, heute sind die weltweiten Rüstungsausgaben höher als 1989 und es gibt gegenwärtig mehrere Kriege und für neue werden die politischen und militärischen Voraussetzungen geschaffen. Alte und neue Rivalitäten um die Ressourcen des Planeten, alte und neue imperiale Machtansprüche zeichnen sich ab.

Die „alte Welt“, (West-Europa und die USA, werden in naher Perspektive ihre Dominanz, ihre Hegemonie verlieren.

Auch das sind die Rahmenbedingungen linker Transformationsstrategien der Zukunft.

Nachbemerkung: „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ und die Einschränkung von Menschenrechten in Transformationsgesellschaften Lateinamerikas und Asiens sind heute schon eine allgegenwärtige Tatsache.

Was sind angemessene Antworten darauf?

Ich bin der Überzeugung, mit den Denk- und Wahrnehmungsmustern des 20. Jahrhunderts und mit den verbreiteten Ängsten vor solchen Fragen kann die Linke keine Antworten finden. Vor gelingenden Gesellschaftsstrategien und mit deren Entstehung in demokratischen und sehr widerspruchsvollen Prozessen steht die Einsicht, dass Linke und DIE LINKE vor der steten Herausforderung der Selbstveränderung stehen. Das erfordert Mut und das Eingeständnis, dass eine andere Zukunft nicht ohne neue Risiken zu haben ist.

Bernd Wittich Ludwigshafen, 1. August 2011

DER SIEG, DER EINE NIEDERLAGE WAR

Zum 50. JAHRESTAG DES BAUS DER BERLINER MAUER

Für die DDR war er der «antifaschistische Schutzwall», für den Westen das «Einmauern» eben dieses Landes. Die Spaltung Deutschlands und der Welt in zwei feindliche Blöcke war nun durch eine Betonmauer manifestiert. Ihre Errichtung sollte das Ausbluten des Ostens verhindern und damit die latent existierende Gefahr einer Veränderung der Grenzen der europäischen Nachkriegsordnung verhindern. Die politischmoralische Wertung der damaligen Ereignisse und ihrer Folgen, der Abschottung eines Staates, der das bessere Deutschland verkörpern sollte, ist eindeutig. Die Massenfluchten aus der DDR bis 1961, die versuchten Grenzdurchbrüche und vor allem die Toten an Mauer, Staatsgrenze West und auf der Ostsee waren für viele der tagtägliche Beweis, dass der Versuch einer neuen Gesellschaft scheiterte, dass die Bürger der DDR sich unfrei fühlten und oft um jeden Preis raus wollten.

Die oft rein materiellen Beweggründe für den Wechsel in den anderen Teil Deutschlands, der sie als eigene Staatsbürger mit offenen Armen und als begehrte, weil qualifizierte Arbeitskräfte aufnahm, werden dabei leicht übersehen.

Angesichts der gezielten Delegitimierung der DDR und des realen Sozialismus tritt die Untersuchung der historischen Rahmenbedingungen für diese letztlich folgenschwere Entscheidung der politischen Führungen in der Sowjetunion und der DDR zurück. Ihnen muss aber nachgegangen werden: Dem Umstand, dass die Krise um die beiden deutschen Staaten und Westberlin jederzeit einen Nuklearkrieg provozieren konnte; den Beweggründen in beiden Blöcken, einen Ausweg aus dem Dilemma zu finden; der wirtschaftlichen Schwäche und der ökonomischen Angreifbarkeit der DDR; den Schwierigkeiten, einen Sozialismus aufzubauen, vor dem niemand weglaufen mochte. Zugleich erhebt sich die Frage, ob die DDR die Chance nutzte, sich auf eigener Grundlage zu entwickeln und den Sozialismus attraktiver und effektiver zu gestalten.

Quelle: Rosalux >>>>> weiterlesen

——————————————————————————-

Grafikquelle   :

This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany license.
Flag of Germany.svg
Attribution: Bundesarchiv, Bild 183-88574-0004 / Stöhr / CC-BY-SA 3.0

Kommentar schreiben

XHTML: Sie können diese Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>