Debattenreihe Klima
Erstellt von Redaktion am Freitag 23. Juli 2021
Klimaschutz mit Auto
Von Ferdinand Dudenhöffer
Die Chance für eine bessere Klimapolitik ist da. Die konkreten Auswirkungen müssten den Menschen nur nachvollziehbar erklärt werden.
Wie konnte das so schiefgehen? Bei der Sonntagsfrage von Forsa hatten die CDU/CSU Anfang April Zustimmungswerte von 21 Prozent und die Grünen 28 Prozent. Drei Monate später lagen die CDU/CSU bei 30 Prozent und die Grünen bei 19 Prozent. Sicher, ein Teil des Absturzes geht auf das Konto des gescheiterten Baerbock-Buchs. Doch Buch und Lebenslauf erklären nicht alles.
Dabei ist der politische Gegner Armin Laschet eher oberflächlich, verkündet Pyrrhussiege und ändert seine Meinung öfters schon mal. Beispiel: Das verunglückte WDR-Interview mit der „jungen Frau“, Susanne Wieseler, der er am Tag der Hochwasserkatastrophe sagte, dass man wegen eines Ereignisses an einem Tag seine Politik doch nicht ändere. Sein Bundesland NRW steht weit schlechter da, als er es anpreist. Eine groß angekündigte Ruhrkonferenz sollte den Aufbruch für das Ruhrgebiet auslösen und hat sich in kleinteilige Projektgrüppchen zerlegt. Die Olympia-Bewerbung von NRW ist ein Scherbenhaufen. Das von ihm selbst ausgerufene Elektromobilitätsland NRW läuft hinterher. Der Aachener Hochschullehrer und Rotary-Freund Günter Schuh hatte mit viel Trara und Landesgeldern erst den Streetscooter, dann den e.go und dann Pläne einer Batteriezellenfabrik aus der Taufe gehoben. Es waren die Vorzeigeprojekte für Laschet, auf die er mächtig stolz war.
Übrig geblieben ist davon so gut wie nichts. Immer wieder hatte die Laschet-Mannschaft versucht, Batteriezellfabriken in NRW anzusiedeln, aber weder Tesla, noch CATL, noch sVolt, noch Farasis, noch Northvolt oder Stellantis bauen Zellen in NRW. Sie haben sich für Grünheide, Erfurt, das Saarland, Bitterfeld, Salzgitter und Kaiserslautern entschieden. Die anderen waren erfolgreich, nur das von Armin Laschet ausgerufene Elektroautoland NRW ist gescheitert. Zufall?
Noch im Herbst 2019 war „Fridays for Future“ für Laschet eine Schülerbewegung. Wenig ehrlich erklärte er bei der Flutkatastrophe NRW zum Klimaschutz-Vorreiterland. Im Ländervergleich hat NRW im letzten Jahr 25 Millionen Tonnen weniger CO2 ausgestoßen. Das entspricht einem Drittel des CO2-Rückgangs in Deutschland. Was Laschet verschweigt: NRW stößt dreimal so viel aus wie etwa Bayern oder Baden-Württemberg und pro Einwohner das Doppelte von beiden Bundesländern. Ein Großteil der Einsparung ist das Ergebnis der Abschaltung der Steinkohlekraftwerke. Damit hat Laschet wirklich nichts zu tun. Die Verdienste gehen zurück bis auf den früheren Bundeswirtschaftsminister Werner Müller und Ex-Kanzler Gerd Schröder. Gern schmückt sich Laschet mit dem Kohleausstieg. Tatsächlich hat NRW den schnelleren Ausstieg mit verhindert.
Hiervon träumen wohl viele der kleinen Wichtigtuer ?
Oberflächlich, sprunghaft und fadenscheinig prangert Laschet geplante Benzinpreiserhöhungen der Grünen an. Dabei weiß er genau, dass die CO2-Besteuerung in Berlin beschlossen wurde. Immerhin erklärt er höhere Treibstoffsteuern für notwendig, aber den Billigflug nach Mallorca definiert er als eine Art Grundrecht. Jeder müsse sich schließlich den jährlichen Mallorca-Flug leisten können. Warum also verlieren die Grünen im Wettkampf mit Armin Laschet?
Das grüne Wahlprogramm ist ehrgeizig. Aber was bedeutet es für Otto Mustermann, wenn seine Lebenshaltungskosten mit erhöhten CO2-Preisen beängstigend steigen? Das Schlagwort Energiegeld soll es richten. Aber was konkret erhält Mustermann? Allgemeine Aussagen wirken bei staatlichen Abgaben wenig glaubhaft. Dazu kamen die unglücklich verkürzten Interviews, bei denen die Steuer hängen blieb, das Energiegeld aber unter den Tisch fiel. Ähnlich zum Verbot der Inlandsflüge. Es macht Sinn, nicht die ganze Welt in einem Satz zu erklären, sondern eine Sache in den konkreten Auswirkungen für den Einzelnen nachvollziehbar zu machen. Was erwartet die Autobesitzer von einer grünen Kanzlerin?
Quelle : TAZ-online >>>>> weiterlesen
Grafikquelle :
Oben — Wahlkampf-Plakat der CDU Nordrhein-Westfalen zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2017 mit dem Spitzenkandidaten Armin Laschet