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Das US – TV-Duell

Erstellt von Redaktion am Freitag 2. Oktober 2020

Trump rekrutiert die Truppen für seinen letzten Ausweg

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Eine Kolumne von Sascha Lobo

Das Signal des US-Präsidenten an die bewaffneten, rassistischen „Proud Boys“, sich „bereit“ zu halten, könnte in einer Katastrophe enden. Er hat im TV-Duell vielleicht die erste Social-Media-Armee der Welt geschaffen.

Die unwürdige TV-Schreidebatte zwischen Donald Trump und Joe Biden enthielt nicht nur massenhaft Beweise für die vollständige Untauglichkeit von Trump für jedes Amt, jede Verantwortung und ungefähr jede zwischenmenschliche Interaktion. Es gab auch einen Schlüsselmoment der Infamie, der sich als Vorspiel einer Katastrophe erweisen könnte, einen Moment, den Showmaster Stephen Colbert als „einen der erschütterndsten Momente meines Lebens“ bezeichnete.

Auf die mehrfache Frage, ob er bewaffnete, rassistische Milizen wie die „Proud Boys“ verurteilen würde, sagte Trump zunächst, er wäre durchaus bereit, das zu tun. Nur, um dann genau diese Verurteilung zu unterlassen und sogar ins komplette Gegenteil zu verkehren. Trump rief die rechtsextreme, gewaltaffine Nationalistengruppe wörtlich dazu auf, sich „bereit“ zu halten.

Zum Kontext gehört, dass Trump seit Monaten Zweifel an der Wahl selbst streut und ganz offen mit einer Art Wahlputsch flirtet. Teil dieses Wahlputsches ist die Einschüchterung von Wählenden durch bewaffnete Milizen, die unter anderem schon in Portland gegen die Black-Lives-Matter-Demos aufgetreten waren. Das geschieht ganz offen, vor aller Augen. Trump hat Minuten nach der Debatte seine dazugehörige Seite getwittert, die tatsächlich den Namen „Army for Trump“ trägt, eine Armee für Trump. Darauf findet sich groß die Aufforderung „Werde Teil von Präsident Trumps Armee der Unterstützer, die für seine Wiederwahl 2020 kämpfen“.

Diese Sprache ist natürlich kein Zufall, sondern Teil der Einstimmung der Trump-Anhänger, am Wahltag aggressiv zu kämpfen, um jede verhinderte Stimme, die den Demokraten am Ende fehlen könnte. Das geschieht unter anderem, indem Trump eigene Wahlbeobachter entsenden möchte. Mit der falschen und gefährlichen Erzählung, es gäbe allgegenwärtigen Wahlbetrug, wird eine Motivation konstruiert, Einfluss zu nehmen. Es wird zum Wahltag Bilder geben von privaten Milizen, die vor Wahllokalen glauben, Trumps Kontrollauftrag durchführen zu müssen. Wenn es sich um Leute wie die „Proud Boys“ handelt, gibt es dafür kein anderes Wort als Einschüchterung. Trump möchte Demokratenwählern Angst machen, wählen zu gehen. Und zwar Angst um ihr Leben.

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Das allerdings kann man sogar nur als Nebenaspekt von Trumps Aufforderung in der Debatte betrachten. Die Hauptsache entfaltet ein wesentlich stärkeres, antidemokratisches, sogar umstürzlerisches Aroma. Das lässt sich anhand der Reaktionen der „Proud Boys“ und vieler anderer vergleichbarer Gruppen in sozialen Medien erkennen. Einer der wichtigsten Organisatoren der „Proud Boys“ erkannte in Trumps Aufforderung nicht weniger als eine Kriegserklärung: „Trump sagte im Wesentlichen, geht hin und macht sie fertig. Das macht mich so glücklich.“ Die Frage, wer eigentlich „sie“ sind, beantwortet sich im Netz selbst. Nicht nur die „Proud Boys“ feiern die Bemerkungen von Trump. Dessen unterbliebene Distanzierung von „White Supremacists“ elektrisiert die gesamte rechte und rechtsextreme Szene, Rassisten aller Couleur. Diejenigen, die fertiggemacht werden sollen, sind einerseits Schwarze von Black Lives Matter und andererseits diejenigen, die gegen Rassismus kämpfen. Trump hat ausdrücklich die Antifa erwähnt.

Mit wenigen Sätzen hat der US-Präsident nicht nur offenen Rassismus gestützt. Er hat auch ein Gewaltszenario gezeichnet, das die Adressaten sehr wohl verstanden haben. „Wir werden bereit sein“, schallt es durch die sozialen Medien, von Leuten, die sich mit dem Label „White Supremacy“ heimlich oder vollkommen öffentlich sehr wohl fühlen.

Quelle      :            Spiegel-online            >>>>>       weiterlesen

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Unten           —          Sascha Lobo; 10 Jahre Wikipedia; Party am 15.01.2011 in Berlin.

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