DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Das Magdeburger Knäuel

Erstellt von Redaktion am Dienstag 6. Juli 2021

Regierungsbildung in Sachsen-Anhalt

2018-11-29 Besuch BM Horst Seehofer bei MP Reiner Haseloff in Magdeburg 1909.jpg

Viele Menschen in diesen Land würden einen solchen Besuch sicher als eine Beleidigung aufnehmen.

Von Christian Stecker

Die CDU hat die Wahl in Sachsen-Anhalt gewonnen. Doch der Weg zum Regieren ist steinig, die Mehrheit mit der SPD ist knapp. Was tun? Ein Vorschlag.

Die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt haben ein erstaunlich klares Ergebnis für die CDU erbracht. Die Union könnte sogar mit den weiter geschrumpften Sozialdemokraten eine Zweierkoalition bilden.

Und doch findet sich die Landespolitik in einer recht verknäulten Situation wieder. CDU und SPD haben im neu gewählten Landtag gemeinsam nur eine Stimme Mehrheit. Da dabei weder die Grünen noch die FDP als überflüssiges Anhängsel ohne Verhandlungsmacht mitspielen wollen, haben sie eine Kenia- beziehungsweise Deutschland-Koalition zunächst ausgeschlossen.

Wie Armin Laschet aktuell in NRW beweist, könnte Reiner Haseloff mit einer Stimme Mehrheit in Magdeburg passabel regieren. Einerseits. Anderseits hat die Verfassung vor das Regieren die Wahl des Ministerpräsidenten gesetzt. Und diese Wahl ist geheim. Dass die Kombination von knappen Mehrheiten und geheimen Abstimmungen für allerlei Kabale und Leimruten taugt, wissen wir spätestens seit der Wahl Thomas Kemmerichs zum Thüringer FDP-Kurzzeitministerpräsidenten.

Am Dienstag tritt erstmals der neue Landtag zusammen. In der neuen Unionsfraktion sitzen ein von Haseloff entlassener Ex-Innenminister und zwei Abgeordnete, die zu einem Flirt mit der AfD aufgelegt waren und wohl auch aus diesem Grund zu Ex-Fraktionsvizes degradiert wurden.

Mit etwas Fantasie lässt sich also ein echter Nervenkrimi für Haseloffs Wahl durch eine mögliche CDU/SPD-Koalition erwarten. Falls Haseloff diese Wahl überstehen würde – der politische Alltag im Magdeburger Landtag wäre berechenbarer. In der Gesetzgebung wird ja offen abgestimmt und jeder Abgeordnete, der dem „Retter der CDU“ von der Stange geht, müsste dafür schon sehr überzeugende Argumente parat haben.

Schon wieder – die AfD

Scheitert Haseloff bei der Wahl – sein eindrucksvoller Wahltriumph würde viel von seinem Glanz verlieren. Die Vieldeutigkeit der möglichen Abweichungsmotive würde alle Debatten über die Nähe der CDU zur AfD revitalisieren, die ja eigentlich mit dem Wahlergebnis vom Tisch sein sollten.

Passierte dies auch noch vor der Bundestagswahl, wäre Sachsen-Anhalt bundespolitische Aufmerksamkeit gewiss. Gut also, dass man jüngst die enge Frist zur Wahl des Ministerpräsidenten (zwei Wochen nach der konstituierenden Sitzung des Landtags) aus der Landesverfassung gestrichen hat. Man kann sich Zeit lassen.

Was tun? Haseloff könnte versuchen, die Grünen oder die FDP doch zu einer „übergroßen“ Koalition zu überreden. Allerdings sähe das entlarvend aus, da man beide bei der Gesetzgebung nicht bräuchte und Haseloff so sein Misstrauen in die eigene Fraktion eingestehen würde. Jede Dreierkonstellation bedeutet zwar ein größeres Stimmenpolster als die Einstimmenmehrheit von CDU und SPD. Doch mit CDU und Grünen an einem Kabinettstisch wäre erneuter Koalitionskrach vorprogrammiert.

Landtag von Sachsen-Anhalt in Magdeburg.jpg

Bloß nicht wieder eine Zwangskoalition

Nach Corona fehlt zudem das Geld, inhaltliche Gräben zuzuschütten. Auch das größere Stimmenpolster von Jamaika oder Kenia könnte schnell dahin sein, wenn sich bei Haseloffs Wahl genügend CDU-Abgeordnete im Geheimen darüber ärgern, dass sie sich zu früh über das Ende der ungeliebten Zusammenarbeit mit den Grünen gefreut haben.

Aktuell erscheint eine Koalition von CDU und SPD mit einer verständnisvollen und Zugeständnissen nicht abgeneigten FDP am wahrscheinlichsten. Dass dabei, wie kolportiert wird, der FDP als eigentlich überflüssiger Partei vertraglich zugesichert werden soll, in der Koalition nicht überstimmt zu werden, wäre ein Novum in der deutschen Koalitionspolitik. Vermutlich gibt es in der Staatskanzlei erste Entwürfe, wie dies in eine „Stabilität und Verantwortung für Sachsen-Anhalt“-Erzählung eingebettet wird.

Quelle        :        TAZ        >>>>>         weiterlesen

*********************************************************

Grafikquellen

Oben        —       Besuch von Bundesinnenminister Horst Seehofer bei dem Ministerpräsidenten von Sachsen-AnhaltReiner Haseloff, am 29. November 2018 in MagdeburgStaatskanzlei des Landes.

Kommentar schreiben

XHTML: Sie können diese Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>