DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Ende mit Gemütlichkeit

Erstellt von Redaktion am Sonntag 7. Oktober 2018

HistorikerInnen warnen vor Rechtspopulismus.

File:J’accuse.jpg

Was ist daran falsch?

Von Stefan Reinecke

Die Zeit, in der Geisteswissenschaftler der Gesellschaft den Weg wiesen, ist vorbei. Das machtkritische „J’accuse“ ist out. Für moralische Interventionen aller Art ist change.org zuständig, ein Unternehmen, das Geld damit verdient, dass andere die Welt verbessern wollen. Heutzutage protestieren Professoren (Professorinnen weniger) eher, wenn die Regierung es versäumt, Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen. Es ist nicht klar, wann der Historikerverband zuletzt eine politische Warnung veröffentlicht hat. Es ist offenbar so lange her, dass sich auch HistorikerInnen, deren Metier das Gedenken ja ist, sich nicht mehr daran erinnern können. Insofern ist die „Resolution zu gegenwärtigen Gefährdungen der Demokratie“, die der Fachverband der Historikerinnen und Historiker kürzlich in Münster beschloss, ungewöhnlich (zu finden auf der Homepage des Verbands der Historiker und Historikerinnen unter „Verband“ und dann unter „Stellungnahmen“).

Es gebe „maßlose Angriffe“ auf die Demokratie, heißt es dort. „Heutige Beschimpfungen von Politikern als ,Volksverräter‘ oder der Medien als ,Lügenpresse‘ nehmen die antidemokratische Sprache der Zwischenkriegszeit wieder auf“, so die Resolution. Auch dass Parteien behaupten, „einen einheitlichen Volkswillen“ zu vertreten, erinnere bedenklich an die Weimarer Republik und den Aufstieg der Nazis, die das für sich reklamierten. Bei der NS-Zeit gelte es auf Quellen zu beharren und kritisch gegenüber „alternativen Fakten“ zu sein. Auch Migration wird erwähnt, die Gesellschaften historisch gesehen nützlich gewesen sei. Angesichts eines Bundesinnenministers, der Migration zur „Mutter aller Probleme“ erklärt, ist das ein fälliges Korrekturzeichen – auch von HistorikerInnen. Die AfD wird nicht namentlich erwähnt – aber es ist klar, dass die VerfasserInnen der Aufstieg des Rechtspopulismus umtreibt.

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Patrick Bahners ließ in der FAZ an dem Aufruf kein gutes Haar. Er sei oberlehrerhaft. Ein Text, der Migration, Kolonialismus und die Gefahr des Nationalismus erwähne, sei für einen Verband eine Art Amtsanmaßung. Bahners Kritik spiegelt konservative Einwände gegen Linksintellektuelle, die ohne Qualifikation einen Wahrheitsanspruch für alles beanspruchen würden. Petra Terhoeven, Zeithistorikerin aus Göttingen und eine Initiatorin der Resolution, beeindruckt diese Kritik nicht. „Wenn dieser Text als linksliberales, sogar parteipolitisches Papier gilt, zeigt das, wie weit sich der Diskurs nach rechts verschoben hat. Eigentlich erinnern wir doch nur an Selbstverständlichkeiten.“

Quelle      :     TAZ         >>>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen  :

Oben    —         Titelseite der von Georges Clemenceau herausgegebenen Zeitung L’Aurore vom 13. Januar 1898 mit Émile Zolas J’accuse…! überschriebenem offenen Brief an Staatspräsident Faure zur Dreyfus-Affäre.

Quelle Scan of L’Aurore
Urheber Émile Zola
Genehmigung
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Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 100 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.

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