Costa Rica macht es richtig
Erstellt von Redaktion am Dienstag 31. Juli 2018
Costa Rica macht es richtig
von Joseph E. Stiglitz
Autoritarismus und Protofaschismus sind in vielen Teilen der Welt auf dem Vormarsch. Da ist es ermutigend, ein Land zu sehen, dessen Bürger sich demokratischen Prinzipien nach wie vor zutiefst verpflichtet fühlen: Costa Rica mit seinen weniger als fünf Millionen Einwohnern hat im Lauf der Jahre weltweite Beachtung für seine progressive Politik gefunden. Schon 1948, nach einem kurzen Bürgerkrieg, schaffte Präsident José Figueres Ferrer das Militär ab. Seitdem hat sich Costa Rica als Forschungszentrum für Konfliktverhütung und -beilegung etabliert und ist Sitz der unter UN-Mandat entstandenen Friedensuniversität. Auch in Bezug auf die Umwelt betreibt Costa Rica mit seiner reichen Biodiversität eine weitsichtige Politik: Es setzt auf Wiederaufforstung, hat ein Drittel des Landes zum Naturschutzgebiet erklärt und bezieht mittlerweile fast seinen gesamten Strom aus sauberer Wasserkraft.
Und nichts deutet darauf hin, dass sich die Costa-Ricaner von ihrem fortschrittlichen Erbe lösen wollen. Bei den jüngsten Präsidentschaftswahlen konnte sich Carlos Alvarado Quesada mit über 60 Prozent der Stimmen und bei hoher Wahlbeteiligung gegen einen Kontrahenten durchsetzen, der das langjährige Engagement für die Menschenrechte zurückgeworfen hätte; er weigert sich, gleichgeschlechtliche Ehen anzuerkennen.
Costa Rica gehört zudem der sogenannten Wellbeing Alliance an, einer kleinen Gruppe von Ländern, die bessere Indikatoren zur Wohlfahrtsmessung erprobt. Diese wurden von der Internationalen Kommission zur Messung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und des sozialen Fortschritts empfohlen. Diese Allianz sieht die Schwächen des Bruttoinlandsprodukts, wenn es darum geht, den Wohlstand ihrer Bürger zu messen. Sie strebt daher eine Politik an, die Demokratie, Nachhaltigkeit und integratives Wachstum fördert.
Dazu erweitert die Regierung den Spielraum für Genossenschaften und Sozialunternehmen, in die bereits ein Fünftel der Bevölkerung auf die eine oder andere Weise eingebunden ist. Diese Institutionen bieten eine echte Alternative zu den Extremen des Kapitalismus, die zu moralisch verwerflichen Praktiken geführt haben, von Marktmanipulationen im Finanzsektor bis zur Vortäuschung niedriger Abgaswerte in der Autoindustrie. Diese Unternehmen basieren auf Vertrauen und Zusammenarbeit – und auf der Überzeugung, dass das Wohlergehen ihrer Mitglieder auch die Produktivität erhöht.
Die Costa-Ricaner haben klargestellt, dass Ungleichheit auf einer Entscheidung beruht, und dass die Politik für ein größeres Maß an wirtschaftlicher Gleichheit und Chancengleichheit sorgen kann. Trotz begrenzter Mittel kann sich Costa Rica einer kostenlosen öffentlichen Gesundheitsversorgung und eines kostenlosen Bildungssystems rühmen. Die Lebenserwartung ist heute höher als in den USA und steigt weiter.
Doch bei all seinen Erfolgen steht Costa Rica vor zwei entscheidenden Problemen: einem hartnäckigen strukturellen Haushaltsdefizit und einem festgefahrenen politischen System. Auf die Frage, wie sich Haushaltsdefizite in den Griff bekommen lassen, hat die Wirtschaftswissenschaft einfache Antworten: das Wachstum ankurbeln, die Steuern erhöhen oder die Ausgaben senken. Die politische Umsetzung ist allerdings alles andere als einfach: Jeder Regierungschef würde das Problem am liebsten durch Wirtschaftswachstum lösen, doch dafür gibt es kein Patentrezept. Die beiden letzteren Optionen hingegen sind bei niemandem beliebt.
Quelle : Blätter >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Aerial view of Costa Rica’s Juan Santamaria International Airport (SJO), 2003. Picture taken with Minolta camera 35mm film and digitally transferred with electronic scanner by the author.
Source | Own work |
Author | Mariordo Mario Roberto Duran Ortiz |
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Unten — Playa Montezuma, Península de Nicoya, Guanacaste, Costa Rica.
Source | https://www.flickr.com/photos/jbacchetta/1127179844/ |
Author | Javier Bacchetta |
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