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Erstellt von Redaktion am Freitag 2. Juli 2021

Corona-Reisebeschränkungen

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Politik geht selten ohne einen Wirtschaftstross  als Geleit.

Eine Kolumne von Bettina Gaus

Die Pandemiepolitik zerreißt Millionen von Familien, weil sie Besuche in anderen Ländern praktisch unmöglich macht. Für Wirtschaftsinteressen macht die Regierung aber gern Ausnahmen. Darüber muss mehr gesprochen werden.

In Krisenzeiten können Regierungen darauf hoffen, dass ihnen mehr verziehen wird als sonst. Zweierlei sollten sie allerdings nicht tun: Allzu deutlich erkennen lassen, dass sie Sonderregeln für sich in Anspruch nehmen, von denen die übrige Bevölkerung nur träumen kann. Und zeigen, dass ihnen wirtschaftliche Interessen sehr viel mehr am Herzen liegen als gesellschaftliche Probleme, mit deren Lösung sich kein Unternehmen retten, also kein Blumenpott gewinnen lässt. Beides tun westliche Regierungen derzeit im Hinblick auf Reisebeschränkungen und das Schicksal von Familien, die Corona auseinanderreißt.

Einige Beispiele aus meinem persönlichen Umfeld:

  • Marius hat gerade seine Hochzeit abgesagt. Die Braut des französischen Ingenieurs ist Engländerin, und ihre Verwandten hätten wegen der Quarantänebestimmungen nicht nach Paris reisen können.
  • Nishit, ein britischer Journalist mit indischen Wurzeln, hat seine Eltern in Mumbai seit knapp zwei Jahren nicht mehr gesehen. Würde er sie besuchen, müsste er bei seiner Rückkehr nach London auf eigene Kosten zehn Tage lang in einem Hotel in Quarantäne gehen.
  • Die 67-jährige Joyce ist eine kenianische Rechtsanwältin, die seit Jahren in den Vereinigten Staaten lebt und arbeitet. Ihre Mutter hat in letzter Zeit stark abgebaut, deshalb möchte Joyce sehr gern in ihre Heimat fliegen, um sie noch einmal zu sehen. Aber sie fürchtet, dass die USA sie danach aus Angst vor Covid nicht wieder einreisen lassen.

Exotische Sonderfälle? Keineswegs. Wenn von Migration die Rede ist, dann denken viele Leute spontan an die Schicksale von Geflüchteten. Die machen aber nur eine kleine Minderheit der insgesamt mehr als 240 Millionen Menschen aus, die in einem anderen Staat als ihrem Geburtsland leben. Oft hat es sie der Liebe wegen in ihre neue Heimat verschlagen, in anderen Fällen wegen besserer beruflicher Möglichkeiten, manchmal auch aus Abenteuerlust oder weil die Kaufkraft der Rente andernorts höher ist als zu Hause.

Mehr als eine Milliarde Menschen sind betroffen

240 Millionen Migrantinnen und Migranten. Rechnet man nur deren engste Angehörige wie Eltern, Großeltern, Geschwister, erwachsene Kinder oder Enkel hinzu, die in den Herkunftsstaaten geblieben sind, dann dürften mehr als eine Milliarde Menschen unmittelbar von der modernen Völkerwanderung betroffen sein. Was längst weitgehend unkomplizierter Alltag war im Zeitalter der Globalisierung, wurde im Schatten der Pandemie zum riesigen Problem. Über das allerdings wenig geredet und geschrieben wird.

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Bettina Gaus

In den ersten Monaten nach Ausbruch der Seuche war das noch anders. Da erschienen herzzerreißende Reportagen über Liebespaare, die an geschlossenen Grenzen einander sehnsüchtig zuwinkten. Tragische, bewegende Einzelschicksale – so schien es damals. Inzwischen steht fest: Von Einzelschicksalen kann keine Rede sein, und die erzwungene Trennung von Familien ist vielerorts auch nicht nach ein paar Wochen oder wenigen Monaten vorbei. Auf der politischen Agenda steht das Thema dennoch nicht, fast nirgendwo.

Warum muss Merkel die Queen besuchen?

Hat es das eigentlich je in der Menschheitsgeschichte gegeben – dass so viele Leute dasselbe oder doch zumindest ein ähnliches Problem teilen, ohne dass daraus eine soziale Bewegung entstanden ist? Ich weiß es nicht, aber ich habe wenig Zweifel, woran es liegt, dass diese individuellen Nöte derzeit keine politische Durchschlagskraft entwickeln: Alle Opfer der gegenwärtigen, strengen Richtlinien sind zugleich deren Nutznießer. So dringend sich jemand auch wünschen mag, endlich den erwachsenen Sohn oder die alte Mutter wiederzusehen, so wenig will die Mehrheit der Betroffenen, dass alle Reisebeschränkungen aufgehoben werden.

Quelle        :           Spiegel           >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen     :

Oben       —       Президент Российской Федерации Владимир Путин с Федеральным канцлером Германии Ангелой Меркель.

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