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Chemiker – Chemiewaffen

Erstellt von Redaktion am Dienstag 17. April 2018

Ein Chemiker zu Chemie Waffen
Der Westen ist in Syrien eindeutig der Aggressor

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Quelle   :    Rationalgalerie

Autor: Dr. rer. nat. Andreas Schell

Unser Autor ist Diplom-Chemiker, hat bis 1999 an der Technischen Universität München studiert und in interdisziplinärer Forschung zwischen anorganischer, organischer und analytischer Chemie seine Doktorarbeit angefertigt. Einige Jahre Erfahrung in der chemischen Industrie machten ihn sicher nicht zu einem Experten für chemische Waffen. Das Beherrschen der Grundprinzipien von chemischer Synthese und Analyse konnte er jedoch, wie viele seiner Fachkollegen, die von ähnlichen Zweifeln geplagt sein dürften, längst unter Beweis stellen. Seine heutige Profession hat er als selbständiger Unternehmer gefunden.

Die englischen, französischen und amerikanischen Streitkräfte haben in der Nacht vom 13. auf den 14. April 2018 in Syrien Ziele bombardiert, die angeblich mit der Produktion und der Lagerung von chemischen Waffen zu tun haben. Für den angeblich zweifelsfrei bewiesenen Einsatz des Kampfstoffes Nowichok gegen Herrn Skripal und seine Tochter wurden aus diversen Ländern, auch Deutschland, zu einem sehr frühen Zeitpunkt
russische Diplomaten ausgewiesen. Ich habe zu diesen harschen Konsequenzen als Chemiker Fragen, die aus meiner Sicht nicht gestellt, oder nicht beantwortet wurden. Meine Unterstellung: es wird vom Westen gelogen, dass sich die Balken biegen. Ziel: Krieg. Für den Frieden lügt keiner. Ich habe das ebenfalls nicht vor, frage mich aber wohl, warum das so ist. Drei meiner Punkte – es gibt mehr – seien im Folgenden dargestellt.

1. Wenn man in einem fremden Land eine Halle bombardiert, in der „mutmaßlich“ chemische Kampfstoffe lagern, wird unweigerlich eine Giftwolke freigesetzt. Abhängig von Art und Menge des chemischen Kampfstoffs stellt diese eine tödliche, nicht kalkulierbare Gefahr für möglicherweise viele Menschen dar. Gab es eine solche Wolke? Falls nein: wie konnte man sich darüber vorab sicher sein? Falls ja: wo hin ist diese Wolke denn gezogen? Nahmen die Verantwortlichen in USA, England, Frankreich diese tödliche Gefahr, die einem Angriff mit chemischen Kampfstoffen gleichkommt, billigend in Kauf? Oder war klar, dass in der Halle keine chemischen Kampfstoffe lagern und es ging darum, dass Präsident Trump nur sein Versprechen einzulösen hatte? Wie ist ein solcher Angriff völkerrechtlich einzuordnen, speziell in Bezug auf die lokale
Gefährdungslage der Zivilbevölkerung?

2. Die OPCW bekam 2013 den Friedensnobelpreis für die glaubhafte Vernichtung des Syrischen Chemiewaffenbestandes. Für die Regierung von Präsident Assad ist seitdem vollkommen klar, dass der Einsatz von chemischen Kampfstoffen zu internationalem Bombardement führt. Welche Mechanismen haben versagt, dass es zu der angeblichen Wiederaufrüstung mit chemischen Kampfstoffen kommen konnte? Welche Strategie könnte Präsident Assad, der nicht dumm ist, haben, wenn er kurz vor der kompletten Einnahme einer Syrischen Stadt durch seine Truppen ausgerechnet auf eine kleine Gruppe Zivilisten, nicht mal Rebellen, eine einzelne „Fassbombe“ abwerfen lässt, die angeblich das – im Gegensatz zu Sarin oder Nowichok – nicht einmal sonderlich giftige Chlor frei setzt? Woran starben die Opfer? Zur Einordnung der Giftigkeit von Chlor sei angemerkt, dass der MAK-Wert für die Stockoxide in Diesel-Abgasen eine dreimal höhere Giftigkeit als Chlor ausweist. Chlor steht nicht auf der Liste chemischer Kampfstoffe. Im Brandfall sind in Wohngebäuden etliche Substanzen denkbar, die einen für Laien ähnlichen Geruch und verätzende Wirkung haben, z.B. Chlorwasserstoff aus PVC-Fenstern und Fußböden. Eine Rauchgasvergiftung ist etwas anderes als der Einsatz von chemischen Kampfstoffen und kommt als Todesursache für die Opfer in Duma in Frage.

3. Die englische Forschungseinrichtung Porton Down konstatiert bei Blutproben und Proben von einer Türklinke eine „sehr reine Substanz, die nur von staatlichen Stellen hergestellt werden kann“. Mir ist vollkommen neu, dass „ein Staat“ für die Synthese eines Reinstoffs als erste Adresse in Frage kommt. Kann irgendwo auf der Welt „der Staat“ besser Reinstoffe herstellen als ein spezialisiertes Chemieunternehmen? Wenn ja: wo? Wie isoliert man einen Reinstoff von einer Türklinke? In meiner Welt kann man aus dem Abdruck einer (womöglich ungewaschenen) menschlichen Hand ein wahres Meer von Verbindungen nachweisen. Der Abstrich einer Türklinke dürfte sich nicht anders verhalten. Eine Reinsubstanz könnte z.B. aus Porton Down selbst stammen und in die Probe gemischt worden sein. Gerade der Befund, es handle sich um eine „sehr reine Substanz“, ist mit Blick auf die Probennahme hoch verdächtig. Ein kleiner Exkurs. Das Fachwissen englischer Chemiker gilt ausbildungsbedingt im internationalen Vergleich als übersichtlich.
Experten mit übermenschlichen Fähigkeiten, speziell in der schon immer aufwändigen und teuren, aber profitschwachen chemischen Analytik vermute ich auf der Insel nicht, eben so wenig modernstes Equipment.
Ich hätte nur allzu gerne eine Liste der analytischen Methoden und Apparate gesehen, die zum Einsatz kamen und unterstelle aus persönlicher Erfahrung, dass da „nur mit Wasser gekocht wurde“. Die Schlussfolgerungen und Konsequenzen gegen Russland können sich aus meiner Sicht überhaupt nicht auf belastbare Tatsachen stützen.

4. Chemische Kampfstoffe sind dafür da, tödlich zu wirken. Herr Skripal und seine Tochter sind auf dem Weg der Heilung. Was sagen denn die beiden zu dem Vorfall? Die Dosis dürfte, falls es sich wirklich um einen
chemischen Kampfstoff handelte, extrem niedrig gewesen sein, was den chemischen Nachweis entsprechend erschwert. Ich wünsche weiter gute Genesung – von einer „mutmaßlichen“, schweren Fischvergiftung, die man sich gerade in England an jedem Fish and Chips Verkauf holen kann. Der Westen ist aus meiner Sicht eindeutig der Aggressor, verstrickt in ein Netz aus leicht widerlegbaren Lügen. Die Dämonisierung der russischen Föderation hat uns an den Rand eines Krieges gebracht.


Grafikquelle  :       People and children in Ghouta massacre, victims of chemical attack.

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