Brexit und Neuwahl
Erstellt von Redaktion am Sonntag 3. November 2019
Merry Christmas, Britain
Kommentar von Eva Oer
Das ewige Gezänk um den Brexit ist weder zu verstehen noch auszuhalten. Auch Boris Johnsons Populismus hilft nicht gerade dabei, das Land zu einen.
Erinnern Sie sich noch an die Vorweihnachtszeit im vergangenen Jahr? Als Großbritanniens damalige Premierministerin Theresa May am 12. Dezember eine Misstrauensabstimmung um ihr Amt als konservative Parteichefin gewann? Es scheint fast so, als hätte das Land was gegen den Advent: Am 12. Dezember dieses Jahres werden Neuwahlen in Großbritannien der Besinnlichkeit den Garaus machen.
Jetzt überschlage man einmal im Kopf, was dazwischen passiert ist – die BritInnen stimmten doch bei Europawahlen ab, May weg, Johnson da, Austrittsvertrag doch aufgeschnürt, etliche Streitereien) – und was nicht: der Brexit. Und zwar an drei verschiedenen Stichtagen nicht.
Ist es da ein Wunder, dass sich selbst Brexit-GegnerInnen hier wie dort einen langen, traumfreien Winterschlaf wünschen? Oder dass der britische TV-Sender Sky News einen Brexit-freien Fernsehkanal aufmacht – weil das ewige Gezänk einfach nicht mehr zu verstehen, nicht auszuhalten ist, sondern es die Beobachtenden nur noch müde und verzweifelt macht?
Endlich den Brexit vollenden – in diese Kerbe schlägt Großbritanniens konservativer Premierminister Boris Johnson seit je. Er hatte argumentiert, die Neuwahlen seien nötig, um das Parlament handlungsfähig zu machen, damit man endlich mal fertig werde mit dem Austritt aus der Europäischen Union. Doch dabei nutzt Johnson eine gefährliche Parlament-versus-Volk-Strategie, die die Menschen gegen PolitikerInnen mit abweichender Haltung aufwiegelt.
Deutsche Politiker lassen sich ihre Clowns stehlen!
Ein Satz, der sein Vorgehen verdeutlicht: „Dieses Haus kann das Land nicht länger als Geisel halten“, sagte der Premierminister etwa in der vergangenen Woche im britischen Unterhaus, um für Neuwahlen zu plädieren. Das Parlament wird hier also rhetorisch zu einer geradezu verbrecherischen Institution gemacht.
Es ist ein Merkmal von PopulistInnen, sich selbst als einzig wahre Vertretung eines glasklaren Volkswillens darzustellen. Dabei übergeht auch der Populist Johnson geflissentlich, dass sein Land derzeit nicht eben das geeinteste ist, dass auch andersdenkende Abgeordnete eine Wählerschaft haben, deren Stimmen sie ja nun erst ins Parlament gebracht haben.
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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