DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Blackrock – Kapitalismus

Erstellt von Redaktion am Freitag 16. November 2018

Das neue transatlantische Finanzkartell

File:Frankfurt Deutsche Bank.jpg

Hast du Geld dann bist du Kumpel- Hast du nichts dann wird es dunkel !

von Werner Rügemer

Seit der „Finanzkrise“ stagnieren die Volkswirtschaften der westlichen Welt. Das durchschnittliche Wachstum in der Europäischen Union beträgt laut offiziellen Statistiken jährlich nur noch 0,9 Prozent – und selbst dieser Wert ist bereits geschönt, um wenigstens nichts Negatives vermelden zu müssen.[1] Es herrscht „Investitionsstreik“, titelt das „Handelsblatt“: „Anscheinend ist das Vertrauen in die Zukunft einfach nicht groß genug.“[2] Doch diese Analyse trifft nicht auf alle Wirtschaftsakteure zu: Eine Reihe von Finanzinvestoren besitzt offenbar größtes Vertrauen in die Zukunft. Denn für sie hat es keine Finanzkrise gegeben, im Gegenteil, sie wurden schwerreich.

Der größte dieser Finanzinvestoren heißt Blackrock, der „schwarze Fels“. Sein Gründer Laurence Fink gilt als Initiator jener angeblichen „Wertpapiere“, die aus verbrieften, also von den Banken weiterverkauften und dann gebündelten Immobilienkrediten gebildet werden. Diese von Fink mitentwickelten Finanzspekulationen verhalfen Blackrock zu seinem ersten großen Sprung. Sie führten 2007 zum Bankrott der traditionellen westlichen Banken, der sogenannten Finanzkrise. Das verwaltete Vermögen von Blackrock schnellte in dieser Zeit rapide in die Höhe – von etwa 300 Mrd. US-Dollar im Jahre 2004 auf 1,3 Billionen im Jahre 2008.

Der nächste große Sprung gelang Blackrock in den zwei Jahren seit der „Abwicklung“ der Finanzkrise. Die US-Regierung unter Präsident Barack Obama beauftragte Blackrock damals, bankrotte Banken und Versicherungen mit Steuergeldern zu retten, beispielsweise den Versicherungskonzern American International Group bzw. die von ihm unzureichend versicherten Kunden wie Goldman Sachs und Deutsche Bank.[3] Der Regierungsauftrag brachte für Blackrock nicht nur ein dreistelliges Millionen-Honorar, sondern verschaffte der Firma durch die so entstandene staatlich-private Insiderposition eine noch bessere Markt- und Machtstellung: In den zwei Jahren bis 2009 schnellte das von Blackrock verwaltete Vermögen auf 3,3 Billionen hoch.

Inzwischen, im Jahr 2016, beträgt es bereits 4,9 Billionen, bei weiter steigendem Trend nach oben. Heute besitzt Blackrock 70 Niederlassungen in 30 Staaten (Aufsichtsratchef des deutschen Ablegers ist die neoliberale Speerspitze der CDU, Friedrich Merz). Der absolute Schwerpunkt liegt dabei auf den USA und der EU. Dabei benötigt das Unternehmen trotz seiner Größe nur 13 000 Beschäftigte, zum Vergleich: Die (vom Umfang ihrer Geschäfte) sehr viel kleinere Deutsche Bank beschäftigt achtmal so viele Mitarbeiter.

Gemeinsam mit weiteren gleichartigen, aber kleineren Finanzinvestoren bildet Blackrock eine neue transnationale Macht, die sich grundlegend von der Politik der bisherigen Großbanken, traditionellen reichen Unternehmerclans und vereinzelten Staatsfonds etwa aus Norwegen, Katar und Saudi-Arabien unterscheidet. Denn Blackrock operiert hochgradig vernetzt: So ist Blackrock heute etwa Großaktionär in allen 30 deutschen DAX-Konzernen, in mehreren sogar Hauptaktionär.[4] Im Jahr 2012 war Blackrock gleichzeitig Großaktionär in 282 der 300 größten westlichen Kapitalgesellschaften, dicht gefolgt von Vanguard (267), AXA (247), State Street (247), Fidelity (239), JP Morgan Chase (219), Capital Group (172), der französischen Bankengruppe BPCE (156), der Société Générale (122) und der britischen Legal & General Group (106).[5] Diese Finanzinvestoren waren im selben Jahr nach der Zahl ihrer Eigentumsanteile in großen Unternehmen die Top Ten. Dies zeigt auch die transatlantischen Kräfteverhältnisse: Sechs Investoren haben ihren Sitz in den USA, drei in Frankreich, einer in Großbritannien.[6]

Spekulation auf den Wertverfall

Wie aber funktioniert das Geschäftsmodell von Blackrock & Co.? Das Blackrock-Geschäftsmodell wurde seit den 1990er Jahren in kleinerem Stil von den sogenannten Heuschrecken, also von Private-Equity-Firmen wie Blackstone und KKR, entwickelt. Sie legen das Geld von anonym bleibenden High Net Worth Individuals (HNWI), Unternehmensclans und Topmanagern weltweit vor allem in gut gehenden Mittelstandsfirmen an; diese werden „restrukturiert“, sprich: in der Regel durch Personalentlassungen verschlankt, und nach einigen Jahren gewinnbringend weiterverkauft.[7]

20080610-US-EU summit.jpg

Freundschafte selbst in den Parteien gibtes nicht – alle sind nur immer Geber und Nehmer.

Blackstone, der „schwarze Stein“, ist heute der kleinere Bruder von Blackrock. Während der typische Geldgeber bei Blackstone Anteile von fünf bis 50 Mio. US-Dollar hält, bewegen sich die Anteile bei Blackrock zwischen 50 bis 500 Mio. – ihre Besitzer sind Unternehmensclans, aber auch Versicherungen, Unternehmensstiftungen, Pensionskassen, Staatsfonds sowie Banken und Unternehmen, die nicht genug Profit machen. Um die Funktionsweise des Blackrock-Geschäfts zu verstehen, lohnt ein Blick auf eine ihrer jüngeren Investitionen: Gemeinsam mit anderen investierte Blackrock im Juni 2016 eine Milliarde Euro, um für eine begrenzte Zeit ein Fünftel aller Lufthansa-Aktien zu kaufen bzw. in Form einer sogenannten Aktienleihe zu leihen (gegen eine Leihgebühr). Sie agieren dabei als „Shortseller“ oder „Leerverkäufer“, das heißt, sie spekulieren darauf, dass in naher Zukunft weniger Flüge gebucht werden und die Aktien an Wert verlieren. Deshalb verkaufen sie die zuvor geliehenen Aktien umgehend weiter, um sie kurze Zeit später – zu einem niedrigeren Kurs – wieder aufzukaufen. Anschließend geben sie die Papiere wie vereinbart an den Verleiher zurück und streichen die Differenz als Gewinn ein. Und tatsächlich, der Plan ging auf: Da aufgrund des Brexit-Referendums und der Angst vor weiteren Terroranschlägen der Kurs der Lufthansa tatsächlich um 14 Prozent einbrach, konnten Blackrock & Co. einen satten Gewinn einstreichen.

Wieso aber, könnte man fragen, spekuliert ein Miteigentümer auf den Wertverfall der Aktie des eigenen Unternehmens? Ist das nicht unlogisch? Offensichtlich keineswegs, denn Unternehmen sind für Blackrock & Co. nur die Basis für Spekulationen. Und wenn Spekulationen mit Aktien mehr einbringen als das Halten der Aktien und das jährliche Warten auf die Dividendenausschüttung, dann gehen die Investitionen eben lieber in die Spekulation.

Sekündlich kaufen und verkaufen heute Finanzinvestoren kleine oder größere Aktienpakete von Lufthansa, Daimler oder Coca-Cola an den Börsen der Welt. Dabei nutzen sie Kurswert-Unterschiede im Nanosekundenbereich zwischen den Börsen aus. Dasselbe passiert mit Wertpapieren aller Art, die auf den Aktien aufbauen: Futures, Derivate, ETFs, iShares.

Aladdin: Das Superhirn der westlichen Wirtschaft

Quelle     :     Blätter          >>>>>          weiterlesen

———————————————————————-

Grafiquelle     :

Oben    —      Deutsche Bank Twin Towers, Frankfurt am Main (Germany)

Source Own work
Author Markus Bernet
Permission
(Reusing this file)
I, the copyright holder of this work, hereby publish it under the following license:
w:en:Creative Commons
attribution share alike
This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic license.

Unten     —      President George W. Bush stands for a photo with a delegation of European Union leaders, joined by National Security Advisor Steve Hadley, left, Tuesday, June 10, 2008 at Brdo Castle in Kranj, Slovenia. From left are, Steve Hadley, U.S. National Security Advisor; Benita Ferrero-Waldner, commissioner for External Relations and European Neighborhood Policy; European Commission President Jose Manuel Barroso; Slovenia Prime Minister Janez Jansa; European Union Secretary General Javier Solana and Dimitrij Rupel, Minister for Foreign Affairs.

Kommentar schreiben

XHTML: Sie können diese Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>