DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Betreutes Linksseinwollen

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 25. Oktober 2018

“Aufstehen”-Initiative goes to town

Quelle    :   AKL

Von Thies Gleiss

Einen Monat nach ihrem offiziellen Start als Klickgemeinschaft im Internet mit 150.000 Interessierten beginnt die von Sahra Wagenknecht, Oskar Lafontaine und 78 weiteren Erstunterzeichnenden ins Leben gerufene Initiative „Aufstehen“ die analoge Welt zu erobern. Doch schon die ersten Schritte wurden von einem kleinen Zentralbeben erschüttert und erschwert: Die Entscheidung der Fraktionsvorsitzenden der LINKEN, Sahra Wagenknecht, sich bei dem Beschluss der Fraktion zur Unterstützung der „Unteilbar“-Demonstration am 13. Oktober in der Berlin der Stimme zu enthalten und später noch merkwürdige Einwände gegen den Aufruf zur Demonstration als Begründung für ihre eigene Nichtteilnahme nachzureichen, stießen auf Unverständnis und Empörung bei denen, die sich in den vergangenen Tagen zu „Aufstehen“ bekannt und sich an den Aufbau von lokalen Gruppen gemacht hatten. Auch in der bisherigen Leitungsgruppe der Initiative, ein aus 20 von den 80 Erstunterzeichnenden bestehendes „Beratendes Gremium“, rumorte es und die Richtlinienkompetenz von Sahra Wagenknecht für die Initiative wurde infrage gestellt.

So waren unter den 240.000 Demonstrierenden in Berlin auch zahlreiche Anhänger*innen von „Aufstehen“, es gab mehrere Transparente und Schilder mit dem Logo und prominente „Aufstehen“-Vordenker, wie Fabio DeMasi sprangen für die abgeordnetentypischen Fotosessions vom großen LINKE-Transparent zu dem von „Aufstehen“ und zurück. Sahra Wagenknecht blieb buchstäblich allein zu Haus, wie es auf einem spöttischen Schild in Berlin hieß.

Aufstehen“ vor Ort

Die Initiative „Aufstehen“ hat entgegen ihren Beteuerungen ziemlich zentralistische Aufbaumethoden. Es gibt ein „Orga-Team“ zur Betreuung des Aufbaus in der analogen Welt; ein „Social-Team“ für Facebook, Twitter und Co.; ein „Technik-Team“ zur Pflege der Website und ein „E-Mail-Team“ für die Kontaktpflege. Es wird nicht verraten, wer das im Einzelnen ist und – wichtiger noch – wie die mehreren Hauptamtlichen Organizer und der professionell aufbereitete Auftritt bezahlt werden. Der Trägerverein von „Aufstehen“ ruft zu Spenden auf, kann aber noch keine steuermindernden Spendenquittungen ausstellen.

Mittlerweile gibt es ungefähr 70 Regional-, Orts- und in Berlin auch Stadtteilgruppen. Sie sind aus Facebook-Gruppen entstanden. Die zentrale Verwaltung hat dabei Schützenhilfe und Daten zur Verfügung gestellt und auch unliebsame Administrator*innen von lokalen Facebook-Gruppen mehr oder weniger rüde beiseite gedrängt. Zudem wurden Verhaltensrichtlinen in den Gruppen durchgeboxt, die sowohl innerlinkes Gezänk als auch zu krass ausländer- und flüchtlingsfeindliche Posts verhindern sollen. Dieser erste Reinigungsprozess ist weitgehend abgeschlossen, so dass in allen 16 Bundesländern offizielle „Aufstehen“-Facebook-Gruppen bestehen, die insgesamt 12.000 Mitglieder haben. Es gibt immer noch zahlreiche „inoffizielle“ Facebook-Gruppen, wo sich ein teilweise sehr schräges Volk mit verschwörungstheoretischen, aber auch immer noch hart nationalistischen und rassistischen Positionen tummelt. Die Denunzierung der „Unteilbar“-Demonstration als von Soros gesteuert, ist die jüngste Laune dieser Leute.

In der Hälfte der Ortsgruppen fanden auch schon Treffen statt. Dafür ist ein „Merkblatt“ der Organizer bereitgestellt worden, in dem sehr kluge Tipps zur Durchführung solcher Veranstaltungen, zur Verhinderung des Durchmarsches von Polit-Professionellen anderer Parteien, zur Integration von Neuen und wenig Redegewandten und vielem anderem gegeben werden. Die LINKE sollte sich diese Regeln durchaus auch zu Herzen nehmen – ironischerweise sind ja gerade die Polit-Profis der LINKEN, die sich „Aufstehen“ verbunden fühlen, mittlerweile schon Meister oder Meisterinnen darin, sich Einfluss in Partei- und Fraktionsstrukturen mit allen Mitteln gegen Konkurrenten und potenzielle Nachfolger*innen abzusichern.

Die örtlichen Treffen sind unterschiedlich, aber generell nicht enttäuschend, gut besucht; in Großstädten eher weniger, in Klein- und Mittelstädten teilweise überraschend gut. Aber eine begeisterte Aufbruchsstimmung, wie sie zuletzt in Deutschland bei der Gründung der WASG zu sehen war, ist das sicher nicht.

Die Mehrheit der Besucher*innen ist gehobenen Alters und hat Erfahrungen in SPD und LINKE hinter sich, ist teilweise dort noch randständiges Mitglied. Die große Mehrheit sind Männer.Viel mehr als Vorstellungsrunden und Bekenntnisse, etwas „jenseits der Parteien machen“ zu wollen ist nicht passiert. Dort, wo „Aufstehen“ örtlich politische Praxis begonnen hat, ist dies immer im Kontext von schon arbeitenden Initiativen – in der Regel nicht zur für sich reklamierten „sozialen Frage“, sondern zu Demokratiefragen, wie die Proteste gegen die Polizeigesetze, zu Klima- und zu Verkehrsfragen. In mehreren Treffen wurden aber auch eher Angst machende und mit rechter Politik leicht zu verbindende Äußerungen getätigt, dass man „nicht links und nicht rechts“ sein wolle und bisher alles „Politische“ doch nur Unheil gebracht hätte.

Pol-is und die interne Demokratie

„Aufstehen“ feiert sich selbst mit einer angeblich neuen Art von interner Demokratie, die alle Probleme der anderen Parteien – wie Meinungskämpfe, Leitungswahlen, Karrieredenken – vermeiden oder minimieren würde. Dafür wird die Software „Pol-is“ benutzt, die Teilnahme und Teilhabe großer Mengen einfacher Mitglieder ermöglichen soll. Eine erste Probephase der internen Debatte unter den „Aufstehen“-Unterstützer*innen ist abgeschlossen und die „Pol-is“-Betreiber haben einen Auswertungsbericht vorgelegt.

Ein Fazit vorweg: Demokratisch ist das nicht, eher eine subtile Form des betreuten Links-Sein-Wollens. 23.354 Menschen haben sich an der Debatte beteiligt. Sie durften 783 kurze politische Statements bewerten, die sie selber abgeben konnten oder die „von oben“ vorgegeben wurden. Es waren Statements zum Status, zum Einkommen und zur politischen Meinung. Die zentrale Verwaltung hat die Statements sortiert und auch aussortiert und teilweise vorgegeben. Wer das was wie geregelt hat, bleibt verborgen. Die Statements durften dann mit Voten bewertet werden. Insgesamt wurden knapp zwei Millionen Voten abgegeben, wodurch die Statements und ihre angebliche Bedeutung für die Programmatik von „Aufstehen“ eingeordnet werden können.

Die politischen Ergebnisse der Auswertung sind durchaus interessant:

Es wurde aufgrund der ähnlichen Antworten eine Gruppe von 30 Prozent der Teilnehmenden separiert. Sie lässt sich mit den Positionen „Deutschland zuerst“ und „Migration ist ein Problem, und die Migrant*innen sind es auch“ beschreiben. Die anderen zwei Drittel sind für eine tolerante Migrationspolitik, sind weltoffener und sagen, dass es Zufall ist, dass sie Deutsche seien. Nur 9 Prozent nennen einen eigenen Migrationshintergrund. Knapp die Hälfte aller Beteiligten sieht sich selbst bessergestellt als der Durchschnitt in Deutschland; 80 Prozent aus beiden Gruppen sind für einen Staat mit Gesetz und Ordnung; 82 Prozent beider Gruppen sind gegen eine Politik der „Offenen Grenzen“ (bei der ersten Gruppe sind es so gut wie alle); 56 Prozent sind für ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“ und ganze 81 Prozent sind für die Abschaffung des Fraktionszwanges im Bundestag. 16 Prozent sind selbstständig und 41 Prozent fühlen sich als Patrioten.

Es gäbe noch viele andere interessante Dinge zu dieser Auswertung zu sagen, aber eines scheint gewiss: Eine soziale Basis der tatsächlichen Unterschichten und sozial Ausgegrenzten ist das nicht. Da muss „Aufstehen“ an den eigenen Vorhaben und Vorgaben noch hart arbeiten.

Von Thies Gleiss, dieser Artikel ist in der SoZ erschienen.

akl - Antikapitalistische Linke

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Grafikquellen     :

Oben        —       Screenshot YOUTUBE

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Unten      —    Lafontaine Fotomontage:

Die Fotomontage stammt aus der Projektwerkstatt


Virtuelle Projektwerkstatt von SeitenHieb Verlag steht unter einer Creative Commons

17 Kommentare zu “Betreutes Linksseinwollen”

  1. Linksdrachenmaus sagt:

    Zitat: „und prominente „Aufstehen“-Vordenker, wie Fabio DeMasi sprangen für die abgeordnetentypischen Fotosessions vom großen LINKE-Transparent zu dem von „Aufstehen“ und zurück.“

    Der ideale Hüpfer 😉 und einer der unglaubwürdigsten Politiker in der Linksfraktion.

  2. Zitrone sagt:

    Ziehsohn von Sahra, ehemaliger Mitarbeiter und MUSSTE ins Europaparlament gewählt worden. Nein, manipulieren tun die Guten nicht. Der Diplomhiwi Lander musste auch gewählt werden.

  3. Uwe Georgi sagt:

    2021 sind die nächsten BTW. Allen Unkenrufen zum Trotz.

    Wenn die dann in eine Partei umgewandelte Bewegung ein gutes und gestaltungsmögliches
    Wahlergebnis,so 25% + X holt, hat auch Fabio Alles richtig gemacht. So what…..

  4. Ein wahrer Linker sagt:

    #2

    Was ist ein Diplomhiwi?

  5. Zitrone sagt:

    @3 davon träumen die- dabei wird vergessen dass sich gerade aus der Linke die Oberstreithanseln in dieser Bewegung sammeln. Das wird lustig!

  6. links herum sagt:

    zu # 5

    Man soll/kann die Sammlungsbewegung nicht nur durch die saarl. Brille betrachten.
    Hier sind es 1600 Unterstützer.Insgesamt sind es mittlerweile 100 x so viele.
    160.000, und es werden immer mehr. Auch bei Macrons en marche sind viele Unzufriedene,
    Rechte und Linke, alle Couleur zusammen gekommen.
    Es wird bei allen noch ein grosses Stühlerücken geben.

    Liebe Zitrone: “ Think big ! „

  7. Linksdrachenmaus sagt:

    #3
    Rechtzeitig die Notbremse ziehen und das Silwinger Traumpärchen aus der Partei entfernen. Keine gute Idee – sonst Opferrolle 🙂

    #4

    Diplom-Hilfswissenschaftler 😉

    Hat Lander überhaupt eine abgeschlossene Berufsausbildung?

  8. Frühaufsteher sagt:

    Aufstehen hat einen Link geteilt.
    Administrator · 1 Std
    Wir wollen die Politik in Deutschland verändern – aber manche trauen uns das nicht zu! Darum haben sich unserer fleißigen Mitstreiter aus Münster überlegt ein von Mitgliedern organisiertes Crowdfunding in die Wege zu leiten. Ein starkes Zeichen setzen und pro Mitglied einen Euro sammeln: 150.000 Euro für Aufstehen! #AnDieArbeit

    STARTNEXT.COM

    Aufstehen! An die Arbeit!
    Wir sammeln gemeinsam 150.000 Euro

  9. Frühaufsteher sagt:

    Christina Schaab
    Gesprächsinitiator · Gestern um 13:37

    Bei dem Treffen am 22.10 hat man ganz klar gemerkt dass die Migrationsfrage immer noch das Potenzial hat alle zu spalten. Rechts und links sind kaum zu vereinen und fehlt an einer Position mit der jeder klar kommen kann.
    Ich weiß dass dies sehr schwer ist. Doch irgendwie muss man ja mal offen drüber reden.
    Ich möchte hier fragen wer gerne an einem Arbeitskreis zum Thema Migration teilnehmen möchte und sich dieser schweren Aufgabe stellen möchte Debatten darüber zu führen?
    Denn wenn wir gemeinsam etwas erreichen möchten, brauchen wir hierzu eine klare Position.

  10. Zitrone sagt:

    Das sind die, die ohne Berufsabschluss aufgeblasen werden und mit ihrem gefährlichen Halbwissen die ganze Innung blamieren. So kommt es dann, das parlamentarische Anfragen aus anderen Landtagen übernommen werden -Plagiat- oder falsche Behauptungen aufgestellt werden. Aber wenn es darum geht andere zu diffamieren sind sie erste Sahne. Diplomhiwis eben.

  11. Ein wahrer Linker sagt:

    #7
    Lander hat keinen Abschluß.
    Er hatte einen Praktiumsplatz im Klinikum Sbr.
    Stellte sich zuerst als Med. Student, später als wissenschaftlicher Mitarbeiterund letztendlich als Hilfsarbeiter vor. Er wollte ja Medizin studieren, aber bei dem Abitur wohl keine Chance.
    Lander muss Oskar ewig dankbar sein und Ihm die Füsse küssen!

  12. Zitrone sagt:

    @11 ein Erfüllungsgehilfe der die KVs aushorcht und dann Bericht erstattet , natürlich seine Version ausgeschmückt mit den Dreckigkeiten seines Mentors-auch ohne Berufsabschluss. Kotz

  13. Beobachter sagt:

    @11 ach jetzt verstehe ich wieso er mit seinen dreckigen Methoden alles um sich wegreißen will. Selbst nichts drauf und überall unbeliebt.

  14. saarbrigga sagt:

    Lander kann sich fürs wintersemenster 2022 auf die Warteliste setzen lassen, dann ist sein politikpraktikum vorbei!
    vielleicht schreibt ihm seine souffleuse auch alles fürs studium😂😂😂
    nein ich rede nicht von schramm sondern von sommer!
    wenn ich mir das letzte junge projekt der linken ansehe, yvonne ploetz hat ihr studium während sie im bundestag war abgeschlossen und Lander so?
    der lernt schön jeden tag des Sommers Texte auswendig sonst nix…armes Würstchen die Basis wird ihn fressen!
    die von schramm, flackus abgekupferte arroganz wird ihn einholen dann wars das!

  15. Morgenmuffel sagt:

    #11
    Aus Dankbarkeit muss ein bisschen mehr kommen als nur Füsse küssen ….

  16. Piratenköpfchen sagt:

    #11 – Drücken wir alle die Daumen, dass es nicht mehr wird. Denn kriechen ist schlimmer.

  17. Zitrone sagt:

    Leider weiß ich nichts Neues, meine Quelle sprudelt nicht mehr 😏

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