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Berlinale: Gute deutsche Soldaten

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 13. Februar 2014

Schlechte Bürokratie in Afghanistan

My Lai massacre showing mostly women and children dead on a road.

Autor: U. Gellermann

Rationalgalerie

Datum: 12. Februar 2014

Was es nicht gibt in Afghanistan: Den Bruch des Grundgesetzes, das uns keine Auslandseinsätze erlaubt; die unschuldigen Zivilisten, die von den internationalen Truppen weggebombt werden; Korruption auf allen Ebenen, Heroinhandel und einen Krieg aus geostrategischen Gründen. Jedenfalls kommt all das nicht in Feo Aladags Film „Zwischen Welten“ vor. Was es dort gibt sind deutsche Soldaten, die Kühe kraulen; Bundeswehr-Kumpels, die wegen eines afghanischen Kindes ihr Leben riskieren; die einen flotten Disco-Strip hinlegen, um für eine erschossene Kuh Geld zu sammeln; die Ihre Entlassung riskieren, um einer afghanischen Frau das Leben zu retten. So freundlich und heldisch kann der Krieg in Afghanistan sein.

Am Strand von Rügen entschließt sich Hauptmann Jesper (Ronald Zehrfeld) zum zweiten Mal nach Afghanistan zu gehen. Weil, so erzählt der Film implizit, sein Bruder dort umgekommen ist. Sucht er auch den Tod, will er seinen Bruder rächen? Das mag der Film nicht beantworten. Also zieht Jesper mit seinem Trupp und dem neuen Dolmetscher Tarik (Mohsin Ahmady) los, um in einem Dorf nahe Kunduz einen Checkpoint zu beziehen, der auch von Arbaki-Milizen besetzt ist. Glauben wir dem Film, dann sind das alles selbstlose Heimatschützer, glauben wir der Karzai-Regierung und dem Sender Al Jazeera, dann sind sie ein Haufen von Schutzgelderpressern, Räubern und Vergewaltigern. Als diese Truppe einen ihrer Toten bergen will, fragt Hauptmann Jesper das deutsche Hauptquartier, ob der dabei helfen darf. Die Befehlsstelle sagt nein. Ab hier beginnt Feo Aladags durchgehendes Szenario von den tapferen Frontkämpfern und den sturen Bürokraten in den Kommandostäben. Ein Szenario, dass in den Landserheftchen über den 2. Weltkrieg schon genutzt wurde: Klar, irgendwie war der Krieg nicht so toll, aber die kämpfende Truppe, die war gut, tapfer und gerecht, damit hat sich dann die Frage nach dem Sinn des Krieges erübrigt.

Der Feind hat in „Zwischen Welten“ kein Gesicht, er ist heimtückisch und bedroht den Übersetzer der kernigen deutschen Truppe und dessen Schwester. Da der Feind zwar schießt, vorzugsweise aus dem Hinterhalt, aber nie zu sehen ist, sehen wir auch seine Toten nicht. Da richtet sich der Film ganz nach dem deutschen Mainstream: Es gibt nur deutsche, oder mit den Deutschen verbündete Tote. Wenn denn doch mal über afghanische Tote geredet werden muss, dann sind es heimtückische Benzindiebe. So nimmt des Schicksal seinen Lauf: Die Schwester des Übersetzers wird angeschossen, der deutsche Hauptmann bringt sie, gegen einen ausdrücklichen Befehl, zum Bundeswehrlazarett, seine Truppe wird auf einer von der Regie vorgesehen Patroullienfahrt vom unsichtbaren Feind überfallen und einer von Jespers Kameraden stirbt. Natürlich kommt der Hauptmann vor Gericht, die böse Bürokratie siegt und der tapfere Jesper darf am Grab seines Bruders traurig gucken.

Frau Aladag, die sich freiwillig embedded hat, macht uns in ihrem Drehtagebuch mit ihren Positionen vertraut: Es mangele in Deutschland an „ehrlichem Respekt“ gegenüber „unseren Soldaten“. Und der Bundestag habe habe die Bundeswehr nach Afghanistan geschickt, „Um eben diesen Menschen zu helfen“. Diese Menschen sind „ihre Fahrer, ihre Köche, ihre Dolmetscher und ihre Familien“. Dass es die alle nicht gäbe, wären die Deutschen nicht da, fällt der Regisseurin nicht auf. Sie schreibt in ihrem Drehtagebuch weiter, dass sie uns erinnern wollte „an die Verantwortung unserem eigenen Gewissen gegenüber.“ Das muss ein merkwürdiges Gewissen sein, das an keiner Stelle des Films die Präsenz deutscher Soldaten in einem fremden Land infrage stellt.

BERLINALE: Lars von Trier in Czernowitz

Ziemlich öde Schwanzparade

„Das wirst Du alles im zweiten Teil erfahren“, sagte die Kollegin neben mir im Kino, als ich nach dem Sinn von „Nymphomaniac“, dem neuesten Film des Regisseurs Lars von Trier fragte. Aber nach gefühlten drei Kilometern Schwänzen in immer der selben Möse bin ich nicht sicher, ob es eine Auflösung der Sinnfrage gibt, oder ob sich die Langeweile des ersten Teils einfach nur fortsetzen wird.

Es ist die klassische Psychiater-Situation: Eine Frau (Charlotte Gainsbourg) liegt auf einer Couch, neben Ihr sitzt ein Mann (Stellan Skarsgard) und hört zu wenn die Frau aus dem Leben plaudert. Sie sei schlecht sagt die Frau, weil sie von frühester Jugend an rumgevögelt habe, so an die 10 Männer seien es täglich gewesen, und allein die Organisationsarbeit habe sie beträchtliche Mühe gekostet. In diesen Mühen sehen wir nicht die Gainsbourg, sondern ihre jüngere Ausgabe, die Schauspielerin Stacy Martin, die trotz einer weitgehend öden Handlung eine beträchtliche Ausstrahlung zeigen kann und weit über das gleichgültige Rammeln hinaus Gefühle vermittelt.

Zum Beispiel dann, als Ihr Vater auf Raten stirbt und sie das zeigt, was, so Lars von Triers Drehbuch, Gift für den Sex ist: Liebe. Denn so wie sie ihren Vater töchterlich liebt, so sind ihr die Kerls, mit denen sie in Bussen und Bahnen, auf Tischen und Stühlen, in Häusern und im Freien ihrer Passion nachkommt, herzlich gleichgültig. Der zuhörende Mann erklärt ihr, dass sie nicht schlecht sei, den Männern habe sie nichts angetan und wenn es ihr denn Freude mache, bitteschön, was soll´s.

Während der 180-minütigen Schwanzparade habe ich an einen alten, jiddischen Witz denken müssen: Jossele aus Czernowitz war in Paris und als er zurück kommt wollen seine Freunde wissen, was er erlebt hat. Natürlich war Jossele auch im Bordell. Und? Wie war´s? Na, überall rote Teppiche. Und dann? Dann diese Kronleuchter, wie eine Feuerwerk. Und dann? Es gab Champagner, so einen habt ihr noch nicht getrunken. Und dann? Und dann bin mit einer halbnackten, wunderschönen Frau auf´s Zimmer gegangen. Und dann, und dann, und dann rufen seine Freunde im Chor. Und Jossele antwortet: Dann, dann war es genau so wie in Czernowitz.

Es steht zu befürchten, das Lars von Trier auch im zweiten Teil nicht über Czernowitz hinaus kommen wird.

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Fotoquelle: – Wikipedia – Author Ronald L. Haeberle

This image is a work of a U.S. Army soldier or employee, taken or made as part of that person’s official duties. As a work of the U.S. federal government, the image is in the public domain.

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