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Bares ist immer das Wahre

Erstellt von Redaktion am Freitag 25. Oktober 2019

Bargeld bietet Schutz und Sicherheit

Quelle      :        INFOsperber CH.

Von    Niklaus Ramseyer

Für Normalverbraucher bleibt Bargeld zentral – trotz Kampagnen gegen Bares und Banknoten. Wegen Negativzinsen erst recht.

«Da habt ihr schon mal 100’000 Franken», lachte der gepflegte Herr mittleren Alters, der hinter dem Schreibtisch in seinem Chefbüro in der Nationalbank in Bern stand, und warf uns einen prallen, durchsichtigen Plastiksack zu, in dem wir braun-rote Papierschnipsel erkennen konnten. Es waren 200 geschredderte Fünfhunderternoten. Dann erklärte er, wie die Nationalbank Geldscheine am Ende ihres «Lebens» vernichtet, damit kein Missbrauch möglich ist: durchbohren, zerstückeln, verbrennen.

Eckwerte eines seriösen und stabilen Systems

Das war vor fast 50 Jahren, als es noch 500-Franken-Noten gab. Der Finanzfachmann und SNB-Vizedirektor legte auch einleuchtend dar, wie «seriöse Zentralbanken» die Geldmenge so steuerten, «dass das gesamte Geld in Umlauf stets der Leistung, dem Wert und dem Wachstum der Volkswirtschaft entspricht». Weil Geld ja nur reale Werte widerspiegeln sollte. Zu dieser seriösen und soliden Geldpolitik gehöre ein ebensolches Wirtschaftssystem. In diesem erarbeiteten langfristig produktive Unternehmen bis zu 10 Prozent Ertrag auf ihren Investitionen (Return on Investment). Banken dienten dabei als Dienstleister, die 4 bis 5 Prozent für ihre Hypotheken und Darlehen verlangten – und für Erspartes 2 bis 3 Prozent Zins zahlten. So sei das nachhaltig und stabil. Der Nationalbankier warnte aber auch: «Unseriöse Zentralbanken lassen dagegen einfach mal die Notenpresse laufen, wenn ihre Regierung Geld braucht.» Und dies nicht etwa nur in Lateinamerika oder Afrika: «Dazu braucht man gar nicht so weit zu gehen – nur ein wenig Richtung Süden über unsere Grenzen hinaus.»

Notenpressen würden heute heiss laufen

Tempi passati! Seit etwa 1990 ist es auch bei der Schweizer Nationalbank vorbei mit einer disziplinierten Geldmengenpolitik, die das Wachstumsziel jeweils auf 2 bis 3 Prozent jährlich festlegte. In den letzten Jahren erlebte die Wirtschaft gar eine veritable «Liquiditätsschwemme», wie Finanzfachleute klagen. Dazu müssen die Zentralbanken nicht einmal mehr die Notenpressen einschalten, die sowieso sofort heiss laufen würden: Sie vermehren das Geld elektronisch in ihren Computern (als Buchgeld) ins Unermessliche – und bedienen mit Billig-Krediten die Geschäftsbanken und Staatskassen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) macht diese «Geldvermehrung» aus Angst vor Rezession – um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Schweizer Nationalbank tut es, um fast endlos Devisen anzukaufen, damit der Franken nicht zu stark (unter 1.10 zum Euro) und die Exporte der produzierenden Schweizer Wirtschaft nicht zu teuer werden. Inzwischen sitzt unsere Zentralbank auf Devisenreserven im Wert von über 700 Milliarden Franken.

Ruinöse Negativzins-Wirtschaft

Parallel dazu und schlimmer noch: Die SNB versucht mit Negativ- oder Strafzinsen die Flucht in den sicheren Schweizer Franken zu bremsen. Sie verlangt auf Giro-Guthaben jetzt einen Minuszins von 0,75 Prozent von den Banken. Und diese gehen immer mehr dazu über, eine solche «Guthabengebühr» auf ihre (vermögenden) Kunden zu überwälzen.

Das ist blanker Unfug – und die Umkehr aller finanzwirtschaftlichen Werte. Auch Kleinsparer bekommen die absurde Finanzpolitik immer mehr zu spüren. In Form von Kosten für die Kontoführung etwa, oder durch Abstriche bei den Dienstleistungen: Immer mehr Banken betreiben nur noch Selbstbedienungsschalter ohne Personal.

Der bekannte Schweizer Finanzfachmann Kurt Schiltknecht hat Mitte September noch schlimmere Folgen dieser Negativzinsen in der «NZZ» dargelegt: «Gefährdung der Sozialwerke, Einkommens- und Vermögensumverteilung, Preisblasen auf den Wertpapier- und Immobilienmärkten und starker Anstieg der Verschuldungsquote.»

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Schiltknecht kommt zum Schluss: «Die Negativzinsen sind längst kontraproduktiv.» Er fragt sich, wie lange es noch dauern müsse, bis die Banken «einsehen, dass sie mit ihrer Negativzinspolitik auf dem Holzweg sind».

Bares ist immer mehr Wahres

Auf dem Holzweg sind die Banken auch, wenn sie mit ihrem (elektronischen) Geld im internationalen Hochfrequenz-Casino spekulieren (um wenigsten da noch etwas zu verdienen), statt es langfristig in die reale und regionale Wirtschaft zu investieren. Dass das alles nicht lange gut gehen kann, wissen seriöse Fachleute schon lange. Jeder Schüler kann einfach ausrechnen, dass ein System keine Zukunft hat, in dem etwa ein Kanton von Banken 100 Millionen ausleiht – und in sieben Jahren nur noch 95 Millionen zurückzahlen muss. Wie «abnormal» das ist, weiss die «NZZ»: «Eine Normalisierung des Zinsniveaus ist derzeit nicht in Sicht», klagte sie am vergangenen Samstag erneut. Und: «Negativzinsen sind da, um zu bleiben.»

Finanz-Spezialisten warnen derweil schon lange vor einem nächsten Banken-Crash. Sie raten darum, Bankkonten aufzulösen und die Guthaben stattdessen in Gold, Baugrund, Immobilien oder Sachwerte wie Luxusuhren zu investieren. Denn: «Selbst Cash zu halten ist besser als Bankeinlagen», wie Marc Friedrich und Matthias Weik Mitte Juni auf Infosperber darlegten.

Also lieber Tausendernoten im privaten Tresor stapeln, als Geld im riskanten Finanzcasino der Bank zu parkieren. Im sicheren Panzerschrank ist effektiv «Bares wieder Wahres». Zudem werden dort keine «Guthabengebühren» fällig.

Herrschende wollen uns das Bargeld wegnehmen

Doch gegen dieses Bargeld führen die Herrschenden in Politik und Wirtschaft nun schon länger einen Kampf: Sie haben bereits erreicht, dass die «kleinen Leute» in der EU keine Bargeldbeträge über 10’000 Euro über die Grenzen mitnehmen dürfen. In Italien oder Frankreich werden Barzahlungen rigoros beschränkt auf maximal 1000 oder 2000 Euro. Die Finanzspekulanten hingegen dürfen im Internet weiterhin in Sekundenschnelle Hunderte von Millionen über alle Grenzen hinweg verdealen – und müssen dabei noch nicht einmal eine minimale Transaktionssteuer entrichten.

Einzelne EU-Länder streben gar den total(itär)en elektronischen Zahlungsverkehr an. Mit dazu gehört, dass (vorerst grosse) Noten aus dem Verkehr gezogen werden sollen. Auch in der Schweiz gab es schon politische Vorstösse, mit dem Ziel, etwa den «Tausender» abzuschaffen. Und dies ausgerechnet von SP-Seite, die ja sonst immer meint, sie vertrete die «Vielen (Werktätigen, Anm. NR) gegen die Wenigen (Herrschaften mit teils bedingungslosen Grosseinkommen, Anm. NR)» – und nicht umgekehrt.

Das wurde zum Glück abgelehnt – wie auch eine generelle Bargeld-Limite von 100’000 Franken. Die Argumentation der Polit-Herrschaften ähnelt bei diesen Kampagnen gegen Bares stets stark und verdächtig jener, die sie für die laufend zunehmende elektronische Überwachung der Bevölkerung anführen: Es gelte, Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen.

Elektronisches Geld nützt Bankern, Schnüfflern und Händlern

Ein durchsichtiger Vorwand: Unbescholtene SchweizerInnen, die in Deutschland mit 20’000 Euro Bargeld ein Auto kaufen oder per Posteinzahlung humanitäre Hilfswerke in Palästina, Kurdistan und Kuba unterstützen, sind ja wohl keine «Terroristen» – und sicher weit weniger «Mafiosi», als manche transnationalen Finanzspekulanten. Aber der elektronische Zahlungsverkehr erlaubt die totale und lückenlose Kontrolle aller (Aus-)Zahlenden und (Ein-)Kassierenden. Dass eine Geldüberweisung über 70 Franken von Bern nach Biel nicht mehr ohne ellenlange IBAN-Nummer akzeptiert wird, zeigt jedenfalls vieles auf: Was hat diese «International Bank Account Number» im «innerkantonalen» Berner Geldverkehr verloren?

Die Antwort ist klar und einfach: Es geht beim zunehmenden Zwang zum elektronischen Geld um Kontrolle und Überwachung – ohne jegliche rechtsrelevante Verdachtsmomente. Und daran sind viele interessiert:

  • Die Banken möchten möglichst alles Geld bei sich behalten und ihrer Kundschaft nur noch die Information dazu auf dem Bankkärtchen oder neuerdings nur noch in einer App auf dem Smartphone mitgeben.
  • Detailhändler und andere Warenverkäufer sind an jeder Information über «ihre» Kundschaft und das Verhalten der Konsumenten interessiert: Sie können diese dank elektronischer Bezahlung lückenlos ausspionieren – und so immer gezielter und damit (streu)verlustfreier mit Werbung «behandeln». Ein Teil der Kundschaft spioniert sich neuerdings gleich selber aus, indem sie im Supermarkt am «Self-Scanning» elektronisch bezahlt statt mit Bargeld bei der Kassiererin.
  • Die international vernetzten Geheimdienste streben sowieso maximale Kontrolle und Überwachung an.

Euro-Zahlungen über Server in Virginia, USA

Letzteres gilt vor allem für den internationalen Zahlungsverkehr. Dieser läuft seit Jahrzehnten schon über ein System namens Swift (was Englisch «rasch» oder «flink» heisst – hier jedoch als Abkürzung für «Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication» steht). Swift stelle «den standardisierten Austausch von elektronischen Nachrichten bei Finanztransaktionen zwischen Finanzinstituten (Banken, Broker, Börsen) sicher – ohne dabei selbst Konten zu halten oder Gelder von angeschlossenen Partnern zu verwalten», definiert «MoneyToday». Das Geschäft von Swift sei «die sichere Kommunikation und damit der rechtlich abgesicherte Zahlungsverkehr über Ländergrenzen hinweg».

Swift ist eine 1973 gegründete Genossenschaft mit Hauptsitz in La Hulpe (Belgien), welche den Banken gehört. Angeschlossen sind ihr inzwischen mehr als 10’000 Banken weltweit in über 200 Ländern. Eine zweite wichtige Swift-Zentrale steht in Culpeper (Virginia, USA). Fast bis 2010 liefen auch die Infos zu allen transnationalen Transaktionen in Europa in Sekundenbruchteilen («zur Sicherheit»…) «gespiegelt» über den dortigen Riesen-Server. Und konnten so problemlos von den US-Geheimdiensten (NSA, CIA etc.) abgegriffen werden.

Dubiose Transaktions-«Fabrik» im Thurgau

Um derlei systematische Staats-Schnüffeleien zu unterbinden, bauten die Europäer (gedrängt durch das EU-Parlament) 2013 für 100 Millionen Euro eine dritte eigene grosse Swift-Zentrale. Und dies ausgerechnet in der Schweiz am Rhein im Kanton Thurgau. Wer von Diessenhofen Richtung Schaffhausen fährt, sieht das weitläufige rostrote «Fabrikgelände» mit Parkplätzen – aber ohne jegliches Firmenschild – am Stadtausgang links der Kantonsstrasse sofort. Es ist mit Zäunen und Kameras massiv gesichert, zeigt aber nur «die Spitze des Eisbergs»: Der grösste Teil der Anlagen ist unterirdisch.

Fortan würden die täglich fast 30 Millionen Transaktionsdaten aus Europa nicht mehr mit Culpeper (USA) ausgetauscht, sondern nur noch mit La Hulpe in Belgien, meinten die EU-Volksvertreter damals. – Meinten! Denn inzwischen ist klar: US-Geheimdienste bedienen sich auch in Europa weiterhin fast nach Belieben im Datennetz, wie verschiedene Medien wiederholt berichtet haben. In Diessenhofen nutzen sie dabei den permanenten Datenaustausch mit Belgien, wie der «Blick» vor Jahresfrist erneut berichtet hat.

NSA und CIA machen sich für ihre illegalen Umtriebe auch direkt an Hard- und Software-Produzenten heran, schmieren oder erpressen sie, damit sie ihnen «Hintertürchen» in ihre Produkte einbauen. Sie lassen sich diese Gaunereien jährlich mehrere 100 Millionen Dollar kosten. Daniel Wettstein, der Präsident von Swift Schweiz, räumte gegenüber dem «Blick» ein, für ihn kämen die Vorwürfe gegen die NSA (US-amerikanische National Security Agency) «nicht ganz überraschend». Aber es gebe leider «einfach keine Alternative zu Swift». Siehe dazu den Bericht in der «Zeit»: «Selbst SSL-Verschlüsselung ist nicht vor NSA-Spionage sicher».

Bargeld gilt es zu verteidigen

Damit nicht genug: Auch Gangstern ist es offenbar schon gelungen sich indirekt ins Swift-Netz einzuhacken und von einer Bank über 80 Millionen Dollars zu ertrügen. Elektronisches Geld und Internetbanking bergen Diebstahlrisiken wie das Notenbündel in der Hosentasche. Aber nur die Banknoten bieten Schutz vor Ausschnüffelei durch privat-kommerzielle oder staatlich-geheimdienstliche Akteure. Und im Panzerschrank überstehen die Noten jeden Börsen- und Banken-Zusammenbruch unbeschadet.

File:Euro banknotes Europa series.png

Darum gilt es, Bargeld als diskretes Zahlungsmittel der «kleinen Frau» und des «kleinen Mannes» mit allen Mitteln zu verteidigen. In der Schweiz haben wir mit Referendum und Initiative zum Glück die Instrumente dazu. Mehr noch: Statt zusehends nur noch elektronisches «Geld» bei den Banken zu horten, sollten wir den Banken unser Geld, das sie ohnehin kaum mehr verzinsen, wegnehmen – und als reales Bares für den täglichen Zahlungsverkehr nutzen. Dazu ist es noch nicht zu spät: 70 Prozent der nicht periodischen Zahlungen (also abgesehen etwa von Mieten oder anderen Daueraufträgen) leisten Schweizerinnen und Schweizer nach wie vor mit Barem. Das hat eine Studie der SNB vom letzten Jahr gezeigt. Die «NZZ» berichtete darüber unter dem Titel: «Die Schweiz bleibt ein Hort des Bargeldes

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Grafik1quellen        :

Oben          —         Das SWIFT-Rechenzentrum im Schweizer Diessenhofen…The electronic mail for the banks standardizes the communications of the financial institutions with each other. New operating center (OPC) in Diessenhofen, Switzerland, Sep 19, 2013.

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2.) von Oben     —      de:Diessenhofen

Dieses Werk stellt eine Abbildung einer durch die Europäische Zentralbank (EZB) herausgegebenen Banknote dar. Das graphische Design ist durch die EZB urheberrechtlich geschützt, „darf [jedoch] ohne vorherige Genehmigung der EZB verwendet werden […], solange Reproduktionen in der Werbung oder in Illustrationen nicht mit echten Banknoten verwechselt werden können.“ (EZB/2003/4 und EZB/2003/5 vom 20. März 2003)

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