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Bahr – Der widerborstige Patriot

Erstellt von Redaktion am Samstag 22. August 2015

Die Bahrsche Anti-Chaos-Theorie

Ja, so geht das bei den Linken. Egon Bahr vor drei Tagen verstorben und noch nicht einmal unter die Erde gebracht wird vermarktet und als Parteieigentum übernommen. Just in dem Moment wo er sich nicht mehr zu wehren weiß. Dabei bin mir sehr sicher, dass gerade er als Freidenker sich schämen würde heute als einer dieses manipulierenden Haufens bezeichnet zu werden.

Da kann man sich ob dieser Kultur Banausen nur Fremdschämen wenn wieder einmal offensichtlich wird, wie sich nichts in die Reihe Bringende auf das nächste Trittbrett schwingen. Bahr hatte es sicher nicht nötig mit Rufmördern, mobbenden Chaoten und sich in vielen Fällen in die Nähe von krimminellen Machenschaften begebenden Partei abzugeben. Er wurde als großer Diplomat bekannt welcher eine geraden Weg ging und heute schon wusste wohin ihn morgen sein weiterer Weg führen würde. Er brachte als einer von ganz wenigen Politikern Zivilcourage mit.

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Der widerborstige Patriot

von Michael Jürgs

Ein Mal erlaubt sich der alte Mann einen Anflug von Wehmut. Da wirkt Egon Bahr unendlich müde – und die Lebensjahre lasten auf seinen Schultern.

Ein einziges Mal während des Mittagessens im sommerlich leichtfüßigen Berlin erlaubt sich der alte Mann einen Anflug von Wehmut, nur ein einziges Mal. Da verläuft sich ein halber Satz irgendwo am Seeufer und geht dort im Schilf unter. Da wirkt er unendlich müde, und die Lebensjahre lasten sichtbar auf seinen Schultern. Da scheint er am Ende des Regenbogens angelangt, aber auch am Ende seiner Kraft, die nicht mehr reicht, um den Schatz auszugraben. Da lässt er die Kartoffeln kalt werden, das Fleisch, die Erbsen. Da verflüchtigt sich im Dunst der Zigarette die Erinnerung, weil er glaubt, alles schon mal gesagt zu haben.

Zuvor hat er so jung von seiner längst vergangenen Zeit gesprochen, als könne sie ihm entrinnen, als müsse er umgehend zu Verhandlungen über irgendeinen Gewaltverzichtsvertrag nach Moskau fliegen, als warte auf ihn an der nächste Ecke bereits ein Geheimkurier in einem schwarzen Volvo mit getönten Scheiben, als habe ihm die Geschichte nur eine kurze Pause von zwanzig Jahren gegönnt.

Typisch allerdings für Egon Bahr, dass er sich von privater Sentimentalität, diesem Anflug von Wehmut, nicht beeindrucken lässt. Um gar nicht erst in Versuchung zu geraten, über Einstzeit und Jetztzeit zu philosophieren, erhebt er mit einer lakonischen Pointe die Stimmung wieder ins faktenreiche Leben, verteilt wedelnd den Zigarettenrauch vor seinen Augen und verkündet, zunächst werde er die Geschichte seines vierten Tages danach erzählen und dann erst von anderen drei Tagen berichten, die vor diesem vierten passiert und sehr viel politischer gewesen sind.

Die Bahrsche Anti-Chaos-Theorie

Quelle: Der Tagesspiegel >>>>> weiterlesen

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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber Lesekreis

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