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Aus dem Forst in den Knast

Erstellt von Redaktion am Sonntag 30. September 2018

Wie geht es Aktivistin „Winter“?

https://de.indymedia.org/sites/default/files/2018/07/28899.JPG

Hier ein Foto von den bewaffneten Sklaven der Politik

Aus Köln Bernd Müllender

Die Rede einer anonymen Aktivistin aus dem Hambacher Forst wurde millionenfach angeschaut. Jetzt sitzt sie in Untersuchungshaft. Ein Besuch.

Die junge Frau, die sie in der JVA Köln-Ossendorf nur UP22 nennen, sitzt im Besuchsraum des Gefängnisses. Es ist ein grauer, trostloser Ort: neun abgewetzte Holztische, daran neun Häftlinge mit Besuch. Das bedeutet Dauerlärm, mal hört man ein paar Wortfetzen aus dem Klangbrei, auch Stimmen von Kindern, die ihren inhaftierten Papa besuchen. Dreißig Minuten Zeit. Zwei ihrer Freundinnen hatten die taz mitgenommen zum Besuchstermin in der Untersuchungshaft.

Es ist, außer einem Anwaltsbesuch, nach mehr als einer Woche der erste Kontakt von draußen. Winter hat Tränen in den Augen, als wir an ihren Tisch kommen und will gar nicht mehr aufhören, die beiden Freundinnen zu drücken. „Wie schön, dass ihr da seid. So schön.“ Winter ist eine sehr zarte Person, sie wirkt fast zerbrechlich.

Außerhalb des Gefängnisses im Kölner Norden ist UP22 bekannt geworden als „Winter“. So nannte sie sich als Aktivistin, die im Hambacher Forst gegen die Abholzung des Waldes kämpfte. Winter lebte in der Baumhaussiedlung Norden zusammen mit ihrer Mitstreiterin „Jazzy“. Gemeinsam hatten sie sich angekettet und waren am 15. September, dem dritten Tag der Räumung, heruntergeholt und festgenommen worden. Als die beiden am Waldrand auf den Abtransport warteten, musste Jazzy pinkeln. Winter blieb zwischen zwei Polizeibeamten stehen, in abgewetzten schwarzen Klamotten, noch Stroh in den Haaren, mit verschlammten Fingern.

Eine Journalistin filmte mit dem Smartphone. Winters Monolog wurde zu drei bewegenden Minuten im Kampf zwischen AktivistInnen, Staatsbehörden und RWE. Sie spricht mit brüchiger, von Heiserkeit leiser Stimme, unterbrochen von Tränen, dann wieder ganz klar. „Sie werden nie verstehen, wie es ist, mit Menschen zusammenzuleben, denen es scheißegal ist, wie du heißt, wie alt du bist oder was für einen Schulabschluss du hast. Was ich hier gelernt habe, hätte ich draußen in der Gesellschaft nie gelernt…“

Hier saßen schon Meinhof und Günter Guillaume

3,3 Millionen Aufrufe hatte Winters Video bislang allein bei Facebook; Twitter und Youtube kommen dazu. Die beiden Wachpolizisten, laut Armbinden aus Baden-Württemberg, guckten unter ihren Kampfhelmen woanders hin. Einer drehte sich dann immer wieder zu ihr hin. Man meinte zu ahnen, dass auch ihn das berührt. Winter sprach weiter: „Die denken wahrscheinlich, sie haben gewonnen. Die können nicht gewinnen, weil sie diesen Wald genauso brauchen. Die haben nicht verstanden, dass wir nicht für uns kämpfen sondern für uns alle. Ich weiß, dass ich das Richtige mache.“

Hambach Forest solidarity protest in front of RWE office in Berlin at 17th of September 2018 11.jpg

Der Gefängnisbau in Ossendorf ist ein einschüchternd hässliches Stück Welt – dreckiger Waschbeton, äußerlich vergammelt, Videokameras überall, Natodrahtrollen auf den Mauern. Die JVA wurde 1969 gebaut, es waren, kann man nachlesen, sogar Architekten beteiligt. Hier saßen auch mal Kanzleramtsspion Günter Guillaume ein, der Kindermörder Jürgen Bartsch und Ulrike Meinhof. Vor dem Besuch: Kontrollen, Warteräume, Kontrollen. Pausen. Warten auf Aufruf. Endlos.

Einen Tag nach der Festnahme hatte die Haftrichterin in Düren für beide Frauen Untersuchungshaft angeordnet. Wegen gemeinschaftlich begangenem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte im besonders schweren Fall – das erlaubt §113 Abs. 2 StGB. Wären beide einzeln im Baum gewesen, wären sie wahrscheinlich auf freiem Fuß geblieben. Nächste Woche wird ihr Anwalt bei einem Haftprüfungstermin versuchen, die Freilassung zu erwirken.

Quelle     :       TAZ        >>>>>          weiterlesen

So geht es zum Video mit der jungen Frau auf YOUTUBE

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Grafikquellen       :

Oben    —        de.indymedia.org

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Unten       —         Solidarität

tskundgebung mit der Besetzung im Hambacher Forst, gegen die Räumung der Baumhäuser, vor dem RWE Lobbybüro in der Friedrichstraße 95 in Berlin-Mitte.

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