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Auf einen Tee mit Assad ?

Erstellt von Redaktion am Sonntag 4. März 2012

Die ganze Welt blickt zur Zeit auf Syrien

Die ganze Welt blickt zur Zeit auf Syrien und sieht zu wie die Truppen des Assad-Regimes nach wochenlangen Panzerbeschuss mit Bodentruppen in Homs einrücken und ein Gemetzel unter den Aufständischen veranstalten, deren Ausrottung das oberste Ziel ist. Scheinbar hilflos schaut die ganze Welt diesem Gemetzel zu, was unter anderen auch daran liegt, da es derzeit nur unter Lebensgefahr möglich ist objektiv aus Syrien zu berichten.

Der im Exil lebende syrische Schriftsteller empört sich jetzt in einem aufsehenden Artikel über den „Prominenz Journalismus“ wie er von Leuten wie Peter Scholl-Latour und Jürgen Todenhöfer ausgeht. Wörtlich heißt es: „ Sie reisen nach Syrien, sind zum Tee trinken mit dem Diktator verabredet und schreiben nach der Rückkehr syrische Staatspropaganda. Er schreibt den folgenden Artikel als Protest welcher uns zum Nachdenken bringen soll. Er möchte aufklären damit der Bürger weiß, wie die deutsche Medienwelt funktioniert.

So lesen wir in diesem sehr ausführlichen Artikel unter anderen folgendes und wir zitieren:

„Ich frage mich aber auch: Wie erklärt man sich die Sympathie, die solche Prominenz-Journalisten ebenfalls unter Linken und manch kritischer Zeitung wie Der Freitag erhält?

Die Linkspartei-Abgeordneten Diether Dehm, Annette Groth, Heike Hänsel, Ulla Jelpke, Eva Bulling-Schröter und deren außenpolitische Sprecherin Sevim Dagdelen vertreten ähnliche Haltungen wie die Prominenz-Journalisten Todenhöfer und Scholl-Latour. Auf einmal stehen sich Extremlinke und reaktionäre alte Herren so nahe. Das erstaunt, aber es ist nicht neu.

Ich habe als Student in Heidelberg in den 1970er Jahren erlebt, wie Anhänger einer linksradikalen Studentengruppe gegen uns und unsere chilenischen Freunde, aber für Pinochet, Sadat und Assad auftraten. Damals war Todenhöfer CDU-Bundestagsabgeordneter und wie CSU-Chef Franz Josef Strauß ein bekennender Freund des chilenischen Diktators Pinochet. Heute lügt Todenhöfer, wenn er sich als einstigen Kritiker des Mörders Pinochet darstellt. Sein Pech ist, dass seine Freundschaft dokumentiert ist (so z. B. in Der Spiegel, 14. 4. 1975). Einige Linkspartei-Abgeordnete verschließen heute die Augen vor den über 7.000 ermordeten und 50.000 gefangenen Menschen seit dem Beginn des Protests. Sie wollen Assad bis zum letzten Syrer verteidigen.

Ich frage mich, ob die Haltung dieser Linksparteiabgeordneten etwas mit der Russlands zu tun hat, so dass sie parallel und nur scheinbar identisch mit dem launischen, oberflächlichen Prominenz-Journalismus erscheint, in Wirklichkeit aber Teil einer globalen Politik ist.

Es ist nicht einfach scheinbar und zugleich nicht ganz identisch. Es ist eine merkwürdige Konstellation der Freunde des Assad-Regimes. Todenhöfer findet die Russen auf einmal sehr klug und die Linkspartei vertritt in Teilen, wie die DKP und SED früher, die Meinung der Russen. Die russischen Machthaber aber sind keine Vermittler, sondern stehen eindeutig auf der Seite des Diktators. Sie liefern ihm Waffen, Militär- und Geheimdienst-Experten zur Bekämpfung des syrischen Volkes. Russland ist Partei in dem Konflikt, es folgt seinen historisch gewachsenen geopolitischen Interessen. Die Russen haben seit der Zarenzeit von Warmwasserhäfen geträumt. Ihre Politik stand nicht selten unter diesem Drang. Persien, Indien, der frühere Südjemen, Syrien, Ägypten, Libanon oder die Türkei wurden gezielt angegangen. Die imperiale russische Politik scheiterte aber auf der ganzen Linie. Heute haben sie nur noch in Syrien offene Häfen am Mittelmeer und ihren letzten Stützpunkt. Die arabischen Diktatoren haben in den 1960 und 1970er Jahren Milliarden-Waffengeschäfte mit der früheren Sowjetunion getätigt.

Dafür verrieten die Sowjets auch die arabischen Kommunisten an die jeweiligen Machthaber. Es war makaber, russische Kommunisten in Eintracht und inniger Freundschaft (inklusive Küsschen) mit ägyptischen, syrischen, irakischen oder algerischen Diktatoren zu sehen, während arabische Kommunisten in den Kellern der jeweiligen Geheimdienste und in Folterlagern in der Wüste starben. Ostdeutsche Spezialisten sowie KGB-Experten bauten den syrischen Geheimdienst mit auf. Und die arabischen Stalinisten kramten nach Zitaten von Lenin oder Stalin, die diesen Verrat unter „Unabhängigkeit der kommunistischen Bewegung und der sozialistischen Länder in ihrem politischen Handeln“ rechtfertigen sollten. Für die Kommunisten in den arabischen Ländern war das der größte Schock ihrer Geschichte. Die Rechtfertigung aber wirkte so vertikal in die Seelen der Stalinisten, dass heute zwei winzige K-Parteien (mit jeweils ein paar hundert Anhängern) Assad in Syrien unterstützen. Putin, der heutige russische Machthaber und ehemalige KGB-Offizier, handelt in diesem Sinne in der Tradition seiner Vorfahren.„

Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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Grafikquellen    :

Oben     —    English: Said to be „A demonstration in the city of Banyas,“ Syria at the „Friday of rage“ in 29 ِApril 2011.

Source [1]
Author Syria-Frames-Of-Freedom (Pro-FSA information)

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kleines Foto:   CC BY 3.0

Rafik_Schami_Buchmesse.jpg:

FelixRo derivative work: Sir James (talk) – 

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