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RENTENANGST

Assange-Schauprozess:

Erstellt von Redaktion am Dienstag 8. September 2020

Propaganda-Beihilfe von der Süddeutschen

File:Julian Assange (1).jpg

Quelle       :   Scharf-Links

Von Hannes Sies

Die SZ erhält die Rufmord-Kampagne vom „Vergewaltigungsverdacht“ gegen Assange aufrecht und liefert zur Prozesswiederaufnahme schmalzige Polit-Propaganda im Relotius-Stil

London. Heute soll der skandalöse Prozess gegen den kritischen Journalisten Julian Assange weitergehen, der Rechtsstaat, Pressefreiheit und Menschenrechte mit Füßen tritt. Der WikiLeaks-Gründer, der so viele Verbrechen der USA, der Briten, der Finanzkonzerne aufdeckte, wurde mit einer schmutzigen Sex-Intrige der Verfolgung und Rufmord-Kampagnen ausgesetzt, die allerspätestens seit Prof.Nils Melzers Enthüllungen als Lüge entlarvt ist. Julian Assange wird dennoch im Schwerverbrecherknast Belmarsh in London in Isolationsfolter gehalten, ist an Leib und Leben bedroht. Ziel der Unrechts-Justiz ist, ihn an die USA auszuliefern, wo er keinen fairen Prozess erwarten kann -ihm drohen 175 Jahre Haft oder sogar die Todesstrafe.

Die SZ liefert Begleit-Propaganda gegen Assange

Statt Solidarität und Mitgefühl mit einem verfolgten Kollegen findet sich in der einst linksliberalen Süddeutsche Zeitung (SZ) nur zynische Häme, verlogene Halbwahrheiten und eine dünne Story, die ihre Propaganda im Relotius-Stil mit breit ausgewalzter kitschiger Lovestory überzuckert. Wichtige Fakten, die Assange entlasten, die Hetze gegen entkräften und dem saturierten SZ-Leser ein ausgewogenes Urteil erlauben würden, fehlen dagegen.

Auf die Titelseite setzt die SZ am 7.9.2020 ein altes Bild des Verfolgten, wie er hinter einem Vorhang aus einem kleinen Fenster lugt, dazu: „Falsche Freunde. In der Botschaft Ecuadors schien Julian Assange sicher zu sein. Jetzt aber zeigen Gerichtsakten, wie er über Jahre ausgespäht wurde.“ Damit bezweckt die SZ wohl eine Verharmlosung und zugleich Selbstbeweihräucherung: Sie tut so, als wäre erst jetzt, durch Akten, die der SZ vorliegen, bekannt geworden, dass die Botschaft von den USA ausspioniert wird. Das war lange bekannt, sogar aus dem SZ-Artikel selbst geht hervor, dass der WikiLeaks-Gründer sich dort keineswegs sicher fühlte und seit Jahren Vorsichtsmaßnahmen gegen Abhören und Kameraüberwachung traf.

Schlimmer ist jedoch, mit welch perfider Verdrehung und Weglassung die SZ ihre zehn Jahre währende Rufmord-Kampagne vom „Vergewaltigungsverdacht“ gegen Assange fortsetzt. Alle Differenzierungen, die beim extrem stigmatisierenden Thema Vergewaltigung von seriösen Journalisten erwarten sollte, fehlen: Es ging nie um „Vergewaltigung“, sondern immer um Beschuldigungen weit geringerer Schwere, die Beschuldigungen wurden nie bewiesen, nie wurde Anklage erhoben. Alle Zweifel, die man an den Beschuldigungen schon seit 2010 haben musste, werden von der SZ verschwiegen.

SZ bleibt beim erlogenen „Vergewaltigungsverdacht“

Die SZ bewirft Julian Assange ungeachtet aller Beweise einer Intrige immer noch ungerührt mit dem Dreck vom „Vergewaltigungsverdacht“. Die SZ verschweigt die Belege, die der Jurist Prof.Nils Melzer, UN-Beauftragter für Folter, in den schwedischen Assange-Akten fand -sie beweisen eine Manipulation der Beweisaufnahme mit dem Zweck, Assange in eine Falle zu locken. Die Version der SZ ist ein Musterbeispiel für die Falschdarstellung durch Weglassen:

Julian Assange flüchtete im Juni 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London, nachdem die schwedische Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Vergewaltigung gegen ihn ermittelt hatte… Die Ermittlungen gegen ihn sind mittlerweile eingestellt. Aber die USA fordern weiterhin seine Auslieferung…“ SZ 7.9.2020, S.3

Es waren also ganz normale Ermittlungen, sollen die SZ-Leser glauben, und sie sind eben jetzt eingestellt, wohl wegen Verjährung? Die USA, so die SZ, werfen Assange „Verschwörung, Spionage“ vor, er würde „die Sicherheit von US-Informanten gefährden… Unterstützer sagen: Julian Assange hat Kriegsverbrechen enthüllt. Das ‚Collateral Murder‘-Video etwa zeigt, wie Soldaten aus einem Kampfhubschrauber heraus Zivilisten in Bagdad töten.“ Mehr als das ‚Collateral Murder‘-Video soll von WikiLEaks also nicht geblieben sein und ist es, so muss man befürchten, beim großen SZ- und Mainstream-Publikum auch nicht. Scheinbar sind es nur Assange-Unterstützer, die heute noch behaupten, er habe Kriegsverbrechen enthüllt, die SZ mag sich da nicht explizit anschließen. Dass unter den „Zivilisten in Bagdad“ zwei Reuters-Journalisten waren, dass darunter eine Familie mit zwei kleinen Kindern war, die den Niedergeschossenen zu Hilfe kam und heimtückisch massakriert wurde, daran will sich die SZ nicht erinnern, und vor allem nicht ihre Leser.

Schmalzige Lovestory statt fairer Berichterstattung

Der gefeierte Mainstream-Journalist Claas Relotius bekam für seine Lügengeschichten, prominent publiziert im Bertelsmann-Blatt „SPIEGEL“, zahlreiche Preise. Relotius verpackte knallharte Propaganda für völkerrechtswidrige Nato-Kriege etwa in Syrien und deren Kriegsverbrechen meist in schmalzige Geschichten von Waisenkindern etc. Bemängelt wurde im großen Katzenjammer seiner Mainstream-Auftraggeber nachher nur eins: Dass Relotius sich die Story oft aus den Fingern gesaugt hatte. Diesen Fehler macht die SZ nicht, doch ihr Stil ist Relotius: Sie machen aus der seit 2019 bekannten Beziehung von Julian Assange zu seiner Anwältin, inzwischen verlobt, zwei Kinder, eine Schmachtstory und walzen die über fünf Spalten aus: „Die Frau, mit der er im Zelt lag und sich an den Strand träumte.“ usw.

Weiter ergießt sich die SZ mit wortreichen Wiederholungen über ihre sensationelle Enthüllung: Dass die USA Assange in der Botschaft ausspioniert haben könnten. Alles längst bekannt. Der Boss der korrupten Sicherheitsfirma „Undercover Global“ wurde dafür angezeigt, steht jetzt in Madrid vor Gericht und die SZ ist irgendwie an Akten gekommen. Mysteriös munkelt sie: „Kann es sein, dass UC Global Informationen für einen US-Geheimdienst gesammelt hat?“ Ja, da muss man schon vorsichtig ein Fragezeichen setzen, auch wenn die UC Global-Boss laut diesen Akten genau das bestätigt hat und dafür, wie die SZ wichtigtuerisch schreibt, „mal kleinere Beträge, mal 20179,27 Euro“ bekam. Alles viel wichtiger als Verleumdungen, Verfolgung, Schauprozess, die an Assange begangen werden. Aber halt, ganz zum Schluss, letzte Spalte unten, steht doch noch, Assange sei: „Ein Mann, über den der UN-Menschenrechtsexperte für Folter mal gesagt hat, er zeige alle Symptome eines psychisch gefolterten Menschen.“

Melzer-Enthüllungen perfide vertuscht

Damit erwähnt die SZ doch noch, wenn auf zynische Weise abwiegelnd, einige Kritik von Prof.Nils Melzer an der Verfolgung desWikiLeaks-Gründers. Es ist jedoch viel mehr, was Prof.Melzer „mal gesagt hat“, nämlich, dass es sich um eine politisch motivierte Hexenjagd handelt, dass USA, Großbritannien und Schweden sich der Verletzung von Menschenrechten schuldig machten und dass die Pressefreiheit in Gefahr ist. Dass durch die verbrecherische Verfolgung von Julian Assange die gesamte Kulisse der Menschenrechts-Überlegenheit des Westens in Frage gestellt wird. Nur um einige Punkte zu nennen.

We are still here, placards in front of Ecuador embassy.jpg

Die mutmaßlich durch die USA gesteuerte Regierungskorruption in Ecuador, wo im Zusammenhang mit dem Entzug des Asylrechts von Assange Milliarden flossen? Kein Thema für die SZ, man salbadert lieber über Ecuadors Geheimdienst, wie er von der spanischen UC Global-Firma ausgetrickst wurde. Am Schluss des einlullenden, den Justiz- ebenso wie den Medien-Skandal vertuschenden Artikels ein Bild der schönen Assange-Verlobten Stella Morris und Zitate aus Interviews mit ihr, „wie viele Sorgen sie sich um ihren Verlobten mache… Und dann sagt sie noch etwas. Dass es natürlich furchtbar sei in Belmarsh… Aber dass es auf eine sehr merkwürdige Art auch eine Erleichterung war, zu wissen, dass Julian Assange nicht mehr in der ecuadorianischen Botschaft ist.“

Ende des Artikels. Der SZ-Leser sinkt desinformiert, erleichtert und von sechs Spalten voll kitschigen Gesülzes ermattet in seinen Sessel zurück. Propaganda-Mission erfüllt. Aber für einen der von Relotius ergatterten Presse-Preise wird’s wohl trotzdem nicht reichen -zu platt war doch der Zynismus schon der Überschrift, welche die SZ über das Machwerk setzte.

John Goetz, Elena Kuch und Gianna Niewel: „Zimmer mit Einsicht“, SZ 7.9.2020, S.3

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Grafikquellen       :

Oben      —          Julian Assange

Author Espen Moe  /        Source     –

This image, originally posted to Flickr, was reviewed on  by the administrator or reviewer File Upload Bot (Magnus Manske), who confirmed that it was available on Flickr under the stated license on that date.

This file is licensed under the Creative Commons Attribution 2.0 Generic license.

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Unten      —      „We are still here“, placards in front of Ecuador embassy,in support of Julian Assange, London

Ein Kommentar zu “Assange-Schauprozess:”

  1. Jimmy Bulanik sagt:

    Wichtiger als die Person ist das Recht, als auch die Freiheit der Presse. Dazu gehört es genuin Informationen entgegenzunehmen, nach dessen Prüfung zu publizieren. Mit dem Ziel die Öffentlichkeit zu informieren. Unter Umständen damit etwas zum besseren bewirken. Das bedeutet gleichwohl das die Menschen interessiert sind. Darüber hinaus gewillt zur Weiterentwicklung. Aktivismus im Sinne von Friday’s For Future, Black Lives Matter zu unterstützen. Diese sind friedlich und damit nicht angreifbar. Das ist nachhaltig. Darüber dürfen die Menschen von Ende Gelände, Extention Rebellion gerne réflechiren.

    Auch ist es wichtig das die Menschen ihre verbrieften Grundrechte ausüben. Das schreiben an die Politik, wie MdB, MdL, Stadtrat. Für die öffentlich rechtliche Medien, gute Publikationen wie beispielsweise der Freitag, TAZ, Süddeutsche Zeitung sind Rückmeldungen von Bedeutung und bewirken viel. So auch gegenüber Betriebe. Gerade zum Anliegen der gerechten Bedingungen der Arbeit, der ethischen Produktion von Gütern, Ökologie, Gesundheit.

    Je aktiver die Gesellschaft es ist, desto besser ist es für alle. Ob im Inland oder in Entwicklungsländern, Dritte Welt.

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