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Andre Brie -Interview

Erstellt von Redaktion am Dienstag 5. Juni 2018

„Wir müssen aufhören, uns in die Tasche zu lügen“

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Interview von Anna Lehmann und Stefan Reinecke

André Brie kennt die Linkspartei wie kaum ein anderer. Der einstige PDS-Wahlkampfmanager und EU-Abgeordnete lebt heute zurückgezogen auf dem Land. Durch die Panoramascheiben des Wintergartens fällt der Blick auf den Garten. Ein Besuch in Mecklenburg.

taz: Herr Brie, die deutsche Sozialdemokratie befindet sich in einer existenziellen Krise. Was bedeutet das für die Linkspartei?

André Brie: Die gesamte politische Linke steckt in einer tiefen Krise. Weder von der SPD noch von meiner Partei noch von den Gewerkschaften kommen echte Alternativen. Es passiert nichts.

Nichts?

Meine Partei schreibt Anträge, hält Reden, verfasst Presseerklärungen, tritt in Talkshows auf. Das ist alles gut und schön. Aber wir sind nicht mehr bei den Menschen. Die gehen jetzt zur AfD. Die hat, anders als der Name verspricht, keine Alternativen. Aber sie bedient etwas. So viele Menschen sind unzufrieden. Und sie suchen ein Ventil. Früher waren das die PDS und die Linkspartei. Das ist vorbei.

Klar, wer in Thüringen, Brandenburg und Berlin in der Regierung sitzt, kann nicht gleichzeitig überall Protestpartei sein.

Richtig. Im Wahlkampf 2016 in Mecklenburg-Vorpommern habe ich ständig zu hören bekommen: Egal, ob CDU, SPD oder ihr, das macht keinen Unterschied. Diese Stimmung gibt es nicht erst seit 2015, seit den Flüchtlingen. Die AfD war schon 2014 in Brandenburg erfolgreich.

Kennen Sie AfD-Wähler persönlich?

Natürlich. Hier bei mir im Ort. Viele haben keine Arbeit, sind unzufrieden, manche trinken auch. Die haben keine Zuversicht. Und die linken Parteien können ihnen das ganz offensichtlich nicht geben – Zuversicht. Inzwischen wählen auch andere Menschen AfD. Ärzte, Rechtsanwälte, Unternehmer, also studierte Leute. Das sind nicht alles verbohrte Rechte.

Wie kann die Linkspartei diese Leute erreichen?

Zunächst muss sie aufhören, sich selbst in die Tasche zu lügen.

Inwiefern?

Auf dem Pasewalker Parteitag in Mecklenburg-Vorpommern im November 2015 hat die damalige Parteivorsitzende Heidrun Blum Journalisten gesagt: Kein einziger linker Wähler geht zur AfD. Das war schon damals falsch. Wenn man das noch nicht mal zur Kenntnis nimmt, kann man in Bezug auf die AfD nichts erreichen.

In Mecklenburg-Vorpommern hatte die Linkspartei beziehungsweise PDS 1998 noch um die 11.000 Mitglieder. Jetzt sind es nur noch rund 4.000. Stirbt die Linkspartei aus?

Auf den Gedanken kann man kommen. Die Demonstration zum Antikriegstag am 1. September organisieren oft Leute, die über 80 Jahre alt sind. Wir haben zwar auch junge Leute. Aber weil es so wenige sind, kommen viele gleich in die Ämter und in die Parlamente. Das ist ja ein Teil unseres Problems: zu viele, die Karriere machen, die nur ja sagen und wissen, wie man Mehrheiten auf Parteitagen organisiert. Aber die kein Gefühl mehr für normale Leute haben. Und keine Sprache.

Ein desolates Bild. Hilft bei so viel Parteienverdrossenheit eine linke Sammlungsbewegung?

Quelle   :    TAZ         >>>>>       weiterlesen

Parteitag der Linken
Zweikampf in der Linkspartei

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Von Anna Lehmann

Überraschende Kandidatur für den Posten des Wahlkampfmanagers: Frank Tempel tritt gegen den Kandidaten des Kipping-Lagers an.

Der schwelende Machtkampf in der Linkspartei wird auf dem Parteitag am Wochenende in einen Showdown um den Posten des Bundesgeschäftsführers münden. Überraschend hat sich der ehemalige Bundestagsabgeordnete Frank Tempel am Montag per Facebook für das Amt beworben. Damit tritt Tempel, der als Kandidat der Fraktionsspitze gilt, gegen den sachsen-anhaltischen Landes-Vize Jörg Schindler an, der von den Parteivorsitzenden unterstützt wird.

Auf seiner Facebookseite schreibt Tempel: „Nach den öffentlichen Duellen der letzten Monats halte ich es nicht für richtig, den geschäftsführenden Vorstand fast ausschließlich mit den ausdrücklichen Wunschkandidaten der Vorsitzenden zu besetzen.“ Die Atmosphäre zwischen den beiden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger und der Fraktionsführung Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch ist mehr als angespannt. Die Nominierung Schindlers war von Wagenknecht und Bartsch als Kampfansage verstanden worden.

Mit Tempel und Schindler kandidieren nun zwei Männer, die ostdeutsche Landesverbände vertreten, für einen der wichtigsten parteiinternen Posten. Während Schindler, Rechtsanwalt mit Fokus Arbeitsrecht, für die gewerkschaftsnahe Strömung Sozialistische Linke steht, gilt der Polizeibeamte Tempel, der heute die Koordinierungsstelle Häusliche Gewalt in Thüringen leitet, als Reformer. Die inhaltlichen Unterschiede sind dennoch gering. Es geht vor allem darum, wer welcher Seite im Führungsquartett nahe steht.

Tempel kritisiert diese personalisierte Form der Auseinandersetzung in seiner Partei selbst. „Wie oft werden die eigenen Genossen mittlerweile mit Vorliebe als rechts oder neoliberal bezeichnet“, schreibt er. Durch den internen Streit fehle Kraft in der alltäglichen gesellschaftlichen Auseinandersetzung und mit den eigentlichen Kontrahenten von Union bis AfD.

Verhärtete Fronten

Quelle       TAZ         >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen   :

Oben   —      André Brie

25. Baltic Sea Parliamentary Conference vom 28.-30. August 2016 in Riga. THIRD SESSION: André Brie, Member of Parliament of the Landtag Mecklenburg-Vorpommern

Ein Kommentar zu “Andre Brie -Interview”

  1. Robin sagt:

    Der Wahnsinn, was es heutzutage alles machbar ist

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