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Afro – USA – Feminismus

Erstellt von Redaktion am Samstag 24. Februar 2018

Die Revolution der schwarzen Frauen

Von Susan Winnett

Auch wenn es so scheint, ist #MeToo keine Bewegung weißer Hollywoodstars. Sie hat ihre Wurzeln im afroamerikanischen Feminismus.

In der Neuauflage von Devil’s Bargain über Donald Trumps Weg zur Macht beschreibt der Autor Joshua Green, wie der ultrarechte Politstratege Steve Bannon höchst alarmiert vor der #MeToo-Bewegung warnte. Von einer „Revolution“ habe er gesprochen, von einer „Antipatriarchatsbewegung,“ die „zehntausend Jahre aufgezeichneter Geschichte rückgängig machen“ werde. Frauen würden die gesellschaftliche Macht übernehmen, fürchtete er. Und sie könnten keinem besseren Bösewicht gegenüberstehen als Trump. „Er ist der Patriarch. Das ist ein definitorischer Moment in der Kultur. Es wird nie mehr dasselbe sein.“

Akut verantwortlich für diese „Revolution“ wird die Rede von Oprah Winfrey bei der diesjährigen Golden-Globe-Verleihung gemacht, in der sie den Preis für ihr Lebenswerk „allen Frauen“ widmete, „die Jahre des Missbrauchs und der Angriffe ausgehalten haben, weil sie – wie meine Mutter – Kinder hatten, die Essen brauchten, Rechnungen bekamen, die bezahlt werden mussten, und Träume hatten, die sie verfolgen wollten.“

Winfreys Blick richtet sich also nicht in erster Linie auf die mit schwarzen Abendkleidern ausgestatteten Stars, die im Zuge der #MeToo-Bewegung die Belästigungsepidemie in den Hochetagen Hollywoods bloßgestellt haben. Sondern auf die unzähligen unsichtbaren Frauen, deren Recht auf Würde und Glaubwürdigkeit sowohl von ihren Peinigern als auch von der Gesellschaft missachtet wird.

#MeToo hat Europa in erster Linie als eine Bewegung prominenter, weißer Hollywoodstars erreicht, und deren Teilnahme ist sicherlich für die Sichtbarkeit ausschlaggebend, die zur Ehrung als „Mensch des Jahres 2017“ des Times Magazine geführt hat.

Schwarze Frauen werden doppelt unterdrückt

Doch #MeToo wurde von einer Afroamerikanerin gegründet, und die Wurzeln der Bewegung liegen in der Tradition des afroamerikanischen Feminismus. Tarana Burke, so heißt diese Gründerin, erinnert weiße Feministinnen aus der Mittelklasse an die doppelte Unterdrückung schwarzer Frauen und streitet für ein feministisches Programm, das die unterschiedlichen Formen der Diskriminierung in den Vordergrund rückt, unter denen Women of Color im Alltag leiden.

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Afroamerikanerinnen gehören also zu den genauesten und schonungslosesten Analytikerinnen gelebter sexueller Machtverhältnisse. Darauf hat die (weiße) feministische Ikone Gloria Steinem vor Kurzem hingewiesen und angeprangert, die amerikanische Mainstreamkultur und viele weiße Feministinnen würden die Vorreiterrolle schwarzer Feministinnen in der Frauenbewegung systematisch übersehen.

Die Afroamerikanerin Tarana Burke hat „Me Too“ schon 2007 ins Leben gerufen, um jungen Überlebenden von sexueller Gewalt einen Raum zu gewährleisten, wo ihren Geschichten Glauben geschenkt wird. Durch Empathie sollten sich gerade arme „braune und schwarze“ Frauen, die die häufigsten und wehrlosesten Opfer sexueller Belästigung sind, des Lebens wieder ermächtigen, die Glaubwürdigkeit wiedererlangen.

Angesichts dieser gesellschaftlich verankerten Wehrlosigkeit, sexuellen Verfügbarkeit und Unglaubwürdigkeit, die den privaten und beruflichen Alltag unzähliger Frauen bestimmen, ist Catherine Deneuves Aussage, die Freiheit zu belästigen sei unerlässlich für die sexuelle Freiheit, besonders unerträglich. Die „Marianne,“ die Deneuve für ihre Generation verkörpert, ist auch mit halb entblößtem Busen unantastbar. So unantastbar ist auch Deneuve, weil sie die Grenzen ihrer Verfügbarkeit im erotischen Spiel selber zu bestimmen vermag.

Sexuelle Belästigung als Fantasie abgetan

Ganz anders erging es Nafissatou Diallo, die den französischen Politiker Dominique Strauss-Kahn der Vergewaltigung in einem New Yorker Hotel bezichtigte. Dieser schwarzen Analphabetin und Immigrantin, diesem „Zimmermädchen“, wurde nicht geglaubt, als sie versuchte, ihre Version der Geschichte gegen die eines mächtigen Mannes zu behaupten. Und das Nein, das gesagt zu haben sie erklärte, hatte weder in der intimen Begegnung noch im Gericht die geringste Gültigkeit.

Exemplarisch dafür, wie die Glaubwürdigkeit von Frauen in Belästigungsverfahren angezweifelt wird, war der Fall Anita Hill, der sich vor über 25 Jahren in den USA ereignete. 1991 nominierte der damalige Präsident der USA, George H. W. Bush (also Bush senior, der übrigens selber nicht von Belästigungsvorwürfen verschont blieb), den erzkonservativen, als Richter beinahe unerfahrenen afroamerikanischen Juristen Clarence Thomas als Nachfolger des legendären, liberalen, schwarzen Richters Thurgood Marshall am Obersten Gerichtshof.

Quelle    :      TAZ     >>>>>     weiterlesen

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Grafikquellen   :

Oben   —   Women’s March on Washington, Februar 2017

Unten       —       Actress Alyssa Milano signing fans‘ copies of her graphic novel, Hacktivist, at a September 12, 2015 book signing at Midtown Comics Downtown in Manhattan. The woman in the white shirt at left is Kelly Kall, Milano’s assistant, who is using the video streaming application Periscope in order to live broadcast the signing to fans.

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Attribution: Luigi Novi

 

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