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Archiv für März 14th, 2021

Ein Ehemaligem UN-Berater:

Erstellt von Redaktion am 14. März 2021

„Der Westen hat den Osten gekauft“

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Ein Interview von Doris Akrap mit  Norbert Mappes-Niedie

Osteuropa fühlt sich als der wahre Verteidiger westlicher Werte, sagt der Autor Norbert Mappes-Niediek. Dabei bleibe es letztlich doch außen vor.

taz: Herr Mappes-Niediek, Sie sind seit den 1990er Jahren Korrespondent für Südosteuropa. Den Osten gibt es seit 30 Jahren nicht mehr, aber am Blick des Westens auf den Osten scheint sich nichts geändert zu haben.

Norbert Mappes-Niediek: Daran hat sich in tausend Jahren nicht viel geändert. Der Westen ist das Zentrum, der Osten die Peripherie. Der Westen ist immer der Maßstab, mal als Vorbild, mal als Reibebaum. Mal eifert der Osten ihm nach, mal rebelliert er gegen ihn.

Die Sozialismusexperimente sind also nicht der Grund allen Übels?

1991 dachte man im Westen und im Osten: Wenn erst der Kommunismus verschwunden ist, kommen lauter neue westliche Nationen zum Vorschein. Rumänien würde von Dänemark, was Wohlstand und politische Kultur betrifft, nicht mehr zu unterscheiden sein. Es ist aber ganz anders gekommen. Wir denken im Westen gern, Europa ist das gelobte Land. Aber wenn heute ein Flüchtender aus der türkischen Mittelmeerstadt Edirne kommt und beim Eintritt in die EU auf die Industriebrache des bulgarischen Svilengrad trifft, hat er das Gefühl, er läuft in Richtung Elend und nicht in Richtung Glück.

Warum?

Nun, ein Leuchtturm des Wohlstands war Bulgarien nie. Aber dass sich das seit 1990 nicht geändert hat, ist auch die Folge des Entwicklungsmodells, das wir nach dem Mauerfall verfolgt haben: Der Westen hat den Osten gekauft. Zwar hat die versprochene Rückkehr nach Europa stattgefunden, aber die Plätze, die die östlichen Mitgliedsländer dort eingenommen haben, befinden sich am Rand.

Attraktiv ist der Osten für Investoren wegen niedriger Löhne und niedriger Steuern. Die Konzernzentralen sind alle im Westen geblieben. Auf diese Weise wird Bulgarien nie ein zweites Dänemark werden. Selbst die erfolgreichsten Länder wie Polen stoßen an eine gläserne Decke. Wahrscheinlich muss man sich damit abfinden. Aber man muss die richtigen Schlussfolgerungen daraus ziehen.

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Die wären?

Die EU vergleicht sich gern mit den Großmächten USA und China. Auch die haben ein Zentrum und eine Peripherie. Aber der Transfer, der dort zwischen den unterschiedlichen Regionen geleistet wird, ist erheblich höher als der in der EU. In den USA werden 60 Prozent des Bundeshaushalts für Sozialausgaben aufgewendet, die auf das ganze Land verteilt werden.

In der EU gilt zwar die völlige Freizügigkeit von Personen, Waren und Dienstleistungen. Aber mit den Nachteilen muss jedes Land allein fertig werden. Wir haben eine enorme Ost-West-Wanderung. Wer aus dem Osten weggeht, ist meist jung und leistungsfähig, zahlt aber den Daheimgebliebenen nicht die Rente. Das ist nicht fair. Wir holen ganze Medizinergenerationen aus Rumänien ins Zentrum Europas. Aber was das mit dem Gesundheitssystem in Rumänien macht, interessiert uns einen Dreck.

Die Nummer als beleidigte Leberwust hat der Osten ziemlich gut drauf. Wieso kommt der so lange so gut damit durch?

In jedem nationalen Mythos einer osteuropäischen Nation von Russland bis Slowenien findet sich das Narrativ vom Westen als einer Art Festung. Die in der Festung sind in Sicherheit. Wir im Osten dagegen bleiben außerhalb der Mauern und sind allen Stürmen schutzlos ausgeliefert: Mongolen, Sarazenen, Kommunismus, Flüchtlinge – egal. Schlimmer noch: Die drinnen in der Festung sehen uns gar nicht. Wir kämpfen im toten Winkel. Dabei sind wir es, die die westlichen Werte wirklich ernst nehmen. In der aktuellen Fassung klingt das so: Wir kämpfen gegen den Vormarsch des Islam, und ihr lasst die ganzen Türken ins Land. Wir kämpfen für christliche Sittlichkeit, und euer Präsident treibt es mit seiner Praktikantin. Wohlgemerkt: Das sind Mythen, nicht feste Überzeugungen. Mal haben sie Konjunktur, mal nicht.

Der Osten hat aber auch ein bisschen recht. Wie Sie in Ihrem neuen Buch „Europas geteilter Himmel“ beschreiben, wird der Osten vom Westen nicht nur wie B-Ware behandelt, sondern kriegt auch B-Ware geliefert: Im Waschmittel ist weniger Inhalt und in der Schokolade weniger Kakao. Nur die Verpackung ist gleich.

Manchmal zumindest. Das Bild würde auch nicht gut funktionieren, wenn alles nur Einbildung wäre.

So wie die Nation.

Ja. Nationen sind vorgestellte Gemeinschaften. Aber in Ost und West stellt man sich unter der nationalen Gemeinschaft jeweils etwas anderes vor. Westlich von Deutschland wird die Nation als riesige Nachbarschaft imaginiert, östlich von Deutschland als weitläufige Verwandtschaft. Das hat historische Gründe: In den östlichen Vielvölkerreichen gehörte man als Nation zwar irgendwie zusammen – über Sprache, Gebräuche, Abstammung. Aber man lebte so weit voneinander entfernt, dass man keine gemeinsamen Angelegenheiten miteinander zu regeln hatte. Mit den direkten Nachbarn schon. Als Ruthene hatte man eher keine Ruthenen als Nachbarn, sondern Polen, Rumänen, Deutsche oder Russen. Wenn ich mir die Nation als Verwandtschaft vorstelle, heißt das: Die Mitglieder können über das ganze Reich, sogar über die ganze Welt verteilt sein, können schon tot oder noch gar nicht geboren sein. Eine so verstandene Nation kann an nichts schuld sein, denn sie ist ja nie Akteur.

Liegt darin ein Anknüpfungspunkt für Rechtspopulisten?

Sicher. In einer Familie braucht man keine vereinbarten, geschriebenen Regeln. Da kennt man sich. Die Eltern sagen, wo es langgeht, und alles bleibt unter uns. Zu einem großen Problem wird das, wenn die als Familie verstandene Nation den Staat kapert. Dann kann man die Verfassung vergessen, und der Korruption ist Tür und Tor geöffnet. Das wird in Westeuropa leider oft nicht verstanden.

Quelle         :          TAZ         >>>>>        weiterlesen

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Oben       —     Doris Akrap auf der Leipziger Buchmesse 2014 / taz.studio / Die taz liest / Tag 3 – 15.03.2014 / 11:00 Uhr / Taksim ist überall. / Die Gezi-Bewegung und die Zukunft der Türkei / Deniz Yücel, Doris Akrap

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Big Pharma gewinnt immer

Erstellt von Redaktion am 14. März 2021

Die Strategien
der Pharmaindustrie für den größtmöglichen Profit

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Quelle     :     Untergrund-blättle CH

Von    Public Eye

Covid-19 zeigt beispielhaft, wie problematisch das Geschäftsmodell der grossen Pharmakonzerne ist. In ihren Schönwetter-Visionen betonen die Konzerne ihren Einsatz für die Gesellschaft, in Tat und Wahrheit nutzen sie die Covid-19 Krise zu ihrem Vorteil aus.

Die Covid-19-Pandemie ist eine globale Krise mit gravierenden Auswirkungen auf die Gesundheit, den Lebensunterhalt und das Sozialleben der Menschen überall auf der Welt. Besonders betroffen sind aber benachteiligte Menschen – weltweit und insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern. Eine Pandemie kann nicht national bewältigt werden, dazu braucht es koordinierte internationale Anstrengungen.

Die Rhetorik der Konzerne und reichen Länder, dass es in Anbetracht der Dringlichkeit und des globalen Ausmasses dieses Mal anders sein werde, ist scheinheilig.

Public Eye zeigt im Report «Big Pharma takes it all», wie die Strategien von Pharmakonzernen zur Profitmaximierung funktionieren und wie Big Pharma damit die Krise zu ihrem Vorteil ausnutzt, obwohl ihre Produkte massiv durch öffentliche Gelder finanziert wurden. Reiche Länder wie die Schweiz schützen die Interessen ihrer Pharmaindustrie, indem sie internationale Bestrebungen für einen gerechten Zugang verhindern. Doch Gesundheit ist ein Menschenrecht; die Staaten sind verpflichtet, dieses zu schützen und den Privatsektor entsprechend zu regulieren.

1) Forschung und Entwicklung nach den Gewinnaussichten ausrichten

Fakt: Bereits 2003 gab es eine globale Gesundheitskrise, die durch ein Coronavirus, das Covid-19 sehr ähnlich ist, verursacht wurde. 17 Jahre später, zu Beginn der aktuellen Pandemie, gab es weder einen Impfstoffprototyp noch eine mögliche Behandlung für die von Covid-19 verursachten Erkrankungen.

Einordnung: Die Pharmakonzerne entwickeln Behandlungen für Kranke, die zahlen können, sowie für chronische Krankheiten wie Krebs oder Diabetes, die über lange Zeiträume verschrieben werden können. Behandlungen für Infektionskrankheiten, die vor allem Menschen in einkommensschwachen Ländern betreffen, sind nicht lukrativ – genauso wenig wie Antibiotika, die so wenig wie möglich verschrieben werden sollten, oder Impfstoffe, welche eine Krankheit verhindern.

Konsequenz: Bis vor kurzem beschäftigten sich immer weniger Unternehmen mit übertragbaren Krankheiten und der Entwicklung von Impfstoffen. Erst die globale Covid-19-Pandemie mit der Aussicht auf ein lukratives Geschäft und enorme Gewinne hat das Interesse von Big Pharma geweckt.

2) Patente missbrauchen

Fakt: Bereits im Frühjahr 2020 war klar, dass die Patentierung von Impfstoffen zu Engpässen bei der Versorgung führen würde. Doch die Warnungen wurden ignoriert und Patente als Grund für diese Knappheit sowohl von Konzernen und ihren Interessensvertretern als auch von reichen Ländern kleingeredet.

Einordnung: Patente sollen Unternehmen für die Entwicklung von Innovationen entschädigen, indem sie andere daran hindern, ihre Erfindung herzustellen und zu verkaufen. Das 1995 in Kraft getretene Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS) führte zu einer Globalisierung von fehlerhaften und sozial nicht nachhaltigen Anreizen (Strategie 1). Konzerne missbrauchen ihre Monopolmacht und setzen überhöhte Preise, und dies trotz massiver öffentlicher Finanzierung (Strategie 7). Das ist besonders verheerend für Menschen in einkommensschwachen Ländern. Aber auch reichere Länder mit einer öffentlichen Gesundheitsversorgung kämpfen zunehmend mit überteuerten Medikamentenpreisen und explodierenden Gesundheitskosten.

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Konsequenz: In der Covid-19 Pandemie zahlt sich dieses System für Big Pharma besonders aus: Die Konzerne halten Wissen unter Verschluss, schaffen künstliche Versorgungsengpässe und haben enorme Macht, den gewünschten Preis festzulegen (Strategie 8). Das führt zu globaler Knappheit und Hamsterkäufen.

3) Das Geschäft auf die Bedürfnisse der reichen Länder ausrichten

Fakt: Auch in der Covid-19-Pandemie sind Pharmakonzerne und reiche Länder Komplizen. Reiche Länder wie die Schweiz schliessen exklusive Deals zu überhöhten Preisen ab und belasten mit intransparenten Verträgen die öffentlichen Gesundheitskosten.

Einordnung: Medikamente werden in erster Linie für die in reichen Ländern vorherrschenden Gesundheitsprobleme entwickelt (Strategie 1). Die grössten Pharmakonzerne befinden sich in einigen wenigen reichen Ländern wie der Schweiz und der grösste Absatzmarkt sind die USA mit einem Umsatz von mehr als 500 Milliarden Dollar im Jahr 2019.

Konsequenz: Reiche Länder haben genügend Dosen gekauft, um ihre Bevölkerung mehrmals zu impfen. Ende Januar waren nur 4% der Impfungen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen durchgeführt worden. Diese müssen möglicherweise bis 2024 warten, um mit Impfungen eine kollektive Immunität zu erreichen. Covax, das multilaterale System, das auf eine gleichmässige Verteilung abzielt, wird aufgrund der mangelnden politischen und finanziellen Unterstützung von reichen Ländern und der Monopole der Konzerne wahrscheinlich scheitern.

4) Transparenz und öffentliche Rechenschaft verweigern

Fakt: Geheimhaltung ist ein weiterer Eckpfeiler des Geschäftsmodells von Pharmakonzernen. Während Big Pharma von Vorteilen wie Patent- und anderen Exklusivrechten (Strategie 2) oder öffentlicher Finanzierung (Strategie 7) profitiert, verweigern die Konzerne Transparenz systematisch.

Einordnung: Weil Regulierungen zur Transparenz fehlen, ist zwischen Pharmakonzernen und Regierungen ein enormes Machtgefälle entstanden. Das zeigt sich erstens darin, dass fast die Hälfte der abgeschlossenen klinischen Studien nie veröffentlicht wird. Zweitens überhöhen Pharmakonzerne bei den Angaben zu den Investitionen zur Entwicklung neuer Medikamente systematisch ihren eigenen Anteil im Vergleich zu den öffentlichen Investitionen. Drittens bleiben die Preise und die von Pharmaunternehmen gewährten Rabatte geheim, was die Macht der Konzerne stärkt.

Konsequenz: Intransparenz war schon immer ein riesiges Problem. Die Covid-19-Krise verschärft die negativen Auswirkungen davon. Gleichzeitig richtet sich alle Aufmerksamkeit auf den Fortschritt bei der Suche nach Impfstoffen und Behandlungen. Davon profitieren Pharmakonzerne, die wichtige Informationen weiterhin zu ihrem Nutzen geheim halten.

5) Klinische Studien zum eigenen Vorteil designen

Fakt: Pharmaunternehmen kontrollieren den Forschungs- und Entwicklungsprozess, insbesondere die klinischen Versuche. Ihr Anreiz ist jedoch gross, Studien so zu designen und Resultate so zu beeinflussen, dass eine möglichst schnelle Marktzulassung resultiert. Denn je schneller ein Produkt auf dem Markt ist, desto länger können die Konzerne vom Patentschutz profitieren.

Einordnung: Indem Pharmakonzerne im Studiendesign bescheidene Ziele definieren, versuchen sie eine schnelle Zulassung zu erhalten. Für Marktzulassungen muss nicht bewiesen werden, dass das Medikament einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen bringt. Zunehmend müssen Pharmakonzerne sogar nur zeigen, dass das Medikament nicht schlechter ist als existierende Behandlungen. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass in den von der Industrie gesponserten Studien im Vergleich zu Studien anderer Sponsoren nachteilige Ergebnisse verschwiegen werden.

Konsequenz: Die selektive Veröffentlichung des Designs und der Ergebnisse klinischer Studien macht eine unabhängige Überprüfung unmöglich, gefährdet Menschen und führt zu einer Verschwendung öffentlicher Ressourcen. Das hat sich auch in der Covid-19-Pandemie nicht geändert. Renommierte Fachleute haben zudem festgestellt, dass die Covid-19-Studien trotz der Dringlichkeit besser und ehrgeiziger hätten gestaltet werden können.

6) Risiken sozialisieren – Gewinne privatisieren

Fakt: Pharmakonzerne rechtfertigen Patente, die damit verbundene Monopolstellung und die hohen Gewinnmargen mit den Risiken, die sie bei der komplexen Forschung und Entwicklung neuer Medikamente eingehen würden. In der Realität unternehmen sie jedoch alle rechtlichen, politischen und technischen Anstrengungen, um Geschäftsrisiken durch öffentlich finanzierte Forschung und Entwicklung systematisch zu minimieren und zu externalisieren.

Einordnung: Öffentliche Mittel waren schon immer entscheidend für pharmazeutische Innovationen. Zudem minimieren Konzerne ihre Risiken in Forschung und Entwicklung, indem sie nur kleine Veränderungen an bestehenden Medikamenten vornehmen, um mit neuen Patenten ihre Monopolstellung auszubauen. Echte Innovation erfolgt oft in öffentlichen Institutionen und kleinen Unternehmen, die von Pharmakonzernen aufgekauft werden.

Konsequenz: Diese systemische Schieflage verstärkt sich in der Covid-19-Pandemie. Das Privatisieren von Gewinnen und das Sozialisieren von Risiken, von den Investitionsrisiken bis zu Haftungsrisiken, schädigen die Allgemeinheit gleich mehrfach.

7) Steuergelder ohne Gegenleistung einstecken

Fakt: Wie sehr die Entwicklung neuer Medikamente von öffentlichen Geldern abhängt, hat sich noch nie stärker gezeigt als in dieser Pandemie. Da dies in den Preisfestsetzungsmechanismen (Strategie 8) politisch ignoriert wird, zahlt die Bevölkerung gleich doppelt: Mit ihren Steuern subventioniert sie die Pharmakonzerne stark, gleichzeitig ist sie gezwungen, unregulierte und überhöhte Preise für Medikamente zu bezahlen und damit zu den kolossalen Gewinnen von Big Pharma beizutragen.

Einordnung: Die gewinnmaximierende Logik von Pharmaunternehmen führt zu einer Vernachlässigung grundlegender Gesundheitsbedürfnisse wie Impfungen (Strategie 1). Regierungen und gemeinnützige Initiativen versuchen, dieses Marktversagen zu korrigieren. Wenn Regierungen sich dazu entscheiden, die Produktion von Medikamenten an die Privatwirtschaft auszulagern, müssen sie aber als Regulator auftreten, um ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung zum Schutz des Rechts auf Gesundheit nachzukommen. Das heisst, sie müssen das System aktiv mitgestalten und zum Beispiel die Vergabe von öffentlichen Geldern an Bedingungen knüpfen.

Konsequenz: Für die Entwicklung von Covid-19-Impfungen, Diagnostika und Behandlungen wurden allein 2020 öffentliche Investitionen von über 93 Milliarden Euro geleistet, profitiert davon hat Big Pharma. Denn die Regierungen haben es verpasst, diese Subventionen an Bedingungen zu Zugang, Preis oder Transparenz zu knüpfen. Alle internationalen Bestrebungen, um den Zugang zu diesen patentierten Technologien für alle zu gewährleisten, werden von reichen Ländern wie der Schweiz, die ihre Pharmaindustrie schützen, vehement bekämpft.

8) Nicht zu rechtfertigende und unanfechtbare Preise verlangen

Fakt: Pharmakonzerne nutzen die Vorteile des aktuellen Systems aus und Regierungen nehmen sie nicht in die Pflicht. Damit sind Aufsichtsbehörden, Versicherer sowie Patientinnen und Patienten in einer sehr schwachen Position, um Preise auszuhandeln, die Medikamente für alle erschwinglich machen würden. In der Covid-19-Pandemie sind die Auswirkungen davon besonders sichtbar.

Einordnung: Die fehlende Transparenz (Strategie 4) bei den Forschungs- und Entwicklungskosten macht es schwierig, einen fairen Preis zu ermitteln. Gleichzeitig wird die Bedeutung der öffentlichen Finanzierung in der Entwicklung von Medikamenten von unabhängigen Studien bestärkt und immer offensichtlicher. Das bringt Pharmakonzerne in Bedrängnis. Deshalb setzt Big Pharma zunehmend auf das Argument des «value-based pricing». Doch Gesundheit ist kein Konsumgut. Den Preis eines durch einen Impfstoff oder ein Medikament geretteten menschlichen Lebens zu bewerten, zu vergleichen und zu priorisieren ist zynisch und unhaltbar.

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Konsequenz: Weil der Preis bestehender Behandlungen als Massstab für die Aushandlung der Preise neuer Medikamente verwendet wird, kommt es zu kontinuierlichen Preiserhöhungen. In der Covid-19-Pandemie wurde die Chance verpasst, diesen Teufelskreis zu stoppen.

9) Riesige Summen an Aktionäre auszahlen statt in neue Medikamente investieren

Fakt: In den letzten 20 Jahren hat sich der Pharmasektor immer mehr zu einer Investment-industrie entwickelt. Statt in die Entwicklung und Herstellung von Medikamenten zu investieren verhält sich Big Pharma wie ein Private-Equity-Fonds: sie steckt ihr Geld vor allem in die Übernahmen von Konkurrenten und kleineren Unternehmen. Dies alles, um ihren Aktionären überhöhte Dividenden auszahlen zu können.

Einordnung: Pharmakonzerne kaufen oft kleinere Firmen auf, um deren Patentrechte zu erwerben. Sie bezahlen viel Geld dafür und spekulieren darauf, dass sich das mit der Zulassung eines patentierten Arzneimittels bezahlt macht. Dadurch gibt es eine Konzentration von einigen wenigen sehr grossen Unternehmen mit wachsender Marktmacht.

Konsequenz: Diese Entwicklung heisst, dass sich Pharmakonzerne der Funktionsweise des Finanzmarktes unterwerfen, statt auf die Versorgung mit wesentlichen Arzneimitteln zum Wohl der öffentlichen Gesundheit zu fokussieren.

10) Mit intensivem Lobbying die Rahmenbedingungen beeinflussen

Fakt: Die Pharmaindustrie und damit auch die Schweizer Konzerne Roche und Novartis investieren grosse Summen in das Lobbying. In den USA, dem wichtigsten Markt, sitzen 39 von 40 Vertretern der Legislative, welche die grössten Beiträge von Pharmakonzernen erhalten haben, auch Mitglied in Kommissionen, die für die Gesetzgebung im Gesundheitsbereich zuständig sind. Auch in der Schweiz ist das Lobbying der Pharmaindustrie omnipräsent und schwach reguliert. Jeder Versuch, die Medikamentenpreise zu senken, die zu den höchsten der Welt zählen, wird mit massivem Lobbying ausgebremst.

Einordnung: Pharmakonzerne mischen erfolgreich in der Gesundheitspolitik und entsprechenden Gesetzgebungen mit: Sie steuern die Debatte, stellen «Fachwissen» bereit, beeinflussen Handelsabkommen und kanalisieren öffentliche Gelder so, dass sie den eigenen Interessen dienen. Intensives und intransparentes Lobbying ist ein Teil von «corporate capture»; darunter versteht man die langfristige Beeinflussung von politischen Prozessen und Entscheiden zum Vorteil von wirtschaftlich mächtigen Akteuren und zum Nachteil des Gemeinwohls.

Konsequenz: Doppelfunktionen und die finanzielle Abhängigkeit von der Industrie führen nicht immer zu schädlichen oder illegalen Praktiken. Sie führen aber zu schwerwiegenden Interessenskonflikten, die transparent gemacht, öffentlich diskutiert und mit entsprechender Regulierung vermieden werden müssen. Der systematische Einfluss von Konzernen gefährdet demokratische Strukturen und unterwandert das Vertrauen in politische Entscheidungsträgerinnen und -träger sowie öffentliche Institutionen.

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2.Von Oben       —     Novartis – Basel

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»Not in my Backyard«:

Erstellt von Redaktion am 14. März 2021

Wohin mit dem Atommüll?

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Nicht der Sitz von Bänkern, nein von Beamten und staatlichen Schränkern

von Wolfgang Ehmke

Jahrzehntelang kämpften die Bewohner des Wendlandes gegen den Bau eines Atommüllendlagers in Gorleben. Ende September vergangenen Jahres konnten sie endlich aufatmen: Bei der neu begonnenen Suche nach einem geeigneten Standort wurde der Salzstock, der 1977 ohne wissenschaftliche Grundlage auf Drängen der sozialdemokratischen Bundesregierung unter Helmut Schmidt durch den niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht per „Fingerzeig“ ausgewählt worden war,[1] anhand umfangreicher wissenschaftlicher Kriterien von der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) bereits im ersten Schritt als ungeeignet aussortiert. Im Gegenzug wies die BGE zahlreiche Flächen in ganz Deutschland als potentiell mögliche Endlagerstandorte aus.

Die Freude in Gorleben ist groß, das Problem der Atommüllentsorgung aber bleibt – und sorgt für neuen Streit. Denn Gorleben liegt nun tatsächlich fast „überall“ und der Geist des Widerstands könnte wiedererwachen.[2] Heftige ablehnende Reaktionen auf den BGE-Bericht folgten umgehend in jenen beiden Bundesländern, die von der Endlagersuche in diesem frühen Stadium besonders stark betroffen sind: Bayern und Niedersachsen. Doch auch in Nordrhein-Westfalen und im Osten Deutschlands widersprachen zahlreiche Politiker dem BGE-Bericht fundamental.[3]

Die Endlagersuche könnte daher in diesem „Superwahljahr“ ein heißes Wahlkampfthema werden. Länder- wie Parteienegoismen wären allerdings Gift für einen offenen, wissenschaftsbasierten Suchprozess.[4] Ob sich Bürgerinitiativen, die Lokalpolitik oder sogar Bundesländer auf eine NIMBY-Haltung („Not in my Backyard“) zurückziehen oder ob das neue Suchverfahren mit den Partizipationsangeboten überzeugt, das hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Ein besonders wichtiger Aspekt ist neben der Wissenschaftlichkeit und der Abwehr politischer Einflussnahme die absolute Transparenz der Abwägungsprozesse. Im Hinblick auf den gesuchten „Standort mit der bestmöglichen Sicherheit“ muss die am Ende betroffene Bevölkerung die Suche einerseits als fair und wissenschaftsbasiert (statt politisch gesetzt) bewerten und den letztendlichen Standort andererseits als den unter den gegebenen Umständen bestmöglichen ansehen. „Sonst wird dieser Standort aller Voraussicht nach am Widerstand der dortigen Bevölkerung scheitern“, warnt der Bundesverband Mediation.[5]

Gorleben als warnendes Beispiel

Im Jahr 2013 hatten Bundestag und Bundesrat die Suche nach dem Endlagerstandort mit der bestmöglichen Sicherheit für die in Deutschland produzierten hochradioaktiven Abfälle neu gestartet. Dieser Neustart war eine Reaktion auf die anhaltenden Proteste im Wendland gegen die bundesdeutsche Atompolitik und die Castortransporte. Nicht einmal nach der Kehrtwende der Merkel-Regierung nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima im Jahr 2011 ebbte der Protest erkennbar ab. Damals erreichte die Wucht der Protestierenden einen Höhepunkt: Erst nach mehr als fünf Tagen erreichte der aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage Cap de La Hague kommende, 13. Castortransport im Herbst des gleichen Jahres sein Ziel, das Brennelementezwischenlager Gorleben – Störaktionen hatten den Transport bis zuletzt behindert.[6] Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Gorleben standen sich bis zu dessen Abschlussbericht im Jahr 2013 die Lager noch unversöhnlich gegenüber: Die FDP und die Unionsparteien unter Berichterstatter Reinhold Grindel erkannten weder Unregelmäßigkeiten bei der Standortauswahl noch sahen sie Hinweise auf eine Vertuschung von geologischen Befunden, die gegen die Eignung des Salzstocks sprachen; die Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke hingegen sahen sich durch das Aktenstudium und die Befragung der Zeug*innen in ihrer Haltung bestärkt, dass „politische Beeinflussung, Lug und Trug“ die Geschichte Gorlebens geprägt hatten, um den Standort ungeachtet seiner tatsächlichen Eignung durchzuboxen.[7] Wider Erwarten gelang dann aber doch eine parteienübergreifende Verständigung: Die Endlagersuche sollte vergleichend und wissenschaftsbasiert neu organisiert werden.

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Die erste Fassung des „Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle“ (StandAG) war bereits so gut wie beschlussfertig, als SPD und Grüne 2013 knapp die Wahlen zum niedersächsischen Landtag gewannen: Die Koalitionäre des Bundeslandes, das bisher von der Atommüllproblematik am stärksten betroffen war – mit der havarierten Asse II, dem Schacht Konrad, einem ausgedienten Erzbergwerk, das für die Einlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle nachgenutzt werden soll, und dem Gorleben-Komplex –, verhandelten nach. Eine bis dahin nicht vorgesehene „Kommission zur Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe“, besetzt mit Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Politik, bekam den Auftrag, das noch 2013 vom Bundestag beschlossene Gesetz zu überarbeiten, und sprach in ihrem Abschlussbericht weitere Empfehlungen zur Novelle des StandAG aus. Diese beschloss der Bundestag schließlich im Mai 2017. Zugleich wurden die aufsichtlichen und finanziellen Zuständigkeiten neu geregelt: Die Energiewirtschaft ist für den Abriss und die Konditionierung des Nuklearmülls zuständig, der Bund für die Zwischen- und Endlagerung. Mit einer Einmalzahlung von rund 24 Mrd. Euro konnten sich die Atomstromproduzenten aus ihrer praktischen und finanziellen Verantwortung für die Atommülllagerung befreien.[8]

Fortan sollte die Standortsuche wissenschaftsbasiert, partizipativ, transparent, selbsthinterfragend und lernend erfolgen. In einem iterativen Verfahren wird der Suchraum sukzessive eingeengt: zunächst vom gesamten Bundesgebiet zu geeigneten Teilgebieten – diesen ersten Schritt umreißt der jetzige BGE-Zwischenbericht. Dann werden übertägig zu erkundende Standortregionen benannt, im nächsten Schritt geht es um untertägig zu erkundende Standorte. Am Ende des Suchprozesses soll der Vorschlag für einen Endlagerstandort stehen, und zwar im Jahr 2031. Der Einlagerungsbetrieb ist für das Jahr 2050 geplant, doch dieser ambitionierte Zeitplan ist hoch umstritten.[9]

Die unzureichende Beteiligung der Öffentlichkeit

Die Veröffentlichung des Zwischenberichts im September löste zugleich die Einberufung des ersten formalen Beteiligungsschritts, die Fachkonferenz Teilgebiete, aus. Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) ist laut Gesetz als Partizipationsbehörde für den organisatorischen Rahmen zuständig und soll deren Eigenständigkeit fördern. Eine Teilnahme ist für alle interessierten Bürger*innen möglich, sie steht darüber hinaus auch Wissenschaftler*innen, Bürgerinitiativen und Umweltverbänden sowie den Vertreter*innen der Gebietskörperschaften der identifizierten Teilgebiete offen. In drei Sitzungen innerhalb eines halben Jahres soll der BGE-Zwischenbericht bis Mitte 2021 kommentiert werden. Der Vorhabensträger, die BGE mbH, muss diese Stellungnahme „berücksichtigen“, bevor er im nächsten Verfahrensschritt die obertägig zu erkundenden Standortregionen benennt.

Kritiker halten allerdings dieses Beteiligungsformat für unangemessen, weil die Mitwirkung der Öffentlichkeit unzureichend sei: So arbeiten die Fachleute der BGE bereits weiter, während die Fachkonferenz Teilgebiete noch den Zwischenbericht debattiert und voraussichtlich im Juni 2021 abschließend kommentiert – mit der Folge, dass am Ende ein Arbeitsstand kommentiert wird, der dann bereits ein Jahr veraltet ist.[10] Diese augenfällige Asynchronität ist gepaart mit einer ausgeprägten Asymmetrie: Das BASE gibt auf der einen Seite eine Million Euro allein für die bundesweite Bewerbung der Fachkonferenz aus. Ein Budget für die wissenschaftliche Expertise, auf die geologische Laien unweigerlich zurückgreifen müssten, wird hingegen verweigert.[11]

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Auch nicht im Hinterhof von diesen Haus

Hinzu kommt, dass die Teilnehmenden den Fortgang der Auswahlschritte nicht überprüfen können, auch ein Peer-Review-Verfahren ist nicht vorgesehen. Die BGE steht vor der Aufgabe, im nächsten Schritt die für die Endlagerung als günstig ausgewiesenen Flächen um den Faktor 1000 herunterzubrechen, um sechs bis acht obertägig zu erkundende Standortregionen zu benennen. Eine große Mehrheit forderte folglich auf der ersten Beratungskonferenz vom 5.-7. Februar 2021 vom BASE die Verstetigung dieses formellen Beteiligungsformats. Der Vorhabensträger wurde aufgefordert, den Zwischenbericht, der in weiten Teilen lediglich auf Fachliteratur und Referenzdaten zurückgreift, nachzuarbeiten und die geologischen Daten der Landesämter zu berücksichtigen. Entscheidend sei, den Fortgang der BGE-Arbeitsschritte transparent zu gestalten.[12]

Bereits die umstrittene – digitale – Auftaktveranstaltung zur Fachkonferenz am 17./18. Oktober 2020 wurde von Umweltverbänden wie dem BUND stark kritisiert: „Die wissenschaftliche Einbahnstraße darf sich in den kommenden Veranstaltungen nicht wiederholen. Es braucht einen ernstgemeinten Peer-Review-Prozess, der die Diversität der wissenschaftlichen Sichtweisen darstellt. Nur so kann auch eine glaubwürdige Debatte um den bestmöglichen Ort für ein Atommülllager entstehen. Dazu braucht es ein Beteiligungsformat, das Anmerkungen und Fragen der Beteiligten ernsthaft in den Prozess einbringt und kritisches Nachhaken ermöglicht.“[13] Nur wenn dies tatsächlich gewährleistet ist und die Beteiligung der Öffentlichkeit mehr ist als eine Farce, kann man hoffen, dass die irgendwann zu treffende Entscheidung letztendlich akzeptiert wird.

Der Widerstand wächst

Quelle       :       Blätter         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben        —       Charlottenburg Wegelystraße 8 Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung

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Unten      —     Gdańsk (Poland) 47 Batory Street. The house of Angela Merkel’s mother.

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Landtagswahlen-Südwesten:

Erstellt von Redaktion am 14. März 2021

Kampf der Liliput-Linken

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Er ist geblieben: Alexander Ulrich ein Hinterbänkler aus der letzten Reihe im BT

Von Anna Lehmann

Die Aussichten für die Linke sind bei den Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ziemlich mau. Warum eigentlich?

Wie führt man Wahlkampf, wenn die Chancen, in den Landtag einzuziehen, marginal sind? Frage an Melanie Wery-Sims und Sahra Mirow. Beide sind Spitzenkandidatinnen für die Linkspartei, die eine in Rheinland-Pfalz, die andere in Baden-Württemberg. In beiden Ländern liegt die Linkspartei in Umfragen wenige Tage vor der Wahl unter der Fünf-Prozent-Hürde. In Rheinland-Pfalz kommt sie derzeit auf drei Prozent, im Ländle steht sie bei vier Prozent.

„Ach, die Umfragen“, sagt Wery-Sims am Telefon, „die sind nie so ganz genau. Die Karten werden erst am Wahltag neu gemischt.“ Ähnlich unverzagt äußert sich Mirow übers Handy: „Wir sind fest entschlossen, in diesen Landtag einzuziehen.“

Die Situation ist für die Linke in beiden Bundesländern ähnlich vertrackt: Die Ministerpräsidenten – hier Malu Dreyer von der SPD, da Winfried Kretschmann von den Grünen –, erfreuen sich jeweils großer Beliebtheit, die Partner sind gewillt die Koalition weiterzuführen und Corona ist das dominierende Thema im Wahlkampf. Da kann die Linkspartei, die im Osten fast Volkspartei war und im Westen vielerorts noch Zwergpartei ist und in beiden Bundesländern noch nie im Landtag war, schwer durchdringen.

In Rheinland-Pfalz setzen sich die Linken für ein milliardenschweres Infrastrukturprogramm, einen Mietendeckel und kostenlosen Nahverkehr ein. Das Thema Nahverkehr hat allerdings auch die politische Konkurrenz im Portfolio. Grüne, SPD und sogar die CDU versprechen, nach der Wahl ein 365-Euro-Jahresticket einzuführen.

Auch als APO wirksam

Für Wery-Sims ein Beweis dafür, dass man auch außerhalb des Parlaments wirksam sein kann, schließlich sei es die Linke gewesen, die jahrelang gefordert habe, den Nahverkehr kostenlos zu machen. „Da hat man unsere Forderung aufgegriffen.“ Ein wenig ärgerlich sei das jetzt im Wahlkampf schon, aber es ginge ja um die Sache.

In Baden-Württemberg setzt die Linke stark auf das Thema sozial-ökologischer Wandel. Das Feld der Ökologie wird allerdings auch seit 40 Jahren von den Platzhirschen, den regierenden Grünen, beackert. Mirow glaubt, dass die Linke mit dem Thema trotzdem gute Chancen hat: „Die Grünen sind nicht konsequent beim Klimaschutz.“

Das habe sich etwa gezeigt, als Kretschmann eine Abwrackprämie für Verbrennermotoren gefordert habe. Die Linke nehme dagegen das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens ernst und wolle die notwendigen Transformation zudem sozial gerecht gestalten. Dass in einem reichen Land wie Baden-Württemberg jedes fünfte Kind von Armut gefährdet sei, sei ein Skandal.

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Wahlwerbung ohne persönliche Fotos ?

Die Truppen, die die Linke in beiden Bundesländern für den Wahlkampf mobilisieren kann, sind in ihrer Zahl bescheiden. In Rheinland-Pfalz hat die Linkspartei 1.800 Mitglieder, in Baden-Württemberg zählt sie 3.900. Der Ge­nos­s:in­nen­an­teil liegt in beiden Bundesländern also im Promillebereich, sowohl im Vier-Millionen-Einwohner-Land Rheinland-Pfalz als auch im elf Millionen Einwohner zählenden Baden-Württemberg. Zum Vergleich: Die Grünen haben in Baden-Württemberg fast viermal mehr, die CDU gar 15-mal so viele Mitglieder wie die Linke.

Riexinger scheiterte bereits

Da passt es eigentlich ganz gut, dass der Wahlkampf zurzeit digital läuft. In Baden-Württemberg mit Online-Veranstaltungen wie kürzlich einem Talk zum Mietendeckel, den die Linke gern aus Berlin nach Stuttgart importieren würde. 1.000 Menschen hätten das Video angeklickt, sagt Mirow. Und: Die Mitgliederzahlen der Linken seien gewachsen in den letzten Jahren, sagen beide Frauen. Sowohl in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz seien vor allem junge Menschen zwischen 20 und 35 in die Linkspartei eingetreten.

Quelle        :         TAZ          >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen     :

Oben          —       Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 9. Mai 2019 in Berlin.

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DL – Tagesticker 14.03.2021

Erstellt von Redaktion am 14. März 2021

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Ist es nicht doch die Angst eines Deppen von seinen eigenen Familienmittgliedern vor die Wand gefahren zu sein? In Berlin die Wahl zwischen Söder und Merz, vermag den Bürger-Innen auch heute keinen Sonnenschein vor den beiden anstehenden Landtagswahlen zu verheißen. So  bleibt der CDU-Clan auch vor der Ampel stehen um verzweifelnd auf die Grüne-Welle zu warten?

Die Angst der Union vor der Ampel

1.) Landtagswahlen Ba-Wü und R-Pfalz ?

Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP in Rheinland-Pfalz könnte am Sonntag bestätigt werden. Und auch in Baden-Württemberg spricht manches für eine Ampelkoalition. Im Bund wächst die Sorge der Union vor dem Machtverlust. Der Kampf um die Kanzlerkandidatur bei CDU und CSU? Davon ist plötzlich so gut wie nichts mehr zu hören. Man könne froh sein, so wird in der Union geraunt, wenn am Ende überhaupt noch jemand antreten wolle.Die Stimmung ist im Keller bei den Schwarzen, sie stecken in einer der schwersten Krisen der vergangenen Jahrzehnte. Im Bund sinken die Umfragewerte, vor allem wohl wegen der wachsenden Enttäuschung der Bevölkerung über die politischen Fehler im Corona-Management. Der Vertrauensverlust wegen des aktuellen Maskenskandals dürfte diesen Trend fortsetzen – und nun drohen der CDU mit ihrem neuen Chef Armin Laschet auch noch zwei Pleiten bei den Landtagswahlen am Sonntag in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Die Union läuft auf ein gewaltiges strategisches Problem zu, das am Ende im Bund den Verlust des Kanzleramts nach der Ära Angela Merkel bedeuten könnte: In Mainz regiert bereits eine sogenannte Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP, die angesichts der Umfragewerte der drei bisherigen Partner und ihrer jeweiligen Präferenzen fortgesetzt werden könnte. Und auch in Stuttgart spricht einiges dafür, dass die drei Parteien demnächst gemeinsam eine Regierung bilden.

Spiegel-online

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Hallo – Ist der Langschläfer auch schon erwacht.? Wie viele Berater-Experten muss der Scholz denn dieses mal dafür bezahlen ? Wenn Dummheit Schmerzen bereitete – würden sich die Aasgeier aus der Politik lange mit einer  gelben Binde und drei schwarzen Punkten durch die von ihnen zerstörten Landschaft bewegen.

Bundesverkehrsminister Scheuer will fossile Verbrenner bis 2035 auslaufen lassen

2.) BENZINER UND DIESELAUTOS

Andreas Scheuer sieht das Ende des Verbrenners in den nächsten 15 Jahren gekommen. Die Abgasnorm Euro 7 will er aber weiterhin nicht verschärfen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat sich für ein Ende für Autos mit klassischen Benzin- und Dieselmotoren innerhalb der nächsten 15 Jahre ausgesprochen. „Unser Ziel muss das Auslaufen des fossilen Verbrenners bis 2035 sein“, sagte der CSU-Politiker der „Welt am Sonntag“. Der Verbrenner sei damit aber nicht völlig am Ende, sagte Scheuer mit Blick auf synthetische Kraftstoffe. Um die synthetischen Kraftstoffe konkurrenzfähig zu machen, brauche es den Druck durch den Gesetzgeber. „Wir müssen technologieoffen bleiben und gleichzeitig weiter strenge Klimaschutz-Vorgaben machen, damit die Anreize da sind, die nächsten 15 Jahre zu nutzen, um konkurrenzfähige, saubere Kraftstoffe für Verbrenner zu entwickeln“, sagte Scheuer. CSU-Chef Markus Söder hatte sich bereits im Herbst vergangenen Jahres für ein Zulassungsverbot für Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2035 ausgesprochen. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte im September gesagt, er sehe ein Ende für den fossilen Verbrennungsmotor bis zum Jahr 2035.

Handelsblatt-online

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Dieser Vorfall zeigt deutlich den Unterschied zwischen einer Argumentationslosen Macht und ihren Schlagenden Uniformen auf. Wo Uniformen, die Ohnmächtigkeit der Regierung, dank derer Schlagkraft auf die Seite der sie Fütternden schlägt und ihren eigentlichen Aufgaben der Gewaltkontrolle nicht mehr Gerecht werden können/wollen ?

Nach der Räumung des Dannenröder Forstes

3.) Der große Vertrauensverlust

Vor drei Monaten fiel im Dannenröder Forst das letzte Baumhaus. Aber die Ak­ti­vis­t*in­nen sind noch immer vor Ort. Was treibt sie an? | „Da drüben war „Unterwex“, sagt Coyote und deutet auf eine weite Fläche aus zerhacktem Holz. „Unterwex“ hieß ein Baumhausdorf, das es nicht mehr gibt, „Coyote“ nennt sich der Anfang 20-jährige Aktivist mit schwarzen Haaren und runder Brille. Er steht an einem mit Natodraht gesicherten Bauzaun. Dahinter Sägespäne, Äste und Zweige, ein paar Baumstümpfe. Kein Transpi, kein Seil oder sonst etwas, was an die Besetzung erinnern könnte. Neben Coyote steht Linda und blickt durch den Baumzaun auf die autobahnbreite Schneise der Zerstörung: „Für mich ist das wie ein anderer Realitätsstreifen.“ Vor drei Monaten fiel im ehemals besetzten Dannenröder Forst das letzte Baumhaus. Seit Oktober 2019 hatten Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen den alten Mischwald in Mittelhessen besetzt. In 13 Baumhausdörfern lebten sie in teilweise mehrstöckigen und isolierten Baumhäusern, bauten eine Versorgungsinfrastruktur aus und eine Gemeinschaft auf. Obwohl sie die Waldwege aufwändig verbarrikadiert, sich mit Beton in Erdlöchern befestigt und immer wieder neue Bäume besetzt hatten, räumte die Polizei den Wald mit einem Riesenaufgebot innerhalb von vier Wochen. Noch immer patroullieren Be­am­t*in­nen Tag und Nacht auf der abgesperrten Schneise, die den Wald in zwei Hälften teilt. Alle paar Meter steht ein Flutlichtmast, nachts ähnelt der Kahlstreifen einer Flugzeuglandebahn mitten im Wald.

TAZ-online

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So war es doch immer. Wenn die Schritte ins Neuland nicht richtig vorankommen, da es an Einfühlungsvermögen und persönlichen Sachverstand fehlt, wird ein Sprung ins unbekannte Wasser gewagt. Wohlwissend nicht einmal richtig Schwimmen erlernt zu haben. Die Schuld daran tragen wir dann wieder „ALLE“. Aber wer einen solchen Unsinn braucht, sollte sich ihn reinziehen.

Ranwanzen als demokratische Herrschaftstechnik

4.) HYPE UM „CLUBHOUSE“

Mit „Clubhouse“ kehrt die Demokratisierungshoffnung zurück – könnte man meinen. Denn hier gilt das gesprochene Wort. Doch tatsächlich ist das ein Trugschluss. Die App hat den menschlichen Eitelkeiten vielmehr eine neue Bühne errichtet. Die Demokratie steckt in der Krise – wieder einmal. Erodierende Wahlergebnisse ehemaliger Volksparteien, rückläufige Mitgliederzahlen, sinkende Wahlbeteiligungen und ein anhaltender Ansehensverlust der politischen Eliten vergrößern Stück um Stück die Legitimationskrise der parlamentarischen Demokratie. In ihrem Zentrum steht der öffentliche Raum als jener Ort, an dem die Übereinkunft zwischen Regierten und Regierenden eigentlich gesichert werden soll. Noch vor Jahren ruhten dabei alle Hoffnungen auf den technologischen Segnungen des Internets. Mit ihm schien endlich eine massenhafte Beteiligung der Bürger an der Verfertigung der öffentlichen Meinung möglich. Aber es kam ganz anders. Das Internet schloss die Repräsentationslücke nicht nur nicht, sondern vergrößerte sie. Mit der App „Clubhouse“ kehrt die Demokratisierungshoffnung zurück. Für den Kommunikationsexperten Bendix Hügelmann ist die neue Internetanwendung genau deshalb eine „eine wahnsinnig tolle Geschichte“, weil sie Bürger und politische Eliten unkompliziert zusammen bringt und so alle „aktiv an einem politischen Entscheidungsprozess teilnehmen“ können.

Cicero-online

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Als Kinder wurde uns immer schon gesagt: „Jede/r bekommt im Leben fast immer das, was er sich verdient hat. Auch in der Savanne Afrikas herrscht das Recht der Stärke. Wenn sich eine Herde von Bullen den Löwen gegenüber stellen, entstehen auch bei ihnen entsprechende Verluste. Aber – das können unsere Politiker-Innen ja auch nicht wissen, da sie jeglichen Kontakt zu ihren Wähler-Innen schon vor vielen Jahren verloren haben. Ach ja, tummeln sich die Größten-Verschwörungs-Theoretiker  dieser Art vielleicht in der Politik und den von ihnen anhängigen Religionen ? – „Alle Macht geht vom Volke aus !“ Politiker-Innen zurück auf die Schulbank. Oder ist es möglich, das die weltweit herrschenden Unruhen hier im Land verpennt werden ? Wie viele Menschen leben hier denn von Geburt an im staatlich-verordneten  Lockdown ? Zu  Auseinandersetzungen braucht es immer zwei Seiten!

Zwölf Polizisten in Dresden verletzt – Bestürzung in der Politik

5.) Corona-Demos in zahlreichen Städten

In Dresden sind bei einer Corona-Demo Polizisten attackiert worden. Drei Personen wurden festgenommen. In Stuttgart wurde ein Fernsehteam angegriffen. Vor etwa einem Jahr begann in Deutschland der erste Lockdown. Anlässlich dieses Jahrestags sind „Querdenker“ und Coronaleugner für bundesweite Demonstrationen unter dem Motto „Es reicht!“ gegen die Corona-Politik der Bundesregierung auf die Straße gegangen. Das sächsische Verwaltungsgericht in Bautzen hatte eine geplante Großdemonstration in Dresden angesichts der steigenden Infektionszahlen und der zu erwartenden Verstöße gegen Hygiene-Auflagen für verboten erklärt.Dennoch hatten sich am Samstag hunderte Demonstranten auf den Weg in die sächsische Landeshauptstadt gemacht, darunter auch Rechtsextreme, wie Beobachter vor Ort berichten. Das erklärte Einsatzziel der sächsischen Polizei, „das Verbot der Querdenker-Demonstration durchzusetzen“ und „konsequent gegen Verstöße gegen die sächsische Corona-Schutzverordnung“ vorzugehen, schien schon am frühen Nachmittag zu scheitern. Laut Berichten vor Ort durchbrach eine knapp vierstellige Anzahl an Demonstranten mehrere Polizeiketten und bewegte sich aktuell illegal durch die Dresdner Innenstadt. Die Polizei sprach auf Twitter von einer „dynamischen Lage“ und teilte mit, dass mehrere Wasserwerfer aufgefahren werden, um das naheliegende Impfzentrum zu schützen.

Tagesspiegel-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Grafikquellen          :

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