Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft steht vor einem Kraftakt: Mit den Coronamilliarden muss Angela Merkel Europa endlich zukunftsfähig machen.
Noch im Frühjahr war der Lack von der „Klimakanzlerin“ Angela Merkel ab: Der Kohleausstieg bis 2038 kam zu spät, das „Klimapaket“ der Großen Koalition war halbherzig, die Vorreiterrolle Deutschlands vorbei und der Green Deal der EU-Kommission war zwar ambitioniert, aber die Finanzierung völlig ungewiss.
Aber unverhofft kommt oft. Vier Monate und eine Coronakatastrophe später hat sich Deutschland mit Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft plötzlich zum Hoffnungsträger gemausert: Vielleicht, hoffen jetzt viele, macht die EU mit ihren eigenen Ansprüchen bei Klima- und Nachhaltigkeitszielen doch noch ernst. Auf der Ratspräsidentin Angela Merkel ruhen große Erwartungen: Sie soll nicht nur die EU durch die Pandemie führen, den Brexit heil über die Bühne bekommen und einen EU-Haushalt für die nächsten sieben Jahre durchboxen. Nein, die Deutschen sollen auch ein verschärftes EU-Klimaziel und den sozial-ökologischen Umbau der EU in die Wege leiten. „Ob sie es wollen oder nicht, deutsche Hände führen jetzt die Machthebel der EU“, schreibt der Economist.
Tatsächlich könnte die Covid-19-Pandemie die Ökowende auf EU-Ebene vorantreiben. Weniger, weil in der Wirtschaftskrise die CO2-Emissionen massiv zurückgehen oder vielen klar wird, wie abhängig wir von der Natur sind. Nein, die Chance liegt vor allem beim Geld: Zeigten sich die EU-Staaten bisher als „geizige 27“, wenn es um Umweltprogramme ging, sprudeln plötzlich die Milliarden. Jetzt oder nie muss das Geld in den grünen Umbau fließen. Wenn aber die alte fossile Wirtschaftsordnung verlängert wird, gehen die EU-Ziele für Klima und Nachhaltigkeit in Rauch auf.
Entscheidend dabei wird die „Bazooka“ von 750 Milliarden Euro, die Merkel, SPD-Finanzminister Olaf Scholz, der französische Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schwingen. Ob und wie diese Geldmenge eingesetzt wird, entscheidet über den Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit der EU. Merkel sagt, Klimaschutz stehe bei ihrer Ratspräsidentschaft „ganz oben auf der Agenda“.
Wenn das nicht nur Gerede ist, muss die Kanzlerin mit ihrem Team nun einen Kraftakt vollbringen: den ohnehin umstrittenen EU-Haushalt mit dem nicht weniger umstrittenen Green Deal zu verschrauben. Die Ausgabe von Steuergeld der EuropäerInnen muss unter Ökovorbehalt gestellt werden: die Leitlinien der EU für eine öko-soziale Finanzpolitik müssen jetzt sicherstellen, dass kein EU-Geld mehr in Kohle und Gas fließt.
Europa muss außerdem sein CO2-Reduktionsziel auf minus 55 Prozent bis 2030 festschreiben, um die Versprechen aus dem Pariser Abkommen halbwegs zu erfüllen. Dafür braucht es mutige Einschnitte beim EU-Emissionshandel, bei den nationalen Klimazielen und bei reformierten EU-Richtlinien etwa zu Effizienz, Erneuerbaren oder weiter sinkenden CO2-Grenzwerten bei Autos.
Bevor ich gehe – bringe ich sie zurück
Bei diesen Kämpfen zwischen den EU-27 soll das 750-Milliarden-Paket viele Wunden heilen. Diese Balance auszutarieren wird Merkels Aufgabe sein: Kann sie die reicheren „geizigen vier“ überzeugen, dass sie mehr Geld geben müssen, wenn sie mehr Klimaschutz wollen? Kann sie die ärmeren Süd- und Ostländer dazu bewegen, im Gegenzug ihre Kohleindustrie abzuspecken und ihre Gebäude zu dämmen?
Wenn es eine kann, dann Merkel
Kann Angela Merkel das erreichen? Sagen wir es so: Wenn es eine kann, dann sie. Merkel durchdringt das Thema Klima und Nachhaltigkeit in all seinen Facetten; sie ist länger im Amt als ihre Amtskollegen aus Frankreich, Italien, Spanien und Polen zusammen; sie hat in der Krise ihr Sparsamkeitsdogma über Bord geworfen, als sie zusammen mit Macron das Hilfspaket vorstellte; sie ist eine Meisterin darin, in zähen Verhandlungen ihre Punkte zu setzen: 2015 schmuggelte sie den Begriff „Dekarbonisierung“ in die G7-Erklärung von Elmau, der zentral für das Pariser Abkommen wurde. Im letzten Jahr winkte sie in der EU und in Deutschland die Verpflichtung zur „Klimaneutralität“ durch – der einen Rattenschwanz an Veränderungen etwa beim Emissionshandel nach sich zieht. Und im Mai legte sie sich (und damit Deutschland) darauf fest, das EU-Ziel von minus 50 bis 55 Prozent anzustreben.
Unten —2013/14 setzt das „Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“ die Arbeit mit Realmontagen im öffentlichen Raum fort mit der Serie „Merkel goes to demo“ – hier mit den Chefs der 4 Energiemonopolisten bei einer Demonstration 2014 zur Energiewende Foto: Elke Hollmann
Elke Hollmann – Team Büro für ungewöhnliche Maßnahmen
2013/14 setzt das „Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“ die Arbeit mit Realmontagen im öffentlichen Raum fort mit der Serie „Merkel goes to demo“ – hier mit den Chefs der 4 Energiemonopolisten bei einer Demonstration 2014 zur Energiewende Foto: Elke Hollmann
„Die Schwierigkeit tief fassen ist das Schwere. Denn seicht gefasst, bleibt sie eben die Schwierigkeit.“ (Wittgenstein)
Beliebt ist es, Ungleichheiten in modernen westlichen Gesellschaften als Ungerechtigkeit anzusehen, an der jede(r) eigentlich Anstoss nehmen müsse. Wer so vorgeht, blendet die weit verbreiteten Auffassungen aus, die Ungleichheiten nicht als ungerecht erachten. Zudem ist vom gegenwärtig dominanten Bewusstsein auf die Frage „Bist Du für Gerechtigkeit?“ zwar gewiss kein „nein“ zu erwarten, wohl aber die Wertschätzung für viele andere Belange. Sie sorgen dafür, dass Gerechtigkeit nicht im Zentrum steht. Viele, die meinen, mit Gerechtigkeit über das zentrale Kriterium zur Beurteilung der Gesellschaft zu verfügen, legen sich keine Rechenschaft davon ab. Ihre Schlüsselattitüde läuft ins Leere.
Verwirrung entsteht bereits dadurch, dass Gerechtigkeit nicht im Singular, sondern im Plural vorkommt. Es gibt Chancen- und Verfahrensgerechtigkeit. Leistungsgerechtigkeit existiert, wenn z.B. die Höhe der Rente von der Höhe der gezahlten Beiträge abhängt. Bedarfsgerechtigkeit findet Anwendung, wenn eine arbeitslose Person, die ein Kind zu versorgen hat, höhere Zahlungen bekommt als eine kinderlose arbeitslose Person. Die eine „Gerechtigkeit“ lässt sich mithin gegen die andere „Gerechtigkeit“ ausspielen. Die Ungleichheiten betreffen ganz verschiedene Materien.
Die Ungleichheit zwischen arm und reich wird häufig in eine Reihe eingestellt mit der Ungleichheit zwischen alt und jung, zwischen Stadt und Land, Frau und Mann, Aus- und Inländer. Als „ungerecht“ wird ganz Verschiedenes beanstandet: Als ungerecht gilt, dass die „Arbeitsplatzbesitzer“ so „hohe“ Löhne hätten, dass es für die Unternehmen nicht rational sei, diejenigen einzustellen, die gegenwärtig arbeitslos sind. Als ungerecht erscheint es, dass Kinderlose von den Steuern und Wirtschaftsleistungen der jüngeren Generation profitieren, aber selbst anders als Eltern weder Energie noch Geld für die private Kindererziehung aufbringen. Ungerechtigkeit wird darin gesehen, dass Mitbürger vor den Toren der Stadt in den Genuss billigerer Wohnungskosten und besserer Luft kämen und dann erhalten sie auch noch … die Pendlerpauschale!
Die verschiedenen „Ungerechtigkeiten“ lassen sich vom Individuum oft nicht in eine inhaltlich bestimmte Ordnung, sondern nur auf einen Nenner bringen: So viel Vorteilsnahme zulasten anderer existiert in der Welt! Oft wird angenommen: Die Reichen, Starken und Mächtigen praktizieren dieses Vorgehen besonders erfolgreich. Viele würden nicht anders handeln, wenn sie denn nur könnten oder die Gelegenheit dazu hätten.
Das herrschende Bewusstsein von der Gesellschaft
Ungleichheit wird dann zum Skandal, wenn sie als unnötig und willkürlich erscheint. Das gegenwärtig dominante Gesellschaftsbewusstsein kennt sachliche Gründe für Ungleichheiten und weist der Gerechtigkeit einen ganz anderen Platz zu, als dies Leuten behagt, für die Gerechtigkeit das A und O ist. Grundlegende Thesen dieses Bewusstseins lauten wie folgt:
a) Allein der Privateigentümer hat ein vitales Interesse an einem Gut und am sorgsamen Umgang mit ihm. Gemeinschaftseigentum gilt als Niemandseigentum. Wer sich an seinen andere ausschliessenden Privatinteressen orientiert, neigt dazu, die Verantwortung für Gemeingüter auf andere abzuschieben und hält sich bei seinen Beiträgen zu ihrer Erhaltung zurück („Trittbrettfahrer“).
b) Ohne Vorteile durch Wettbewerbsvorsprung bzw. ohne Sanktion (im Extremfall ökonomischer Ruin) entstehen keine hinreichenden Anreize für Effizienz und Effektivität. Ohne Druck von oben in der Hierarchie bzw. von der Seite (Konkurrenz) schieben die meisten eine „ruhige Kugel“ und „halten den Ball flach“. Ein Kernbestandteil des bürgerlichen Paradigmas besteht in der Wertschätzung von „Ungeselligkeit“, „Unvertragsamkeit“ und „missgünstig wetteifernder Eitelkeit“ (Kant XI, 38f.) aufgrund ihrer angenommenen indirekten positiven Folgen. Erst der „durchgängige Widerstand (zwischen den Menschen – Verf.), welcher diese Gesellschaft beständig zu trennen droht, ist es nun, welcher alle Kräfte des Menschen erweckt, ihn dahin bringt, seinen Hang zur Faulheit zu überwinden“ (ebd.). Ohne Antagonismen „würden in einem arkadischen Schäferleben bei vollkommener Eintracht, Genügsamkeit und Wechselliebe alle Talente auf ewig in ihren Keimen verborgen bleiben: die Menschen, gutartig wie die Schafe, die sie weiden, würden ihrem Dasein kaum einen grösseren Wert verschaffen, als dieses ihr Hausvieh hat“ (ebd.).
c) Ein hohes Bruttosozialprodukt kann nur aus eigennützigen, ihren Sonderinteressen folgenden Handlungen vieler einzelner Akteure resultieren. Dass die Individuen sich direkt am Gemeinwohl orientieren und es dadurch befördern, gilt als unrealistisch (moralische Überforderung) bzw. als Einladung zur Heuchelei.
d) Mit der Kapitalwirtschaft sind bestimmte Kriterien der Reichtumsentwicklung verbunden. Das mag zu beklagen sein. Die Alternative aber bestehe in einer Planwirtschaft. Deren Misslingen gilt mittlerweile – im Unterschied zu früheren Zeiten – als unausweichlich. Zweitens vertrage sie sich nicht mit dem hohen Gut der individuellen Freiheit.
e) Die Konzentration sowohl des Besitzes hoher Geldbeträge, die mehrwertproduktiv angelegt werden können, als auch des Besitzes an Produktionsmitteln auf eine kleine Minderheit der Bevölkerung erscheint als unausweichlich, insofern eine gemeinsame Gestaltung und Entscheidung seitens der Bevölkerung über das Wirtschaften aufgrund der Komplexität der Materie, infolge der Verschiedenheit der sozialen Perspektiven („babylonische Sprachverwirrung“) und wegen der mangelnden Motivation der grossen Mehrheit als unrealistisch gilt.
f) Die Menschen sind ungleich in ihren Fähigkeiten, Geistesgaben und Energieniveaus.
g) Die Spaltung der Bevölkerung in Unternehmer und vom Produktionsmittelbesitz Ausgeschlossene entspricht dem Unterschied zwischen verschiedenen Mentalitäten. Viele würden den Stress der Leitung und Verantwortung für den Betrieb nicht auf sich nehmen wollen. Schon der heutige Kleinunternehmer lebe „materiell sicher besser als seine Beschäftigten. Dafür hat er allerdings viel weniger Freizeit und meist jede Menge Sorgen. Während für die Mitarbeiter Freitagnachmittag das Privatleben anfängt, grübelt der Chef am Wochenende oft noch über Kalkulationen und Bilanzen. Wer so betrachtet wirklich reicher ist, lässt sich darum nicht einfach sagen. Zumal der materielle Wohlstand besteuert wird, die Freizeit aber nicht“ (Hank 2008, 288).
h) Wer die auf die Vermarktung und Verwertung bezogene Handlungsfreiheit einschränke, erhöhe vielleicht die Einkommensgleichheit, nicht aber die durchschnittliche Höhe der Einkommen. Denn für die Vergrösserung der Wirtschaftsleistung seien in der kapitalistischen Marktwirtschaft satte Profite, hohe Einkommen der „Wirtschaftselite“ sowie Zurückhaltung bei Arbeitseinkommen und sozialstaatlichen Leistungen erforderlich. Nur von einem allein so ermöglichten Wirtschaftswachstum, nicht von Umverteilung, sei im Rahmen der kapitalistischen Ökonomie die nachhaltige Verbesserung der Lage der abhängig Beschäftigten zu erwarten. Die Ungleichheit bleibe bestehen, das durchschnittliche Niveau an Einkommen, Bildung und Mobilität werde angehoben („Fahrstuhleffekt“ (Ulrich Beck)). Rawls (1975) zufolge ist die Ungleichheit der Einkommen dann gerecht, wenn sie zu einer solchen Erhöhung des Reichtums beitrage, von der auch diejenigen profitieren, die in ihrem Einkommen am schlechtesten gestellt sind.
i) Die herrschaftsförmige Struktur von Betrieben und Organisationen und die hierarchische Gliederung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten erweisen sich als unvermeidlich und effizienzfördernd unter der Voraussetzung der modernen Ausmasse der Produktion, der Arbeitsteilung und Vernetzung sowie des Einsatzes von Technologie und Wissenschaft. Die Unternehmer und Manager sind Organisatoren und Treuhänder der „Arbeitsbedingungen gegenüber der Arbeit“ (MEW 25, 888). Unterordnen müssen sich die Arbeitenden unter die „Arbeit der Oberaufsicht und Leitung“. Sie wiederum „entspringt notwendig überall, wo der unmittelbare Produktionsprozess die Gestalt eines gesellschaftlich kombinierten Prozesses hat und nicht als vereinzelte Arbeit der selbständigen Produzenten auftritt“ (ebd., 397).
Eine allgemeine Tendenz besteht darin, den Arbeiten „die geistigen Potenzen des materiellen Produktionsprozesses als […] sie beherrschende Macht gegenüberzustellen. Dieser Scheidungsprozess […] vollendet sich in der grossen Industrie, welche die Wissenschaft als selbständige Produktionspotenz von der Arbeit trennt“ (MEW 23, 382). In modernen kapitalistischen Gesellschaften herrscht ein Bewusstsein vor, das ihre modernen Momente als Substanz und ihre kapitalistischen Charakteristika als zweitrangig ansieht. (Zur Kritik daran im Telegrammstil vgl. Creydt 2002, Pkt. 3, 4).
Die Opposition gegen das leistungslose Einkommen
Die Kapitalakkumulation wird nicht aus der „Gier der Reichen“ notwendig, sondern aus einem der kapitalistischen Ökonomie immanenten Widerspruch: Steigen die Ausgaben für den Technikeinsatz, so verringert sich der Anteil von lebendiger Arbeit an den Gesamtaufwendungen für die Produktion. Das führt zur Verschlechterung der Kapitalverwertung. Das tendenziell geringere Ergebnis des Verhältnisses, in dem Mehrwert im Zähler und das insgesamt aufgewandte Kapital im Nenner steht, soll durch Zunahme der Masse des Gewinns kompensiert werden. Zu unterscheiden ist zwischen diesen „immanenten Gesetzen der kapitalistischen Produktion“ und der Konkurrenz. Sie stellt nicht die Ursache der Akkumulation dar, sondern die Form, in der die immanenten Gesetze sich „dem einzelnen Kapitalisten gegenüber als äusserliches Zwangsgesetz geltend“ machen (MEW 23, 286).
Im Unterschied zu einer Ausplünderungsökonomie steht im Kapitalismus der private Konsum der Reichen im gleichen Verhältnis zur Re-Investition der Gewinne in Mehrwert verheissende Anlagen wie die Portokasse zum produktiv (mit dem Ziel der Mehrwertvermehrung) angelegten Kapital. (Zur Auseinandersetzung mit linker Vulgärökonomie, regressiver Kapitalismuskritik und Theorien von der vermeintlichen Herrschaft des Finanzkapitals über das produktive Kapital vgl. Creydt 2019.)
Der Genuss des Kapitalisten bleibt „Nebensache“ und „unter das Kapital, das geniessende Individuum unter das kapitalisierende subsumiert, während früher das Gegenteil stattfand“ (MEW-Erg.bd. 1, 556). Die Konsumtion (ob nun der Armen oder der Reichen) bildet weder die Ursache noch das Ziel dieser Produktion. Bei der Schaffung mehrwertproduktiv zu investierenden Mehrwerts handelt es sich um einen selbstbezüglichen und sich notwendig unendlich fortsetzenden Prozess ohne äusseren Zweck. Was aus diesem Prozess an die Kapitaleigentümer für deren private Konsumtion abfällt, stellt einen Nebeneffekt dar.
Das Motiv der Teilnahme von Kapitalisten am Prozess der Kapitalverwertung und die ihr eigene Logik sind zweierlei. Nicht die Ausgaben von Reichen für ihren privaten Konsum, sondern die Erfordernisse der Kapitalakkumulation, in der es um ihres Erfolgs willen an den Aufwendungen für Lohn und Arbeitsbedingungen zu sparen gilt, bilden die Ursache für die Lage der Lohnabhängigen.
Beim Rentier, der den Mehrwert unproduktiv privat verzehrt, erinnern sich viele an den Parasitismus der Feudalherren oder an die Zügellosigkeit und Prunksucht des Hofes. Als legitim gelten Unternehmer und Manager, insoweit sie als Treuhänder der Akkumulation des Kapitals handeln. Eine Entnahme von Gewinnanteilen für „unmässigen“ privaten Konsum erscheint als Pflichtverletzung. Diesem Bewusstsein geht es darum, luxuriöse Verausgabungen abzuschaffen, nicht eine andere Qualität des Arbeitens, der Gebrauchswerte, der Sozialbeziehungen und der Gestaltung der Gesellschaft zu schaffen.
Ihm reicht es, die Disziplin, die der Wiederanlage des Gewinns entspricht, konsequent gegen jeden üppigen privaten Konsum der Reichen durchzusetzen. Ein solches Programm kann verschiedene Erscheinungsformen annehmen. Wenn eine Belegschaft in der kapitalistischen Ökonomie mit „ihrem“ selbstverwalteten Betrieb nicht untergehen will, muss sie den Standpunkt des Betriebskapitals einnehmen, das sich nur durch Vermehrung erhalten kann. Dieses Erfordernis haben diejenigen, die „ihren“ Betrieb im Kapitalismus selbst verwalten, im Zweifelsfall auch gegen ihre Interessen an höherem Lohn oder an besseren Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Die sich selbst verwaltende Belegschaft kann idealiter „Chefs“ abschaffen, insofern sie ihre Funktion übernimmt.
Das ähnelt derjenigen protestantischen Mentalität, die die kirchliche Autorität überwinden will und jeden Christen idealiter zum Pastor seiner selbst erhebt. Die heute beliebte Rede vom Commoning, also dem Erkämpfen, dem Entwickeln und der Pflege von Commons, umfasst auch selbstverwaltete Betriebe im Kapitalismus. Deren Schwierigkeiten lassen sich am Beispiel des Kooperativenverbunds Mondragon vergegenwärtigen. Bspw. sind 2008 zwei Kooperativen, die besonders hohen Gewinn erzielten, aus diesem Verbund ausgetreten und haben sich damit den Abgaben für andere, minder am Markt erfolgreiche Kooperativen (Querfinanzierung) entzogen.
Durchschnittliche Bürger und Ausnahmetalente
„Heute spricht man von Chancengleichheit – doch das Glück hat immer seine Lieblinge und seine Stiefkinder.“ (Ernst Jünger, Tagebuch 20.2.1972)
Unter den Mitgliedern der bürgerlichen Gesellschaft ist eine Variante populär, sich Ungleichheit zwischen ihnen zu erklären. In Bezug auf die jeweiligen Fähigkeiten und deren individuelle Nutzung gebe es Ausnahmetalente. Sie seien unter Unternehmern, Erfindern, Organisationsgenies, Spitzenkünstlern und Spitzensportlern zu finden. Die Ungleichheit zwischen Managern und Arbeitern steht in dieser Betrachtungsweise in einer Reihe mit der Ungleichheit zwischen verschiedenen Begabungen und Energieniveaus in anderen gesellschaftlichen Bereichen (Sport, Kultur). Das Ausnahmetalent leiste Ausserordentliches. Das meint wenigstens eine grosse Zahl von Individuen. Sie akzeptieren insofern höhere Preise, wenn sie Veranstaltungen besuchen, in denen Spitzenfussballer ihre Fussballkünste oder Spitzenmusiker ihre Musik darbieten. Die zahlungsfähige Nachfrage entscheide. So sei das nun einmal in einer Marktwirtschaft.
Das gegenwärtig dominante Bewusstsein befürwortet Leistungseliten. Die Höhe der Managergehälter wird akzeptiert, solange sich die Manager nicht als Versager erweisen. Hans-Werner Sinn sagt 2007 in der TV-Sendung „hart aber fair“: „Der Lohn wird nach Knappheit (Angebot und Nachfrage) berechnet. Was hat das mit Gerechtigkeit zu tun? Wir kennen das Prinzip der Gerechtigkeit in den Marktentlohnungen nicht.“ (Zit. n. Zeitschrift Gleichheit 1-2/2008, 26). Spitzenmanager seien nun einmal rar und auf internationalen Märkten gesucht. Wer ihnen kein hohes Gehalt biete, riskiere, dass ausländische Unternehmen sie abwerben. Ein früherer Aufsichtsrat der „Öko-Bank“ begründet, warum Gerechtigkeit hier eine Themaverfehlung darstelle: „Unterliegt z.B. die Preisbildung tatsächlich objektiven Gesetzen, so scheint es unsinnig, von gerechten oder ungerechten Preisen zu sprechen. Es käme ja auch niemand auf den Gedanken, von ungerechten Planetenbewegungen oder einer ungerechten Fallgeschwindigkeit auszugehen.“ (Kühn 1992, 21)
Unternehmereinkommen und Managergehälter gelten u. a. als Risikoprämie und als Belohnung für die Findigkeit und Wachheit, den Wagemut und Einsatz dabei, neue Chancen und Marktnischen wahrzunehmen und entsprechende Produkte zu entwickeln. Wer über die Spitzeneinkünfte in der Wirtschaft den Kopf schüttelt, solle zudem – so ein beliebter Vergleich – Einkommen von Autorennfahrern, Pop- und Filmstars in den Blick nehmen. Der Formel-I-Rennfahrer Lewis Hamilton verdiente einem Bericht aus dem Juni 2018 zufolge in den davor liegenden 12 Monaten 51 Millionen Dollar. Die Einkünfte von Spitzensportlern werden mit dem Argument als angemessen befunden, der wirtschaftliche Gewinn, den bspw. ein Spitzenfussballer bringt, liege über seinem Gehalt. Der Sieg in einer bestimmten Liga ermöglicht das Mitspielen in einer Liga mit höherer Zuschauerschaft, grösserer Attraktivität für Medien, höheren Werbeeinnahmen und mehr Verkauf von Fan-Artikeln.
In den Ausnahmetalenten bekommt der kleine bzw. durchschnittliche Bürger es mit Leuten zu tun, die seiner Meinung nach einen anderen Aufwand treiben, sich härter fordern und stärker in Regionen der Unsicherheit operieren wollen und dies alles vor allem können. Es handle sich um Personen, die gerade in der Umgebung aufblühen, vor der sich der kleine Bürger eher ängstige. „Glattes Eis / ein Paradies für den / der gut zu tanzen weiss“ (Nietzsche II, 20). Die Ausnahmetalente hätten etwas „Forderndes“ in ihrem „Wesen“ und etwas „Starknerviges“ (Sombart 1987, 197). Das schliesse „Entschlossenheit“ und „Rastlosigkeit“, „Wagemut“ und „Kühnheit“ ein (ebd.).
Die in der kapitalistischen Moderne begrüsste „schöpferische Zerstörung“ (Schumpeter) erfordere die Findigkeit, mit der neue Geschäftsgelegenheiten aufgetan werden. „Unternehmertum besteht nicht darin, nach einem freien Zehndollarschein zu greifen, den man bereits irgendwo entdeckt hat. Es besteht vielmehr darin, zu entdecken, dass es ihn gibt und dass er greifbar ist“ (Kirzner 1978, 38). Wahrhaft unternehmerischem Handeln fehlen sichere Informationen und verbindliche Handlungsmuster. Es handle nicht nach einem vorliegenden Plan, sondern müsse ihn finden bzw. erfinden.
Schumpeter vergleicht dies mit dem Unterschied zwischen „einen Weg bauen und einen Weg gehen: Und das Bauen eines Weges ist so wenig ein bloss gesteigertes Gehen, als das Durchsetzen neuer Kombinationen ein bloss graduell vom Wiederholen des Gewohnten verschiedener Prozess ist“ (Schumpeter 1926, 124f.). Das starke unternehmerische Individuum sei „nicht so sehr durch Intellekt […] als durch Willen“ geprägt, „durch die Kraft, ganz bestimmte Dinge anzufassen und sie real zu sehen – , durch die Fähigkeit, allein und voraus zu gehen, Unsicherheit und Widerstand nicht als Gegengründe zu empfinden“ (ebd., 128f.). Das Unternehmertum finde – vielen in der Ökonomie und Sozialwissenschaft vertretenen Auffassungen zufolge – sein „Vorbild weit eher im Genius des Künstlers, im strategischen Geschick und in der Entschlusskraft des Feldherrn oder im Rekordstreben des Sportlers“ (Bröckling 2007, 124).
Paul Arden (2007), früher Kreativdirektor der renommierten Werbeagentur Saatchi & Saatchi, hat eine ganze Populärphilosophie entwickelt, die die Geburt des wirtschaftlichen und künstlerischen Erfolgs aus der Mentalität des Nonkonformismus, des Ausbrechens aus sicheren Routinen und des Etwas-Neues-Wagen feiert. Ausnahmetalente machen den Kampf zu ihrer zweiten Natur. Der 2019 verstorbene frühere Vorstandsvorsitzende von VW, Ferdinand Piëch, war ein „glühender Verehrer der japanischen Herrenmenschen“, Sammler von Samurai-Schwertern und ein begeisterter Segler. Piëch brachte seine Lebensmaxime auf den Punkt mit den Worten „ein Schiff im Sturm […] lieber als Flautensegeln“ (Der Stern 15, 1993, 234).
Manche Zeitgenossen können sich als Singularität vermarkten. Viele inszenieren sich so. Die grosse Mehrheit wird auf ihrem Arbeitsplatz dazu angehalten, nicht aus der Reihe zu tanzen. Höchstens heisst es hier: „Sei originell und bleib konventionell“ sowie „Sei kooperativ und setz’ dich durch“ (Plattner 2000, 48, 64). Gründer, Unternehmer und Manager sind die bürgerlichen Helden. Zugleich trauen sich die meisten den entsprechenden Initiativgeist und Mut zum Risiko nicht zu. Sie meiden das Anarchische, das darin besteht, existierende Gleichgewichte zu stören. Das Vorpreschen mit einer Innovation überfordere sie.
Die Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft stehen im Widerspruch zwischen ihrem Willen nach Sicherheit und Ordnung sowie dem nach Vitalität, zwischen Beständigkeit und Flexibilität, Routine und Risiko. Normale bzw. „kleine“ Bürger fürchten sich vor dem Absturz, der auf den Höhenflug folgen kann. Sie meinen: Wo Erfolg möglich ist, ist auch Misserfolg möglich. Wer sich zu weit vorwage, könne auch alles verlieren. Vielen erscheinen die unternehmerischen Tugenden als charakterliche Fehlentwicklung. Manche erinnern sich an die Bibel: „Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme Schaden an seiner Seele?“ (Matth. 16:26). „Durchschnittliche“ Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft und „Ausnahmetalente“ haben unterschiedliche Vorstellungen davon, was sie für sich selbst als anstrebenswert erachten.
Das Bild von den ausserordentlichen Talenten der Erfolgreichen verdankt sich einer nachträglichen Interpretation des Erfolgs. „Leistung muss sich lohnen“ – dieser Slogan gilt für Märkte nur sehr eingeschränkt. Leistung bildet eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für den Erfolg am Markt. Anstrengen sollen sich alle. Ob das Individuum damit Erfolg oder Misserfolg hat, hängt aber von vielen Faktoren ausserhalb seiner Leistung ab.
„Firmen können bankrottgehen und Beschäftigte ihre Arbeitsplätze verlieren, und das nicht aufgrund mangelhafter Planung oder schlechter Geschäftsgepflogenheiten, sondern aufgrund von Marktturbulenzen, die niemand kontrollieren kann. Anstatt als robuste Mechanismen zur Belohnung von ‚Leistung‘ wirken Märkte oft eher wie brutale Lotterien“ (Wright 2017, 95). Selbst ein so entschiedener Propagandist der Marktwirtschaft wie Hayek bezeichnet den Markt als „gemischtes Glücks- und Geschicklichkeitsspiel“ (Hayek 1981, 163). Wie der jeweilige Teilnehmer auf dem Markt abschneidet, das hängt zum grössten Teil ab von Glück im Sinne von fortuna, also etwas Unberechenbarem, etwas dem Individuum Zufallenden und Zufälligen, über das nicht seine Leistung entscheidet.
Was die Individuen leisten und was auf dem Markt als Leistung gilt, unterscheidet sich. Wer auf Märkten Erfolg hat, rechnet es sich seinen Fähigkeiten, seinem „Riecher“ für Neues und seiner Beharrlichkeit, gegen alle Widerstände an seiner Geschäftsidee festzuhalten, zu. Dass viele genau so vorgehen, aber damit auf die Nase fallen, interessiert diejenigen nicht, die das Bedürfnis verspüren, den Erfolg sich als eigenes Verdienst zuzurechnen.
Das dominierende Gesellschaftsbewusstsein nimmt Ungleichheit häufig nicht als Verstoss gegen Gerechtigkeit wahr und schreibt sie Ursachen zu, die ausserhalb ihres Zuständigkeitsbereichs liegen. Anders als es diejenigen annehmen, die Gerechtigkeit ins Zentrum stellen, bildet Gerechtigkeit keine autonome „Substanz“, die gegenüber der zu beurteilenden Gesellschaft als von ihr unbetroffener Massstab geltend gemacht werden kann. Bei Gerechtigkeit handelt es sich ebenso wenig um einen archimedischen Punkt ausserhalb der Gesellschaft, an dem sich der „Hebel“ zu ihrer Veränderung ansetzen lässt.
Descartes erachtete die Aussage „Ich denke, also bin ich“ für einen solchen Punkt. Viele meinen: „Mir ist Gerechtigkeit besonders wichtig, also bin ich gesellschaftskritisch, sehr viel mehr brauche ich von der Gesellschaft nicht zu wissen.“ Wer das Paralleluniversum nicht verlässt, in dem sich alles um die Gerechtigkeit dreht und deren Sonne nie untergeht, vermag den gegnerischen Auffassungen wenig entgegen zu setzen.
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Literatur
Arden, Paul 2007: Egal, was Du denkst, denk das Gegenteil, Bergisch Gladbach.
Bröckling, Ulrich 2007: Das unternehmerische Selbst, Frankf./M.
Angela Merkel hat sich bei älteren Menschen dafür bedankt, dass sie so viel Verständnis für die Corona-Maßnahmen haben. Tatsächlich sollte die Politik Senioren besser informieren.
Interessantes Phänomen dieser Zeit: Wenn sich die Politik besonders lieb bei einer Gruppe Menschen bedankt, dann steht es um diese Gruppe wahrscheinlich nicht besonders gut. Entweder hat sie mutmaßlich ein Problem mit Rassismus in den eigenen Reihen (Polizei) – oder ihre Bedürfnisse werden strukturell vernachlässigt: systemrelevante Berufsgruppen, Mütter, alte Menschen.
Um alle Genannten ging es in dieser Kolumne in den vergangenen Monaten schon öfter, nur um alte Menschen noch nicht. Nun hat Angela Merkel sich in ihrem Video-Podcast bei alten Menschen dafür bedankt, dass sie so viel Verständnis für die Maßnahmen in der Corona-Pandemie haben.
Meine Großeltern gucken recht selten Video-Podcasts. Ironischerweise war der Tag, an dem Merkels Podcast erschien, derselbe Tag, an dem meine Oma mir sagte, sie würde gern einen Themenvorschlag für meine Kolumne machen: „Der Ausschluss von alten Menschen vom öffentlichen Leben wegen Corona“.
Merkel sagte in ihrem Video, dass alle mithelfen könnten, „um den Älteren unseren Dank auszudrücken – nämlich, indem sie die grundlegenden Corona-Regeln befolgen: Abstand halten, Hygiene beachten, Atemmaske nutzen“. Das stimmt so weit. Aber es stimmt auch, dass die Politik ihren Umgang mit den Älteren optimieren könnte. Dieses „Danke“ wirkt sonst eher wie ein „Ja, schon klar, dass es euch auch noch gibt, aber wir haben gerade anderes zu tun (Konsum ankurbeln, aber nicht euren)“.
Seit die Corona-Pandemie in Deutschland angekommen ist, frage ich mich, wie ausgereift die Krisenkommunikation des Staates ist – und bisher muss man sagen: nicht so ausgereift. Warum ist es möglich, Wahlbenachrichtigungen an alle zu schicken, aber offenbar schwierig, (mehrsprachige) Infos zu verteilen, dass es eine Pandemie gibt und was nun zu tun ist?
Es ist vielleicht schräg in einem journalistischen Text zu erklären, dass man sich auf Journalismus allein nicht verlassen sollte, aber es ist eben leider auch wahr, dass nicht alle Menschen fähig sind, sich aus den Medien die für sie relevanten Informationen herauszusuchen (und dass alte Menschen mit Migrationshintergrund nicht unbedingt ständig deutsche Nachrichten gucken).
Selbst als man noch wenig über das Virus wusste, wären ein paar seriöse Infos von staatlicher Seite sinnvoll gewesen und besser als das, was stattdessen im Umlauf war: Besonders zu Beginn der Coronakrise gab es in der Ü60-WhatsApp-Welt eine Flut von Fehlinformationen, die durch Gruppennachrichten verbreitet wurden – angebliche Hausmittel gegen das Virus, vermeintlich bald geplante Lockdown-Maßnahmen („übermorgen schließen die Supermärkte“), Verschwörungstheorien – die sicherlich auf weniger fruchtbaren Boden gefallen wären, wenn die staatliche Informationspolitik besser gelaufen wäre.
In Berlin ging irgendwann, als die Pandemie schon eine Weile dauerte, ein Brief des Bürgermeisters „an alle Berliner Haushalte“ heraus, theoretisch. Zumindest in meinem Umfeld haben viele den Brief nicht bekommen, der vielleicht spät kam, aber immerhin ein paar Informationen enthielt, einen mehrsprachigen Verweis auf eine Website und ein paar relevante Telefonnummern.
Obern — Satirische spanische Darstellung Ende September 1918: der Soldado de Nápoles liest in der Zeitung vom gutartigen Charakter der Krankheit und gleichzeitig, dass der Platz auf den Friedhöfen ausgeht
Lorenzo Aguirre – El Fígaro
The Naples Soldier (metaphor for the Spanish Flu in Spain). Artist: Lorenzo Aguirre. Source: El Fígaro, Sept. 25, 1918
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Das Stuttgarter Krisenbündnis ruft am Samstag, 18. Juli, zu einer Demonstration in der Stuttgarter Innenstadt auf. Beginn ist um 14 Uhr am Marienplatz.
Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, der Klimabewegung, Parteien, Kulturschaffenden und politischen Gruppen hat sich zusammengeschlossen, um für eine solidarische Bewältigung der Krise einzutreten und Entlassungen, Lohnkürzungen und dem Abbau sozialer Rechte eine klare Perspektive entgegenzusetzen.
„Die Corona-Pandemie beschleunigt eine der größten Weltwirtschaftskrisen der Geschichte“, sagt Miriam Möller, Pressesprecherin des Stuttgarter Krisenbündnisses. Die spürbare Folgen seien Entlassungen, Lohnkürzungen und Sozialabbau. Doch der Kern des Problems sei ein anderer: „Der Auslöser ist der Virus, die Ursache der Kapitalismus“, so Möller.
ie bisherige Antwort auf die Bewältigung der Krise sei die Stabilisierung des Wirtschaftssystems mit enormen Summen, wie mit den aktuellen Konjunkturpaketen deutlich werde. Auch wenn diese Maßnahmen als Unterstützung für Familien und „kleine Betriebe“ verkauft würden, so seien sie doch massive Subventionsprogramme für Reiche und würden mittelfristig zu einer Verschärfung sozialer Ungleichheit führen, heißt es von Seiten des Bündnisses.
Miriam Möller macht deutlich: „Hier wird eine massive Umverteilung von unten nach oben organisiert. Es ist klar, wer für diese Maßnahmen zahlen muss und wer nicht. Reiche werden noch reicher, während sich immer mehr Menschen in existenzieller Not befinden und sorgenvoll auf die nächsten Monate blicken. Gleichzeitig kassieren Konzerne Milliarden Steuergelder, schütten Dividenden und Boni aus und betreiben gleichzeitig Personal- und Sozialabbau.“
Es gehe jetzt darum, das nicht hinzunehmen. Das Krisenbündnis fordert: Lasst die Reichen für die Krise bezahlen. Sie hätten in den letzten Jahren von Privatisierungen, Niedriglohn und einer ungerechten Steuerpolitik massiv profitiert. „Wir müssen jetzt nach vorne kommen und eine solidarische Zukunft durchsetzen. Wir wollen einen sozial- und klimagerechten Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Dies ist jedoch nur mit einem starken und sichtbaren Widerstand möglich. Deshalb werden wir am 18. Juli auf die Straße gehen“, erklärt Miriam Möller abschließend.
Weitere Informationen zu den Beiträgen auf der Demonstration erhalten Sie zeitnah in einer weiteren Pressemitteilung.
Für Rückfragen steht Ihnen die Pressesprecherin des Bündnisses zur Verfügung. Nach Möglichkeit stellen wir auch gerne den Kontakt zu Menschen her, die im Besonderen von der Krise betroffen sind bzw. mit diesen Menschen arbeiten (z.B. aus den Bereichen Gastronomie oder Pflege).
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Grafikquelle : Kaiserbau, Stuttgart, Marienplatz. Entworfen wurde der Kaiserbau von den Architekten Alfred Woltz und Georg Friedrich Bihl (1847–1935). Nach letzterem ist der Bihlplatz benannt. Bauherren waren die Gebrüder Henninger, Dekorationsmaler. Das hat Wolfgang Jaworek, Mitglied der Geschichtswerkstatt Süd, recherchiert. Seinen Namen erhielt der Kaiserbau, weil dort, so steht es laut Jaworek in einem Adressbuch von 1914, die Firma Kaiser eines der ersten Automatenrestaurants Deutschlands betrieben hat, also ein Schnellrestaurant mit Sitzplätzen, in dem in Automaten Essen und Trinken angeboten wurde. Der 1911 erbaute Kaiserbau wurde 2012 an die in Berlin und Stuttgart ansässige Copro-Gruppe von der Landesbank Baden-Württemberg verkauft. Der fünfgeschossige Kaiserbau besteht aus fünf Gebäuden und hat eine Gesamtmietfläche von etwa 6260 Quadratmetern. Diese verteilen sich auf 41 Wohnungen, acht Gewerbe- und Büroeinheiten sowie Archivflächen. Langfristig ist der Ausbau des Dachgeschosses angedacht, die Archivflächen sollen zu Büros oder Wohnungen umgebaut werden.
Ein System zur Rechtfertigung ökonomischer Unterdrückung
Von Susan Arndt
Rassismus war immer auch ein System zur Rechtfertigung ökonomischer Unterdrückung. Seine Ideengeschichte begann bereits in der Antike und fand in der Aufklärung eine globale Legitimation, die bis heute fortwirkt.
Deutschland hat ein Rassismusproblem – und ein Problem mit Rassismus. Er ist einerseits allgegenwärtig, andererseits wird er lautstark beschwiegen.
Manche wagen sich so weit vor, von Ausländer- oder Fremdenfeindlichkeit zu sprechen. Doch weder geht es um Feindlichkeit noch um Ausländer*innen. Weiße Dän*innen haben hierzulande weniger Probleme als Afrodeutsche. Obwohl People of Colour Rassismus ausgesetzt sind, kenne ich mehr Leute, die sich über Rassismusdebatten empören, als Menschen, die sich über Rassismus empören. Rassismus habe es im Nationalsozialismus gegeben und in der Apartheid, vielleicht gäbe es Rassismus in den USA, aber in Deutschland? Heute?
Ich kenne mehr Leute, die angeblich schon längst alles über Kolonialismus gesagt haben, als Menschen, die sich fragen, was das noch heute mit ihnen und allem zu tun habe. Ich kenne mehr Menschen, die behaupten, dass Deutschland nur ganz kurz mal Kolonialmacht war (immerhin länger als der Nationalsozialismus), als Menschen, die wissen, dass Deutschland mehr als einen Genozid beging und sich nicht für alle entschuldigte.
Ich kenne mehr Menschen, die Kant und Hegel als Leuchtfeuer der Zukunft zelebrieren, als solche, die wissen, dass Kant das Konzept „Rasse“ nach Deutschland trug, um, wie Hegel, Sklaverei und die Tötung von Schwarzen zu rechtfertigen. Und ich kenne mehr Menschen, die sich über Political Correctness empören, als Menschen, die sich an rassistischen Begriffen stören.
„Minstrel-Show“ im Deutschen Fernsehen
Am 27. Januar 2013 stellte sich der Literaturkritiker Denis Scheck für seine Sendung „Druckfrisch“ ins Erste Deutsche Fernsehen. Er hatte sein Gesicht mit brauner Farbe bemalt, seine Lippen mit breiter roter Farbe überpinselt und weiße Handschuhe getragen. Und wozu stellte er sich mit diesem Outfit in die Tradition der Minstrel Shows, bei denen Schwarze verhöhnt wurden? Er stritt darum, dass das N-Wort in den Pippi Langstrumpf-Romanen stehen bleiben müsse.
Mal abgesehen davon, dass das Buch in Schwedisch geschrieben wurde und Übersetzungen davon leben, sich neuen Zeiten anzupassen: Warum streitet ein erwachsener Mann dafür, dass in einem Kinderbuch ein rassistisches Wort steht?
Scheck weist zurück, rassistisch zu sein. Er nimmt sogar für sich in Anspruch, gegen Rassismus zu sein. Ich bin nicht rassistisch, weil ich nicht rassistisch sein will, und weil ich nicht rassistisch bin, muss ich mich damit nicht auseinandersetzen. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Ende der Auseinandersetzung mit Rassismus. Und so strahlt er aus der Gegenwart in die Zukunft hinein.
So etwa lief es auch in der DDR, die auf dem Gründungsmythos aufbaute, antifaschistisch zu sein. Ich bin gegen Rassismus. Das sang ich als Einschlaflied im Kindergarten.
Als ich dann mit 20 Jahren eine Anzeige aufgeben wollte, weil ein Berliner Kneipenbesitzer ein „N dürfen hier nicht rein“-Schild in sein Fenster stellte, wurde ich mit den Worten abgewiesen, dass es in der DDR keinen Rassismus gebe und ich es deshalb nicht anzeigen könne.
Schon Aristoteles rechtfertigte Sklaverei
Auch das Grundgesetz regelt seit 1949, dass Rassismus verboten ist. Doch obwohl die UNO schon in den 1940er Jahren feststellte, dass es keine „Rassen“ gibt, steht das Wort „Rasse“ dort und in fast allen Antidiskriminierungsgesetzen. In Berlin heißt es neuerdings, dass „kein Mensch … aufgrund … einer rassistischen Zuschreibung“ diskriminiert werden darf. Rassismus wird beim Namen genannt – und das sollte auch mit seiner langen Geschichte geschehen.
Der Begriff Rassismus wurde erstmalig in den 1930er Jahren von Magnus Hirschfeld verwendet. Ihm ging es darum, die nationalsozialistische „Rassen-Ideologie“ zu widerlegen. Darauf baut die Rassismusforschung auf. Sie zeigt, dass Rassismus weder vom Nationalsozialismus erfunden wurde noch mit ihm ein Ende fand. Doch wann beginnt diese Geschichte?
Sie lässt sich bis in die griechische Antike zurückverfolgen. Aristoteles war der erste, der eine Theorie der Sklaverei entwarf und zum Schluss kam, sie sei gerecht. Er begründete dies aus körperlichen Konstitutionen heraus, die sich mental auswirkten.
Nur der griechische Mann sei vernunftbegabt, griechische Frauen* könnten sie verstehen, Sklaven aber, er nennt sie auch „Barbaren“, die könnten nicht mal das und seien daher, auch wegen ihres Körperbaus, in der sozialen Ordnung am besten als Werkzeuge aufgehoben.
Klimatheoretisch sortierte Hautfarben sind bereits in der Antike wichtige Differenzkriterien für Religion, Raum, Geschlecht und entsprechenden Kartierungen von Über- versus Unterlegenheit. Dabei galt Schwarz als Farbe des Animalischen und Bösen und wurde räumlich an Äthiopien als Afrika ohne Ägypten gebunden. Weiß dagegen wurde ambivalenter erzählt: als physischer Marker für Perser*innen und Skyth*innen, aber auch für griechische Frauen* und Philosophen.
Im christlich geprägten Mittelalter blieb Schwarz die Farbe des Animalischen und Diabolischen, wobei sie nichtchristliche Religionen und Räume im heutigen Afrika und Asien markierte. Weiß dagegen avancierte zur Farbe christlicher Überlegenheit und ihrem geografischen Raum, dem heutigen Europa. Dieses Narrativ lag abrufbereit, als 1492 eine neue Weltordnung entstand.
Die Lüge der Entdeckung
Viele kennen 1492 als Jahr, in dem Columbus die „Neue Welt“ „entdeckte“. Doch wie kann eigentlich jemand etwas „entdecken“ oder als „neu“ bezeichnen, das Menschen bereits bekannt war? „Entdecken“ ist letztlich nichts als ein Euphemismus für Eroberung und mehr als ein sprachlicher Lapsus.
Diese Bezeichnung bildet ab, dass die amerikanischen Räume zwar weder neu noch leer waren; jedoch menschenleer gemacht wurden, um sie als „neu“ deklarieren zu können.
Durch Genozide. Spanien und Portugal und bald auch andere europäische Kolonialmächte griffen gewaltvoll auf amerikanische, afrikanische und asiatische Territorien zu – und deren Ressourcen.
Um sie zu gewinnen, benötigte die amerikanische Plantagenwirtschaft Arbeitskräfte. Ab dem frühen 16. Jahrhundert wurden daher Millionen von Afrikaner*innen in die Amerikas deportiert. Insgesamt erreichten rund 18 Millionen das Festland, während nochmals etwa 18 Millionen auf dem Seeweg starben. Widerständige, Kranke und Leichen wurden einfach über Bord geworfen.
Die Vermessung von Schädeln diente ab dem 18. Jahrhundert als Grundlage für „Rassentheorien“: hier der von Immanuel Kant.
Zum Gesamtbild dieses Verbrechens gehört es, dass afrikanische Gesellschaften über Jahrhunderte hinweg traumatisiert und ihrer jungen Generationen beraubt wurden, wodurch sie nachhaltig sozial und ökonomisch geschwächt wurden.
Diese gestohlenen afrikanischen Arbeitskräfte in den kolonial erbeuteten Ländern schulterten, zusammen mit lokal ausgebeuteten Arbeiter*innen, die Industrielle Revolution im Globalen Norden. Eben das benennt das Wort Maafa, das aus dem Kiswahili als Katastrophe, Desaster, große Tragödie zu übersetzen ist. Die Krise der einen ist das Paradies der anderen.
Je mehr Natur, desto weniger Mensch
Wie aber waren die Genozide an den indigenen Bevölkerungen und die Maafa mit dem Zeitgeist der Renaissance und seinem Humanismus zu vereinbaren? Gar nicht. Und deswegen wurde im frühen 16. Jahrhundert das Konzept „Rasse“ aus dem Tier- und Pflanzenreich auf Menschen übertragen: Um Europas koloniale Gewalttaten zu „legitimieren“ und als Akt der Zivilisierung der Welt zu verkaufen. Dazu musste den First Nations in den Amerikas und den Afrikaner*innen das Menschsein abgesprochen werden, denn: Wer kein Mensch ist, dem konnte auch kein Humanismus zuteil werden.
Dafür wurde zum einen die Formel der humanistischen „chain of being“ aufgerufen: je mehr Natur, desto weniger Mensch, also anderen unterlegen; je mehr Kultur, desto mehr Mensch, also anderen überlegen. Dieser Grundgedanke wurde zum anderen durch die Visualisierung von „Rasse“ durch „Hautfarbe“ manifestiert.
Die etablierte christliche Farbsymbolik hielt dazu ein verlockendes Angebot bereit: Schwarz steht für das Teuflische, Animalische, Böse. Weiß dagegen für das Göttliche, Überlegene, Gute. Von hier war es nur ein kleiner Schritt zu der ebenso simplem wie fatalen Logik: es gibt eine „weiße Rasse“ – und diese ist allen anderen überlegen. Das erforderte einen krassen Abstraktionsprozess; menschliche Komplexionen bewegen sich in Nuancen verschiedener Beige- und Brauntöne und niemand war je weiß oder schwarz.
Unten — Esquelete de muller adulta que corresponde a unha sepultura realizada con tegulae (tellas planas) e con cuberta de forma triangular. Presentaba unha orientación leste-oeste, a cabeza ao poñente e carecía de enxoval. A muller, duns 20-25 anos, mediría unhs 160 cm de altura. Era de raza branca, se ben o ángulo do perfil facial corresponde a unha identidade negroide, polo que se podería pensar nunha probábel orixe norteafricana. A sepultura estaba situada na actual Rúa Real nº9 da Coruña.…
Interessant ! Vielleicht lesen wir schon Morgen hier: Oberstes „Schland-Gericht“ ordnet an: Merkels Partei wird in naher Zukunft von der ehemaligen SED übernommen. Wegen unzulässiger Freiheit-Beraubung zu Corona-Zeiten!
Venezuela: Oberstes Gericht ordnet an :
1.) Übernahme von Guaidós Partei
Der Oberste Gerichtshof in Venezuela hat verfügt, dass die Partei des Oppositionsführers Juan Guaidó unter neue Führung gestellt wird. Der Gründer und Parteichef der Voluntad Popular, Leopoldo López, werde ersetzt, teilten die Richter mit. Ihm soll José Gregorio Noriega nachfolgen, ein Abgeordneter, der im vergangenen Jahr aus der Partei geworfen worden war, weil er angeblich mit Präsident Nicolás Maduro zusammenarbeitete und Bestechungsgelder kassierte. Im gespaltenen Venezuela kontrolliert Maduro nach wie vor wichtige Institutionen wie Justiz und Militär. Die Opposition hat zwar die Mehrheit in der Nationalversammlung, diese wurde aber von Maduro entmachtet. Anfang Dezember soll das Parlament neu gewählt werden. Vor wenigen Wochen hatte der Oberste Gerichtshof auch zwei weitere Oppositionsparteien unter neue Führung gestellt. Kritiker werfen Maduro vor, damit den Anschein einer demokratischen Wahl wahren und die Wähler an den Urnen täuschen zu wollen. Diese würden dann bei der Wahl die ihnen bekannten Namen der Oppositionsparteien sehen, aber möglicherweise nicht wissen, dass dort mittlerweile Anhänger des Präsidenten das Sagen haben.
Hat je ein/e Staatschef-In Reue nach einen Mord gezeigt? Im Gegenteil sie wurden anschließend, wie bereits zuvor in anderen Ländern, mit Militärischen Ehren empfangen und durfte auf roten Teppichen frei ausreisen um weitere Verbrechen vor zu bereiten. Was bedeuten Gerichte für Politiker: Nicht einmal Peanuts !!
Urteil erwartet
2.) Täter im Weizsäcker-Mordprozess ohne Reue
Der mutmaßliche Mörder des Berliner Arztes Fritz von Weizsäcker zeigt bislang keine Reue. Fast acht Monate nach der Tag neigt sich der Mordprozess vor dem Berliner Landgericht nun dem Ende zu. Ein zentraler Punkt in dem Verfahren ist die Schuldfähigkeit des Mannes. Vor acht Monaten wird der Berliner Chefarzt Fritz von Weizsäcker bei einem Vortrag erstochen. Der mutmaßliche Täter Gregor S. kann noch vor Ort überwältigt werden. Nun geht der Prozess gegen den Mann in die Schlussphase. Für heute sind die Plädoyers und auch die Verkündung eines Urteils vorgesehen. Allerdings ist offen, ob die Verteidiger noch einen Antrag im Zusammenhang mit dem psychiatrischen Gutachten über den Angeklagten stellen werden. Der 57-Jährige hatte von „Befangenheit“ gesprochen. Dem Sachverständigen zufolge war er wegen einer psychischen Erkrankung bei der Tat in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert.
Ja, wenn in den Parteien nur ein wenig die Freiheit der Gedanken genutzt würden, sähen die Mitläufer-Innen völlig andere Gesichter. Frei von Fanatismus zu den verkalkten Institutionen.
Büchnerpreis für Elke Erb:
3.) Da öffnet sich was
Elke Erb, die stets auf dem Eigensinn der Lyrik beharrte, bekommt den Büchnerpreis. Damit wird die Vielfalt der deutschsprachigen Literatur gewürdigt. Ein Schatz ist die deutschsprachige Literatur. Ein Reservoir an Schreibweisen und Denkmöglichkeiten, an Haltungen zu Sprache und Gesellschaft. Viel gibt es da zu entdecken. Zum Beispiel die Autorin Elke Erb, die ein Leben lang in beiden deutschen Staaten die Sprache auf ihre Funktionen abgeklopft hat und jetzt zu Recht den wichtigen Büchnerpreis bekommen wird. Aber, Elke Erb? Man kann dieser Autorin viel Gutes nachsagen, aber nicht, dass sie zuletzt breitenwirksame Debatten losgetreten hätte. Doch man sollte die Relevanz von Literatur nicht an ihrer Debattenlautstärke messen. Das, was Elke Erb schreibt, verhält sich zur öffentlichen Debatte in etwa so wie die Grundlagenforschung zur Breitenanwendung.
Ach ja, was ist denn schon ein „Landrat“ ? Nicht mehr als ein Erbsenzählender Stimmfänger für seine Partei, welcher sich auf den politischen Meriten seines Vorahnen ein sorgefreies Leben macht ? Einen Huster von Clemens und der Kreis bekommt eine Lungenentzündung ?
Wieder mehr Freiheiten im Kreis Gütersloh
4.) RUF NACH NACHBESSERUNGEN
Der Corona-Ausbruch in der Fleischfabrik Tönnies ist eingedämmt, die massiven Beschränkungen im Kreis Gütersloh sind aufgehoben. Doch wann und wie Deutschlands größter Schlachthof wieder an den Start gehen kann, ist weiter offen. Nach der Aufhebung der Corona-Einschränkungen im Kreis Gütersloh ringen die Behörden mit dem Unternehmen Tönnies weiter um das Hygienekonzept für die Wiederaufnahme des Schlachtbetriebs in Deutschlands größtem Schlachthof. Das vom Unternehmen vorgelegte Konzept gehe „in Teilen in die richtige Richtung, erfüllt aber noch längst nicht alles, was erforderlich ist“, sagte Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU).
Hm. – erschallt nun der verspätete Ruf nach Rita Süssmuth erneut? Siehe das Foto der versammelten Ballet-(Traum)-Tänzer-Innen !
NACH ZÄHEM RINGEN
5.) CDU führt Frauenquote von 50 Prozent ein
Die CDU will ab 2021 eine verbindliche Frauenquote bei Vorstandswahlen einführen. Sie soll bis 2025 in drei Stufen auf 50 Prozent steigen. Auch für die Listenplatz-Vergabe bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen soll es eine ähnliche Regelung geben. Allerdings sind nur 26 Prozent der Christdemokraten Frauen. Die geplante Regelung ist nicht unumstritten. Die CDU-Spitze hat sich auf eine verbindliche Frauenquote geeinigt. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwochmorgen nach einer elfstündigen Beratung der Struktur- und Satzungskommission der Partei berichtete, sieht der Kompromiss die Einführung und stufenweise Anhebung einer Frauenquote vor. Demnach soll ab 1. Januar 2021 für Vorstandswahlen ab Kreisebene eine Frauenquote von 30 Prozent, ab 2023 von 40 und ab Jahresanfang 2025 von 50 Prozent gelten. Die Regelung soll für Gruppenwahlen von Vorständen etwa für stellvertretende Vorsitzende und Beisitzer gelten. Eine ähnliche Regelung ist für die Aufstellung von Listenplätzen bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen geplant. Von der Frauenquote soll nur dann abgewichen werden können, wenn nicht genügend weibliche Bewerber kandidieren. Die endgültige Entscheidung über die Frauenquote in der CDU soll der für Anfang Dezember geplante Bundesparteitag in Stuttgart treffen.
Benötigt nicht eine jede politische Führung ihre persönlichen Mördertruppen sowohl nach Innen als nach Außen? Wo kämen denn die Politiker-Innen hin, müssten sie alle ihre Streitigkeiten selber ausfechten ?
Streit um Dienstpflicht
6.) Es geht nur freiwillig
Rückkehr der Wehrpflicht? Deutschlandjahr für alle? Junge Leute sollen mehr für die Gemeinschaft leisten. Aber die Lösung kann nur freiwillig sein. Zeigt nicht die Coronakrise, wie wichtig Engagement für die Gesellschaft ist? Schon lange wurde nicht mehr so intensiv über Solidarität und mehr Wertschätzung diskutiert. Es wird in der Krise aber auch lautstark nach dem Staat gerufen, er soll möglichst allen von den Verwerfungen Betroffenen helfen. Schon John F. Kennedy sagte in seiner Antrittsrede als US-Präsident: „Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann – fragt, was ihr für euer Land tun könnt.“ Die von der Wehrbeauftragten Eva Högl angestoßene Debatte über die Wiedereinführung der Wehrpflicht zielt zwar in die falsche Richtung und entsprechend ist das Echo. Aber richtig ist, dass es dringend eine Debatte braucht, wie mehr junge Leute wieder für einen Dienst für die Gesellschaft gewonnen werden können. Nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch in Pflege- und Altenheimen, im Umweltschutz und bei der Feuerwehr.
8 weitere umstrittene Organisationen, für die Sigmar Gabriel arbeitete:
7.) Nach Tönnies und Deutscher Bank:
Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank, ein Beratervertrag bei Tönnies – die Liste der umstrittenen Firmen, bei denen Sigmar Gabriel auf der Gehaltsliste steht oder stand, wird immer länger. Dabei handelt es sich nicht um die einzigen Jobs des Ex-SPD-Chefs, die zu denken geben. Der Postillon hat recherchiert, bei welchen umstrittenen Firmen Gabriel noch alles angeheuert hat, und präsentiert sie gemeinsam mit seiner jeweiligen Stellungnahme: