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RENTENANGST

Archiv für Juni 10th, 2020

Achtung, Anarchisten!

Erstellt von Redaktion am 10. Juni 2020

Trump hat keine Ahnung wovon er redet

Matthias Laurenz Gräff - "Trump. The Killing Machine".jpg

Von Illja Trojanow

Donald Trump wütet gegen die Protestbewegung in seinem Land, diffamiert sie als anarchistisch. Er hat nur keine Ahnung, wovon er redet.

ANARCHISTS!“, schimpfte Donald Trump auf Twitter, kaum waren die Proteste gegen den Mord an George Floyd ausgebrochen. Es ist verwunderlich, dass der Präsident so genau über die politischen Überzeugungen der überwiegend Mund-und-Nasen-Schutz tragenden Demonstranten Bescheid wusste (was für eine Ironie, dass quasi über Nacht das Vermummungsverbot in ein Maskierungsgebot umgewandelt wurde). Es verwundert aber nicht, dass er just diesen Begriff verwendete. Seit je wird der Anarchismus, angeblich ein weltfremder Unsinn, auf diese und ähnliche Weise diffamiert, um sich nicht ernsthaft mit einer wichtigen politischen Weltanschauung beschäftigen zu müssen. In mediengängigen Formulierungen wie etwa: „In Somalia herrscht Anarchie.“

Genauer besehen ergeben solche Zuschreibungen wenig Sinn. Anarchie bedeutet im Griechischen „ohne Herrschaft“, doch die derart bezeichneten Verhältnisse leiden meist nicht an zu wenig, sondern an zu viel Herrschaft. In Somalia etwa an der Allmacht der Warlords und der fanatischen Al-Shabaab-Sekte. Wenn also von „Anarchisten“ gesprochen wird, die auf nächtlichen Straßen „wüten“, ist vielmehr beabsichtigt, diese Menschen als gesetzlose Vandalen abzutun. Als Barbaren also. Als Feinde der Zivilisation, die bekämpft oder gar vernichtet werden müssen. Jene, die um ihre Rechte kämpfen, werden nach althergebrachten Mustern entrechtet, was ihren Protest erst recht rechtfertigt.

Präsident Trump dürfte sich mit Anarchismus genau so wenig beschäftigt haben wie mit Sozialismus oder Liberalismus. Hätte er auch nur einige Seiten von, sagen wir, Michail Bakunin oder Emma Goldman, Erich Mühsam oder Murray Bookchin gelesen, wäre er erstaunt, dass Anarchismus nicht die Plünderung eines Foot-Locker-Ladens (schicke Sneakers!) bedeutet, sondern das Streben nach größtmöglichem Gemeinwohl bei größtmöglicher individueller Freiheit. Also das Gegenteil von neoliberaler Ausbeutung und polizeilicher Willkür. Gewiss, es gibt auch im Anarchismus viele Strömungen, aber eines haben sie doch gemein: Solidarität als gesellschaftliches Grundprinzip, nicht Konkurrenz und Rivalität. Anders formuliert: Denkt man die Losungen der Französischen Revolution sowie die Allgemeinen Menschenrechte logisch zu Ende, landet man beim Anarchismus, nicht bei Donald Trump oder einer Polizei, die BürgerInnen umbringt. Letzteres verstößt natürlich gegen das Recht, nicht nur das national kodifizierte, sondern das universell humane. Die Rechtlosen sind somit nicht die als gesetzlos beschimpften Protestierenden, sondern jene, die andere Menschen misshandeln, foltern oder gar töten.

Wäre dies ein Einzelfall, könnte man die jetzige Rebellion als übertriebene Reaktion erachten. Aber es handelt sich nicht um eine Ausnahme, sondern um eine weitere unter vielen individuellen Tragödien. Im Jahr 2016 wurden in den USA 1.093 Menschen von der Polizei getötet (vergangenes Jahr 1.042). Der Guardian machte sich vor einigen Jahren die Mühe, diese Fälle zu dokumentieren (zu finden unter „The Counted“), und die Lektüre der kurzen Nachrufe ist herzzerreißend. Die Opfer sind psychisch kranke Nackte, traumatisierte Veteranen, gläubige Rentner, deren Kruzifix als Waffe angesehen wurde, wegen einer Bagatelle Verhaftete, die getasert wurden und keine medizinische Betreuung erhielten, fälschlich Beschuldigte.

Quelle       :           TAZ        >>>>>          weiterlesen

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Oben      —       —       Matthias Laurenz Gräff, „Trump. The Killing Machine“, oil on canvas, 60×80 cm, 2017———– Permission link – Website Matthias Laurenz Gräff https://www.matthiaslaurenzgraeff.com/kontakt/

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  • File:Matthias Laurenz Gräff – „Trump. The Killing Machine“.jpg
  • Created: 2017-08-30 15:33:45   

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Die ignorierten Armen

Erstellt von Redaktion am 10. Juni 2020

Corona: Die ignorierten Armen

File:Wohnungslosigkeit.jpg

von Annett Mängel

Die Coronakrise bedeutet für viele Bundesbürger enorme finanzielle Härten. Um diese zumindest etwas abzufedern, verabschiedete der Deutsche Bundestag Mitte Mai bereits ein zweites Sozialpaket. Allerdings gibt es nach wie vor einen blinden Flecken: Die Ärmsten der Armen tauchen lediglich am Rande auf.

Bereits im März hatten die Abgeordneten in einem beispiellosen Schnellverfahren zahlreiche Hilfen für Menschen beschlossen, die aufgrund der Krise in finanzielle Nöte geraten sind: Die Regelungen zum Kurzarbeitergeld wurden gelockert; bei Anträgen auf Hartz IV wird vorerst auf die Vermögensprüfung verzichtet und auch nicht überprüft, ob die Wohnungsgröße angemessen ist. Familien mit geringem Einkommen erhalten leichter den Kinderzuschlag in Höhe von monatlich bis zu 185 Euro pro Kind; Rentner können ohne Anrechnung auf ihre Rentenzahlung mehr hinzuverdienen; und schließlich können Eltern, die während geschlossener Kitas und Schulen keine anderen Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder finden, in besonderen Fällen für bis zu sechs Wochen einen Lohnersatz in Höhe von bis zu 2016 Euro erhalten.

Ein warmes Mittagessen, das war‘s

Nun wird mit dem zweiten Sozialpaket das Kurzarbeitergeld auf bis zu 87 Prozent des ursprünglichen Nettolohns erhöht; wer in Kurzarbeit ist, darf bis zu seinem vollem Lohn Geld dazuverdienen; Arbeitslose erhalten bis Ende des Jahres drei Monate länger Arbeitslosengeld (ALG I) und rutschen damit nicht so schnell in Hartz IV. Damit ist fürs erste vielen Menschen geholfen – aber die, die schon jetzt am wenigsten haben und mit am stärksten unter den Einschränkungen der vergangenen Wochen leiden, werden kaum bedacht: Kinder und Jugendliche, die auf „existenzsichernde Leistungen“ angewiesen sind, also Hartz IV erhalten, sollen lediglich wie vor der Pandemie wieder ein kostenloses warmes Mittagessen erhalten. Auch dann, wenn ihre Kitas und Schulen eigentlich geschlossen sind. Doch wie genau das sichergestellt werden soll, ist unklar.

Immerhin scheint der Großen Koalition nun aufgefallen zu sein, dass es mit der „Existenzsicherung“ des Hartz-IV-Regelsatzes nicht weit her ist, auch wenn sie das nach wie vor nicht offen zugibt: Für Erwachsene sieht dieser lediglich fünf Euro pro Tag für die gesamte Verpflegung samt Getränken vor, für bis zu fünfjährige Kinder nicht einmal drei, für bis zu 14jährige vier Euro. Eine ausgewogene Ernährung ist davon selbst in normalen Zeiten nicht zu bezahlen – und in der Coronakrise schon gar nicht.

Denn durch die Kita- und Schulschließungen mussten die Familien das bislang zusätzliche kostenlose Mittagessen selbst zubereiten, ohne dass ihnen dafür mehr Geld zur Verfügung steht. Sie mussten also mehr einkaufen – während gerade zu Beginn der Corona-Maßnahmen die Hamsterkäufer in den Läden bevorzugt die Regale mit den preiswerten Produkten leerten. Viele, die bei ihren Einkäufen auf jeden zusätzlichen Cent achten müssen, waren deshalb gezwungen, tiefer in die Tasche zu greifen – und waren ihr Geld lange vor dem Monatsende los.

Schließlich verschärfte sich deren Situation noch dadurch, dass landesweit die Tafeln schlossen, die sonst armen Menschen für einen symbolischen Euro zusätzliche Lebensmittel anbieten, insbesondere Obst und Gemüse, das für viele ansonsten unerschwinglich wäre, aber auch Hygieneartikel.[1] Im Zuge der Corona-Maßnahmen mussten nach und nach alle Tafeln ihre Arbeit einstellen: Weil Restaurants geschlossen hatten und die Supermärkte fast alle Waren verkauften und daher keine Lebensmittel mehr spendeten, blieben die Lieferungen aus und es gab schlicht nichts mehr zu verteilen. Viele Tafeln werden personell zudem vor allem von Rentnerinnen und Rentnern getragen, die nun zur Risikogruppe zählen und aus Vorsicht den Kontakt mit anderen Menschen vermeiden. Dass diese zusätzliche Versorgung wegfiel, traf Hartz-IV-Bezieher, aber auch arme Rentnerinnen und Rentner sowie Geringverdiener hart.

Ungehörter Ruf nach Unterstützung

Aufgrund dieser für viele arme Menschen gravierenden Notlage gab es bereits im März erste Forderungen nach einer temporären Erhöhung von Sozialleistungen, die Anfang Mai in einer gemeinsamen Stellungnahme der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Paritätische Gesamtverband und weitere bundesweite Organisationen im Vorfeld der Bundestagsabstimmung zum zweiten Sozialpaket bestärkten.[2] Doch die Betroffenen und ihre Fürsprecher blieben ungehört – eine selbst nur temporäre Erhöhung der Grundsicherung lehnten die Regierungsparteien wiederholt ab.

Dabei monieren Sozialverbände seit Jahren, dass die Berechnungen des Hartz-IV-Satzes unzulänglich sind und die „Grundsicherung“ höchstens gerade so zum Überleben reicht, aber beileibe nicht zur Teilhabe am sozialen Leben.[3] Die derzeitige Krise offenbart dies durch den Wegfall der ehrenamtlichen Versorgungsstrukturen nur einmal mehr und besonders drastisch.

Doch offensichtlich wollen die Regierungsfraktionen gerade angesichts der in diesem Jahr wieder anstehenden Neuberechnung des Regelsatzes nicht eingestehen, dass eine Erhöhung ganz grundsätzlich und unabhängig von Corona nötig wäre. Die anhaltende Abwehr ist bitter für die Armen – und eine fatale Aussicht für all jene, die in der Coronakrise ihren Arbeits- oder Ausbildungsplatz verlieren und dann auch auf Hartz-IV angewiesen sein könnten.

Quelle         :          Blätter          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben      —         Obdachloser auf Parkbank

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Unten      —          Obdachloser mit transfunktionalisiertem und transformiertem Einkaufswagen in Paris.

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Versuch der Subjektivierung

Erstellt von Redaktion am 10. Juni 2020

 Die Aktualisierung Goethe’scher Wissenschaftslehre

File:Johann Friedrich Bury, Johann Wolfgang von Goethe in seinem italienischen Freundeskreis.jpg

Quelle       :         untergrund-blättle  CH.

Von Richard Albrecht

Die Aktualisierung Goethe’scher sensualer Wissenschaftslehre als Dimension sozialwissenschaftlicher Erkenntnis. Johann Wolfgang Goethe war klug, als er Sturm und Drang nicht nachgab und sein 1792 geschriebenes wissenschaftsmethodisch-dialektisches Traktat über den Versuch als Mittler zwischen Objekt und Subjekt nicht veröffentlichte.

Goethe machte seinen Text erst Jahre später, als End-vierziger, 1798 Friedrich Schiller (1759-1805) als seinem vertrauten Weggefährten zugänglich. Und Goethe war noch klüger, als er, als Mittsiebziger an der Schwelle zum Greisenalter, seinen Text erst 1823 erstdrucken liess.

Der klügste Schachzug des alten Goethe freilich war, dass er weder auf die Physik als Wissenschaft von der Struktur und den Bewegungsgesetzen der nicht belebten Materie noch auf Isaak Newton (1643-1727) als Begründer der modernen mathematischen Physik und physikalischen Astronomie im generellen und schon gar nicht speziell auf dessen Farbenkreisel einging. Sondern dass er im Text nur allgemeinantipodisch auf seine eigene „Lehre des Lichts und der Farben“ verwies. Auch dies lässt sich als didaktischer Hinweis des literarischen Klassikers und sensualen (Natur-) Wissenschaftlers als eine seiner Grundüberzeugungen lesen: Naturerscheinungen lassen sich weder auf Kern und Schale zurückführen noch jemals vollständig berechnen …

I.

Veröffentlichungen des österreichischen Fachphilosophen und kybernetischen Systemtheoretikers Peter Heintel (*1940) erinnern sowohl an die (hier nur kurz angesprochene) klassische Grundthese Goethes als auch an die grundlegende Subjekt-Objekt-Problematik.

Der Klagenfurter Lehrstuhlprofessor kritisiert(e) aus kritischer Sicht einen alternativlos erscheinenden Status Quo mit seinen objektivierten Systemimperativen und plädierte zugleich, auch als Beitrag zur theoretisch-sozialphilosophischen und praktisch-sozialwissenschaftlichen Forschung, für Brüche mit diesem hermetischen Objektivismus durch grundlegende Subjektivierung gemeinsam mit Wilhelm Berger (1989) grundlegend auf einer allgemeinen sozialphilosophischen Ebene: „für die Philosophie genügt es nicht, beim Nichts angelangt zu sein.

Man braucht neue Sicherheiten und Verbindlichkeiten und eine neue Organisationswahrheit“; systemtheoretisch (1988) für ein neues historisches, gegen alle Entsubjektivierung(en) kämpfendes Subjekt. Dieses soll sowohl die nicht mehr systemrelevanten vereinzelten Subjekte als „vereinzelte einzelne“ (Karl Marx) organisierend aktivieren als auch die unter Weiterentwicklung seiner Teilsysteme zunehmend nicht mehr kontrollierbare, wahrscheinlicher werdende Selbstvernichtung des Hauptsystems umkehrbar machen. Auf der dritten Ebene konkretisierte Heintel (2005) seinen entobjektivierenden Ansatz als im Feld des Subsystems Wissenschaft angesiedeltes operatives Programm einer neuen subjektivierten Wissenschaft.

II.

Heintels Vorstellungen vom historischen Subjekt zur Herstellung von Aktions- oder Handlungsfähigkeit(en) des gegenwärtig zur „historischen Ohnmacht verurteilten“ gesellschaftlichen Handlungssubjekts bleiben freilich leider sprachlich vage, theoretisch abstrakt und praktisch dilemmatisch. Alle zu Recht eingeforderte historische Subjektivierung mit neu zu entfaltender „gestaltender Subjektivität“ verbleibt in der abstraktesten „Subjektwerdung aller Menschen“ und entbehrt damit jeglicher sozialer Differenzierung und gesellschaftlicher Präzisierung.

Die „Subjektwerdung aller“ als „Ziel einer historischen Menschheitsentwicklung“ appelliert an das Gattungsvermögen der Species, wird mit Systemwidersprüchen, von denen „alle Systeminsassen mehr oder weniger betroffen sind“, begründet und nennt zugleich keinen einzigen, angeblich alle betreffenden, systemtranszendierenden Widerspruch und seine praktische Organisationsmöglichkeit. Insofern ergibt Heintels Option einer neuen Menschheit jenseits des Prinzips Hoffnung nur handlungseunuchisches Harren auf das systemtheoretisch bekannte und Naturgesetzlichkeit beanspruchende Prinzip Evolution, genauer: Warten darauf, dass „etwas an sich Unwahrscheinliches wahrscheinlich gemacht wird“, dass „etwas Unwahrscheinliches situativ, spezifisch wahrscheinlich wird“ und dass es zur historischen „Subjektwerdung“ aller Menschen Evolution als „Umformung von Entstehungsunwahrscheinlichkeit in Erhaltenswahrscheinlichkeit“ (Niklas Luhmann)1 geben möge.

III.

So kritisch betrachtet, wird Heintels auf der Klagenfurter Tagung „Tönnies im Gespräch“ (2004) lebendig vorgetragener operativer Ansatz Über eine neue Wissenschaft umso wichtiger – nimmt er doch den anspruchsvollen Gesichtspunkt „Umkehr der Verhältnisse, neues Erkennen und Begreifen“ als „Subjektivierung der bisherigen Forschungsobjekte“ aus der Organisation der Philosophen (1998) wieder auf und geht auch über bisherige progressive Ansätze, etwa forschungsrelevanter Gruppendiskussionen, responsiver Evaluierungen und (methodologisch bisher unbearbeiteter) Aktions- und Handlungsforschungen hinaus.

Heintels Ausgangspunkt ist die nicht nur für Geschichtsschreibung wirksame Identitätsillusion des Wie-es-doch-war. Nachvollziehbare Kritikpunkte anwendungsbezogener (Natur-)Wissenschaft, aller dominanter Wissenschaftspraxis mit ihrer „Herrschaft der Quantität“ und dem galileischen Grundsatz „Was messbar ist, messen; was nicht messbar ist, messbar machen“ sind Messbarkeit, Objektivierung, Spezialisierung, Logik, Kausalität, definiter Raumzeitlichkeit, Analytik, Sichtbarkeit und expertenbestimmte Arbeitsteilung. Darauf beruhen szientifische Selbstideologisierungen als Weiterführung der Identitäts-illusion: „die sogenannte Wertfreiheit als Entsubjektivierung, die Evidenz der Axiome, die Verschleierung der Idealtypik der jeweiligen experimentellen Situation“.

Dem hält Heintel das Kant’sche Apriori als Prinzip der Autotranszendenz entgegen: „wir selbst sind transzendent als Voraussetzung all unserer Erkenntnis“, genauer: „Dieses Vergessen der Selbsttranszendenz hat eine der wichtigsten Konsequenzen im Rahmen dessen, was unsere Wissenschaftsentwicklung ist.“ Als „weiteren Mangel“ nennt Heintel den Verlust „kollektiv verbindlicher Weltinterpretationen“ besonders religiöser Prägung(en): Die Religion habe es „aufgegeben, sich um irdische Belange zu kümmern und die Physik wurde in ihre Nachfolge gebracht.“

IV.

Nach kritischen Hinweisen auf spezielle Deformationen in den Subsystemen Wissenschaft2 („Die Wissenschaft gesteht ja nur unter der Hand ein, dass auch sie Rituale hat, die mit Wissenschaft nichts zu tun hätten“) und Medienöffentlichkeit als jener „aufwändiger Verdummungsindustrie mit ihren Verblendungs-, Verkehrungs-und Umwertungsmechanismen“ zur Herstellung „gesellschaftlicher Gefolgschaft“3 und ihrem exponentiell anwachsenden Sprachmüll, „wenn etwa Kriegshandlungen so erklärt werden, als hätten sie mit Krieg nichts mehr zu tun (wie ,humanitäre Intervention‘ und ,Präventivmassnahmen‘)“ konzentriert sich Heintel auf die von ihm propagierte neue Wissenschaft vom Lebendigen zur Aufhebung der Subjekt-Objekt-Trennung im Sinne einer „zweiten Aufklärung“:

„Weil die klassische Wissenschaft sich im Gedanken der Aufklärung auch noch der Dominanzfigur der Naturwissenschaften angeschlossen hat, ist sie relativ ohnmächtig […] Die Axiome müssen neu entschieden werden, zum Beispiel ist nicht alles messbar. Was macht man, wenn etwas nicht messbar ist? Was macht man mit den Widersprüchen, wenn man sie gelten lässt? Was macht man mit dem Faktum der Aufhebung der Verobjektivierung? Das nennen wir Interventionsforschung. Es geht dabei darum, dass Wissenschaft problem-, system- und menschenbezogen die Arbeitsteilung aufhebt, die sie sich als spezialisierte gegeben hat, im Zusammenhang mit endlicher Wahrheit (Religion) und endlicher Forschung.“

Forschungsgegenstand und Sujekt dieser entobjektiviert-subjektivierten Interventionsforschung als Ausdruck einer neuen Wissenschaft des Lebendigen mit und für Menschen als erweiterte „Menschenwissenschaft“ (Norbert Elias) werden „Menschen und ihre Systeme“ im Doppelsinn von (projektiv-zukunftsorientiertem) Verändern und (retrospektiv-späterem) Erklären4. Es geht – so Heinelt im Schlussakkord – „nicht mehr nur um Erkenntnis, sondern um die Gestaltung von Entscheidungsprozessen, in denen die verschiedensten Wissenschaften ebenso wie die Beteiligten an sektoriellen Grenzüberwindungen […] teilnehmen. Es geht also vom Gegenstand zum Prozess, den man begleitet.“

Richard Albrecht

Fussnoten:

1 Zeitnah fasste Luhmann im dritten Kapitel seines letzten zweibändigen Werkes Die Gesellschaft der Gesellschaft (1997: 413-594) zur Trias Variation, Selektion, Restabilisierung das naturwissenschaftlich wie philosophisch interessierende Problem des Verhältnisses von Zufall und Notwendigkeit als Paradoxie der Wahrscheinlichkeit des Unwahrscheinlichen zusammen: Das Selektionssyndrom mit seinem „unvisibilisierten“ Doppelprozess Variation und Selektion und Selektion und Restabilisierung produziere Zufall „als Negation jedes systematischen Zusammenhangs der evolutionären Funktionen“. Dieser (Zu-)Fall sei nicht planbar, unsichtbar, unbeobachtbar, unberechenbar und Kern jeder Evolutionstheorie. Positive Selektion führe zu Bewährung/ Erhalt des Systems als „Folgewirkungen“, negative „potentialisiert“ systematisch die negierte Möglichkeit: „das System“ müsse „mit ihrer Ablehnung leben, obwohl es sie hätte nutzen können, und andere Systeme sie vielleicht genutzt haben oder nutzen würden […] Die Selektion garantiert also nicht notwendigerweise gute Ergebnisse.“ Entsprechend seiner Definition von Planung als „intentionale Vorgriffe auf Zukunft“ geht es Luhmann um eine Theorie unprognostizierbarer Veränderungen mit durch Evolutionsprozesse hervorgerufener Autopoesis des Systems: Die sich selbst verdankende „Evolution“ produziere in einer „Gemengenlage“ von Erscheinungen ein „Regime funktionaler Differenzierungen“ auf Grundlage „selbstreferentieller Evolution“: je grösser die Systemkomplexität, desto höher die Innovation.

2 Den Doppelcharakter von Wissenschaft hat Carl Djerassi im Postscript zum Satireroman Cantors Dilemma (1989: 229) bündig beschrieben: „Science is both – disinterested pursuit of truth and a community, with its own customs, its own social contract“ [Deutsch etwa: Wissenschaft bedeutet sowohl selbstloses Streben nach Wahrheit als auch eine Gemeinschaft mit ihren eigenen Sitten und Gebräuchen, Vorstellungen und Gesetzen]. Insofern ist Wissenschaft ist immer beides zugleich: sowohl allgemeine Erkenntnisform als auch besonderes Handlungssystem.

3 Albrecht, SUCH LINGE: 12

4 Auch Luhmann kritisierte 1975 herkömmliche sozialwissenschaftliche Forschungstechniken als funktionalistische expost-Feststellungen zur „Entdeckung schon gelöster Probleme“; Luhmann, Veränderungen im System gesellschaftlicher Kommunikation: 24

Literatur:

Richard Albrecht, The Utopian Paradigm, in: Communications, 16 (1991) 3: 283-318.

– Goethe: Farbenlehre – Medizin – Psychotherapie; in: PPmP, 50 (2000) 5: 229-230.

– Ein Korn ist ein Korn ist ein Korn … [Korntext 2002]; in: Aufklärung und Kritik, 14 (2007) 2: 295-296.

– SUCH LINGE. Vom Kommunistenprozess zu Köln zu google.de. Sozialwissenschaftliche Recherchen zum langen, kurzen und neuen Jahrhundert. Aachen 2008.

– „Zerstörte Sprache“. Zum 125. von Ernst Bloch; in: soziologie heute, 3 (2010) 11: 24-26.

– Subjektmarxismus; in: soziologie heute, 3 (2011) 15: 20-23; gekürzte Netzfassung. https://www.untergrund-blättle.ch/politik/theorie/karl-marx-subjektmarxismus-1743.html

– Ferdinand Tönnies (1855-1936). Zum 75. Todestag eines soziologischen Klassikers; in: soziologie heute, 4 (2011) 16: 30-33.

– Gelehrsame Kieler Soziologie. Notizen zu Lars Clausen (1935-2010); in: Auskunft, 33 (2013) I: 109-114.

Otto A. Baumhauer, Kulturwandel. Zur Entwicklung des Paradigmas der Kultur als Kommunikationssystem. Forschungsbericht. Deutsche Viertels-jahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. Sonderheft, 56 (1982): 1-167.

Wilhelm Berger; Peter Heintel, Die Organisation der Philosophen. Frankfurt/M. 1998.

Ernst Bloch, Freiheit und Ordnung. Abriss der Sozial-Utopien. Berlin 1947.

– Philosophische Grundfragen I. Zur Ontologie des Noch-Nicht-Seins. Frankfurt/M. 1961.

Wolfgang Bywl, Zur Weiterentwicklung der Evaluationsmethodologie. Grundlegung, Konzeption und Anwendung eines Modells der responsiven Evaluation. Frankfurt/M. 1988.

Lars Clausen, Tausch. Entwürfe zu einer soziologischen Theorie. München 1978.

– Ferdinand Tönnies (1855-1936); in: Christiana Albertina, 63/2006: 63-69.

Carl Djerassi, Cantors Dilemma. [1989] A Novel. Harmondsworth ²1991

Uwe Füllgrabe,Ausbildungsprobleme, die zumeist übersehen werden – oder wie man Handlungseunuchen produziert; in: Kriminalistik, 6/2003, 391-396.

Johann Wolfgang Goethe, Der Versuch als Mittler von Objekt und Subjekt [1792/93]; in: ders., Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche. Hg. Ernst Beutler. Zürich 1949: 844-855.

– Farbenlehre. Einleitungen; Kommentare Rudolf Steiner. Hg. Gerhard Ott; Heinrich O. Proskauer. 5 Bände. Stuttgart 1979-1986.

G.F.W. Hegel, Wer denkt abstrakt [1807]; in: ders., Theorie-Werkausgabe Band 2. Hg. Eva Moldenhauer; Karl Markus Michel, Frankfurt/M. 1986, Anhang: 575-581;

Peter Heintel, Notizen zur Frage nach dem historischen Subjekt. St. Pölten 1989.

– Über eine neue Wissenschaft; in: Öffentliche Meinung zwischen neuer Wissenschaft und Religion. Ferdinand Tönnies´ “Kritikder öffentlichen Meinung“ in der internationalen Diskussion. Hg. Rolf Fechner; Lars Clausen; Arno Bammé. München-Wien 2005: 249-262.

Johannes Heinrichs, Reflexion als soziales System. Zu einer Reflexions-Systemtheorie der Gesellschaft. Bonn 1976.

Niklas Luhmann, Öffentliche Meinung; in: Politische Vierteljahresschrift, 11 (1970) 1: 2-28.

– Veränderungen im System gesellschaftlicher Kommunikation und die Massenmedien; in: Die elektronische Revolution. Hg. Oskar Schatz. Graz-Köln-Wien 1975: 13-30.

– Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie. Frankfurt/M. 1984.

– Die Gesellschaft der Gesellschaft. 2 Bände. Frankfurt/M. 1997.

Werner Mangold, Gruppendiskussionen; in: Handbuch der Empirischen Sozialforschung. I. Band. Hg. René König. Stuttgart 1967: 200-225; 719-723.

F[erdinand] Tönnies, Goethes Sprüche in Prosa; in: Ethische Kultur, 43 (1935) 10: 137-143; wieder in: Ferdinand Tönnies Gesamtausgabe, Band XII, 1932-1936: Geist der Neuzeit. Schriften. Rezensionen. Hg. Lars Clausen. Berlin; New York 1998: 503-511.

Rudolf Virchow, Göthe als Naturforscher und in besonderer Beziehung auf Schiller. Eine Rede nebst Erläuterungen. Berlin 1861.

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Grafikquelle      :         Johann Friedrich Bury, Johann Wolfgang von Goethe in seinem italienischen Freundeskreis

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NATO – Osterweiterung

Erstellt von Redaktion am 10. Juni 2020

NATO-Osterweiterung verstößt gegen Absprachen

File:NATO und Warschauer Pakt - Truppenstärke - (1973).png

Quelle      :      Scharf  —  Links

Von Wolfgang Bittner

Neue Dokumente aus dem Archiv des US-Nationalen Sicherheitsrates und Planungen des US-Präsidenten 9.500 Soldaten abzuziehen.

Nach Angaben des ehemaligen Staatspräsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, war im Frühjahr1990 vereinbart worden, dass sich die NATO nicht nach Osten erweitern sollte. Das ist in den vergangenen Jahren aus US- und EU-Kreisen immer wieder abgestritten worden: Es gebe keine vertraglichen Vereinbarungen darüber oder sonstige beweiskräftige Unterlagen. Doch das ist widerlegt. Aus kürzlich freigegebenen Dokumenten des Nationalen Sicherheitsrates der USA ist ersichtlich, dass es sehr wohl solche Willenserklärungen gab.(1)

So ist dem Protokoll eines Gesprächs zwischen Gorbatschow und dem damaligen US-Außenminister James Baker unter der Präsidentschaft von George Bush vom Frühjahr 1990 zu entnehmen, dass Gorbatschow zugesagt wurde, die NATO nicht nach Osten zu erweitern. Vielmehr sollte den Sicherheitsbedürfnissen der Sowjetunion Rechnung getragen werden.(2)

Weiter geht aus dem Protokoll eines Telefonats des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl mit dem US-Präsidenten George Bush hervor, dass das vereinigte Deutschland in der NATO bleiben wolle, um nicht isoliert zu werden und damit bei den europäischen Nachbarn nicht der Eindruck entstand, Deutschland wolle durch einen Austritt einen Sonderweg in Europa beschreiten.(3) Kohl sah seinerzeit in der NATO, die im Gegensatz zum Warschauer Pakt nicht aufgelöst wurde, eine Organisation mit politischer Ausrichtung und nicht mit einem militärischen Schwerpunkt,(4) der dann jedoch entgegen allen Absprachen immer mehr Gestalt annahm.

Entsprechend den damaligen Verhandlungen sollten in den sogenannten Neuen Bundesländern nur deutsche Truppen stationiert sein und die NATO nicht über die Oder hinaus erweitert werden.(5) Nachdem George Bush nicht wiedergewählt worden war, schlugen seine Nachfolger nach einer kurzen Zeit der Entspannung den Kurs der Aggressions- und Sanktionspolitik gegen Russland ein. Die NATO breitete sich absprachewidrig innerhalb weniger Jahre nach Osten aus und in den Anrainerstaaten zu Russland wurde eine gewaltige Militärmaschinerie mit Raketen, Panzerdivisionen, Kampfflugzeugen und Tausenden Soldaten errichtet.

File:Estonia's Admiral Pitka Recon Challenge.jpg

Nachdem nun bekannt wurde, dass US-Präsident Donald Trump einen Abzug von 9.500 der insgesamt 34.500in Deutschland stationierten Soldaten plant,(6) öffnet sich für die Bundesregierung ein Zeitfenster, das unverzüglich genutzt werden sollte. Unter Berufung auf die gerade freigegebenen Dokumente des US-Nationalen Sicherheitsrates zur deutschen Vereinigung bestünde die Chance, den seit 1990 überfälligen Abzug aller ausländischen Streitkräfte einschließlich der auf deutschem Boden stationierten Atomwaffen zu verlangen und in die Wege zu leiten.

Doch wie gewohnt, kümmert sich von den US-affinen Berliner Politikern bisher niemand um die neue Sachlage. Vielmehr kommen aus der CDU, SPD und von den Grünen Warnungen vor einer Schwächung der NATO, obwohl diese schon lange nicht mehr ihren eigenen Statuten folgt. Darüber hinaus ist die Rede von der „atomaren Teilhabe“, die es nie gab, weil die US-Bellizisten ohnehin machen, was sie wollen. Die Gefahr eines großen Krieges rückt immer näher, aber Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Stab ignorieren ihren Eid, mit dem sie geschworen haben, Schaden vom deutschen Volk zu wenden.

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Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner lebt in Göttingen. 2019 sind von ihm der Roman „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“ sowie das Sachbuch „Der neue West-Ost-Konflikt – Inszenierung einer Krise“ erschienen.

Quellen

(1) National Security Archive, https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2020-06-02/washington-camp-david-summit-30-years-ago?eType=EmailBlastContent&eId=dc5759f2-89be-446b-954e-520b00fd68e9 (6.6.2020)

(2) National Security Archive,  https://nsarchive.gwu.edu/dc.html?doc=6935339-National-Security-Archive-Doc-07-U-S-Department (6.6.2020)

(3) National Security Archive,  https://nsarchive.gwu.edu/dc.html?doc=6935350-National-Security-Archive-Doc-18-Memorandum-of.(6.6.2020)

(4) So Oberstleutnant a.D. Jochen Scholz: https://www.world-economy.eu/nachrichten/detail/das-telefonat-zwischen-bundeskanzler-kohl-und-praesident-bush-vom-juni-1990/.

(5) Diese Intentionen belegt eine Denkschrift Willy Wimmers vom 20.12.1989. In: Wolfgang Effenberger und Willy Wimmer, Wiederkehr der Hasardeure, zeitgeist 2017, S. 539 ff.

(6) Vgl. ARD-Tagesschau, 6.6.2020, https://www.tagesschau.de/ausland/us-truppenabzug-101.html (6.6.2020)

Erstveröffentlichung bei KenFM: https://kenfm.de/nato-osterweiterung-verstoesst-gegen-absprachen/

Urheberrecht
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Grafikquellen       :

Oben      —          ruppenstärke der NATO-Mitgliedsstaaten in Europa und der Staaten des Warschauer Paktes Anfang 1973. Truppenstärke der NATO-Staaten inkl. Kontingente aus den USA und Kanada. Miteingerechnet wurden auch die 9.000 in Spanien (Nicht-NATO-Mitglied) stationierten US-Soldaten.

Author wikifreund, Germany   /        13 May 2007

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Unten      —          NATO soldiers from Estonia, Denmark, Finland, Lithuania, Sweden and the United States present their countries’ colors (or flags) during the opening ceremony of the second annual Admiral Pitka Recon Challenge Aug. 5 at Rakvere, Estonia. Hosted by the Estonian Defense League and including Soldiers from the 173rd Airborne Brigade and the Maryland National Guard, this three-day competition tested the strength, speed, endurance, intelligence and willpower of 26 teams from six countries through a series of obstacles and simulations along an 81-mile route through Estonia’s countryside. Paratroopers with the 173rd Abn. Bde. are deployed for training in Estonia as part of Operation Atlantic Resolve, an exercise dedicated to demonstrating commitment to NATO obligations and sustaining interoperability with allied forces. The Maryland National Guard and Estonian armed forces have been partners through the State Partnership Program for more than 20 years.

Author U.S. Army Europe Images   /    Source    :       https://www.flickr.com/photos/usarmyeurope_images/14782639207

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„Hör auf zu zappeln“

Erstellt von Redaktion am 10. Juni 2020

Im Schwitzkasten Deutscher Polizei

Stolze, verbeamtete Uniformträger als willige Helfer von Zahn- und Hilf-losen Politiker-Innen welche sich an die sie Bezahlenden austoben, auch mit Hilfe eingesetzter Schusswaffen. Hatten nicht viele gehofft dieses alles mit Ende des Krieges hinter uns zu lassen. Dann aber  kamen die neuen Vasallen der Parteien und steigerten ihre Unfähigkeit von Versagern zur Versagerinnen ?

Text und Protokolle Erik Peter

Proteste gegen Rassismus in Berlin. Bei den Demos gegen rassistische Polizeigewalt in Berlin wurden viele schwarze DemonstrantInnen verhaftet. Vier erzählen ihre Geschichte.

Mehr als 100.000 Menschen haben am Wochenende eine Bewegung gegen rassistische Polizeigewalt losgetreten. Nach der Ermordung des Schwarzen US-Amerikaners George Floyd vor zwei Wochen haben sie sich deutschlandweit in den globalen Protest unter dem Motto „Black Lives Matter“ eingereiht. Die größte Kundgebung, mit circa 50.000 Teilnehmenden, fand auf dem Berliner Alexanderplatz statt. Divers, friedlich und würdevoll. Bis zum Schluss.

Dann änderte sich die Stimmung durch die Festnahme eines Demonstranten, der, so der Vorwurf, ein Einsatzfahrzeug beschädigt haben soll. Umstehende reagierten aufgebracht auf den Einsatz, der den Anlass der Demo zu untermauern schien. Es folgten Aggressionen von beiden Seiten. Dabei kam es zu vereinzelten Stein- und Flaschenwürfen und zu Polizeigewalt. 93 Personen wurden festgenommen, viele von ihnen junge schwarze Männer. In Hamburg und Stuttgart kam es zu ähnlichen Szenen. In Hamburg wurden 35 überwiegend migrantische Jugendliche in Gewahrsam genommen. Der Polizeipräsident wies jede Kritik zurück und behauptete, eine „linksextremistische Organisation“ hätte die Proteste gekapert.

Den Vorwurf, dass bei diesen Polizeieinsätzen Rassismus eine Rolle gespielt habe, haben viele Betroffene in den sozialen Medien artikuliert und Bilder und Videos von prügelnden PolizistInnen hochgeladen. Die Berliner Polizei nahm dazu bis zum Redaktionsschluss der taz keine Stellung.

Viele Nichtweiße erlebten schikanöse Behandlungen, etwa anlasslose Kontrollen oder brutales Vorgehen der Polizei nicht zum ersten Mal. Bundesweit sind seit dem Mord an Oury Jalloh im Jahr 2005 mindestens zehn Todesfälle aus den vergangenen Jahren bei Polizeieinsätzen, in Polizeigewahrsam oder in staatlichen Einrichtungen bekannt, bei denen die Annahme im Raum steht, dass sie mit der Hautfarbe der Opfer in Verbindung stehen. Die Kampagne „Death in Custody“ spricht sogar von 159 „Todesfällen von Schwarzen Menschen und Menschen of Color in Gewahrsamssituationen in Deutschland seit 1990“.

Polizeibeauftragte könnten helfen

Zur Aufklärung solcher Fälle, aber auch bei Übergriffen auf Demonstrationen oder im Alltag könnten Unabhängige Polizeibeauftragte beitragen. Nach Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg will auch der rot-rot-grüne Berliner Senat zukünftig einen solchen einsetzen. Unterstützung kam von der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, die der deutschen Polizei „latenten Rassismus“ attestierte. Scharfer Widerspruch dazu kam aus den Polizeigewerkschaften und vom baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU), der im Deutschlandfunk sagte: „Strukturellen Rassismus gibt es bei unserer Polizei nicht.“

Oliver von Dobrowolski, Vorsitzender des Vereins Polizei Grün, sagte dagegen der taz, er freue sich, „dass die Diskussion nun nach Deutschland schwappt“. Es bestehe kein Zweifel, dass es auch hier „Probleme mit rassistischem Polizeiverhalten, ob latent oder strukturell“, gebe. Der Widerstand aus der Polizeilobby, zu der er auch konservative Politiker zählt, sei „symptomatisch“.

Vier der am Samstag Festgenommen haben der taz ihre Erlebnisse erzählt. Subjektiv, aber gestützt auf Bild- und Videomaterial. Ihre Namen sind der Redaktion bekannt, einige wurden jedoch anonymisiert.

Joel, 19, aus Berlin-Wedding: „Mehrfach habe ich gesagt, ich kriege keine Luft“

Quelle        :      TAZ           >>>>>       weiterlesen

Infektionsschutz bei Demos:

Auch Behörden tragen Verantwortung

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Von Mohamed Amjahid

Politiker prangern fehlenden Abstand bei Black-Lives-Matter-Demos an. Ja, Schutz hat Priorität. Aber gegen Rassismus hilft auch kein Abstand.

Am vergangenen Wochenende demonstrierten Hunderttausende auf der ganzen Welt gegen Rassismus und Polizeigewalt. Nach dem rassistischen Mord an George Floyd entschieden sich auch viele Menschen in Deutschland dazu, ein Zeichen zu setzen: Black Lives Matter. In Hamburg zählte die Polizei 14.000, in Berlin 15.000 und in München 25.000 Demonstrant*innen. Wie passen diese Zahlen in eine Zeit, in der wegen einer weltweiten Pandemie Menschenansammlungen eigentlich gemieden werden sollen?

Kritik an den Demos kam prompt, meist von weißen Deutschen: So zum Beispiel vom SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach. Er sieht in den Demonstrationen „ideale Super-Spreading-Events“. Sie seien „ein Sargnagel für die noch bestehenden Regeln“, sagte Lauterbach dem Tagesspiegel. Der Sozialdemokrat fürchte die Wirkung der Bilder von Massendemonstrationen auf den Rest der Bevölkerung.

„Event“, „Sargnagel“ und „Rest der Bevölkerung“: Verständnis für die validen Belange von nichtweißen Menschen klingt anders.

Aus virologischer Sicht gilt noch immer: Abstand halten, Maske tragen, Menschenansammlungen meiden. Das betont auch der ausgebildete Mediziner Karl Lauterbach. Doch Schwarze Menschen und People of Color können sich den Luxus, nur vor Corona Angst zu haben, nicht leisten. Ihr Leben ist zusätzlich durch Rassismus bedroht. Das zeigen Videos von Polizeigewalt, die in den vergangenen Jahren öffentlich geteilt wurden. Die Notwendigkeit der Demonstrationen zu erkennen und sie verantwortungsvoll zu ermöglichen, ist das Mindeste, was Politiker*innen in diesen Tagen leisten sollten.

Per Express zur Super-Spreading-Expertise

Nur Versager-Innen der Gesellschaft werden Politiker-Innen ?

Die Debatte tobt derweil weiter. Es melden sich plötzlich viele Karl Lauterbachs zu Wort. Diese Deutschen haben in den vergangenen drei Monaten ihr Studium in Epidemiologie abgeschlossen: per Express zur Super-Spreading-Expertise. Einige von ihnen vergleichen die Black-Lives-Matter-Demos mit dem Verlangen junger Menschen nach Partys und Konzerten. Was für eine dumme Parallele ist das denn? Als würden sich von Rassismus betroffene Menschen freuen, mitten in einer Pandemie auf die Straße gehen zu müssen (!), um auf die rassistische Gefahr für ihre Leben aufmerksam zu machen.

Quelle       :        TAZ          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben       —          Räumung einer Kreuzung bei den „Revolutionärer 1. Mai“ Protesten in Berlin-Kreuzberg

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2.) von Oben        —         Berlin’s Alexanderplatz on June 6

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3.) von Oben        —           hypnotoad

 

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DL – Tagesticker 10.06.2020

Erstellt von Redaktion am 10. Juni 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Frage an die Opposition: „Wann war die USA denn jemals großartig?“ Antwort: „Als wir Trump aus Deutschland Asyl gaben !“

Bürgerrechtler ruft zur Abwahl von Trump auf

1.) Abschied von George Floyd

Auf der ganzen Welt nehmen Menschen Anteil am Tod von George Floyd. Nun wird der Familienvater in der Nähe von Houston beerdigt. Rund 500 Gäste erweisen ihm die letzte Ehre. Ex-Vizepräsident Biden sendet eine Videobotschaft, der US-Bürgerrechtler Lawson fordert einen Wechsel im Weißen Haus. Der US-Bürgerrechtler William Lawson hat bei der Trauerfeier für George Floyd indirekt zur Abwahl von US-Präsident Donald Trump aufgerufen. Der Kampf zur Überwindung von Rassismus dürfe nach der Beisetzung von George Floyd nicht aufhören, sagte der emeritierte Pastor in der Kirche „Fountain of Praise“ in Houston. „Wir können sicherstellen, dass wir den Kampf nicht stoppen.“ Unter dem Beifall der Trauergäste fügte Lawson hinzu: „Natürlich müssen wir als erstes das Weiße Haus ausfegen.“ Trumps Namen nannte er dabei nicht.

ntv

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„Zum Roten Ochsen“ – Wer ging dort früher Boxen ? Nicht Merkel wars, der Gysi tat’s ?

Nach Fluchtversuch des Halle-Attentäters:

2.) Linke fordert Rücktritt der Justizministerin

Gestern hat Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) die bislang bekannten Details zum gescheiterten Fluchtversuch des Halle-Attentäters Stephan B. dargelegt. Demnach hatte die JVA „Roter Ochse“ die Haftbedingungen eigenmächtig gelockert, weshalb der Häftling kurze Zeit unbewacht blieb. Laut JVA war dies mit dem Ministerium abgestimmt. Das Ministerium konnte dies nicht bestätigen. „Da steht im Moment Aussage gegen Aussage“, sagte Keding dem MDR. Das Ministerium hatte allerdings laut Keding auch nie geprüft, ob die JVA in Halle die strengen Vorgaben für die Bewachung des Gefangenen umsetzt.

NDR

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Waren nicht alle Politiker-Innen mitsamt ihren hörigen Staats-Religionen jemals etwas anderes als aktive Verschwörungen? Nicht ein einziger Krieg wäre jemals ohne Verschwörungstheorien der entsprechenden Drahtzieher der „Staatsschutzbereiche“ zustande gekommen !

Terrorgefahr durch rechte Corona-Leugner?

3.) „Verschwörungsmythen können Auslöser sein“

Er gilt als ausgewiesener Experte im Staatsschutzbereich: Burkhard Freier, 64, langjähriger Chef der NRW-Verfassungsschützer, warnt im FOCUS-Online-Interview vor Pandemie-Verschwörungsideologen, die rechtsradikale Wirrköpfe durch ihre Propaganda gegen die Ordnungsmacht zu Attentaten verleiten könnten, zudem berichtet der gelernte Jurist, wie Linksextremisten die Klima-Protestbewegung „Ende Gelände“ unterwandern.

FOCUS Online: Herr Freier, nach einer Reihe rechtsextremer Anschläge warnen die Sicherheitsbehörden vor einer neuen Terrorwelle, wie lautet Ihre Prognose?

Freier: Wir stellen im Bereich des Rechtsextremismus mehrere besorgniserregende Trends fest. Die Neo-Nazi-Milieus radikalisieren sich immer stärker. Das sind Gruppen wie die Splitterpartei Die Rechte, der III. Weg, aber auch Kameradschaften. Überdies setzen die Gruppierungen im Netz mit ihren Verschwörungsmythen vom vermeintlichen Austausch der weißen Bevölkerung bis hin zum Systemkampf gegen die angebliche Corona-Diktatur einen gefährlichen Nährboden. Zudem radikalisieren ultrarechte Influencer auch teils psychisch auffällige Menschen. Am Ende dieser Entwicklung stricken sich Attentäter wie jener in Halle oder in Hanau ihre ganz eigene rassistische Doktrin und greifen zur Waffe.

Focus

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Einen Maas sich einbestellen – gleicht einem Würstchen ohne Pelle.

Schwierige Gespräche mit neuer Regierung

4.) Maas in Israel: 

Erstmals seit Beginn der Corona-Krise verlässt Außenminister Maas die EU – für einen besonders heiklen Besuch. In Israel geht es um Pläne der neuen Regierung, die den Nahost-Konflikt verschärfen könnten. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) ist am Mittwoch nach Israel aufgebrochen, um mit der neuen Regierung dort vor allem über die geplante Annexion besetzter Palästinensergebiete zu sprechen. In Jerusalem und Tel Aviv wird der SPD-Politiker Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, den neuen Außenminister Gabi Aschkenasi und den neuen Verteidigungsminister Benny Gantz treffen.

Welt

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Wer sich nicht mit der Maut auskennt, hat auch sicher von Menschenrechten noch nie etwas gehört. Wer Heute so alles Minister-In werden kann, wird manch Einer/n verwundern! Früher ist sicher in Bayern schon des Öfteren der Schulunterricht ausgefallen ?

Seenotretter werden von Scheuer blockiert

5.) Seenotrettung im Mittelmeer

Im März reformierte das Verkehrsministerium die Sportbootverordnung. Die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer wird so nahezu unmöglich. Mit zwei Rechtsreformen versuche die Bundesregierung, die private Seenotrettung im Mittelmeer auszuhebeln. Das werfen die NGOs Mission Lifeline, Resqship, Mare Liberum und Sea-Watch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vor. Der hat bereits im März die Schiffsicherheitsverordnung und die See-Sportboot-Verordnung geändert. Kern der Reform: Sportboote, die für Freizeitzwecke gebaut und als solche im Schiffsregister registriert sind, dürfen nicht für andere Zwecke eingesetzt werden. Missionen zur Seenotrettung oder zur Beobachtung der humanitären Lage auf See wären damit tabu. Für solche müssten die gleichen Sicherheitsanforderungen erfüllt sein wie für kommerzielle Schiffe. Für die NGOs sei das nicht zu leisten, sagen diese. Die neuen Regeln gelten für alle Schiffe, die unter deutscher Flagge laufen, und zwar auch dann, wenn sie außerhalb deutscher Hoheitsgewässer unterwegs sind, etwa im Mittelmeer. Nach Einschätzung der NGOs hätten damit andere EU-Staaten – etwa Italien, Malta oder Griechenland – Handhabe, solche Schiffe in ihren Häfen festzusetzen und am Auslaufen zu hindern.

TAZ

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Es war einst Gorbi welcher sagte: „Wer zu spät kommt – den bestraft das Leben“. Boris wird es nicht schaffen ganz China zu versklaven.

Boris Johnson legt sich mit Peking an

6.) Wegen Chinas Hongkong-Politik

Großbritannien ist verärgert über Chinas Muskelspiele in Hongkong – und macht den Bürgern der ehemaligen Kolonie großzügige Angebote.  Die Pekinger Corona-Geheimniskrämerei und das neue Sicherheitsgesetz in Hongkong beschleunigen den britischen Sinneswandel zur China-Politik. Warben Londoner Politiker noch vor wenigen Jahren demütig um fernöstliche Investitionen in Infrastruktur und neue Atomkraftwerke auf der Insel, bietet der konservative Premierminister Boris Johnson jetzt den Bürgern der früheren Kolonie Hongkong großzügiges Aufenthaltsrecht mit der Option auf britische Staatsbürgerschaft an. Führende Parlamentarier fordern eine härtere Gangart gegenüber dem kommunistischen Regime.

Tagesspiegel

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7.) So wird die neue Lufthansa

Die Bundesregierung will der unter Druck geratenen Deutschen Lufthansa helfen. Das soll sich künftig im Unternehmen ändern:

  • Julia Klöckner übernimmt mit Johann Lafer, Kaufland und Nestlé die Bordküche
  • Nach einem Vorschlag von Annegret Kramp-Karrenbauer dürfen Bundeswehr-Soldaten gratis mitfliegen
  • Während der Flüge laufen keine Spielfilme mehr, sondern Übertragungen von Parteitagen auf Phoenix
  • Philipp Amthor darf ins Cockpit und dem Pilot über die Schulter schauen
  • Andreas Scheuer wird Pilot

Titanic

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen        :

Oben     —    DL / privat – Wikimedia 

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