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Archiv für November 12th, 2018

Die Uroma der Demokratie

Erstellt von Redaktion am 12. November 2018

Frauenwahlrecht in Deutschland

Von Johanna Roth

Sie war geschieden, alleinerziehend, Sozialdemokratin. Ach ja: Und Marie Juchacz hielt als erste Abgeordnete eine Rede im Parlament.

Frau und Abgeordnete, diese beiden Begriffe beschreiben Marie Juchacz, geborene Gohlke, schon sehr gut; viel besser als „Dame“, eine solch gehobene Bezeichnung würde sie für sich selbst nie wählen. Sie ist aber nicht irgendeine Frau und nicht irgendeine Abgeordnete. Sie schreibt gerade Geschichte: Zum ersten Mal hält mit Marie Juchacz an diesem Tag eine Frau eine Rede vor dem deutschen Parlament.

Marie Juchacz spricht in der frisch konstituierten Nationalversammlung der noch jungen Weimarer Republik, als Abgeordnete der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands – und sie spricht als eine von vielen, denen dieser Moment alles bedeutet. Diese Nationalversammlung ist die erste, in der Frauen überhaupt vertreten sind. Und es ist die erste, bei deren Wahl Frauen wahlberechtigt waren. Daran ist Marie Juchacz nicht ganz unschuldig.

Ich möchte hier feststellen und glaube, damit im Einverständnis vieler zu sprechen, dass wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: Sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.

Zeitungen statt Puppen

Maries Leben beginnt in Landsberg an der Warthe, einem hübschen Städtchen in der Provinz Posen, das heute Gorzów Wielkopolski heißt und zu Polen gehört. Hier wird sie am 15. März 1879 als Marie Luise Gohlke in eine liebevolle Familie geboren. Ihre Mutter lässt sie draußen herumtoben, ihr Vater, ein Zimmermann, und ihr älterer Bruder Otto geben Marie und ihrer jüngeren Schwester Elisabeth Zeitungen zu lesen, anstatt sie nur mit Puppen spielen zu lassen, wie es für Mädchen üblich ist. Marie weiß so schon früh Bescheid über die unruhige Entwicklung ihrer Zeit.

Da hatte die SPD noch Mitglieder.

Nach acht Jahren Volksschule – eine höhere Schule können die Eltern sich nicht leisten – arbeitet die 14-Jährige als Dienstmädchen, kurz in einer Fabrik und dann zwei harte Jahre lang in der örtlichen Nervenheilanstalt als Krankenwärterin, bis sie sich ihre Ausbildung leisten kann. Als Näherin finanziert sie in der folgenden Zeit nicht nur sich selbst, sondern auch den Unterhalt der Familie. „Still, klug, fleißig und strebsam“, so lernt sie der Schneider Bernhard Juchacz kennen, den sie eher aus Pragmatismus heiratet, als sie schon mit der gemeinsamen Tochter schwanger ist. Sie gebärt zwei Kinder, erst Lotte und dann Paul, die sie selbst ihr „großes Glück“ in der nicht glücklichen Ehe nennt.

Durch die politische Gleichstellung ist nun meinem Geschlecht die Möglichkeit gegeben zur vollen Entfaltung seiner Kräfte. Mit Recht wird man erst jetzt von einem neuen Deutschland sprechen können und von der Souveränität des ganzen Volkes.

Marie Juchacz arbeitet weiterhin als Näherin und interessiert sich, auch durch Anregung ihres Bruders, für die SPD. Trifft sie sich mit Bekannten, wird über Politik diskutiert, und wenn sie liest, dann Politisches. Aber bislang darf sie nicht mal wählen. Dabei tobt jetzt, im Jahr 1906, in Deutschland ein heftiger Streit ums Wahlrecht. Um Frauen geht es dabei allerdings überhaupt nicht, sondern um die Aufteilung der Wahlkreise und die Wahlberechtigung für Niedrigverdiener – männliche, wohlgemerkt. Währenddessen führt Finnland als erstes europäisches Land das Frauenwahlrecht ein.

Aber auch Marie Juchacz hat eine Wahl getroffen: Sie zieht nach Berlin, gemeinsam mit den Kindern und ihrer Schwester. Und ohne ihren Mann. Bernhard hat sie geschlagen, nachdem sie ihn wegen Löchern in der Haushaltskasse zur Rede stellte, das ist das eine. Zum anderen weiß sie, dass sie im kleinen Landsberg keine politische Heimat finden wird. Also wagt sie das Unmögliche: 1906 geht sie als alleinerziehende Mutter, mitten in politisch und wirtschaftlich unsicheren Zeiten, in die ihr völlig unbekannte Riesenstadt Berlin, deren Einwohnerzahl gerade die Zweimillionenmarke geknackt hat. Von ihrem Mann behält sie nur den Nachnamen. Dass das schwer werden wird, weiß sie. „Es war unser Ziel, wirtschaftlich Fuß zu fassen, und ich machte mir keinerlei Illusionen“, erzählt Marie später ihrem Neffen und Biografen Fritzmichael Roehl.

In Berlin, das schon damals für Freiheit und Weltgeist steht, will Marie sich politisch engagieren, endlich an großen Versammlungen teilnehmen. Aber zunächst hat sie dafür keine Zeit, denn sie muss ihre Kinder ernähren. Paul und Lotte sind erst ein und drei Jahre alt. Über ihren Bruder findet sie Arbeit als Näherin, wenn sie arbeiten muss, passt die Schwägerin auf die Kinder auf, auch die mitgereiste Schwester Elisabeth hilft. Wenn Marie wieder Zeit hat, wird getauscht. Die Work-Life-Balance funktioniert ganz gut in dieser Wohngemeinschaft, und so gehen Marie und Elisabeth abends manchmal zu einem „Frauen-Leseabend“, als welche sich politische Versammlungen von und für Frauen zu diesem Zeitpunkt noch tarnen müssen. Das große Thema dieser abendlichen Treffen: das Frauenwahlrecht.

Die gesamte Sozialpolitik überhaupt, einschließlich des Mutterschutzes, der Säuglings- und Kinderfürsorge, wird im weitesten Sinne Spezialgebiet der Frauen sein müssen. Die Wohnungsfrage, die Volksgesundheit, die Jugendpflege, die Arbeitslosenfürsorge sind Gebiete, an denen das weibliche Geschlecht besonders interessiert ist und für welche das weibliche Geschlecht ganz besonders geeignet ist.

„Zwei Frauen, die reden konnten“

Oder kurz: „Familie und das ganze Gedöns“. Dass ein SPD-Kanzler 90 Jahre später diese Themen mal so abwatschen wird, würde Marie Juchacz sicher empören, aber das ist in ihrer Gegenwart ebenso wenig vorstellbar wie ein sozialdemokratischer Kanzler selbst. Bevor Frauen politische Fachgebiete bearbeiten können, müssen sie erst mal mitmischen dürfen in der Politik. Daran arbeiten die Schwestern jetzt immer energischer. Elisabeth heiratet 1907 und zieht nach Schöneberg um, Marie und die Kinder ziehen mit. Clara Zetkin veröffentlicht ihre Broschüre „Das Frauenstimmrecht“, Marie und Elisabeth treten 1908 in die SPD ein und machen sich dort bald durch ihr Charisma und ihre klugen Reden einen Namen. Und zwar nicht nur – nach einem erneuten Umzug – im Ortsverein Rixdorf, heute Neukölln. Sie werden von der Partei für Versammlungen auch bis ins Berliner Umland angefordert.

Quelle         :     TAZ           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen    :

Oben     —      Marie Juchacz um 1919

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2.) von Oben       —           Die weiblichen Abgeordneten der MSPD in der Weimarer Nationalversammlung am 1. Juni 1919. Marie Juchacz sitzt in der vorderen Reihe, 3. von rechts.

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China, Indien und Japan

Erstellt von Redaktion am 12. November 2018

Es wird eng im Golf von Bengalen

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von Samuel Berthet

China, Indien und Japan konkurrieren um die wirtschaftliche Vormachtstellung.

Seit die chinesische Regierung vor fünf Jahren ihr gigantisches Seidenstraßen-Projekt1 vorgestellt hat, liefern sich China, Indien und Japan einen Konkurrenzkampf um den Zugang zum nördlichen Golf von Bengalen. Im April 2015 beschloss die eigentlich chinafreundliche Regierung von Bangladesch, den Bau des knapp 100 Kilometer südlich von Chittagong gelegenen Tiefwasserhafens in Matarbari (Distrikt Cox’s Bazar) Japan zu überlassen.2 Das chinesische Konglomerat, das zunächst mit einem ähnlichen Hafenprojekt etwas weiter südlich, in Sonadia, hätte beauftragt werden sollen, ging leer aus.3

Für den Bau des neuen Hafens in Matarbari mit vier Kohlekraftwerken, einem Flüssiggas-Terminal und einem kombinierten Industriekorridor für Straßen- und Schienenverkehr wurden 4,6 Milliarden US-Dollar veranschlagt, die mithilfe eines äußerst günstigen Kredits bereitgestellt wurden (0,1 Prozent Zinsen über eine Laufzeit von 30 Jahren für vier Fünftel der Kreditsumme). Das erste 1200-Megawatt-Kraftwerk wird gerade gebaut.

Indien wiederum plant ein multimodales, das heißt für unterschiedliche Verkehrsmittel ausgelegtes Transportprojekt rund um den Fluss Kaladan (Kaladan Multi-Modal Transit Transport Project), zu dem auch eine Autobahn gehört, die Indien, Myanmar und Thailand verbinden soll. Bisher ist das Projekt über die Planungsphase nicht hinausgekommen, genauso wie die Verbindung zwischen dem Hafen Sittwe im Rakhaing-Staat (Myanmar) und dem indischen Bundesstaat Mizoram.

Sittwe liegt in direkter Nachbarschaft des Hafens von einer Freihandelszone unter chinesischer Kontrolle. Auch die Gasvorkommen von Shwe, die eine Gasleitung mit der chinesischen Provinz Yunnan verbindet, sind nicht weit entfernt. Nach Yunnan fließt seit Mai 2017 auch Rohöl durch eine Pipeline, gegen die es lokalen Widerstand gab. Insbesondere die Bauern vom Volk der Shan und der Arakanesen wehrten sich gegen ihre Vertreibung durch den Bau der Pipeline.

2016 Rangun, Pagoda Szwedagon (023).jpg

Dank Myanmars Unterstützung konnte China in der Region schneller Fuß fassen als Indien. Japan kann mit seinem Hafenprojekt in Bangladesch zwar einen Sieg verzeichnen, doch das wird Peking nicht daran hindern, bei der Neuordnung der Verkehrsströme rund um den Golf von Bengalen die Federführung zu übernehmen. Für die Bevölkerung in den betroffenen Ländern ist es ohnehin egal, ob der Bauherr China, Japan oder Indien heißt: Die Errichtung der neuen Korridore, Hubs und Freihandelszonen geht stets mit großflächigen Enteignungen einher. Die großen Mischkonzerne, die als Auftragnehmer in Bangladesch, Myanmar und Sri Lanka den Ausbau leiten, arbeiten eng mit den staatlichen, von der Armee kontrollierten Behörden zusammen.

Das Militär spielt auch eine Schlüsselrolle bei der Übertragung von Grundeigentum und der Sicherung internationaler Enklaven auf nationalem Territorium; auf internationalem Boden steht etwa die Pipeline der China National Petroleum Corporation (CNPC) in Sittwe.4 Bei der Umsetzung dieser Großprojekte werden Methoden angewandt, die an die britische Kolonialherrschaft in Indien erinnern, als ethnische und konfessionelle Gemeinschaften ohne Rücksicht auf Minderheiten und gemischte Identitäten auseinandergerissen wurden. In Myanmar trifft es vor allem die muslimischen Rohingya, die als „Fremde im eigenen Land“ gelten und im vergangenen Jahr zu Hunderttausenden gewaltsam vertrieben wurden.5

Quelle          :         Le Monde diplomatique           >>>>>      weiterlesen

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Grafikquellen   :

Oben    —           A map showing the location of the Bay of Bengal and the Andaman Sea in southeast Asia. Created by NormanEinstein, September 15, 2005.

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Unten     ––          Shwedagon Pagoda. Yangon, Myanmar.

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Der Fall Skripal:

Erstellt von Redaktion am 12. November 2018

Schwarze Pädagogik einer Wertegemeinschaft

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von Karl D. Bredthauer

Eigentlich wäre es um Aufklärung gegangen – seit jenem 4. März 2018, an dem zwei russische Staatsbürger auf einer Bank in der Fußgängerzone des britischen Salisbury bewusstlos aufgefunden wurden. Sache der britischen Polizei also – eigentlich. Doch die „Aufklärung“ nimmt andere Wege. London entscheidet sich, das Unglück der Skripals als politischen Glücksfall zu instrumentalisieren, und nutzt die Chance, aus der Brexit-Defensive zu kommen und sich an die Spitze einer gemeinwestlichen Einheitsfront zu setzen. Theresa May und Boris Johnson identifizieren kurzerhand Putin als Täter, schmieden eine Koalition der Willigen und schaffen binnen sechs Wochen eine weltpolitische Konstellation, in der dann am 14. April die Waffen sprechen, britische, französische und amerikanische. In Syrien. Vorläufiges Fazit: Die Aufklärung (nicht nur des Falls Skripal) ist tot, es lebe die Aufklärung. Die OPCW ist desavouiert, es lebe die OPCW.

Versuchen wir, diesen surrealen Prozess in aller Kürze zu rekonstruieren. Die Instrumentalisierung folgt der Tat auf den Fuß. Während die Polizei in Salisbury ermittelt, meldet sich alsbald der britische Außenminister zu Wort, wenig später auch seine politisch angeschlagene Chefin. Beherzt nehmen sie Salisbury zum Anlass, eine ganz andere Agenda zu setzen.

Zunächst einmal unterlässt man die Beachtung der Grundregeln, zu welcher die von Britannien wie von Russland unterschriebene Chemiewaffenkonvention verpflichtet: ordnungsgemäße Einschaltung der OPCW in Den Haag, Vorlage von Beweisen, offizielle Aufforderung des beschuldigten Vertragsstaates durch die Haager Institution, binnen zehn Tagen Stellung zu nehmen. Stattdessen stellt London Moskau ein 24-Stunden-Ultimatum, das – erwartungsgemäß – verstreicht, um dann unbekümmert an der „diplomatischen“ Eskalationsschraube zu drehen. An den OPWC-Regeln vorbei werden Nato, EU und andere Teilnehmer der westlichen Wertegemeinschaft genötigt, Mays und Johnsons Anti-Putin-Offensive „solidarisch“ zu unterstützen. In dem Maße, in dem die Beweisführung der Anklage sich von konkreten Schuldnachweisen gegen Putin mangels Masse und Stichhaltigkeit entfernt, wird sie durch einen anderen Vorwurf verdrängt: Seit Jahren gefährde dieser Putin die bestehende „regelbasierte“ Weltordnung – jetzt sei das Maß voll. Wer nicht hören will, muss fühlen. Schwarze Pädagogik also sei das Gebot der Stunde.

Seitdem sehen erste, zweite und dritte Welt verblüfft zu, wie London und die geschlossen hinter London gescharte Wertegemeinschaft alle Regeln von Due Process und Diplomatie – immerhin zivilisatorische Errungenschaften westlicher Prägung – unbekümmert über Bord werfen, um einen, den sie als Sündenbock brandmarken, der politischen Prügelstrafe (noch mehr Sanktionen, noch mehr Ausgrenzung) zu unterziehen. Dass der Begünstigte dieser pädagogischen Zuwendung nicht durchgängig mit gesteigerter Kooperationsbereitschaft reagiert, kann die Veranstalter nicht überrascht haben. Aber das wäre ein Thema für sich.

Fortan häufen sich schräge, teils völkerrechtswidrige Argumentationsfiguren, kulminierend in der Behauptung, es sei doch „pervers“, Russland – als designiertem Täter – Zugang zu den Ermittlungen über das Schicksal seiner Staatsbürger Sergej und Julija Skripal zu gewähren. So, hochdiplomatisch, der britische Vertreter auf der OPCW-Sondersitzung vom 4. April.

Die erstaunliche Karriere einer Wahrscheinlichkeitstheorie

Zwischen dem 4. und dem 12. März mutiert die Täteridentifikation zunächst zu der beleglosen Behauptung Theresa Mays, für den mysteriösen Vorfall in Salisbury sei „höchst wahrscheinlich“ Russland verantwortlich. Am 12. März verkündet sie im britischen Unterhaus, es gebe nur zwei mögliche Erklärungen: Entweder handle es sich um eine direkte Attacke des russischen Staates gegen Großbritannien oder aber die russische Regierung habe über ein Nervengift namens Nowitschok[1] „die Kontrolle verloren“. Auf der Basis dieser steilen These stellt London Moskau ein 24-Stunden-Ultimatum: Sollte Russland sich nicht auf die Nur-zwei-Möglichkeiten-Unterstellung einlassen, „werden wir daraus schließen, dass es sich bei dieser Tat um eine unrechtmäßige Anwendung von Gewalt durch den russischen Staat gegen das Vereinigte Königreich handelt“, so May. (Hervorhebungen vom Verf.)

Auf derart wackeligen Beinen gelingt es den Briten in den folgenden Tagen und Wochen nichtsdestotrotz, verbündete Staaten und Organisationen für ihre Vorverurteilung Moskaus einzuspannen. Londons immer kühnere Wahrscheinlichkeitstheorien finden Eingang in eine Verlautbarung nach der anderen – und große Teile der Medien spuren – erwartungsgemäß: „Präsident Putin mag persönlich in diesen Anschlag verwickelt sein oder auch nicht. Doch zum Kontext dieses Verbrechens gehört unvermeidlich seine Bilanz als jemand, der regelmäßig diplomatische Normen und internationales Recht verletzt“, schreibt die „Times“ schon am 13. März. „Die Premierministerin hat mehr als ein halbes Dutzend der schändlichen Taten Putins aufgelistet.“ Und die „Frankfurter Allgemeine“ resümiert eine Woche später treffend: „Beherzt nutzte sie den Mordversuch an dem Doppelagenten Skripal in Salisbury, um Einigkeit und Stärke zu demonstrieren.“ (21.3.)

Während der russische Außenminister Sergej Lawrow am 13.3. der britischen Regierung vorwirft, Russland regelwidrig keinen Zugang zu Proben des verdächtigen Stoffes zu gewähren, beginnt May, die Früchte ihres kühnen Themenwechsels von der Ermittlung möglicher Täter einer möglichen Straftat zur Generaloffensive gegen Russland und Putin persönlich zu ernten. Mit Frankreichs Präsidenten Emanuel Macron spricht May am selben Tag über „das breite Muster aggressiven russischen Verhaltens“, das eine gemeinsame Antwort der Verbündeten erfordere. Wieder im Unterhaus vermeldet May tags darauf: „Wir wollten bessere Beziehungen, und es ist tragisch, dass Wladimir Putin beschlossen hat, in dieser Weise zu handeln.“ Es gebe „keine andere Erklärung, als dass der russische Staat schuldig ist an dem versuchten Mord an Herrn Skripal und seiner Tochter.“

Jetzt gibt es kein Halten mehr. In Brüssel sichern die Nato-Bündnispartner Großbritannien ihre Solidarität zu. Die britische Seite habe bestätigt, dass höchstwahrscheinlich Russland die Verantwortung trage, heißt es in einer Erklärung der Botschafter der 29 Mitgliedstaaten vom 14.3. „Die Nato betrachtet jegliche Verwendung chemischer Waffen als eine Bedrohung von internationalem Frieden und Sicherheit.“

Am 15.3. nutzt Angela Merkel die Chance, sich in ein Großmächte-Quartett neuen Typs einzureihen: Berlin, Paris und Washington sowie London selbst verkünden in einer gemeinsamen Erklärung, London habe „seinen Partnern gegenüber im Detail dargelegt, dass Moskau mit großer Wahrscheinlichkeit die Verantwortung für diesen Anschlag trägt. Wir teilen die Einschätzung des Vereinigten Königreichs, dass es keine plausible alternative Erklärung gibt.“ Selbst der Nato-Generalsekretär fühlt sich berufen, diese Art der „Solidarität“ zu bekräftigen, rät allerdings, „angemessen und maßvoll“ vorzugehen. Währenddessen eskaliert Boris Johnson unbekümmert weiter und bezeichnet es jetzt, am 15.3., als „überwältigend wahrscheinlich“, dass der russische Präsident angeordnet habe, Sergej Skripal zu ermorden. Es sei Putins „Entscheidung gewesen, den Einsatz eines Nervengifts auf den Straßen des Königreichs, auf den Straßen Europas, anzuweisen“.

Moskau reagiert empört. „Jede Bezugnahme auf unseren Präsidenten in diesem Fall ist ein schockierender und unverzeihlicher Bruch der diplomatischen Regeln anständigen Verhaltens“, erklärt Putins Sprecher Dimitri Peskow. Der Kreml sei überrascht, dass „sehr ernstliche Anschuldigungen mit der Formulierung ‚allem Anschein nach‘, ‚höchstwahrscheinlich‘ und so weiter vorgebracht werden“. Die EU hindert das nicht, selbstverständlich unter fortgesetzten Bekundungen äußerster Dialogbereitschaft, Mays und Johnsons Formeln durch alle Instanzen, bis hin zum Gipfeltreffen mit May am 22.3., nachzuplappern.

Am 17.3. schließlich fasst Boris Johnson als FAZ-Gastautor noch einmal bündig zusammen, worum es für ihn bei all den mehr oder weniger wahrscheinlichen Wahrscheinlichkeitstheorien eigentlich geht: „Der rote Faden, der die Giftanschläge in Salisbury mit der Annexion der Krim, den Cyberattacken in der Ukraine, den Hackerangriffen auf den Bundestag und der russischen Einmischung in europäische Wahlen verbindet, ist die Missachtung der grundlegenden internationalen Regeln durch den Kreml.“

»Es gibt keinen Zweifel«

Quelle      :          Blätter          >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben     —        “Struwwelpeter”, Titelfigur

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Erich währt am längsten

Erstellt von Redaktion am 12. November 2018

Wie soll man an die DDR erinnern?

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Ein Essay von

 Vielleicht ist es Zeit für einen lässigeren Blick – ohne das Unrecht zu vergessen. Wie die Nachgeborenen zu einer zeitgemäßen Aufarbeitung finden könnten.

Wie soll man sich an den verschwundenen kleineren deutschen Teilstaat erinnern? Viele Jahre kam mir die DDR-Aufarbeitung so vor: einerseits hart umkämpft, andererseits ziemlich marginalisiert. Und sie fand in einer Parallelwelt statt. Jene, die näher damit zu tun hatten, führten heftige Auseinandersetzungen und warfen einander auch häufig Verharmlosung vor. Die breite Öffentlichkeit dagegen interessierte sich nicht besonders dafür. Viele Ostdeutsche haben sich früh abgewandt. Zu viele Kränkungs- und Entwertungserfahrungen waren gerade für Ältere damit verbunden. Die Jüngeren haben diese Haltung oftmals einfach übernommen. Ich habe das übrigens auch getan.

Aber die Frage, wie viel Unrecht in der DDR geschah – mehr noch, auf welch komplexe Art Alltag und Unrecht miteinander verwoben waren –, stellt sich natürlich weiterhin, hat sich eigentlich die ganze Zeit gestellt. Sie weist nämlich ins Zentrum unserer Biografien und Familiengeschichten. Nur wer seine Herkunft, seine Vergangenheit kennt, kann aus Fehlern lernen oder sich auf Stärken besinnen. Es gilt also erst einmal, ein Versäumnis einzuräumen.

Womöglich ist die Chance da, sich auf neue Weise mit der DDR auseinanderzusetzen. Vielleicht kann jetzt die Aufarbeitung durch die Unbefangenen beginnen. Jene, die weder von ihren Erfahrungen im SED-Staat noch von politischen Interessen geleitet sind. Es gibt Indizien, dass die Zeit dafür beginnt.

Müssen wir die DDR nicht neu erzählen?, fragte der Historiker Karsten Krampitz gerade im Deutschlandfunk. Müssen wir aufhören, die DDR-Bevölkerung immer nur auf Täter und Opfer zu reduzieren? Es brauche einen Blick auf die DDR ohne Dämonisierung und ohne Verklärung.

Seit einiger Zeit ereignen sich in der sogenannten Aufarbeitungsszene, zu der Stiftungen, Vereine, Gedenkstätten, die Stasi-Unterlagenbehörde und Forschungseinrichtungen gehören, höchst erstaunliche Dinge. Manche dieser Dinge haben miteinander zu tun, andere nicht. Ihnen allen ist dies gemeinsam: Sie künden von Veränderungen. Korrekturen, vielleicht Zäsuren. Nach Jahren einer gewissen Friedhofsruhe ist die Aufarbeitungsszene wieder in die Schlagzeilen (und offensichtlich in Bewegung) geraten.

Den letzten großen Auftritt hätten die Bürgerrechtler 2009 gehabt, sagt Ilko-Sascha Kowalczuk. Damals ging es darum, zum 25. Mauerfall-Jahrestag noch einmal den Osten erklärt zu bekommen. Dann sei es ruhig geworden. Kowalczuk ist Projektleiter der Forschungsabteilung in der Stasi-Unterlagenbehörde und ein Enfant terrible der Szene. Der 1967 geborene DDR-Historiker übt in einem Maße öffentlich Selbstkritik wie kaum jemand. Auch er fordert einen Neuanfang, eine Ende der Verkapselung der Aufarbeiter.

Dabei geht es den Aufarbeitern wie dem gesamten Osten: Auch durch Pegida und den Erfolg der AfD ist man zu einem teilweise heftigen Nachdenken über sich selbst gezwungen. Denn auch einige Aufarbeiter fühlen sich neuerdings von den rechtspopulistischen Bewegungen angezogen.

In jedem Fall verändern sich Dinge

Im Januar berichtete der Spiegel über einige, teilweise prominente, Bürgerrechtler, die sich Pegida oder der AfD angeschlossen haben oder sich Pegida zumindest nahe fühlen: Angelika Barbe, Gründerin der Ost-SPD; Siegmar Faust, politischer Häftling und in den Neunzigerjahren Landesbeauftragter für Stasi-Unterlagen in Sachsen; Michael Beleites, Umweltaktivist und von 2000 bis 2010 ebenfalls dort Landesbeauftragter.

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Seit Mai ist auch die Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen von dieser Entwicklung betroffen, weil ebenjener Siegmar Faust, der zudem mit den Holocaust relativierenden Aussagen („Ist die Zahl sechs Millionen heilig?“) verstörte, dort Führungen anbot. Erst nach einigen Presseberichten trennt sich die Gedenkstätte von Faust. Er setzt nach: Nicht wenige würden dort genauso denken wie er.

Aber auch aus anderen Gründen geraten Aufarbeiter in die Schlagzeilen. Im September zunächst wieder Hohenschönhausen: Der Stiftungsrat der Gedenkstätte entlässt den Leiter Hubertus Knabe, nachdem ihm Mitarbeiterinnen im Zuge von #MeToo vorgeworfen haben, jahrelang ein sexistisches Arbeitsklima ignoriert zu haben.

Kurz darauf erheben ehemalige Mitarbeiter des Doping-Hilfe-Vereins im Nordkurier Vorwürfe gegen ihre Vorsitzende Ines Geipel: Die Schriftstellerin und Aktivistin habe Opferzahlen nach oben korrigiert.

Seit Jahren war nicht so intensiv über die Berufs-Aufarbeiter gesprochen worden wie in dieser Zeit. Und einige wollten auch von sich aus Debatten anstoßen: Im Oktober kündigte die mächtige Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur an, ihren Fokus fortan nicht mehr nur auf die DDR-, sondern auch auf die Nachwendezeit zu legen.

Manches geschieht aus Zufall, manches aus Intention, in jedem Fall verändern sich Dinge.

Bleiben wir kurz bei der Entlassung von Hubertus Knabe. Sie ist in ihrer Bedeutung kaum zu überschätzen. Auch wenn Mitglieder des Stiftungsrates versichern, dass es bei der Entscheidung ausschließlich um die #MeToo-Vorwürfe gegangen sei, die gut dokumentiert und erdrückend gewesen seien, verlässt hier einer der medial einflussreichsten und schärfsten Ankläger des DDR-Unrechtssystems vorerst die Szenerie.

Auch mich hat er mit solchen Sätzen abgeschreckt

Knabe, in Nordrhein-Westfalen geboren und im Westen aufgewachsen, argumentierte gern so: „Die Erinnerung an die Opfer der zweiten deutschen Diktatur in diesem Jahrhundert wird in Zukunft an Gewicht gewinnen müssen. Sie muss für uns ähnlich selbstverständlich werden wie die an die Opfer des Nationalsozialismus.“ So beschrieb er nach seiner Ernennung im Jahr 2000 seine künftige Arbeit. Wie selbstverständlich er dabei beide Systeme wenn schon nicht verglich, so doch in einem Atemzug nannte, hat viele, gerade Ostdeutsche, gestört. Knabe war darin nicht der Einzige, aber wohl der Beharrlichste, Wirkmächtigste. Auch mich hat er mit solchen Sätzen abgeschreckt. Sie schienen mir zu vielem, was ich über die beiden deutschen Diktaturen wusste, nicht zu passen. Aber ich behielt meine Zweifel für mich, hatte zu große Angst, auch in den Verdacht zu geraten, DDR-Unrecht zu verharmlosen. Mit diesem Vorwurf wurde wild in alle Richtungen geschossen.

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Kritik konnte so an Hubertus Knabe jahrelang abprallen, auch weil er stets auf die Opfer verwies, in deren Namen er spreche. „Jeder, der Knabe und seine Gedenkstättenpolitik kritisiert, wird als Verharmloser und Stasi-Freund, bestenfalls Diktaturgeschädigter hingestellt“, schrieb Kowalczuk, noch bevor Knabe entlassen wurde.

So hat Hubertus Knabe die DDR-Aufarbeitung mit den Jahren zu einer Art Geheimwissenschaft gemacht, er monopolisierte sie und gestand kaum jemandem zu, darüber urteilen zu können. Wahrscheinlich war er deshalb in seiner Szene zuletzt ziemlich isoliert, viele ehemalige Bürgerrechtler hatten sich von ihm abgewandt. Zu den wenigen, die ihn nach seiner Entlassung verteidigten, gehörten Jan Fleischhauer und Birgit Kelle – sie sind als Experten für DDR-Aufarbeitung nun nicht eben bekannt. Die Opferverbände, auf die sich Knabe stets berief, verteidigten ihn erstaunlicherweise nicht. Marianne Birthler leitet nun interimistisch die Geschäfte der Gedenkstätte.

Kann es sein, dass die Zeit jener Aufarbeiter endet, die die DDR aufs Unrecht allein reduzieren? Und dass die Zeit jener Aufarbeiter beginnt, die das riesige Unrecht zwar in ihr Denken einbeziehen – aber immer auch im Blick haben, dass es noch mehr an Leben gab in diesem Staat?

Aufarbeitung, schrieb Kowalczuk in der Süddeutschen Zeitung, sei zu oft ein „geschichtspolitisches Anliegen“, bei dem es „nicht um Differenzierung, sondern um Anklage, Demaskierung und Entblößung“ gegangen sei.

Die Politikwissenschaftlerin Sandra Pingel-Schliemann schlug in ihrer vom Robert-Havemann-Archiv herausgegebenen Studie Zersetzen. Strategie einer Diktatur eine aktuellere, zweigeteilte DDR-Deutung vor: „War der Alltag in den 1950er Jahren noch geprägt von offenem Staatsterror, ging unter Honecker die politische Verfolgung durch den Justizapparat spürbar zurück. In den Jahren von 1950 bis 1953 waren jährlich ca. 11.000 bis 14.000 Menschen nach politischen Paragraphen verurteilt worden und zwischen 1965 und 1969 immer noch jährlich ca. 7.570 – deren Zahl halbierte sich nach der Machtübernahme Honeckers auf knapp 3.000 Menschen pro Jahr.“ Erich Honecker hatte Walter Ulbricht im Jahr 1971 als Ersten Mann im Staat abgelöst. In dieser Logik teilt sich die Geschichte der DDR ziemlich in der Mitte in eine stalinistische Ära Ulbrichts und eine zumindest gemäßigtere Honeckers.

Bis heute gebe es keine Gesamtanalyse darüber, wie vielen Menschen während der 40-jährigen Existenz der DDR politisch motiviertes Unrecht und Leid zugefügt wurde, resümiert der Historiker Ansgar Borbe in seiner Broschüre Die Zahl der Opfer des SED-Regimes . Konkrete Zahlen über all jene, die unter Berufsverboten litten, aus politischen Gründen exmatrikuliert oder gar nicht erst zum Abitur oder Studium zugelassen worden sind, gibt es nicht. Aber dass solche Zugänge bis zum Ende der DDR nach ideologischen Kategorien und nicht nach tatsächlicher Eignung entschieden wurden, gehört unbedingt zu den Erfahrungen der DDR-Gesellschaft. Sie hörte unter Honecker keineswegs auf. Nicht vergessen werden dürfen die Mauer- und Grenztoten, mindestens 139 Menschen starben in Berlin, mindestens 327 an der innerdeutschen Grenze. Hinter jeder dieser Zahlen steht eine Familiengeschichte, eine menschliche Tragödie, Leid.

„Nachdem wir unsere Angst überwunden hatten, fühlten wir uns frei“

Quelle      :      Zeit-online           >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben    —        For documentary purposes the German Federal Archive often retained the original image captions, which may be erroneous, biased, obsolete or politically extreme. Berlin, Sportlerball im Palast der Republik ADN-ZB/Franke/31.8.84 Berlin: Sportlerball Beim Eintreffen zum Sportlerball im Palast der Republik: Erich Honecker, Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzender des Staatsrates der DDR; Dr. h.c. Margot Honecker, Minister für Volksbildung der DDR (2.v.l.); Willi Stoph, Mitglied des Poltibüros des ZK der SED und Vorsitzender des Ministerrates der DDR. L.: Bahn-Radsprinter Lutz Heßlich; 2.v.r.: Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt. [Berlin.- Politiker und Sportler (u.a. Kati Witt) auf dem Weg zum Sportlerball im Palast der Republik, im Hintergrund Gebäude des Außenministeriums] Abgebildete Personen: Honecker, Erich: Staatsratsvorsitzender, Generalsekretär des ZK der SED, DDR (GND 118553399) Honecker, Margot: Ministerin für Volksbildung, SED, DDR (GND 122782933) Heßlich, Lutz: Radrennsportler, DDR Witt, Katarina: Eiskunstläuferin, SC Karl-Marx-Stadt, Olympiade 1984 und 1988, DDR (GND 11884508X) Stoph, Willi: Ministerpräsident, Staatsratsvorsitzender, Armeegeneral, SED, DDR

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2.)  Oben        —      Angelika Barbe sicher in die Welt von morgen CDU Abbildung: Porträtfoto – Nationalfarben Plakatart: Kandidaten/Personenplakat mit Objekt-Signatur: 10-001: 5052 Bestand: Plakate zu Bundestagswahlen (10-001) GliederungBestand10-18: Plakate zu Bundestagswahlen (10-001) » Die 14. Bundestagswahl am 27. September 1998 » CDU » Mit Porträtfoto Lizenz: KAS/ACDP 10-001: 5052 CC-BY-SA 3.0 DE

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Unten         —           Dieses Fotos dürfen Sie honorarfrei nutzen, wenn Sie folgenden credit beachten: Copyright: Das blaue Sofa / Club Bertelsmann. Hubertus Knabe, geboren 1959 in Unna, ist wissenschaftlicher Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen im ehemaligen zentralen Untersuchungsgefängnis des DDR-Staatssicherheitsdienstes. Von 1992 bis 2000 war er in der Forschungsabteilung des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (Gauck-Behörde) tätig. Zuletzt erschienen von ihm „ Die Täter sind unter uns“ (2007) und „Honeckers Erben“ (2009). www.ullsteinbuchverlage.de/ullsteintb/autor.php?id=6766&a…

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DIE – WOCHE

Erstellt von Redaktion am 12. November 2018

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1b/Die-Woche.png?uselang=de

Kolumne von Friedrich Küppersbusch

Donald Trump sucht einen neuen Justizminister, die SPD eine neue Ausrichtung und Hans-Georg Maaßen eine neue berufliche Perspektive.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der deutsche Einzelhandel verdient so obszön gut, dass er Tafeln gratis mit Ware beliefern kann.

Und was wird besser in dieser?

Bei Rewe bezahlt man jetzt 5 Euro für Tüten, die an die Tafeln gehen.

Am Freitag war der 9. November, ein denkwürdiger Tag. Ihr erster Gedanke: 1918, 1938 oder 1989?

1848 wäre noch im Angebot, da fand die standrechtliche Hinrichtung des Pauls­kirchen-Anführers Robert Blum statt. Und 1923, „Hitler-Ludendorff-Putsch“. Wobei Hitler seinen „Marsch auf die Feldherrnhalle“ bewusst aufs Datum der Republikausrufung setzte und sich damit der „Schicksalstag der Deutschen“ bereits selbst zitierte. Die Nazis ergötzten sich später jährlich daran, ein Argument gegen das Datum. Die Pogromnacht 1938 landete dann zufällig auf dem 9. 11. Deutschlands aktuell beliebtester Geschichtslehrer, Prof. Herfried Münkler, lädt trotzdem zum 9. 11. – denn der 3. 10. sei ein eher willkürlicher Tag der Selbstadelung Kohls und emotionslos. Neben der ersten deutschen Demokratie 1918 und dem Mauerfall 1989 sollten wir uns also mühen, mehr Top-Events auf den zahlenmagischen Germanen zu packen. Okay, „SPD kündigt Groko“ ist für dieses Jahr vertan und 3:2 gegen Bayern war tags drauf. Dranbleiben.

Auch die SPD will alles anders machen! Am Wochenende stritten sie beim „Debattencamp“ in Berlin über eine Neuausrichtung ihrer Sozialpolitik. Hartz IV überwinden, alle 12 Jahre ein Sabbatjahr ­finanziert vom Staat! Haben Sie noch Wünsche hinzuzufügen?

Nahles will „Hartz anpacken und hinter uns lassen“, was fair genug ist, bisher hat es „Hartz“ mit der SPD so gemacht. Mit dem Einladungstext „Lust auf was Neues? Mach mit! Mach Zukunft!“ positioniert sie sich als echte Alternative zu einer Wellness-Belohnung. Immerhin beschwört sie so ihren Glauben ans Programm. Das braucht’s, neben einem Macht- und einem Personalvorschlag.

Bei den Midterm-Wahlen in den USA ging die Mehrheit des Repräsentantenhauses zwar an die Demokraten, doch im Senat verloren sie sogar noch Sitze an die Republikaner. Warum ist die blaue Welle ausgeblieben?

Quelle   :       TAZ          >>>>>        weiterlesen

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DL-Tagesticker 12.11.18

Erstellt von Redaktion am 12. November 2018

Direkt eingeflogen mit unseren  Hubschrappschrap

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Gewogen und zu leicht empfunden ?

Medienberichte

1.) Seehofer will auch als Bundesinnenminister früher abtreten

Einen Monat nach dem desaströsen CSU-Ergebnis bei der Landtagswahl in Bayern zieht Horst Seehofer Konsequenzen: Er hat am Abend in München seinen Rücktritt als CSU-Chef angekündigt. Auch sein Amt als Bundesinnenminister will der 69-Jährige wohl vorzeitig abgeben, jedenfalls vor Ende der laufenden Legislaturperiode. Im Laufe der Woche will Seehofer eine persönliche Erklärung abgeben.

Sueddeutsche-Zeitung

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Da ist sie wieder die Großkotzigkeit der CDU ! War es nicht Merz – welcher mehr als 10 Jahre von der politischen Bildfläche verschwunden war ? Sind die Grünen clever, werden sie es nicht vergessen, dass sie nur als Fußvolk gesehen werden.

Kampf um CDU-Vorsitz

2.) Merz bezeichnet die Grünen als „partnerfähig

Die Grünen sind die Partei der Stunde, Friedrich Merz ist vielleicht die Zukunft der CDU. Geht da was? Der Bewerber für den Parteivorsitz lobt die Partei, die er früher überaus kritisch sah. Mit einem Grünen ist er besonders eng.

Welt

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So ist das Leben mit Möchtegerngrößen : Wenn das Maul ein normal steuernde Hirn ausschaltet!

Irgendwann wird es kurios

3.) „heute journal“: Diesel-Interview mit Slomka wird für Scheuer zum Spießrutenlauf 

Verkehrsminister Scheuer gab dem „heute journal“ ein Interview zum Diesel-Kompromiss. Moderatorin Marietta Slomka ließ sich die Einigung mit den Auto-Bossen partout nicht als Erfolg verkaufen. Verkehrsminister Andreas Scheuer lud am Donnerstag, 8. November, die Top-Manager der deutschen Autokonzerne zu einem Gipfeltreffen ein.

Merkur

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Das Linke Revue-Girl war wohl nicht als Dampfplauderer geladen? Schrieb ein Kommentator in den letzten Tagen nicht von: ca. 40 % Zustimmung für den Wackeldackel in der Öffentlichkeit? Die Partei wird bei BTW von runden 10 % gewählt. Ich schätze einmal, die fehlenden 30 % liegen in seinen Keller schon aufgebahrt

„Anne Will“-Talk:

4.) Volksparteien„In einen Sack und dann draufhauen“

Nach dem Verzicht von Angela Merkel auf den CDU-Parteivorsitz tritt wohl auch Horst Seehofer zurück. Die Volksparteien stecken tief in der Krise. Bei Anne Will wird ein Grund dafür klar: der ewige Zoff.

n.-tv

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Kleine Geister baden im Rausch ihrer Allmacht! Wer löste die Kriege aus? Alles  Vorfahren der heutigen Großmäuler – Selbsternannte Weltenherrscher in nichts von den heutigen unterscheidbar. „Vive la france  –  statt Deutschland über alles?“ Wird es nicht Zeit das Macron Erwachsen wird, oder ihm das wenigstens jemand sagt?

Macrons Rede zum Weltkriegsgedenken

5.) „Patriotismus ist das Gegenteil von Nationalismus“

Frankreichs Präsident Macron hat seine Rede zum Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriegs zu scharfer Kritik an Donald Trump genutzt. Ein Land, das nur an seine eigenen Interessen denke, verliere seine moralischen Werte.

Spiegel-online

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Auch ohne Flüchlinge: Karneval oder Sylvester – alles ist gleivh.

Polizei-Bilanz zum Start des Kölner Karneval

170 Platzverweise, über 100 Anzeigen und 5 Festnahmen

 Der erste Unfall passierte mittags an der Bühne am Heumarkt. Laut Mitteilung der Stadt Köln erlitt er vermutlich „mittelschwere“ Verletzungen an der Wirbelsäule. Er kam ins Krankenhaus. Wie das Unglück passierte, ist noch nicht bekannt. Aber: Für eine bessere Sicht auf die Bühne begeben sich einige Karnevalisten offenbar in Gefahr. Es waren Durchsagen zu hören, dass die Menschen aus Sicherheitsgründen keine Klettertouren unternehmen sollen.

Bild

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Bekloppte waren immer schon Anspruchsvoller als Normalos. 100 Jahre sind auch eine lange Zeit, da darf das Aufrüsten für einen neuen Krieg nicht ins Hintertreffen geraten. Müssen doch staatliche Totschläger immer ihre Bereitschaft zum Zuschlagen nachweisen. Anderenfalls wären sie doch überflüssig.

Sonntagsfrage:

7.) Was halten Sie davon, dass der Verteidigungsetat um über 4 Milliarden Euro (12%) gewachsen ist?

Pünktlich zum 100-jährigen Ende des 1. Weltkriegs setzt die Bundesregierung ein starkes Zeichen für Frieden und Abrüstung, indem sie die Verteidigungsausgaben für das Jahr 2019 um mehr als 4 Milliarden Euro auf 43,2 Milliarden Euro (+12 Prozent) erhöht. Bevor Sie sich jetzt freiwillig verpflichten, will der Aufrüstillon (unterstützt durch Budget Control) noch schnell von Ihnen wissen:

Der Postillon

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Hinweise und Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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