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Archiv für Oktober 29th, 2018

Im Wunderland Nördlingen

Erstellt von Redaktion am 29. Oktober 2018

Das Wartezimmer im Jobcenter ist leer.

Aus Nördlingen Barbara Dribbusch

Die Metzgerei schließt wegen Personalmangel. Eigner Bau sucht Arbeitskräfte bis ins Ausland. Das Wartezimmer im Jobcenter ist leer. Ein Spazier-gang durch Nördlingen, wo alle schon in Arbeit sind.

Die Metzgerei Pisko sendet den Alarmruf auf DIN-A4-Plakaten in die Welt. „Fachkräftemangel in Deutschland – auch uns hat es getroffen!“, verkünden Aushänge am Geschäft am Marktplatz 7 in Nördlingen. Man erfährt, dass einige Fachverkäuferinnen der Metzgereikette schwanger geworden sind, Vertretungen fanden sich nicht, also bleibt die Filiale im Stadtzentrum von Nördlingen „bis auf Weiteres“ geschlossen.

Wegen Fachkräftemangel geschlossene Läden, das sieht traurig aus in der Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen und historischen Spitzgiebelhäusern. Doch Nördlingen liegt im Landkreis Donau-Ries, im Wunderland. Es herrscht Vollbeschäftigung. Der Landkreis ist schuldenfrei. Nördlingen ist ein Arbeitnehmermarkt: Um Personal ist ein unsichtbarer Konkurrenzkampf entbrannt. Was im Wunderland los ist, zeigt sich auf Stadtspaziergängen.

Das Wartezimmer im Jobcenter: leer

In der Altstadt weist ein unauffälliges Schild zum Jobcenter, Herrengasse 39. Man überquert einen Bach, dann einen Hof und betritt einen schmucklosen Altbau. Eine Treppe mit einem hölzernen Handlauf führt hinauf zum ersten Stock. Das Wartezimmer dort ist leer. Der Raum wirkt wie das Wartezimmer einer Gemeinschaftspraxis nach Feierabend. Nur dass eben nicht Feierabend ist, sondern Sprechzeit. „Es ist hier nicht immer so leer“, sagt Arbeitsvermitter Dirk Möller fast schon entschuldigend. Möller, 52, Jeansträger, Dreitagebart, hat meist Terminkunden. 245 arbeitslose Hartz-IV-Empfänger gibt es in Nördlingen. Das ist ausgesprochen übersichtlich in einer 20.000-Einwohner-Stadt.

Auf Möllers Schreibtisch steht das Foto eines Oldtimermotorrades. An der Wand hängt ein Plakat mit einem Faultier, das auf einer Pipeline vor sich hin döst. „Ich bin nicht faul. Ich bin nur hochmotiviert, nichts zu tun“, heißt es auf dem Plakat. Das ist lässig.

Heimliche Schwarzarbeit im größeren Stil ist in der Stadt mit der historischen Stadtmauer drum herum kaum möglich. „Man kennt sich hier“, betont Möller. Neulich baute jemand in der Altstadt ein Extrafenster in sein Dach, ohne Genehmigung – das wurde sofort zum Aufmacher in der Lokalpresse.

„Wir haben hier einen Rest heiler Welt“, sagt Ingrid Eicher, „wer einigermaßen gesund ist, den bringen wir unter auf dem Arbeitsmarkt.“ Die 60-jährige Beamtin leitet das Jobcenter im Agenturbezirk Donauwörth, wozu auch Donau-Ries und Nördlingen gehören. Der Agenturbezirk hat die niedrigste Arbeitslosenquote in Deutschland.

Nördlingen, Herrengasse 39-20160809-003.jpg

Herrengasse 39 (Jobcenter)

Jahrzehntelang war Eicher im Sozialamt tätig, dann im Jobcenter. Von Müdigkeit, gar Resignation keine Spur. Eicher und Möller klingen ein bisschen wie Sozialarbeiter, wenn sie über ihre Klientel sprechen. Die Langzeitarbeitslosen seien ja „keine faulen Leute“, sagt Eicher. Viele litten unter persönlichen Hindernissen, gesundheitlichen Einschränkungen, psychischen Problemen, familiären Aufgaben in der Kinderbetreuung oder in der Altenpflege. Flüchtlinge sind in der Regel jünger und gesünder als die deutschen Langzeitarbeitslosen, ihre Vermittlungsquoten im Bezirk sind deshalb sogar höher. Auch Helferjobs gibt es in der Region, in der Gastronomie, in der Logistik, im Versand, im Lager, vieles über Zeitarbeit.

Möller setzt im Umgang mit seinen Klienten auf individuelle Ansprache, auf „Vorteilsübersetzung“, wie er es nennt. Das Jobcenter bezahlt Hartz-IV-Empfängern, die neu eine Arbeit aufnehmen, sogar für sechs Monate die Leasingraten für ein Auto, wenn sie anders nicht zu ihrem Job in der Region gelangen können.

„Wer gar nicht arbeiten will, der kommt nicht hierher, denn wer zu uns ins Jobcenter kommt, der weiß: Hier kriegt er ein Angebot, noch ein Angebot und noch ein Angebot“, erzählt Eicher. Genau das ist aber auch das Problem: viele freie Stellen. Und zu wenige Leute, um diese zu füllen. Man sieht es nicht nur in der Altstadt, wo Läden und Lokale um Verkaufspersonal werben. Im Internet-Jobportal für den Landkreis können Arbeitsuchende nach „Benefits“ fragen: „Hunde erlaubt“, „Home Office“, surfen in „sozialen Netzwerken“– immer finden sich Firmen, die bereit sind, einzugehen auf Arbeitnehmerwünsche, die Jobsuchende früher gar nicht zu äußern gewagt hätten.

Die Bewerberlage bei Eigner Bau: schwierig

„Man muss heute sehr nett sein zu seinen Mitarbeitern, sonst laufen sie einem davon“, sagt Werner Luther, und ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Luther, 59, ist Geschäftsführer von Eigner Bau mit Sitz am Weinmarkt in der Altstadt, man läuft ein paar Minuten vom Jobcenter hierher. Etwas versteckt liegt der Eingang des Unternehmens. Man vermutet hier nicht den Sitz einer der größten Baufirmen der Region mit 170 Mitarbeitern. In Luthers Büro hängen Fotos und Ölpor­träts seiner Vorgänger im Betrieb, einer davon war sein Vater.

Die Bewerberlage sei „schwieriger geworden“, sagt Luther. „Die Baufirmen suchen händeringend Azubis, finden aber keine.“ Azubis für das Bauhandwerk kommen überwiegend von den Hauptschulen, die hier Mittelschulen heißen, und sie kommen meistens aus der Region. Die jungen Leute aus der Gegend, die man als Fahrschüler am Bahnhof oder in der Altstadt sieht, mit ihren blau gefärbten Haarsträhnen und modisch eingerissenen Jeans, Kopfhörer im Ohr, sind gewissermaßen die heißeste Ware in der Region. Gold auf zwei Beinen.

File:Luther95theses.jpg

„Wir haben für die Personalsuche extra eine Mitarbeiterin abgestellt“, erzählt Luther. Die Dame zieht durch die Mittelschulen, mit einer PowerPoint-Präsentation im Gepäck, und sie tritt auf Elternsprechtagen auf. Wenn die jungen Leute und deren Eltern dann erfahren, dass man auf dem Bau heute schon als Auszubildender relativ gut verdient, dass man Bagger mit GPS-Steuerung fahren lernt und als gelernter Maurer oder Stahlbetonbauer später zum Polier aufsteigen kann, zum Meister, dann hat die Firma eine Chance.

Hilfreich für das Image beim Nachwuchs ist auch die Sache mit dem FC Bayern: Eigner baute für den Fußballverein mehrere Bürogebäude, ein Foto des Vereins hängt an der Wand im Firmensitz, ein neuer Auftrag für die Münchner läuft. „Das kommt natürlich gut an“ sagt Luther.

Natürlich schaut Luther auch ins Ausland. EU. Osteuropa. Über ein Projekt kamen 15 junge Ungarn ins Bauhandwerk in die Region. Nur zwei machten den Abschluss, erzählt der Geschäftsführer. Denn erstens haben auch junge Ungarn Heimweh. Und zweitens kann die deutsche Sprache sehr sperrig sein. Auch polnische Subunternehmer berichten den Leuten von Eigner Bau, dass viele Polen neuerdings lieber in der Heimat bleiben und dort arbeiten. Die Familie. Weniger Wohn- und Reisekosten. Weniger Sprachstress. Und die Wirtschaft in Polen läuft ja auch besser als früher.

Quelle     :       TAZ           >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen     :

Oben        —       Nördlingen, Luftaufnahme (2016), Blick von Westsüdwest

 

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Fehler am BGH

Erstellt von Redaktion am 29. Oktober 2018

Kann schon mal passieren

Eine Kolumne von

Fehler werden überall gemacht, auch am obersten Gerichtshof. Leider tut man sich hier mit dem Eingeständnis der eigenen Fehlbarkeit schwer. Dabei wäre Fehlerkultur in der höchsten Rechtsprechung besonders wichtig.

Fehlerkulturen

Menschen machen Fehler. Die meisten und schwersten Fehler machen regelmäßig die jeweils anderen. Je kleiner eine Gruppe, desto leichter sind ihre Angehörigen für alle anderen als „Andere“ auszumachen, und je umfangreicher oder schwieriger ihre Aufgaben, desto einfacher erscheint es allen, ihre Fehler zu erkennen. Davon können „die Politik“, „die Banken“, „die Justiz“ und „die Presse“ ein Lied singen. Es kann aber auch jedes andere soziale System treffen, von „die Autowerkstätten“ bis „die Zahnarztlobby“.

Fehler allgemein

Sozialpsychologisch interessant sind Konstruktionen, aus denen sich einerseits die jeweilige Beurteiler-Position ergibt, indem ungenaue soziologische Begriffe mit opfermoralisch aufgeladenen Jammer-Positionen kombiniert werden – also etwa „die Patienten“, „die Bahnkunden“, „die Steuerzahler“. Hierdurch wird andererseits das Fehlen der eigenen Expertise argumentativ kompensiert. Solche Konstruktionen steigern sich von „die Betroffenen“ (eignet sich für investigative Enthüllungen) über „Fachleute meinen“ (gern ganz junge „Wissenschaftler“ oder sehr alte Emeriti) bis zum ultimativen „die Bevölkerung“, die in der Weidel-Höcke-Welt „Volk“ (oder „liebes Volk“) heißt.

Rechtsfehler

Im Rechtsbereich, speziell im Strafrecht, sind die Gruppen der von Fehlern Betroffenen um keinen Deut kleiner, die Fehlerquellen meist klar erkennbar: „die Gerichte“, „die Staatsanwaltschaften“, „der Gesetzgeber“. Wichtige Fehlerproduzenten sind „unsichere Zeugen“ und „zweifelnde Sachverständige“. Ausgeschlossen als Fehlerquellen sind „die Opfer“, „die Öffentlichkeit“ sowie „der juristische Laie“ (auch „der einfache Bürger“ genannt).

Vertiefte Sachkenntnis erleichtert die Aufdeckung fremder Fehler nicht unbedingt. Gerade die groben und offenkundigen Fehler springen ja dem „Normalbürger“ umso leichter ins Auge, je weniger er sich zuvor mit der Sache beschäftigt hat. Auch das Aufspüren von strafgerichtlichen Fehlern ist aus dieser Perspektive eine Sache von Sekunden. Den meisten reicht schon das Überfliegen zusammenfassender Analysen („Skandal“, „Mörder freigelassen“, „Ohne sichtbare Regung nahm sie das Urteil entgegen“, und so weiter). Der Profi muss sich etwas mehr anstrengen, weil er meistens weiß, wie schwer es ist, zwischen goldrichtig und voll daneben zu unterscheiden. Am leichtesten haben es da noch die Strafverteidiger: Sie folgen im Zweifel der Intuition ihrer Mandanten, wonach der zentrale Fehler des angefochtenen Urteils darin besteht, dass es überhaupt ergangen ist.

Oberstes Gericht

Unter den sozialen Institutionen, die ständig schwere Fehler machen, sind – neben den Organen zur Überwachung des ruhenden Verkehrs – die Gerichte die auffälligsten, jedenfalls manche von ihnen. Gerichte entscheiden über konkrete Konflikte nach abstrakten Regeln. Genau das aber können die einen oft so wenig ertragen wie die anderen. Sie müssen es, weil es keine Alternative gibt außer der Gewalt. Weil das alles so ist, kommt es auf die Fehlerkultur der Strafjustiz stark an: Für den „Sinn“ des Vertrauens, für die Zuversicht in den Frieden, für die Hoffnung darauf, dass auch in Zukunft eine legitime Macht das Richtige vom Falschen unterscheiden wird.

Grundsatz

Ein oberstes Gericht ist (bei uns) ein oberstes Fachgericht, in der Abteilung „ordentliche Gerichtsbarkeit“ ist das der Bundesgerichtshof (BGH). Von 17 Senaten sind dort fünf Strafsenate (mit knapp 40 Richtern – etwa genauso viel wie schon seit 40 Jahren, obwohl seither 17 Millionen Bürger dazugekommen und viele Verfahren wesentlich aufwendiger geworden seid). Die Strafsenate haben die Aufgabe, erstinstanzliche Urteile von Landgerichten daraufhin zu untersuchen, ob sie Rechtsfehler enthalten. Dazu prüfen sie diese (schriftlichen) Urteile. Es gibt zwar auch (wenige) Hauptverhandlungen, aber auch da geht es nicht um Tatsachen. Da der Gegenstand der Prüfung somit allein die schriftliche Urteilsurkunde ist, muss man sie genau lesen. Drei Fünftel der höchstrichterlichen Fehlerprüfer begnügen sich allerdings in 95 Prozent aller Fälle damit, dass ihnen der Inhalt der hundertseitigen Akten einmal kurz erzählt wird – 10, 15, manchmal 25 Stück an einem Tag. Wenn man das anders machen würde, könnte man nämlich „die Arbeit nicht schaffen“ (meint: die geforderten 650 Akten im Jahr pro Senat nicht erledigen). Damit dieser schreckliche Verdacht nicht aufkommt, heißt es: Augen zu und durch.

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Aus demselben Grund müssen (!) – fernab der gesetzgeberischen Intention – 95 Prozent aller Fälle einstimmig entschieden werden. Denn jeder Widerspruch eines der fünf Richter führt zur Notwendigkeit einer Hauptverhandlung und verzögert den „reibungslosen“ Erledigungsablauf. Wer 15 Jahre mit denselben Kollegen in der Kleingruppe eines Senats zusammenarbeiten muss, überlegt sich sehr genau, wie oft er der „Einstimmigkeit“ nicht zustimmen darf, bevor er oder sie im Haus als „schwierig“ gilt. Die „Einstimmigkeits“-Beschlüsse wurden einmal für die die ganz wenigen „sonnenklaren“, offenkundigen Fälle eingeführt. Inzwischen machen sie mehr als 90 Prozent aller Entscheidungen aus, und von „Offensichtlichkeit“ kann überhaupt keine Rede mehr sein.

Quelle      :      Spiegel-online             >>>>>            weiterlesen

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Grafikquelloe      :

Oben      —      Thomas Fischer auf der re:publica 2016

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Unten      —          Bundesgerichtshof – Neubau

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Merkel sagt Tschüss – CDU

Erstellt von Redaktion am 29. Oktober 2018

Angela Merkel bietet Verzicht auf Parteivorsitz an

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Ihr wollt nicht – Dann gehe ich – tschüss

Nach den Verlusten ihrer Partei bei der Landtagswahl in Hessen ist Angela Merkel bereit, nicht erneut als CDU-Vorsitzende zu kandidieren. Kanzlerin will sie aber bleiben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist nach den Verlusten bei der Landtagswahl in Hessen bereit, nicht mehr für den Vorsitz der CDU zu kandidieren. Das kündigte Merkel laut übereinstimmenden Berichten aus Parteikreisen auf einer Präsidiumssitzung der Partei an. Sie wolle aber Kanzlerin bleiben.

Merkel ist seit 18 Jahren CDU-Chefin. Sie hatte bisher immer betont, dass für sie Parteivorsitz und Kanzlerschaft zusammengehören. Bei der Landtagswahl in Hessen hat die CDU deutlich verloren.

Die Nachfolge an der Parteispitze könnte schon auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember in Hamburg geregelt werden. Für den Posten könnte der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz kandidieren. Das berichten die Deutsche Presse-Agentur und die Bild-Zeitung unter Berufung auf das Umfeld von Merz.

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Die leere war schon lange Sichbar !

Friedrich Merz war bis 2002 Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bis die Parteivorsitzende Angela Merkel den Posten für sich beanspruchte. Merz wurde stellvertretender Fraktionschef, legte das Amt aber 2004 nieder. Anfang 2007 verkündete er seinen Rückzug aus der Politik.

Kramp-Karrenbauer, Spahn und Brinkhaus könnten kandidieren

Quelle     :        Zeit-Online           >>>>>            weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben      —           28. Parteitag der CDU Deutschlands am 14. Dezember 2015 in Karlsruhe

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Unten     —       Catrinas – Day of the Dead Ladies

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Streit um den § 219 a

Erstellt von Redaktion am 29. Oktober 2018

Schutz vor LebensschützerInnen

Von Johanna Henkel-Waidhofer

Papst Franziskus vergleicht Abtreibung mit Auftragsmord, Beratungsstellen werden tyrannisiert, gegen den „Babycaust“ wird demonstriert – Frauen, die abtreiben wollen, sind zunehmend unter Druck. Und ebenso die, die ihnen helfen.

Nur mal angenommen, vor der Schwabengarage oder vor dem Breuninger-Parkhaus in Stuttgart stünden 40 Tage lang UmweltaktivistInnen mit Bildern von Klimatoten oder von feinstaubzerfressenen Lungen und wollten so AutofahrerInnen abbringen von ihrem fatalen Tun. Die Aufregung wäre sicher schnell hochgekocht und solchen Mahnwachen Einhalt geboten – durch Schutzzonen oder Betretungsverbote, weil Autohändler oder Parkhausbetreiber Security-Unternehmen anheuern. Die öffentliche Meinung hätten die DemonstrantInnen in Windeseile gegen sich. Und es gehört wenig Fantasie dazu, sich auszumalen, wie zügig speziell die Grünen mit einer neuen Verbotspartei-Debatte überzogen würden, um Stimmung zu machen für freie Fahrt und die Rechte freier BürgerInnen.

Demonstrationen in etlichen deutschen Städten verfolgen gerade andere Ziele. Die biblischen 40 Tage lang wird mit Plakaten und Gebeten Stimmung gemacht, nicht vor Autohäusern, sondern vor Beratungsstellen und „Abtreibungspraxen“. Die gesellschaftliche Empörung, die auch Ausdruck der Solidarität mit jenen Frauen wäre, die nichts anderes wollen als verbrieftes Recht auf Beratung, Unterstützung und Hilfe in Anspruch nehmen, hält sich in engen Grenzen.

Beispiel Frankfurt: Hier hat das Stadtparlament, angestoßen von SPD und Grünen, beschlossen, eine Schutzzone einzurichten vor der Pro-Familia-Beratungsstelle im Westend, vor der fundamentalistische AbtreibungsgegnerInnen auf ratsuchende Frauen einwirken wollen. Doch der zuständige CDU-Ordnungsdezernent Markus Frank ist nicht bereit, den Beschluss umzusetzen; der 49-jährige Kfz-Meister hält die geforderte Schutzzone für rechtswidrig. „Eine 150-Meter-Zone wäre ein schwerwiegender Eingriff ins Versammlungsrecht und damit rechtswidrig“, sagt Frank im Interview mit der „Frankfurter Rundschau“. Er habe vom Rechtsamt ein Gutachten erstellen lassen und mit einem Verwaltungsrichter gesprochen, und der habe erklärt: „Wenn die Abtreibungsgegner gegen die Schutzzone klagen, dann ist diese Verfügung in nicht einmal 15 Minuten vom Tisch.“

In Frankfurt wehrt sich ein breites Bündnis

Der selbstauferlegten Zurückhaltung eines CDU-Mannes steht das Engagement vieler couragierter Frauen und von mehr als 40 Organisationen gegenüber. Schon im März wurde ein Aufruf des Bündnisses Frankfurt für Frauenrechte formuliert: „Im fünfzigsten Jahr der Zweiten Frauenbewegung, die in Frankfurt ihre Wurzeln hat, wollen wir dem Treiben dieser rechtspopulistischen Gruppen nicht länger zusehen.“ Vor allem eine Erwartung ist unmissverständlich. Rechtsgüter müssten „erneut abgewogen und Mahnwachen auf Plätze verwiesen werden, von denen aus es zu keinerlei Beeinträchtigungen des anonymen Zugangs zu Beratungseinrichtungen mehr kommen kann“. Denn das Schwangeren-Beratungsgesetz sehe „ausdrücklich vor, dass es bei der Beratung keinerlei Beeinflussung von außen geben darf“.

Die Pforzheimer Pro Familia hat zur Selbsthilfe gegriffen. Nach dem ersten 40-tägigen Belagerungszyklus wurden flugs Veranstaltungen angemeldet und auf diese Weise die selbsternannten LebensschützerInnen auf die weit gegenüberliegende Straßenseite gezwungen. Ein Dauerzustand sei dies aber nicht, so die Pro-Familia-Verantwortlichen, weil die durchgehende Besetzung der eigenen Termine nur schwer zu stemmen sei.

Immerhin: Für Freiburg sind – höchstrichterlich bestätigt – sogenannte „Gehsteigbelästigungen“ von der Stadt schon seit Jahren untersagt. Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass es sich bei Demonstrationen, begleitet von Gebeten, Gesängen und Plakaten von Föten, um „schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung“ der ungewollt schwangeren Frauen handelt. Das Ziel der Schutzzonen-BefürworterInnen ist bundesweit immer dasselbe und im Frankfurter Aufruf erläutert: „Das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung und auf eine ergebnisoffene, wohlwollende, kostenlose und anonyme Schwangerschaftskonfliktberatung für Frauen muss uneingeschränkt sichergestellt sein.“

In Stuttgart vertrieb eine Hasskampagne den Abtreibungsarzt Stapf

Stuttgart ist gegenwärtig noch verschont von den in evangelikalen Kreisen der USA erdachten Aufmärschen, die seit 2004 und nach Angaben der OrganisatorInnen in inzwischen 28 Ländern stattfinden, mit dem Ziel eines weltweiten Endes von Abtreibungen. Doch deren größter Erfolg ist bereits eingefahren: Mit einer Hasskampagne wurde der renommierte Abtreibungsarzt Friedrich Stapf Anfang 2015 aus der Stadt vertrieben. Seit 1991 hatten er und sein Team pro Jahr rund 2200 Schwangerschaften beendet. Radikale GegnerInnen, versammelt um Klaus Günter Annen, einen früheren Autoverkäufer aus Weinheim, und Gefolgsleute der AfD hatten sogar potenzielle Vermieter traktiert. Stapf wanderte nach München ab, wo er wenigstens Praxisräume fand, die allerdings auch belagert werden.

Annen hat eben erst zwei Mal für Schlagzeilen gesorgt – für positive, aus Sicht einer aufgeklärten Gesellschaft. Denn erneut ist er mit seinen Beschwerden vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gescheitert. Er darf, wie von deutschen Gerichten entschieden, die Arbeit in der Stammzellenforschung nicht mit Menschenversuchen in nationalsozialistischen Konzentrationslagern vergleichen. Und alle Verbote, Abtreibung mit Holocaust und Mord auf eine Stufe zu stellen, haben bisher ebenfalls Bestand.

Quelle     :       KONREXT-Wochenzeitung           >>>>>            weiterlesen

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Grafikquellen    :

Oben     —         Kristina Hänel – WikiMANNia

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Unten     —            Demonstration gegen den § 218 in Göttingen, 1988

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DIE – WOCHE

Erstellt von Redaktion am 29. Oktober 2018

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1b/Die-Woche.png?uselang=de

Kolumne von Friedrich Küppersbusch

In Brasilien wird wohl ein zweiter Trump Präsident. Ist denn alles schlecht? Immerhin mischt der Bundestag sich in die Politik ein.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Vor dem Bundesliga-Radio bin ich entspannt, vor der Wahlsondersendung nervös.

Und was wird besser in dieser?

Nichts, aber andersrum.

Mit Hessen ist das Wahljahr 2018 jetzt durch. Ihr Fazit?

Das letzte Aufgebot der „Volksparteien“ scheitert. Die Union definiert „konservativ“ nicht neu, sondern schreibt beim Sitznachbarn AfD ab. Die SPD findet kein linkes Projekt und scheut die Führungsrolle „diesseits der Mitte“ aus allerlei sektiererischen Bedenken. Wenn alle Massen zur Mitte drängen, verdichtet die sich zum schwarzen Loch.

Auch Brasilien hat gewählt. Der Präsidentschaftswahlkampf war vor allem geprägt durch Hass und Falschmeldungen von Jair Bolsonaro. Wie kann ein Mann, der die Militärdiktatur verherrlicht, so viele Anhänger finden?

Kaczyński, Berlusconi, Trump, in seiner Weise auch Gauland gehörten Jahrzehnte zum Establishment, um im entscheidenden Moment als Kronzeugen dagegen anzutreten. So auch Bolsonaro, der „Trump Brasiliens“, oder Trump, der „Bolsonaro der USA“. Der Ex-Militär kritisiert, die Junta habe „gefoltert, statt zu töten“, möchte „lieber mit Hitler verglichen werden als schwul sein“ und verspricht Waffenfreigabe – schon jetzt werden 60.000 Menschen jährlich in Brasilien ermordet. Ein nicht erklärter Bürgerkrieg. Auch mit der Ankündigung, die Wahl nur anzuerkennen, wenn er sie gewinnt, covert Bolsonaro Trump wörtlich. Sein Programm aus Militärkabinett, Folter, Selbstjustiz und Rückwärtsgang verfängt bei evangelikalen Kirchen, Armee, Wirtschaft und den Abgehängten. Oder so: Ein deutscher Bolsonarotrumporban ist nur eine dicke Wirtschaftskrise weit weg und mästet sich bis dahin mit den Pfründen seines unauffälligen Establishment-Jobs.

Trump hat außerdem angekündigt, das INF-Abkommen mit Russland zu kündigen. Der Vertrag verbietet Mittelstreckenraketen, die Atomwaffen transportieren können. Der Startschuss für ein neues Wettrüsten, wie Putin warnt?

Quelle    :     TAZ           >>>>>          weiterlesen

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Grafikquelle  :    Bearbeitung durch User:Denis_Apel – Lizenz “Creative Commons“ „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen“

Urheber Unbekanntwikidata:Q4233718

 

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DL-Tagesticker 29.10.18

Erstellt von Redaktion am 29. Oktober 2018

Direkt eingeflogen mit unseren  Hubschrappschrap

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Der KO – Tritt in den verlängerten Rücken der Merkel ? Ausgerechnet die ÖKO – Partei bereitet ihr Ende vor? Das Ende einer Physikerin welche selbst auf ihren eigenen Fachgebiet den Lobbyisten kläglich ergeben war. Von den Leistungen in der Wirtschaft schweigt des Sängers Höflichkeit, besser.

Vorläufiges amtliches Endergebnis

1.) „Bouffier könnte weitermachen –
aber die Grünen haben alles in der Hand“

Die CDU bleibt trotz massiver Einbußen bei der Wahl in Hessen stärkste Kraft, die SPD liegt knapp vor den Grünen auf Platz zwei. Schwarz-Grün hat die Chance auf eine Fortsetzung der Regierungskoalition, aber auch andere Konstellationen sind denkbar.  Erst Bayern, jetzt Hessen – die Wähler haben die zerstrittenen Parteien der großen Koalition erneut abgestraft. Bei der Landtagswahl in Hessen erlitten CDU wie SPD am Sonntag zweistellige Verluste. Die Christdemokraten von Ministerpräsident Volker Bouffier kamen nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf ihr schlechtestes Ergebnis in dem Bundesland seit mehr als 50 Jahren, blieben aber stärkste Kraft. Dank der hoher Zugewinne der Grünen ist eine Fortsetzung des seit 2013 regierenden schwarz-grünen Bündnisses knapp möglich. Daneben kommen auch CDU und SPD sowie SPD, Grüne und FDP rechnerisch auf eine Mehrheit. Am stabilsten wäre ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP.

Stern-online

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In der AfD werden mutmaßlich einige Leute jetzt krähen: „Die können nicht mehr nach Teutschland kommen?“

Indonesien:

2.) Passagierflugzeug nach Start von Jakarta abgestürzt

Ein Passagierflugzeug der indonesischen Fluggesellschaft Lion Air ist vor der Küste von Sumatra ins Meer gestürzt. Behördenangaben zufolge waren 188 Menschen an Bord. Nach Angaben des indonesischen Verkehrsministeriums und der Katastrophenschutzbehörde ist die zuvor als vermisst gemeldete Passagiermaschine der indonesischen Fluggesellschaft Lion Air abgestürzt. Es sei unklar, ob jemand den Absturz überlebt habe.

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Nachdem sie zuvor ihre Perlen unter die Säue verteilt hat, steht sie nun mit leeren Händen da und fühlt sich immer noch stark? Die heutigen roten Nullen haben noch nicht bemerkt das ihre Unterstützung für den Genossen der Bosse den Untergang aller bedeutet.

Landtagswahl Hessen

3.) Nahles stellt Bedingungen für Fortbestand der großen Koalition

In Hessen erreicht die SPD ihr schlechtestes Ergebnis aller Zeiten in dem Bundesland. Parteichefin Andrea Nahles fordert einen „Fahrplan“ für die große Koalition – und stellt das Ende der Bundesregierung in Aussicht.  Zum zweiten Mal trat Andrea Nahles an einem Sonntagabend vor die im Willy-Brandt-Haus aufgebauten Kameras, um als SPD-Vorsitzende die Ergebnisse einer Landtagswahl zu kommentieren. Und zum zweiten Mal hatte es die 48-jährige Parteichefin mit einem historischen Resultat zu tun – zu ihrem Leidwesen mit einem historisch schlechten.

Die Welt

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Ja, so ist das Leben: Wo andere sich bemüßigen endlich „Aufzustehen“ werden hier schon die ersten Erfolge sichtbar. Der Erfolg fordert eben immer seinen Preis. Und wer schon ohne Verstand startet – auch den  bestraft das Leben. Das Saufen, Fressen und ein Leben wie Gott in Frankreich geht in der irischen See als Teufel unter.

Hessenwahl

4.) Grünen-Spitzenkandidat Al-Wazir gewinnt Direktmandat in Offenbach

Noch ein Erfolg für Tarek Al-Wazir bei der Landtagswahl: In seiner Heimatstadt Offenbach holt er das erste Direktmandat in Hessen für die Grünen überhaupt. Der enorme Zugewinn der Grünen bei der Landtagswahl in Hessen könnte der Partei mehrere Direktmandate bescheren: Als erster direkt gewählt ist Tarek Al-Wazir, Spitzenkandidat der Grünen in seiner Heimatstadt Offenbach. Das ist das hessenweit erste Direktmandat für seine Partei überhaupt.

Spiegel-online

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Gut das es Linke gibt welche sich vor der Arbeit nicht drücken, und an den Ort zu finden sind, wohin sie auch gewählt wurden!

Linke Hoffnungsträgerin in Hessen

5.) Kämpferisch und redegewandt

Mit mehr als 6 Prozent zieht die Linkspartei erneut in den Hessischen Landtag ein. Das verdankt sie nicht zuletzt Spitzenkandidatin Janine Wissler.  Janine Wissler lässt sich keine Enttäuschung anmerken. „Das ist für ein westdeutsches Flächenland wirklich toll“, kommentiert die Spitzenkandidatin der Linkspartei in Hessen die ersten Hochrechnungen am Sonntagabend. In den letzten Umfragen hatte ihre Partei noch konstant bei acht Prozent gelegen. Doch auf den Wahlzetteln ist sie nun weniger oft angekreuzt worden. Sie kommt nur auf etwas mehr als sechs Prozent. Trotzdem zeigt sich Wissler zufrieden. „Das ist das beste Ergebnis, das die Linke in Hessen jemals hatte“, sagt sie. „Wir werden heute Abend feiern.“

TAZ

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Die größten Luschen aus den CDU – Kindergarten rüsten schon auf. Früher Mutti – heute Fruttis !

CDU nach Hessen-Absturz :

6.) Ein bisschen Kritik und ein Blick in die Zukunft

Nach der Hessen-Wahl will die CDU nicht um das schlechte Ergebnis „drum herumreden“. Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer möchte der Partei mit drei konkreten Projekten aus dem Tief helfen. Die Zukunft von Kanzlerin Merkel kommentiert sie nüchtern.

 FAZ

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Merkel als Zuckerschnute. Aber nur noch für kurze Zeit im Angebot!

Stopp von Rüstungsexporten:

7.) Deutschland liefert nur noch Kuchen und Torten an Saudi-Arabien

Richtig so! Nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul hat die Bundesregierung einen vollständigen Stopp aller Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien angekündigt. Stattdessen sollen nur noch Kuchen und Torten geliefert werden, die in einer neuen Kooperation von Heckler & Koch und Coppenrath & Wiese (Heckler & Coppenrath) hergestellt werden.

Der Postillon

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Hinweise und Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquelle:   Oben —  DL / privat – Wikimedia Commons – cc-by-sa-3.

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