DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Archiv für Oktober 26th, 2018

Klatschende Apparatschiks

Erstellt von Redaktion am 26. Oktober 2018

Schröders lange vorprogrammierter Untergang der SPD

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Ja, klatschen bis der Arzt kommt, das ist aber in allen Parteien gang und gäbe. Wer denn sonst sollte denen Beifall zollen, welche gerade noch in der Lage sind,  zehn Worte in einem Satz ohne Fehler auszusprechen ? In der Linken wird dazu meistens noch eine rote Fahne geschwungen., wofür die Rednerin sogar aufgestanden ist, in der Hoffnung gleich zu ihren Höhenflug anzusetzen, und sich dann wundert, in einer glatten Bauchlandung  zu enden.

Das ist Politik heute wo sich die roten und schwarzem Nullen zufrieden die Hände reichen. Hat man doch sonst nichts anderes — gelernt. Zumindest das Gefühl und Gespür für Volk und Gesellschaft vollkommen verloren. So werden die Zuhörer eingelullt mit leeren Worten aus holen Köpfen wobei die Redenden immer gerade das Versprechen was sie bereits in den letzten 10 Jahren nicht eingehalten haben.- DL- Red. – IE –

Von Martin Reeh

Eine schnelle Rettung der SPD ist nicht in Sicht. Keine andere Partei hat ein solches Personalproblem – und inhaltlich so viel an Profil verloren.

Zehn schnelle Punkte, wie sich die SPD vor dem Untergang retten könnte, hat Stefan Reinecke in der Wochenendausgabe der taz aufgeschrieben: Agenda weg! Erbschaftssteuer her! Mehr Selbstbewusstsein! Raus aus der Großen Koalition! Vieles davon scheint richtig. Und trotzdem: Die Krise der einstigen Volkspartei ist inzwischen zu groß und vielschichtig, als dass sie jetzt, 2018, noch mit der schnellen Umsetzung einiger Punkte zu bewältigen wäre.

Warum die Sozialdemokraten so tief in die Krise geraten konnten, lässt sich auf fast jedem SPD-Parteitag besichtigen: die Sitzordnung. Oben thront der Parteivorstand mit Namensschildern, unten die einfachen Delegierten. Wer aus dem Vorstand bei Redebeiträgen zu wenig jubelt, gegen wichtige Anträge stimmt – all das wird von den Kameras registriert. Was zur Konsequenz hat, dass der Vorstand meist geschlossen auftritt. Die SPD sozialisiert ihre Führung dazu, Fehler zu beklatschen.

Auch deshalb ist das Personal an der Spitze handwerklich immer schlechter geworden: angefangen vom Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, der seine hohen Vortragshonorare nicht als Problem erkannte, über den ratlosen und verlorenen Martin Schulz bis hin zu Andrea Nahles und ihrem Agieren in der Schulz-als-Außenminister- und Maaßen-als-Staatssekretär-Frage. Vielleicht hätte die SPD mit einer offenen Diskussionskultur auf Parteitagen auch die Bedeutung des Wohnungsthemas vor Linken und Grünen erkannt.

Parteien müssen immer den Spagat zwischen Geschlossenheit und Innovation bewältigen. Sind sie intern zu gespalten, verlieren sie an Zustimmung – wie die SPD während des Führungsstreits vor dem Mannheimer Parteitag, den Lafontaine mit seiner Wahl zum Parteichef beendete. Sind sie zu geschlossen, verlieren sie ihr Gefühl dafür, wie sich Gesellschaft verändert, weil es niemand mit abweichenden Meinungen an die Spitze schafft. Insbesondere Volksparteien müssen zudem eine Breite von Positionen und Charakteren anbieten, um unterschiedliche Wählergruppen anzusprechen. Bei der SPD ist an der Spitze aber die Variationsbreite zu gering: Von Nahles bis Klingbeil dominiert ein Typus, dem man die lange Lebenszeit in den Parteigremien anmerkt und der sich politisch nur in Nuancen unterscheidet. Zu viele Apparatschiks, zu wenig Charismatiker.

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Angenommen, die SPD stiege aus der Großen Koalition aus: Wer sollte für sie als SpitzenkandidatIn gegen einen authentisch wirkenden Robert Habeck antreten? Andrea Nahles, der man bis in ihre Gestik ansieht, wenn sie taktisch argumentiert? Der zu hölzern wirkende Olaf Scholz? Solide, aber spröde Landespolitiker wie Stephan Weil? Manuela Schwesig, die gesellschaftspolitisch nur das grünen-nahe Wählerklientel erreichen würde? Die SPD hat – im Gegensatz vor allem zu Union und Grünen – ein Personalproblem, das mittelfristig nicht lösbar ist.

Quelle         :       TAZ            >>>>>             weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —          Gruppenaufnahmen auf dem SPD Bundesparteitag am 19. März 2017 in Berlin

Author Olaf Kosinsky
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Flag of Germany.svg

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Unten       —     Karikatur von Gerhard Mester zum Klimawandel: „Weiter so“

/ Gerhard Mester (CC BY-SA 4.0

 

 

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B.- Wer darf ins Berghain?

Erstellt von Redaktion am 26. Oktober 2018

Über die Angst vorm Pöbel,
ethische Türpolitik und gute Schlangen-Disziplin

Berghain - Panorama Bar 2017.jpg

Quelle      :      untergrund-blättle

Von Kilian Jörg  berlinergazette.de

Wie kommt man ins Berghain? Eine Frage, über die mehr spekuliert wurde als über die vier Kant’schen Grundfragen der Philosophie.

Denn abseits einiger offensichtlicher Richtlinien – gerne schwarz, keinesfalls schnöselig, in kleinen Gruppen anstellen usw. – gibt es keinen Dresscode, der den Eintritt garantiert. Die Berliner Gazette-AutorInnen Kilian Jörg und Jorinde Schulz begeben sich auf eine Spurensuche in die Berliner Clublandschaft und erkunden ethische Dimensionen der Türpolitik und die Angst vorm Pöbel:

Das ehemalige Heizwerk Berghain behält sich eine Unberechenbarkeit vor, mit der es sich den Status des modernen Orakels sichert. Nie kann man wissen, wer eingelassen wird. Die Zeichen sind stets vage, lassen sich in vielfältiger Manier interpretieren und nur eins ist konstant: die Unabwendbarkeit des Urteils. Wird man abgewiesen, nützt kein Verhandeln, kein nett lächelndes Nachfragen, kein Aufplustern – man ist draussen.

Das Kopfschütteln ist nüchtern und minimal; ist gar nicht böse gemeint, geht halt nicht, hier gehörst du nicht hin. Trotzdem macht man sich am besten so schnell wie möglich davon, sonst riskiert man, vor der ganzen Schlange angeschrien, getreten oder verbal gedemütigt zu werden. Der Unbeirrbarkeit der Türsteher entspricht die bedingungslose Hinnahme des Urteils seitens der Freundesgruppen: Wird ein Gruppenmitglied abgewiesen, geht der Rest natürlich trotzdem rein.

Fünf Minuten ist der Triumph leicht getrübt durch schlechtes Gewissen, aber man fühlt sich doch auch angenehm gekitzelt durch den just erhaltenen Ritterschlag – ein bisschen besser ist man nun als die ausgeschlossene Person. Bereitwillig identifiziert man sich mit der ausschliessenden Macht, indem man sofort rationalisiert, warum dieser Ausschluss geschehen musste, man ihm also nicht anders als zustimmen kann. “Ja, ihr Kleid war auch schon sehr brav.” “Man muss es halt wirklich wollen, die Türsteher spüren das.” “No offense – aber es war vielleicht nicht schlecht, dass wir ihn alleine geschickt haben – er ist schon unser schwächstes Glied.”

Egalitarismus, Humanismus, Aufklärung und so…

Legitimiert wird so, was sich ohnehin ausserhalb von Rechtfertigungen befindet – die Macht des erfolgreichen Clubs: eine knallharte und willkürliche Politik des Ausschlusses, die jeder und jedem Eingelassenen den feuchtmachenden und hodenkitzelnden Genuss des Eingeweihtseins gibt. Die Verschmähten grollen oder verdecken die erlittene Schmach durch eine Schicht lächelnder Ironisierung, an die sie selbst nicht glauben – “Scheisstür.” “Dieses ganze Getue um den Club kann ich nicht ab.” Gerüchte über Verzweiflungstaten – das Mädchen, das sich nach der Ablehnung am Boden liegende Scherben krallte und damit die Pulsadern aufschlitzte, der Typ, der in Tränen ausbrach und flehend auf die Knie fiel – bezeugen aber das Gewicht des Verdikts.

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Jene, die regelmässig reingelassen werden, fühlen sich sicher, dass ihre Aufnahme in die Clubaristokratie kein Zufall ist. Vielleicht stimmt das sogar, vielleicht gibt es eine Regel. Zumindest das Gesetz der grossen Zahlen: Je öfter man reingelassen wurde, desto öfter wird man reingelassen. War man regulär da, ist man eben one of the regulars. Denn womöglich geht es gar nicht um irgendwelche äusseren Merkmale, sondern vielmehr um ein geschmackliches Eingestimmtsein, ein antrainiertes Lebensgefühl:

“Würdest du den Jan reinlassen – so wie der jetzt aussieht?”
“Das sind immer so die … auch Lieblingsjournalistenfragen … ich lass jeden …”
“Ja weil alle so eine Angst vor dir haben, weil man denkt: ‘Oh mein Gott, der hat die Macht, und man will dann wissen: Gehört man dazu oder nicht?’”
“Frau Kässmann hat mich das auch schon mal gefragt, aber ich glaube nicht … Frau Kässmanns Lebensgefühl wird sicher nicht das Berghain sein. Wenn die sich vorstellt, ich klopfe morgens an irgendein Bischoffsamt – ich glaube, dass würde auch nicht funktionieren. Also das ist halt so ’ne … ich denke, wenn mich jemand fragt … also die Frage muss gar nicht entstehen: Wer da hinkommt und wirklich da Spass haben möchte oder es gehört zu seinem Lebensgefühl, dann kommt er sicher auch rein. Aber immer diese Fragen ausserhalb des Ganzen find ich schwierig, also weil …”
“Aber wonach gehst du denn?”
“Auch das ist ’ne Frage … die ist so … (…) man hat ja auch eine Verantwortung für den Abend und die Leute, die dort feiern …”
“… und wir sind eine Bedrohung?!”
“… das habe ich auch nicht gesagt, aber …” (gekürztes Gespräch aus diesem YouTube-Clip, in dem Startürsteher Sven Marquardt über seine Türpolitik spricht)

Die Türpolitik ist dem demokratischen Denken radikal entgegengesetzt. Deswegen verärgert und empört sie, zumindest oberflächlich, denn (noch) ist der Egalitarismus allen guten HumanistInnen in die Seele geschrieben. Alle Menschen sind gleich, Aufklärung und so … So überzeugend diese regulativen Ideen sind, ist die Gleichheit aller weniger interessant als die bequeme Homogenität der eigenen Lebensräume, deren eingespieltes Zusammenschwingen durch Neulinge bedroht wird.

Die Psychostruktur der Clubgemeinde ist ein besonders schönes Beispiel dafür: Politisiert sie sich wie in der Hedonistischen Internationale im Zuge der “Media Spree versenken”-Kampagne der späten 2000er Jahre, führt die innere Spaltung zu paradoxen Problemen: Einerseits tritt man natürlich für alternative Stadtentwicklung ein und wehrt sich gegen die Vereinnahmung “unserer” Stadt durch Investoren und deren Bauprojekte. Wenn dann aber ein allgemein zugänglicher Fussgängerweg entlang der Spree auch durch die Bar 25 führen soll, ist das eine Existenzgefahr für den Club: “Ein für alle offener Spazierweg durch die Bar 25 als Folge des Bürgerbegehrens? Kein Türsteher mehr? In einem Absturzladen, der für seine Exzesse bekannt ist? Er wäre innerhalb eines schönen Sommerwochendes Geschichte.” (Tobias Rapp, Lost and Sound, S. 45)

Alternativ- und Subkultur scheinen Verschalung und Exklusivität zu suchen – und sind mit einer allgemeinen, potenziell zersetzenden Zugänglichkeit verfeindet: “Der emanzipatorische Kern der Subkultur richtet sich stets nach innen, neue Formen des Zusammenlebens werden gesucht, Unabhängigkeitserklärungen vom grossen Falschen erkämpft.” “Subkultur ist eben nicht notwendigerweise demokratisch, auch wenn sie sich von drinnen so anfühlt.” (Tobias Rapp) Den dunkel gekleideten Eingeweihten und regulars des Berghains ist das Demokratiedefizit, dem man zuerst an seinen Toren begegnet, demonstrativ scheissegal.

Zugang und Neoliberalismus

Der Pöbel ist das Problem, der auch das tolle Erlebnis haben möchte – ohne richtig zu sein. Gäbe es keine Türpolitik, wir wissen es alle, erginge es dem Berghain wie jedem griechischen Ferienort, der vor 20 Jahren mal ein Geheimtipp war. Auch die Bar 25 war bald Geschichte, der nachfolgende Kater Holzig ist für viele Szeneprofis nur einen herablassenden Wimpernschlag wert: “Touristen”.

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Die Verpöbelung ist die heimliche Angst jedes Szenemitglieds, nur übertroffen von der noch heimlicheren obsessiven Selbstprüfung, nur ja nicht selbst zu diesem Popularisierungsphänomen beizutragen, welches unvermeidlich zu ebenjener Verfälschung führt. So befindet man sich auf der ewigen Suche nach den Ursprüngen, dem richtigen Gefühl, dem harten Kern der Eingeweihten. Pflichtschuldig kauft man sich einen Lederriemen oder lässt sich in Handschellen abführen, obwohl man eigentlich keinen Bock darauf hat.

“gerüchten zufolge werden absofort scharfschützen auf den umliegenden dächern postiert um die warteschlange schon von vornherein etwas auszudünnen. es empfiehlt sich also keine auffälligen farben zutragen und möglichst nicht rumzuzappeln um eventuell durch’s raster zu fallen. wer es dennoch bis zur tür geschafft hat und dann trotzdem abgewiesen wird sollte es tunlichst vermeiden jetzt eine diskussion zu starten, denn in dem ehemaligen heizkraftwerk sollen noch einige funktionstüchtige öfen existieren …ihr berliner fremdenverkehrsamt wünscht ihnen einen angenehmen aufenthalt” (so ein Kommentartor in einem Forum)

Man hat es schlicht zu akzeptieren. So steht die Türpolitik ganz im Zeichen dessen, was man die analytisch-definitorische Wahrheit des Wortes “Club” nennen könnte: eine Mitgliederorganisation mit limited access. Ganz wie der Satz “Alle Junggesellen sind unverheiratet” ist auch “Alle Clubs schliessen aus” wahr und tautologisch. Ein kleiner historischer Rückblick bestätigt das. Schon die britischen “Gentlemen’s Clubs”, die manchen als Ursprung des Clubs gelten, waren Elitenvereine, aristokratisch bis zum letzten Lehnsessel, die teilweise bis heute Frauen oder Ausländerinnen und Ausländer ausschliessen. Dass “Club” auch Knüppel bedeutet, würde dann – angewendet auf die Situation, in der der Türsteher einen Anwärter zurückweist und dieser zu protestieren versucht, seine zweite analytische Wahrheit begründen: “Ein Club ist das, was einen zu Boden haut.”

“Das Existieren im Spätkapitalismus ist ein dauernder Initiationsritus. Jeder muss zeigen, dass er sich ohne Rest mit der Macht identifiziert, von der er geschlagen wird.” (so Horkheimer und Adorno)

Die Frage des Zugangs entwickelt sich im digitalisierten 21. Jahrhundert zu einem zentralen Aspekt von Leben und Freiheit. Laut Sozialtheoretiker Jeremy Rifkin löst ein Zeitalter der Netzwerke und des Zugangs die Ökonomie des Eigentums ab: Statt Waren wird der Zugang zu Dienstleistungen, Lifestyles, Erfahrungen erworben. Die KonsumentInnen werden dadurch von den Verantwortlichkeiten des Eigentums befreit. Den Unternehmen, bei denen sich dieses Eigentum konzentriert, beschert die Entwicklung im Gegenzug lebenslange Beziehungen zu ihren KundInnen, die sich in Geldströmen ausdrücken.

So leasen wir Autos (der gerne verwendete Begriff Carsharing verdeckt, dass das Eigentum durchaus nicht geteilt oder gemeinsam ist, sondern bei der vermietenden Plattform liegt), kaufen Zugangsrechte zu Filmen, Musik, Büchern und Software, um kreativ werden zu können oder Erfahrungen zu intensivieren. In der Landwirtschaft behalten Monopolisten wie Monsanto das sogenannte geistige Eigentum an Samen und Düngmitteln, patentieren Leben in Form von DNA-Sequenzen und verkaufen bloss die Erlaubnis, diese zu nutzen. Die wirtschaftliche Bedeutung des Zugangs verschränkt sich mit politischen Aspekten: Auch in den Sicherheits- und Grenzkontrollen der Flughäfen, Bahnhöfe und Gated Communities dreht sich alles um Durchlass und Zugang.

Wer darf in die Business Lounge und kann den fast track nehmen, wer wird aufgrund eines falschen Passes angehalten? Wer ergattert eine Festanstellung und dazugehörige Sozialleistungen, wer bleibt in prekärer, temporärer Beschäftigung hängen und bekommt gerade mal Hartz IV ab, wenn’s brennt? Wer erhält Zugang zu einem Territorium – und wer bleibt dort de facto ohne Rechte? Mit der nötigen Summe Geld können die richtigen Leute sich so frei über die Welt bewegen wie noch nie: alle, die nicht ausgefiltert werden, sortiert nach passenden und unpassenden ökonomischen Vermögen, Herkünften, Hautfarben, algorhithmisch erfassten Mustern etc. In einer subkulturellen Spiegelung lässt sich ein solcher Mechanismus auch im Berghain ausmachen.

Ethische Prüfung

Wird man als ein Datum gescannt, das sich den Zugang – ökonomisch, physiognomisch, sozial – leisten kann, gewährt der Club Freiheiten, die nach den Gesetzen unseres sogenannten Rechtstaates undenkbar sind. Ketamin, MDMA, Speed sind selbstverständlich, wer mit diesen Erfahrungen experimentiert, muss keine staatliche Sanktion fürchten, denn hier ist tatsächlich eine Zone geschaffen, die einen ziemlich freien Konsum ermöglicht – auch wenn alle, die eintreten, durchsucht werden.

Eine real prekäre Bohème im richtigen Gewand vermengt sich so mit einer ökonomischen Elite, die sich den sozialrealistischen Touch des “arm, aber sexy” Berlins als Disneylandbesuch der trueness gibt. Die legendäre Tür filtert die heterogene Masse zu einer perfekt funktionierenden Partycrowd, wobei neoliberal konsequent alles, was nach normcore Mittelklasse riecht, aussen vor bleibt.

“Man kann sich so eine Schlange als gesellschaftliche Prüfung vorstellen. Es geht um die Anerkennung, die einem zugestanden oder verwehrt wird. Es geht darum, in den heiligen Kreis der subkulturellen Geschichte, die da stattfindet, hineingelassen zu werden. Psychologisch ist das ein Prozess der Auf- oder Abwertung. Sozial betrachtet wirft das die Frage auf, wie man vor seinen Freunden dasteht: als jemand, der hineingekommen ist oder eben nicht. Deswegen ist die Gästeliste ein gutes Beispiel. Leute, die draufstehen, streuen das performativ in Nebensätze ein, dass sie einen privilegierten Zugang haben. Es gibt eine relativ hohe Relevanz der subkulturellen Zugehörigkeit in unserer Gesellschaft. Wer nicht reinkommt, kann die Performanz nicht ausspielen. Das sind Gefühlswelten, über die wenig gesprochen wird, das bedeutet aber den Leuten sehr viel. Je länger man dabei ist, so normaler werden die Gästeliste und der Freisuff für die Leute – dann ist nur das Nichtkriegen auffällig.” (Christine Preiser und Jan-Michael Kühn im Interview mit dem kaput – Magazin für Insolvenz & Pop)

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Die Perspektive von Türsteher Marquardt darauf: “Dass wir nicht immer freundlich wirken, liegt zum einen daran, dass wir es sicher nicht immer sind, zum anderen, dass viele Gäste schon mit der Wahrnehmung zu uns kommen, dass wir arrogant und herablassend sind. Sie haben davon gehört, sie haben darüber gelesen, ein Freund hat ihnen davon erzählt. Es gibt sogar Stimmen, die behaupten, wir würden uns daran aufgeilen, Leute wegzuschicken. ‘Rassistisch, sexistisch und fremdenfeindlich’ sollen wir sein.Es ist schwer, solche Anfeindungen zu widerlegen, ohne dass es so wirkt, als würde man sich rechtfertigen wollen.

Es gibt genauso viele positive Stimmen. Dass auch genug Betrunkene und Aggressive anstehen, die uns beschimpfen und auch körperlich angehen, wird gern ausgeblendet. Natürlich ist es bitter, nach zwei Stunden Anstehen in der Kälte ein ‘Nein’ zu hören, aber jeder weiss, worauf er sich einlässt, wenn er oder sie das Berghain anstrebt. Es gibt genügend Leute, die die Ablehnung schlicht akzeptieren.”

Es ist kein Zufall, dass Sven Marquardt nicht auf Rechtfertigungen hinauswill. Denn seine Entscheidungen, stellvertretend für fast alle Clubtüren, sind nicht legitimiert durch allgemein nachvollziehbar Gründe. Weniger als eine moralische (gut/böse) oder eine epistemische (wahr/falsch) ist hierbei eine dritte, ethische Dimension massgeblich, welche einen ganz anderen Weltzugang mitsamt seinen Formen sozialer Definition und Einspeisung mit sich führt. Hier sind das Lebensgefühl, die Haltung, die Einstimmung und der richtige Geschmack zentrale Kriterien.

Vordergründig operiert auch diese Orientierungsachse mit einer binären Logik (angemessen/unangemessen, rein/raus, stimmig/unstimmig, ja/nein, cool/uncool), doch hinter der Fassade laufen die Spiele rund um die zeitgemäss als Coolness beschreibbare Haltung anders: monistischer ab. Denn Kritik und Neinsagen gleiten an ihr ab, sie läuft über positives Feedback. Was stimmig ist, wird verstärkt und bestätigt, was nicht passt, ignoriert – ganz einfach ausser Acht gelassen. Es gibt keinen Normenkatalog, kein fixiertes Wissen, nichts zu studieren. Ausschluss und Einschluss sind ästhetisch und charismatisch bestimmt, es gilt, offene Augen zu haben und Ohren, mitzuschwingen, sich ansprechen zu lassen. Dagewesen zu sein …

Und so werden die Gatekeeper des Clubs – jenseits der neutralen Sicherheitsmassnahme, auch jenseits der Annahme, sie seien Agenten von Diskriminierung – parareligiöse Autoritäten über Szenezugehörigkeit. Sie entscheiden, wer cool ist, wer jener dritten Dimension der Ethik entspricht. Schon vor langer Zeit haben sich institutionelle Entscheidungsautoritäten für die epistemische (Wissenschaft) und die moralische Dimension (Kirche) herausgebildet. Ist der Club Ausdruck einer sich ankündigenden ethischen Autorität?

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-ND 3.0) Lizenz.

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Grafikquellen       :

Oben       —        Berghain / Panorama Bar / Säule

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2.) von Oben     —     The Berghain nightclub in Berlin at night.

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Die Zukunft der Linken ?

Erstellt von Redaktion am 26. Oktober 2018

Star der Linken ohne Starallüren

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Von Hans Riebsame

Sie ist das strahlende Gesicht der Linken in Hessen. Eine frische, aufgeweckte, schlagfertige Frau. Obgleich die mittlerweile 37 Jahre alte Janine Wissler noch immer knallhart links steht, wirkt sie nicht ideologisch verbiestert wie so viele ihrer Genossen. Ihr Charme überdeckt ihre Radikalität.

Weil Persönlichkeiten ihrer Art dünn gesät sind in der Linkspartei, ist sie dort schnell aufgestiegen: 2007 wurde Wissler, die über die „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ zur Linken gestoßen war, Mitglied des Bundesvorstandes und des hessischen Landesvorstands. Ein Jahr später wurde sie zur eigenen Überraschung Abgeordnete, nachdem ihre Partei es mit 5,1 Prozent unerwarteterweise in den Landtag geschafft hatte. Seither ist sie aus dem Hohen Hause in Wiesbaden als leidenschaftliche Rednerin nicht mehr wegzudenken.

„Hätten wir doch eine wie die Wissler“

Nun steht sie als Spitzenkandidatin der Linken in der ersten Reihe der Landespolitiker. Nach manchem gelungenen Schlagabtausch mit Politikern anderer Parteien wird im Lager ihrer Gegner getuschelt: „Hätten wir doch eine wie die Wissler.“ Auch in ihrer eigenen Partei ist sie ein Star – allerdings ohne Starallüren. Neulich trat sie gemeinsam mit der Parteivorsitzenden Katja Kipping und der Fraktionschefin im Bundestag, Sahra Wagenknecht, bei einer Wahlveranstaltung mit einigen hundert Besuchern im Bürgerhaus im Frankfurter Stadtteil Bornheim auf. Von den drei prominenten Damen traf Wissler am meisten Herz und Gefühl der Zuhörer.

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Nun, da laut neuester Umfrage auch eine Koalition von SPD, Linken und Grünen in Hessen möglich wäre, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Linke mit Wissler als Fraktionschefin zu einem solchen Bündnis bereit wäre. Grundsätzlich ablehnend steht die Spitzenkandidatin einer solchen Verbindung nicht gegenüber. Schon 2008 bei den Sondierungsgesprächen der SPD-Chefin Andrea Ypsilanti mit der Linken zählte Wissler zu jenen in ihrer Partei, die lieber mitregiert hätten, als Oppositionspolitik zu machen. Und auch jetzt will sie Rot-Rot-Grün nicht ausschließen.

Quelle     :     FAZ           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben     —            Janine Wissler, Politikerin (Die Linke) und Abgeordnete des Hessischen Landtags.

 

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Bayerns Linke Niederlage

Erstellt von Redaktion am 26. Oktober 2018

Debakel der Bayernwahl für die Linkspartei

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Kommentatoren feiern 10 Prozent bei Wahlen als einen Erfolg.  Wer sich mit Kleinen zufrieden gibt, wird nie Großes erreichen.

Quelle    :   Scharf – Links

Von Gerd Elvers

Je nach dem Blickwinkel verschiedener GenossInnen waren die ersten spontanen Reaktionen in Neuburg/Donau und Ingolstadt sehr unterschiedlich, als die erste Hochrechnung von 3.5. Prozent für die Linkspartei kurz nach 18 Uhr im Fernsehen erschien. Sie reichten von Entsetzen, Zweifel an den Werten (…das wird sicherlich noch besser) bis zu einem stummen Dahindösen, was man als Schock oder Gleichgültigkeit interpretieren konnte. Bei mir herrschte ersteres vor: Mit 3.5. Prozent, das am Abend noch auf 3.2. Prozent schrumpfte, hatten wir weit die 5-Prozent verfehlt, die einen Einzug in das Parlament versprach. Gegenüber der letzten Bayernwahl vor 5 Jahren hat die Linke mit dem Schneckentempo von 1 Prozent zugenommen. Die  Kooperationstudie der Universitäten München (LMU), Passau und Regensburg vom 23. Oktober 2018 zum Wählerverhalten weist aber darauf hin, dass die Linken gegenüber der Bundestagswahl vor einem Jahr 13,9 Prozent ihrer Stimmen an anderen Parteien verloren haben.

Gerade von den jugendlichen Mitgliedern, die die in den Kampagnen der Bundes- und Landtagswohl zu uns gekommen waren( – ein erfreuliches Zeichen trotz aller Tristesse),  wurde in den ersten Reaktionen die Meinung vertreten, ob man in den Landtag komme, sei doch schließlich pip-egal, man sollte den Parteien keine zu große Bedeutung beimessen, denn es komme auf die Erweckung einer breiten linken Strömung in Deutschland an. Von der Bewegung   „Aufstehen“ der Genossin Sarah Wagenknecht haben wir allerdings während des Wahlkampfes nichts gespürt mit Ausnahme eines persönlichen Auftritts von ihr in Ingolstadt, dort aber nicht als Initiatorin ihrer Bewegung sondern als Fraktionsvorsitzende. Sie hat zwar die Motivation des Kerns der Linkspartei berührt, aber ob sie uns nur einen zusätzlichen Wähler gebracht hat, steht in den Sternen.

Was war der Grund für das Debakel? Bayern wird wegen einiger seiner „folkloristischen Eigenarten“ als Sonderfall von den „Preußen“, also vom Rest der Republik  behandelt im Lifestyle, in der Tracht, in den unterschiedlichen Landsmannschaften mit ihren Idiomen (Oberbayern,  Franken und Türkischstämmige) und der Politik wegen der CSU als Landes- und Bundespartei mit Regierungsverantwortung. Hier soll alles anders sein, schwer Erklärliches, Mirakulöses. Auf diesem Klavier spielten die CDU und SPD im hessischen Wahlkampf, um den tödlichen Bazillus der Niederlage nicht von Bayern nach Hessen zu importieren. Aber die trendmäßigen Entwicklungen der bayerischen Parteien sind grundsätzlich nicht so anders als im Rest der Republik. Das gibt einen Hinweis darauf, dass es sich um „gesellschaftliche Grundwellen“ in den sozialen Strömungen handelt, die letztlich durchschlagen und zu einer anderen Republik führen, als bisher bekannt.

Den Stimmenverlusten von CSU und SPD stehen reziprok die Stimmengewinne  der Grünen (und der AFD) gegenüber.  Erklärungsversuche geben auf die Ökonomie basierende Theorien in einer weiten Bandbreite „It`s the economy, stupid“ vom neoliberalen Clinton bis zu soziologisch-marxistische  Begründungen. Clinton ist gegen den alten Busch erfolgreich in seinen Wahlkampf gestartet, in dem er mithalf, dass über billige Hauskredite Millionen von Minderbemittelten sich ihren Traum von einem eigenen Haus verwirklichen konnten, bis die Spekulationsblase platzte, und die ganze Welt in die Krise 2007/8 stürzte, die in vielen Ländern bis heute noch nicht ausgestanden ist. Die neomarxistische These ist eine Feinadjustierung des Vulgär-Clinton vor allem in Deutschland für die Gewinne der AFD, wo die beschleunigte und dauerhafte Aufspaltung der Gesellschaft in Arm und Reich den sogenannten „sozialen Zusammenhang“ gefährdet und das Hochkommen der Extrem-Rechten fördert.

Die Philosophen Han und Garcia erklären die Grünen-Erfolge

Erklärungen für die Gewinne der Grünen könnten einige  moderne philosophische Begründungen für die Verwerfungen von  Parteien und Gesellschaft geben. Zu nennen ist hier der deutsche Philosoph Byung-Chul Han mit koreanischem Hintergrund, der sich mit  mit dem transparentem Verhalten befasst, das er als durch neoliberalen Marktkräfte erzwungene kulturelle Norm interpretiert. Viele Menschen von heute hielten diesen Kult des Individualismus für Freiheit, obwohl er Teil des kapitalistischen Selbstausbeutungssystems sei. So werde der aktuelle Alltag von Sichtbarkeit und Oberflächlichkeit beherrscht (Wikipedia). Er analysiert auf erstaunliche Weise die Fremdenfeindlichkeit in seinem Buch „Psychopolitik, Neoliberalismus und moderne Machtmechanismen“: Die Zeit, in der es den Anderen gab, sei vorbei. Der Andere als Freund, der Andere als Hölle, der Andere als Geheimnis, der Andere als Verführung, der Andere als Eros verschwindet. Die Gesellschaft werde „gleich“. Soweit Han.  Aber anders als er glaube ich als Neomarxist nicht, dass der moderne Mensch dem Gleichen verfällt. Die Gleichheit  macht heute nur insofern die pathologischen Veränderungen aus, die den Sozialkörper befallen, als die Angst vor dem Gleichen die Ungleichheit provoziert.  Immer mehr wird der Andere als Hölle empfunden, als Gefahr, als Konkurrent in der kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft.

Der französische Philosoph Tristan Garcia stellt dem „Anderen“ von Han das „Wir“ entgegen in dem neuen Buch des Suhrkamp Verlages 2018. Was sein Buch so besonders macht, erwähnt er nur beiläufig, meint Birthe Mühlhoff in der SZ vom 19. Oktober 2018. Ursprünglich sei es Garcia nur um die „intensive Identität“ in der heutigen Periode des  Faktualen  gegangen, das der Postmoderne nachgefolgt ist. Um die Verwandtschaft des Faktualen mit dem Fiktiven ist es auch auf der jüngsten Buchmesse gegangen. Mit dem Faktualen wird eine  Wirklichkeit beansprucht, die in Wahrheit ihr nicht zukommt. Er ist der Nährboden für fake news in der Politik (Trump), die dem neuen Zeitgeist entspricht und die Wucht der Argumente des amerikanischen Präsidenten ausmacht. Andererseits ist das Faktuale Ausdruck der Spaltung der Gesellschaft, die Krise der Volksparteien zugunsten der ehrlichen, modernen, klimaorientierten Grünen, oder die Sprachverwirrung über politische Korrektheiten.

An aktuellen Beispielen ist hier die Auseinandersetzung zwischen CSU und CSU oder die bayerische Vorsitzende Kohnen zu nennen, die ihren politischen „Anstand“ im Bayernwahlkampf gegen die CSU voranstellte, und ihr somit unterstellte, keinen „Anstand“ zu haben, während sie zugleich als Mitglied des SPD-Bundesvorstandes einen gemeinsamen politischen Vertrag auf oberster Ebene mit eben dieser unkorrekten CSU unterhält, kurzum die Wähler veräppeln wollte, worauf diese aber nicht eingegangen sind und sie als Verlogene entlarvt und abgestraft haben. Das „Wir“ bei Garcia ist nicht einfach der Plural von „Ich“. Das „Wir“ ist nämlich keine Mehrzahl von „Ich“, sondern eine Beziehung (Mühlhoff). Und damit sind wir wieder bei den Grünen, diese jungen, frischen und schönen  Kandidaten und nicht diese alten Vergrämten wie Seehofer und Machisten wie sein Ministerpräsident Söder, was auf viele Frauen abstoßend wirkt. Die Grünen-Wir-Beziehung stellt eine radikale Identität zwischen ihresgleichen her.

Grüne als Wellness-Menschen der gehobenen Mittelschichten

An dieser Stelle wollen wir die modernen Philosophen verlassen, und ältere soziologische Schichtentheorien heran ziehen, man kann auch sagen, wir begeben uns auf  die neomarxistische Ebene. Die Grünen sind die politische Ausprägung der deutschen Wellness-Menschen der gehobenen Mittelschichten, die ihren Frieden mit dem Neoliberalismus und dem Kapital gemacht  und auf dieser Ebene sich der CSU als Koalitionspartner angedient haben. Sie schwimmen auf der erfolgreichen Exportwelle, von deren Profite über verschiedene Wege auch für sie etwas abfällt  (Trickle Down). Laut Kooperationsstudie der bayerischen Universitäten könnte das Überlaufen von 200 Tausend CSUlern und und zum Teil von 250 Tausend SPDlern darauf begründet sein, „sich nicht auf die Besteuerung der Besserverdienden wie bei der Wahl 2013 festzulegen.“ Da passt es nur ins Bild, dass die Grünen sich schamlos der CSU mit ihrer Frischzellen-Therapie für diese müde gewordene Partei andienten. Dass es dazu nicht  kam, ist Söder zu verdanken, der in der Ausländer-Politik zu große Differenzen sah, ohne dies näher zu eruieren. Die Grünen haben in fünf Wahlbezirken von München ihre Kandidaten direkt durchgebracht. In ihnen sind die grünen Gutmenschen besonders vertreten, weil es sich in ihnen auch besonders gut leben lässt. Die  SZ schreibt am 20/21 Oktober 2018:  „Besonders in Haidhausen ist es grün, hip und bio. Wer will denn da noch SPD wählen ?“ Was früher Café hieß, wird heute Stammlocation genannt. Die Arbeiter sind schon in den 80iger Jahren hinweggezogen. 40 Prozent haben die Grünen gewählt, die Mieten sind erheblich gestiegen. Das ist das Milieu der Grünen, wo es ihrem Wir-Gefühl gut geht.  Das Wir-Gefühl der Grünen gibt sich nach außen freundlich zu Ausländern, die Quelle der berühmten Willkommens-Kultur auf dem Münchener Hauptbahnhof gegenüber den ankommenden Syrern 2015.  Im Innern ihrer Gefühlswelt  würde ein Ekel hochsteigen, müssten sie im Viertel des Hauptbahnhofs wohnen.

Wagenknecht, Sahra, 2013.JPG

Wer glaubt im Feuilleton bei Maischenberger Wahlen gewinnen zu können, ist sicher irgendwo sitzengeblieben

Aber sind die Grünen nicht mit anderen ein Bollwerk gegen Fremdenfeindlichkeit und AFD und die Mitträger der großen Straßendemonstrationen in München, Berlin und neuerdings sogar in Chemnitz und Dresden für die Partizipation aller Menschen in der Gesellschaft auf dem Boden der Gleichberechtigung? Zu wünschen wäre dies. Es scheint, als ob die AFD ihren Höhepunkt erreicht hat,  und die demokratische Bürgergesellschaft auf den Straßen in die Offensive geht. Aber ich habe da meine Zweifel für die Zeit, wenn eine neue ökonomische Krise über Deutschland herein bricht, und die Grünen ihren gehobenen finanziellen Stand in der Gesellschaft in Frage gestellt sehen, und ihr Wellness-Wir-Gefühl zerschlagen wird. Aber auch heute schon spricht das Beispiel von Haidhausen Bände für den Grünen-Ethos. Nachdem die gesellschaftliche Schicht der gehobenen Mittelklasse die alte Arbeitersiedlung Haidhausen entdeckt, mit ihrem Geld als Eigentümer oder Mieter die Stockwerke der alten nicht-zerbombten Häuser und die Hinterhöfe für ihren lofty, noblen Geschmack  ausgekernt hatten, wurden viele der alteingesetzten ärmeren Schichten vertrieben, damit sie ihr Wir-Milieu-Gefühl ungestört  frönen können nach dem Motto: Wir wollen  unter uns sein, und die anderen können schauen, wo sie bleiben.

Kritik der Neuburger Linken am schiefen bayerischen Wahlkampf

Das Auftreten unserer Kandidaten war ohne Tadel, der Einsatz bei der Plakatierung groß, nur eines fehlte: ein konzentrierter Angriff auf das große Kapital in der Region, womit wir reichlich gesegnet sind. Die Vorschläge der Basis-Gruppe Neuburg für ein persönliches An-den-Pranger-Stellen der Milliardäre Piech und Porsche wurden nicht aufgegriffen, die die Ingolstädter Region jährlich  für ihre Clans in Österreich über Audi mit Hunderten von Millionen Euro Tantieme jährlich ausplündern. Erst langsam konnte man begreifen, dass bei einigen unseres  Kreisvorstandes Ingolstadt die Angst vorherrschte, es sich nicht mit den 44 Tausend der Audi-Belegschaft und damit bei einem großen Teil der städtischen Bürgerschaft zu verderben, die die Linken sowieso nicht gewählt hätten. Auf gut Deutsch: Aus Feigheit kuschen vor der kapitalistischen Allmacht in der Region und vor deren geistigen Hegemonie in den Köpfen der Menschen. Schlimmer hätte diese sozialdemokratische Appeasement-Politik die Linke nicht treffen können. Dabei hätte man diese Stimmung in der Bevölkerung mit dem Argument durchbrechen können, dass das, was die Reichen für sich kassieren, der Belegschaft einschließlich der Leitenden vorenthalten wird, die Kommunen mit Einbußen der Gewerbesteuer belegt werden, und Audi immer mehr auf Halde produziert, weil der Absatz schwieriger wird.

In München war man ein bisschen klüger, wenn auch nur ein wenig. Dort hatte man die BMW-Eignerin Susanne Klatten dafür kritisiert, dass sie allein 2017 ein Jahreseinkommen von sage und schreibe 1 Milliarde Euro kassiert hatte. Aber statt dieses zum zentralen Wahlkampfthema als unseren Alleinvertretungsanspruch zur Schärfung unseres Profils zu machen, war diese Kritik zu leise. Die Chance, unseren Alleinvertretungsanspruch in der ungerechten Verteilung der  Einkommen und Vermögen wirksam in der Öffentlichkeit zu präsentieren, wurde vertan. Aber für die Zukunft kann man ja lernen. Der Kreisvorstand wird – vielleicht etwas zermürbt durch die Hartnäckigkeit aus Neuburg – diese Beschlüsse der Basisorganisation Neuburg an die bayernweite Mitgliederversammlung weiter leiten. Es kann heute schon gesagt werden, dass auf ihr dieses Thema die  Diskussion im November 2018 bestimmen  wird. Fortsetzung folgt auf dem mühsamen Weg zum Sozialismus.

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Grafikquellen       :

Oben     —        Bundesparteitag DIE LINKE Mai 2014 in Berlin, Velodrom:

Autoren   —     Blömke/Kosinsky/Tschöpe

  • CC BY-SA 3.0 de
  • File:DIE LINKE Bundesparteitag 10-11 Mai 2014 -116.jpg
  • Erstellt: 21. Mai 2014

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Unten      —       Sahra Wagenknecht während einer Wahlkampfveranstaltung zur Bundestagswahl 2013 auf dem Friedensplatz in Bonn

 

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Betrüger+Dreckschleudern

Erstellt von Redaktion am 26. Oktober 2018

Wenn Kohliath sich als David verkleidet

Datei:Herbst.jpg

Wir retten die Welz von Bernhard Pötter

Wieder einmal ist Deutscher Herbst. Und man hat den Eindruck: Terror überzieht das Land. In einem „Feldzug gegen das Auto“ (VW-Chef Diess) sollen die Hersteller vernichtet werden. Große Unternehmen werden als „Betrüger“ und „Dreckschleudern“ diffamiert. Beschäftigte in der Braunkohle fühlen sich an den Grubenrand gedrängt, weil in 20 Jahren ihre Jobs verschwinden. Chemiefirmen wandern aus, wenn sie weniger Plastikmüll produzieren sollen. Und die Agrarindustrie zieht den Schwanz ein, weil sie Ferkel bald nicht mehr ohne Betäubung kastrieren darf. Leben wir schon unter der Öko-Diktatur?

Hahaha.

Da macht sich Kohliath zum David. Die Reichen und Einflussreichen stilisieren sich zu Opfern. Nur zur Erinnerung: Die Deutsche Umwelthilfe, die Politik und Autoindustrie vor den Gerichten blamiert, hatte 2017 ein Budget von 8 Millionen Euro. Daimler schafft das als Gewinn vor Steuern in zwei Arbeitsstunden. Die Hambacher AktivistInnen hatten nur ihre Baumhütten – ihnen gegenüber steht RWE mit 2 Milliarden Reingewinn 2017. Wenn die Autoindustrie ein Problem hat, ruft sie im Kanzleramt an. Wenn die Kohle Schutzpatrone braucht, schickt sie drei Ministerpräsidenten vor, um mal eben 60 Milliarden Euro zu fordern. Mindestens.

Hahaha – ich nehme mir schon einmal die Kohlen für meine Lobbyarbeit

Und diese wirklich große Koalition aus politischer und wirtschaftlicher Macht maskiert sich als Underdog. Sie hat es geschafft, dass die CO2-Emissionen nicht sinken, dass weiter dreckige Diesel auf die Straße kommen und dass der Steuerzahler jedes Jahr 50 Milliarden für die Zerstörung der Umwelt ausgibt. Und dass sich darüber außer mir keiner aufregt.

Quelle      :    TAZ          >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben      —          Herbstwald in Deutschland

Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.
Namensnennung: Martin.Heiss

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Unten      —         2013/14 setzt das „Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“ die Arbeit mit Realmontagen im öffentlichen Raum fort mit der Serie „Merkel goes to demo“ – hier mit den Chefs der 4 Energiemonopolisten bei einer Demonstration 2014 zur Energiewende Foto: Elke Hollmann

 

 

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DL-Tagesticker 26.10.18

Erstellt von Redaktion am 26. Oktober 2018

Direkt eingeflogen mit unseren  Hubschrappschrap

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Wie wäre es, würde Merkel zuerst die Dreckhaufen vor der eigenen Tür beseitigen ? Als da wären : Der Diesel Skandal, die Umwelt bei der sie erst einstieg, und nach einer Ehrenrunde wieder verschwand. Eine totale Zerstörung der Gesellschaft. Das mehr als 13 jährige Regierungsversagen fällt ihr immer wieder von der Schaufel und damit vor die Füße, ist also kein Ausdruck von großer politischer Weitsicht!

Kanzlerin spricht mit saudischem König

1.) Merkel verurteilt Khashoggi-Tötung „aufs Schärfste“

Die Bundeskanzlerin findet wegen der Tötung des Journalisten Khashoggi drastische Worte an den König Saudi-Arabiens – und droht mit weiteren Maßnahmen! Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der Bundesregierung zufolge in einem Telefonat mit dem saudi-arabischen König Salman (82) die Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi „aufs Schärfste“ verurteilt. Nach Angaben vom Donnerstagabend forderte sie in dem Gespräch, „eine rasche, transparente und glaubhafte Aufklärung sicherzustellen“. Alle Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Bild

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Ein Spiegelbild der schießwütigen Frontex. Europa kann  jetz mit stolz verkünden: „Wir haben es erfunden! Ätschi – Bätschi“. In nähselnder Tonlage.

USA:

2.) Regierung sendet Truppen an die mexikanische Grenze

Tausende Migranten haben sich in Mittelamerika Richtung USA aufgemacht. Präsident Trump will sie stoppen, das Pentagon erhöht die Militärpräsenz an der Grenze zu Mexiko. Als Reaktion auf den Marsch Tausender Migranten aus Zentralamerika will die Regierung der USA mindestens 800 Soldatinnen und Soldaten an ihre Grenze zu Mexiko entsenden. Das kündigte das Pentagon an. „Sie werden gestoppt werden!“, schrieb Präsident Donald Trump auf Twitter über die Migranten. Die Truppen sollten insbesondere logistische Aufgaben übernehmen, etwa Zelte, Fahrzeuge und andere Ausrüstung bereitstellen. Die Streitkräfte selbst sind nicht zur Kontrolle und Festnahme von Migranten und Migrantinnen berechtigt, die illegal über die Grenze kommen. Dazu müsste der Kongress eine Sondergenehmigung beschließen. An der US-Südgrenze sind bereits seit April rund 2.000 Nationalgardisten aufgrund einer Trump-Anordnung stationiert.

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Wo will Staat denn sein Rüstzeug zur Regulierung finden ?

Berliner Campus

3.) Google zeigt Kreuzberg den stilvollsten Mittelfinger ever

Google macht jetzt doch keinen Campus in Berlin-Kreuzberg auf. Und sponsert dagegen ein „Haus für soziales Engagement“. Eine Niederlage für den Tech-Giganten? Ganz im Gegenteil. Es gibt viele gute Gründe, dem Internetkonzern Google auf die Finger zu schauen. Plattformregulierung lautet das entsprechende Stichwort. Google vor allen anderen Digitalunternehmen ist in vergleichsweise kurzer Zeit so schnell so einflussreich geworden, dass Wettbewerb geschützt werden muss.

Die Welt

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Neun verschenkte Jahre, eine saubere Arbeit abzuliefern?  Verpennte Schüler oder versagende Lehrer ? Ein Mord als Deutscher Qualitätsnachweis-  „Made out of Germany“!

Schulungen ausgesetzt

4.) Die Bundespolizei unterbricht Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien

Die Bundespolizei hat Schulungen für den saudi-arabischen Grenzschutz vorerst ausgesetzt. Das teilte das Bundesinnenministerium am Donnerstagmorgen in Berlin mit. „Sobald eine Entscheidung über die Weiterführung des Projektes erforderlich wird, erfolgt diese nach einer Bewertung der aktuellen Ereignisse und in Abstimmung innerhalb der Bundesregierung.“ Der Regierungskritiker Jamal Khashoggi wurde vor drei Wochen im saudischen Konsulat in Istanbul getötet. Die Hintergründe seines Todes sind immer noch nicht aufgeklärt.

TAZ

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Wohin würde das auch  führen wenn sich die Parlamente in der Demokratie zu rechtfertigen hätten ? Müssten dann nicht alle ihre Narrenkappen ablegen?

Tagesspiegel-Klage abgewiesen

5.) Ermittlungen gegen Parlamentarier bleiben geheim

Informationen über strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Parlamentarier bleiben geheim. Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Tagesspiegel-Klage gegen den Bundestag auf statistische Auskünfte zu sogenannten Immunitätsverfahren abgewiesen. „Der Auskunftsanspruch der Presse geht nicht so weit, dass er den Tätigkeitsbereich des Parlaments erreicht“, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher am Donnerstag in Leipzig. Der Anspruch sei auf die Exekutive beschränkt. Mit der Journalisten-Anfrage sei dagegen der „Kernbereich des Parlaments“ betroffen.

Der Tagesspiegel

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Das hört sich alles sehr ernst an. Da würden sich die Linken schon eher mit Kohlen bewerfen. Ist ja auch eher eine Arbeiterpartei. Na ja – bis auf einige kleinwüchsige Ausnahmen im Saarland. Die greifen lieber in die Toilette !  

Schwere Vorwürfe

6.) AfD-Abgeordneter soll Parteifreund auf Toilette verprügelt haben

Eine handfeste Auseinandersetzung zwischen zwei AfD-Landtagsabgeordneten beschäftigt Sachsen-Anhalts Landtag. Es geht um eine Strafanzeige wegen Körperverletzung und Nötigung, die der 27-jährige Jan Wenzel Schmidt gegen seinen Fraktionskollegen Mario Lehmann erstattet hat: Demnach soll der 48-jährige Polizist seinen Parteifreund Schmidt bei einer AfD-Klausur Ende September auf einer Toilette bedroht und attackiert haben.

MZ

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Nach Rolex-Streit um Sawsan Chebli:

7.) Diese Uhren tragen Deutschlands Spitzenpolitiker

In den sozialen Medien sorgt ein Foto der Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli für Aufruhr. Auf der vier Jahre alten Aufnahme trägt die SPD-Politikerin eine edle Rolex im Wert von über 7000 Euro. Während die Kommentatoren auf Facebook & Co. noch mit der differenzierten Meinungsbildung beschäftigt sind („Sozi mit Rolex! Geht gar nicht“, „Wieso? Neidisch!?“ „häääh?!“), stellen wir uns ganz andere Fragen. Zum Beispiel: Welche Chronometer begleiten eigentlich Cheblis Kolleginnen und Kollegen durch ihr Politikerleben und wie viel haben sie gekostet?

Der Postillon

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Hinweise und Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquelle:   Oben —  DL / privat – Wikimedia Commons – cc-by-sa-3.

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