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RENTENANGST

Archiv für Oktober 17th, 2018

Die Zivilcourage in Schland

Erstellt von Redaktion am 17. Oktober 2018

Britische Flüchtlingsaktivisten vor Gericht
Ein abwegiger Terrorvorwurf

File:London Stansted Airport.jpg

London Stansted Airport

Aus Chelmsford Daniel Zylbersztajn

15 Briten verhinderten 2017 einen Abschiebeflug nach Afrika. Jetzt stehen sie in Chelmsford vor Gericht. Ihnen wird auch Terror vorgeworfen.

CHELMSFORD taz | Gerichtssaal VI im ersten Stock des Staatsgerichts (Crown Court) in Chelmsford nordöstlich von London ist gerammelt voll. 15 Angeklagte, 13 Anwält*Innen in Roben und Perücke, 12 Geschworene, Gerichtspersonal, der Richter ebenfalls mit Perücke sowie schwarz-rot-lilafarbener Robe und blauer Brille, dazu Beobachter, Freunde und Angehörige der Angeklagten.

Der Fall der „Stansted Fifteen“, der seine erste Anhörung im März hatte, begann nach langer Pause erst vor drei Wochen in voller Wucht. Die 15 Aktivist*Innen, im Alter von 27 bis 44 Jahren, hatten am 28. März 2017 auf einer privaten Nebenbahn des Londoner Flughafens Stansted den Abflug einer vom britischen Innenministerium gecharterte Boeing 747 der Fluggesellschaft Titan durch eine gewaltfreie Blockade verhindert. Auf einem Banner erklärten die Aktivist*Innen, dass „Massendeportationen Menschen umbringen.“

Das Flugzeug sollte damals 53 Personen nach Westafrika abschieben, darunter nigerianische Flüchtlinge, deren Familien von Boko Haram umgebracht worden waren, sowie Angehörige der LGBTQ+-Community, die in ihren Heimatsaaten verfolgt werden. Weil sich die Aktivist*Innen in zwei Gruppen, am Vorderrad des Flugzeuges und an einem Baugerüst unter dem linken Flügel, durch in Rohre gezwungene Arme miteinander verbunden hatten, wurde der Flug gecancelt und der gesamte Luftverkehr Stansteds für fast eineinhalb Stunden gesperrt.

Nicht nur Landfriedensbruch wirft die Anklage den Aktivist*Innen vor, angeklagt sind sie auch unter dem Terrorparagraphen des Luftfahrts- und Schifffahrtssicherheitsgesetzes, das 1990 nach dem Lockerbie-Bombenattentat verabschiedet wurde.

Auf freiem Fuß

Doch die mutmaßlichen Terroristen scheinen nicht sehr gefährlich zu sein. Sie sind auf freiem Fuß, gehen im Gerichtsgebäude ein und aus und sitzen in der Mittagspause gemeinsam im Park vor der alten Kathedrale gegenüber vom Gericht.

File:London Stansted Airport.JPG

Während ihrer Blockadeaktion hätten sie sich „unkommunikativ“ verhalten, bestätigt vor Gericht einer der Experten der Polizei, der zur Beschwichtigung der Situation zum Flughafen gerufen worden war. Sie antworteten nicht auf Fragen, sondern sangen. Aufgrund dieser passiven Verweigerung musste die Polizei sie mit Sägen und Schneidezangen einzeln entfernen.

Quelle     :         TAZ          >>>>>           weiterlesen

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Grafikquelle         :

Oben    —        London Stansted Airport

Author Oxyman     /   Own work

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Unten     —     London Stansted Airport main terminal building and the three satellite buildings in which the gates are located

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Die Lust am Tod

Erstellt von Redaktion am 17. Oktober 2018

Das grosse Fressen

Quelle     :     untergrund-blättle

Von         :     Ulrich behrens

Was, wenn man die Sucht auf die Spitze treibt? Was, wenn man überhaupt sein ganzes Leben auf die Spitze treibt? Was, wenn man aus der Lust das Prinzip seines Lebens macht? Essen, Trinken, Sex – all das auf die Spitze getrieben.

Ein Pilot, ein Richter, ein Fernsehredakteur und ein Koch wollen jedoch nicht nur den Genuss steigern, immer weiter, sondern an ihm sterben. Sie haben beschlossen, solange zu essen, besser gesagt: zu fressen, bis es sie zerreißt, bis sie tot umfallen.

Der „Skandalfilm” Marco Ferreris aus dem Jahr 1973 war nur für diejenigen ein Skandal, die ihn nicht verstanden haben – so kann man getrost zusammenfassen, was sich als „moralischer” Protest gegen den Film formierte. Die weibliche Hauptdarstellerin Andréa Ferréol berichtete, dass sie wegen des Films in etlichen Restaurants Hausverbot erteilt bekam. Lag das alles daran, dass man Frau Ferréol splitternackt sehen konnte? Lag es daran, dass man im Film mehrfach ausgiebig Blähungen zu hören bekam?

Ferreris Film kann man natürlich unterschiedlich interpretieren – welchen Film nicht? Und doch lässt eine Gesamtschau kaum daran zweifeln, dass es hier um eine Kritik an der Konsumgesellschaft und am „modernen“ Hedonismus ging, der sich als Verhaltensmuster durchzusetzen schien. Die Kritik an der Konsumgesellschaft war in jenen Jahren weit verbreitet, bis hinein in die Rockmusik, die Malerei, die Literatur und andere Teile der Kultur. In diesem Kontext steht Ferreris Film „Das große Fressen”.

Die vier Männer, die beschlossen haben, sich zu Tode zu fressen, sind der Pilot Marcello (Marcello Mastroianni), der Richter Philippe (Philippe Noiret), der Koch Ugo (Ugo Tognazzi) und der Fernsehredakteur Michel (Michel Piccoli). Sie treffen sich an einem Wochenende in einer alten Villa, die Philippes Vater vor etlichen Jahren gekauft hatte, die leer steht und nur von einem alten Mann bewacht wird. Die Villa – mit ansprechendem Interieur – ist geräumig, gemütlich und liegt relativ abgelegen irgendwo in einem Außenbezirk von Paris.

Kleinlaster liefern die notwendigen Mittel, um dem großen Fressen den richtigen Rahmen zu geben, Geflügel aller Art, Schweine-, Rind- und anderes Fleisch. Man hat gut vorgesorgt. Und beim ersten Essen begutachten die vier Herren Fotos mit nackten Frauen aus der Zeit um die Jahrhundertwende, die ihnen ein Diaprojektor an die Wand wirft.

Marcello allerdings vermisst bei dieser apokalyptischen Zeremonie vor allem: Frauen. Und so organisiert man drei Prostituierte, zwei blonde und eine schwarzhaarige, zu denen sich noch eine Lehrerin namens Andréa (Andréa Ferréol) gesellt, die kurz zuvor mit einer Schulklasse das Anwesen besucht hatte, weil sich dort irgendwann einmal ein bekannter Dichter aufgehalten hatte. Die Todessüchtigen laden sie zum Gelage ein – und sie erscheint.

Dem Tod will man schließlich nicht in Trauer und Depression entgegengehen, sondern mit allem, was das Herz und die Hose begehren. Und daher bleiben sexuelle Ausschweifungen – wenn man das denn überhaupt so nennen kann – natürlich nicht aus. Auch Andréa erweist sich als eine durchaus lebenslustige und dem Sex mit allen vier Herren nicht abgeneigte Dame von Welt. Und obwohl der durch seine Haushälterin geschädigte Philippe Andréa einen Heiratsantrag macht, lässt er sie gewähren und mit den drei Freunden ihren Spaß haben.

So frisst man, trinkt, genießt den Sex, hört Musik, frisst und frisst und frisst. Dass die drei Prostituierten irgendwann den Eindruck haben, es handle sich bei den vier Herren um nicht ganz normale Menschen, so dass sie nacheinander die Villa verlassen, stört nicht weiter. Andréa jedenfalls bleibt.

Dass es nicht ausbleibt, dass ein Mann nach dem anderen immer deutlicher zu spürende Probleme mit der grenzenlosen Fresserei bekommt, dürfte in der Natur der Sache liegen. Anfangs sind es nur endlose Blähungen. Doch dann stirbt der erste der vier Fresssüchtigen …

Ferreris Film ist zu allererst eine Komödie, die sich allerdings hart an der Grenze zwischen Humor, bitterem Sarkasmus hier, provokantem Ekel dort entlang schlängelt. Wenn sich die beleibte Andréa (Frau Ferréol musste sich für die Rolle vor den Dreharbeiten einige Kilos anessen) etwa auf Michels Bauch setzt, damit der seine Blähungen (minutenlang) los wird, so konnte ich jedenfalls nicht umhin, herzhaft zu lachen. Wenn einige Zeit später eine Toilette explodiert und das gesamte Badezimmer mit dem Kot der fressenden Herren überströmt wird, mag das manchem an Ekel zu viel sein.

Das Entscheidende an Ferreris Film jedoch ist die Übertreibung, die Zuspitzung der Kritik an einer hedonistischen Lebensauffassung. Diese kulminiert darin, dass alles, was Lust verschaffen kann, jegliche menschliche Regung, die Lust verschafft, zum Selbstzweck verkommt und dadurch vor allem den Hedonismus sich selbst ab absurdum führt. Die „Symbiose” von Natur und Kultur, die sich in allen menschlichen Grundbedürfnissen darstellt, wird aufgehoben. Das Essen z.B., eine „Kombination” aus natürlichem (Nahrungsaufnahme lebenswichtig) und kulturellem Bedürfnis (Speisen, Dinieren usw.) wird „degradiert” zum „Fressen”, zur Völlerei, es wird Mittel zum Zweck, indem die Lust am Essen nur noch dem Ziel dient, den Tod zu erreichen.

Der Tod (durch Fressen) wird somit zum höchsten Zweck des hedonistischen Gefühls, weil man alles andere schon ausprobiert hat, weil alles andere schon langweilig geworden ist (bis auf Marcellos zwanghafte Sexsucht vielleicht), weil der Hedonismus die fortwährende Steigerung und Ausweitung der Lust verlangt. Dies ist allerdings nur begrenzt möglich, weil man „nicht mehr als essen” kann, weil es einen Punkt gibt, an dem Essen eben keine Lust mehr verschafft, weil man dann sozusagen den „Grenznutzen” der Völlerei hinter sich lässt.

Etwas ähnliches gilt für die Sexualität. Dass Marcello die Völlerei ohne Sex nicht auszuhalten glaubt, veranlasst ihn und die anderen, die drei Prostituierten und Andréa einzuladen. Doch Marcello muss (wahrscheinlich das erste Mal in seinem Leben) feststellen, dass auch Sexualität einen solchen „Grenznutzen” besitzt. Es ist diese Erkenntnis, die ihn dazu treibt, das ganze Treiben in Frage zu stellen. Da er allerdings keine Alternative zum Hedonismus sieht, setzt er sich in den alten Bugatti – und erfriert.

Wenn der Tod aus der Logik des Hedonismus heraus zum letzten „lustvollen” Ziel deklariert wird, führt sich der Hedonismus – jedenfalls diese Art des Hedonismus – selbst ad absurdum, weil der Tod jeden der Möglichkeit beraubt, überhaupt noch Lust zu empfinden. Kurz vor seinem Tod lässt sich Ugo von Philippe, auf einem Tisch in der Küche liegend, vollstopfen, während Andréa ihm die letzte sexuelle Lust durch Griff in die Hose verschafft. Die Absurdität dieser Szene ist besonders deutlich. Denn Fressen und Sex bewirken hier den Freitod – also das Ende aller Lust.

„Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.

Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.“
(Heinrich Heine, „aufgeklärter Hedonist“)

Man muss anmerken, dass sich diese Form des Hedonismus, die mit Todessehnsucht verknüpft ist, von der klassischen Form sicherlich unterscheidet. Die Kyrenaiker wie die Epikureer sahen im größtmöglichen Gewinn an Lust für sich selbst und andere das Ziel jeglichen sittlichen Handelns. Während die Kyrenaiker im körperlichen Erleben von Lust das höchste Ziel sahen, vertraten die Epikureer, dass wahre Lust und wahres Glück nur durch Vernunft zu erreichen wären und bevorzugten Tugenden wie Selbstbeherrschung und Maßhalten. Hedonismus war vor allem natürlich eine Mentalität der reichen Griechen, die sich in Sprüchen äußerte wie „Trink, schwelge, genieße Wollust; du musst einmal sterben; das Leben ist nur kurz.” Im beginnenden Kapitalismus erfährt der Hedonismus eine „vernünftige” Variante im Utilitarismus. Nach dieser Theorie ist es Sinn und Zweck jeglichen (wirtschaftlichen) Handelns, die Wohlfahrt der Gesellschaft und das Glück des einzelnen zu steigern.

In gewisser Weise rekurriert der Film Ferreris zwar auf den klassischen Hedonismus, steht aber vor allem eben im Kontext der aufkommenden Konsumgesellschaft und des Wohlfahrtsstaates – oder exakter: im Kontext einer bestimmten Interpretation der dadurch bedingten Möglichkeiten. Während der „Masse”, der großen Mehrheit der Bevölkerung, der entsprechende Massenkonsum (einschließlich der medialen Bestandsteile dieses Konsums) bleibt, ermöglicht die wirtschaftliche Prosperität einer begüterten Mittelklasse und den Reichen einen extremen Hedonismus, dessen (auch ideologische) Bestandteile angesichts steigender Masseneinkommen allerdings „nach unten” ausstrahlen. Bestandteil der Kritik an dieser in den 60er Jahren aufkommenden Konsumgesellschaft ist auch das Argument, Konsum lähme das Widerstandspotential gegen (strukturelle) Ungerechtigkeit und die Chancen für entsprechende politische Mobilisierung.

Ich will hier nicht im einzelnen auf diese Kritik aus den 70er Jahren eingehen. Der Film jedenfalls zeigt „typische” Vertreter der gehobenen Mittelklasse, die den Hedonismus, wie erläutert, zu Ende denken und damit selbst absurdum führen. Wenn nur „Lust” bzw. Lustgewinn (was immer auch darunter im einzelnen zu verstehen sein mag) einziges Motiv und einziger Zweck menschlichen Handelns wäre, wäre dieses Handeln in sich grenzenlos – sowohl was Quantität, als auch was Qualität betrifft.

Der Mensch müsste nicht nur all sein Handeln diesem Prinzip unterwerfen und Bereiche ausgrenzen, die vermeintlich keine Lust verschaffen können (also etwa bestimmte Arbeitstätigkeiten), er müsste versuchen, immer neue Betätigungsfelder zu finden, da Lust bezüglich eines solchen Feldes nie beliebig zu steigern ist. Insofern liegt in dem eigentlich zynischen Beschluss der vier Männer eine gewisse Logik innerhalb des „modernen“ Hedonismus: Sie haben alle Lust erlebt, und es bleibt nur noch der Tod, das absolute individuelle Ende, als letzte Möglichkeit des Lustgewinns. Im Sterben zur „absoluten” Lust zu gelangen, verbleibt als letzter Ausweg aus den Irrungen des Hedonismus.

Der italienische Filmregisseur Marco Ferreri am Filmfestival von Cannes, 1991.

Dass hier ein Stück Wirklichkeit im Film enthalten ist, wird deutlich, wenn man solche Vorkommnisse wie die Handlungen der Manson-Gruppe betrachtet oder die Fälle von neuzeitlichem Kannibalismus, wie vor kurzem hier in der Bundesrepublik. Hier ist es nicht der eigene Tod, sondern die Freiheit von allen ethischen Vorstellungen gegenüber anderen, die dem „Lust-Prinzip“ freie Bahn gewährleisten soll.

Die moralische Grenze, andere nicht zu töten, wird einem extrem egoistischen, entgrenzten Verhalten geopfert, das die individuelle „Lust” über alles andere und über alle anderen stellt. In dieser Konsequenz – Entgrenzung jeglicher ethischer Vorstellungen und einem damit unabänderlich verbundenen ausufernden, egozentrischen Individualismus – liegt auch das Verhalten der vier Männer im Film – nur dass sich die Gewalt dieses „modernen” Hedonismus hier (noch) „nur“ gegen sich selbst kehrt. Dass dieser „moderne” Hedonismus in seiner Konsequenz aber vor allem das Moment der Gewalt, des Todes und der Tötung enthält, dürfte damit feststehen.

Doch noch weiteres ist zu vermerken, was mit diesem Gewaltmoment des „modernen” Hedonismus zusammenhängt: die im Film glänzend inszenierte, unglaubliche, ja unfassbare Gleichgültigkeit, mit der sowohl die vier Todeskandidaten wie auch Andréa den eigenen Tod und den der anderen hinnehmen. Diese Gleichgültigkeit vermag es zu verhindern, dass man sich in irgendeiner Weise mit den Akteuren identifiziert, sie erstaunt, ja, sie distanziert, und nur in den komischen Szenen des Films löst sich manchmal diese Distanz auf. Als Andréa am Ende geht, erscheint einem der ganze Spuk wie eine Zirkusvorstellung. Die Artisten sind gegangen, der letzte Zuschauer verlässt das Zelt. Doch wir waren nicht im Zirkus.

Ulrich behrens

Das große Fressen

Frankreich, Italien 1973 – 130 min.

Regie: Marco Ferreri
Drehbuch: Rafael Azcona, Francis Blanche
Darsteller: Marcello Mastroianni, Ugo Tognazzi, Michel Piccoli
Produktion: Vincent Malle Jean-Pierre Rassam
Musik: Philippe Sarde
Kamera: Mario Vulpiani
Schnitt: Claudine Merlin, Gina Pignier

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Grafikquellen       :

Oben        —        Abendmahl‘ von Arno Funke

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Unten     —         Der italienische Filmregisseur Marco Ferreri am Filmfestival von Cannes, 1991. / Georges Biard (CC BY-SA 3.0 unported – cropped)

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Danke, Bayern!

Erstellt von Redaktion am 17. Oktober 2018

Landtagswahl  —   Danke, Bayern!

File:2013-03-16 Herrmann, Seehofer, Söder 0183.JPG

Von Politikern und solchen, welche es noch werden möchten

Ein Kommentar von

Die CSU verliert ihre Zauberkraft und hinterlässt einen lebendigen politischen Prozess: Der Wettbewerb um einen gutartigen Konservatismus hat begonnen.

Diese Wahl war eine der wichtigsten in der Geschichte der Bundesrepublik. Denn das, was die CSU den Wählerinnen und Wählern da zur Abstimmung vorgelegt hat, stellte nicht mehr und nicht weniger dar als den Abschied von wesentlichen Grundprinzipien unserer Demokratie.

Diese Partei hatte zwischenzeitlich das hetzerische Vokabular der AfD übernommen und damit den humanitären Minimalkonsens dieses Landes verlassen, sie hat mit dem Kreuzerlass die christliche Religion zum Instrument im Wahlkampf herabgewürdigt und damit die Trennung von Staat und Kirche aufgeweicht. Sie hat die Stabilität ihrer eigenen absoluten Mehrheit mit der Stabilität der Demokratie gleichgesetzt, sie hat in Gestalt von Horst Seehofer beim Masterplan Migration Staat und Partei in eins gesetzt und das eigene Mandat auf Zeit als hoheitliche Ermächtigung verstanden, sich über die im Grundgesetz verankerte Richtlinienkompetenz der Kanzlerin hinwegzusetzen.

Hätten die bayerischen Wählerinnen und Wähler all das belohnt und ratifiziert, dann wäre der Weg zu einer anderen Republik frei, der Wettbewerb um den aggressivsten und anmaßendsten Konservatismus eröffnet gewesen. Glücklicherweise ist das Gegenteil passiert: Die CSU wurde dafür bestraft, sie hat mit ihrem unsäglichen Sommertheater nicht sich stark gemacht, sondern den Erzfeind: die AfD.

Die CSU als normale Partei, wie soll das gehen?

Doch bedeutet das Wahlergebnis noch mehr, als dass gewisse demokratische und humane Mindeststandards der Republik verteidigt wurden – es heißt auch, dass die jahrzehntelange christsoziale Sonderstellung dahin ist: Die CSU verliert ihre Zauberkraft. Die bestand aus unangefochtener Stärke und beachtlichem wirtschaftlichem Erfolg in Bayern, leicht ranziger, aber noch leidlich funktionierender Männlichkeit, ihrem Gespür für Volk (oder zumindest der Vermutung, dass sie es habe), überproportionaler Macht im Bund und einer gewohnheitsrechtlichen Erlaubnis zum regelmäßigen Durchdrehen.

Da diese Elemente jedoch nur zusammen ihren ganzen Zauber entfalten können, muss man künftig mit einer durch und durch profanisierten CSU rechnen, einer – horribile dictu – normalen Partei. Wie die CSU in diesem neuen Normalzustand überhaupt funktionieren soll, weiß zurzeit niemand, am wenigstens sie selbst. Immerhin kann ihr ein Koalitionspartner dabei künftig ein wenig Wiedereingliederungshilfe geben.

Aber das Wichtigste an dieser historischen Wahl nach drei Jahren Flüchtlingskrise geht weit über die CSU und Bayern hinaus: Der Hebel, mit dem die AfD die Republik Stück für Stück nach rechts gewuchtet hat, ist vorerst abgebrochen, zumindest angeknackst. Der abenteuerliche Versuch, diese schreckliche Partei durch Anpassung und Mimikry kleinzukriegen, wurde von der CSU bis Ende Juni und von Horst Seehofer persönlich bis in den September hinein auf die Spitze getrieben. Das Ergebnis dieses Großexperiments lautet immer noch: 10,2 Prozent für die AfD. Das wird den anderen Parteien und womöglich sogar der CSU eine bittere Lehre sein.

Die Klimafrage wird existenziell

Das zweite grundstürzende Ereignis dieses Wahlsonntags liegt im Erfolg der Grünen. Sie sind in Höhen hinaufgewachsen, für die sie eigentlich nicht gebaut sind. Und diesmal hat ihnen auch kein Tsunami und kein havariertes Atomkraftwerk geholfen wie seinerzeit in Baden-Württemberg. Wobei man auch sagen könnte: Der Tsunami bestand in einer merkwürdigen Verrücktheit der anderen Parteien. CDU, CSU, SPD, FDP und Linke haben sich in diesem Jahr wegen der 16 Prozent der AfD in fast schon manischer Weise um das Flüchtlingsthema und auf die Rechten zugedreht – während sie sich trotz der ebenfalls 16 Prozent bei den Grünen von der Ökologie wegbewegt haben. Diese offenkundig irrationale Strategie hat nun dazu beigetragen, dass alle genannten Parteien mit mäßigem, schwachem oder katastrophalem Ergebnis aus dieser Wahl herausgingen.

Quelle     :        Zeit-online         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquelle       :

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Flag of Germany.svg
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Unten        —   Proteste gegen die Leugnung der menschengemachten globalen Erwärmung beim Climate March im April 2017 in Washington D.C.

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Berliner Horch + Guck

Erstellt von Redaktion am 17. Oktober 2018

Überwachungstest am Südkreuz:
Geschönte Ergebnisse und vage Zukunftspläne

Quelle     :       Netzpolitik. ORG

Von    :   

Während Innenminister Horst Seehofer die Leistungsfähigkeit der am Bahnhof Südkreuz getesteten biometrischen Überwachungstechnik preist, übt der Chaos Computer Club deftige Kritik an dem jüngst veröffentlichten Abschlussbericht. Die Liberalen im Bundestag bringen mit einer Kleinen Anfrage unterdessen irittierende Details zur zweiten Testphase ans Licht. Wir veröffentlichen die Antworten.

Nach langem Warten war es letzte Woche soweit: Für den biometrischen Test am Berliner Bahnhof Südkreuz hat die Bundespolizei den Abschlussbericht vorgelegt – und erntet dafür drastische Kritik. Abgeschlossen ist die Südkreuz-Versuchsreihe damit allerdings noch nicht. Ab Anfang nächsten Jahres beginnt ein weiterer Test, zu dem durch eine parlamentarische Anfrage der Liberalen im Bundestag nun neue Details bekannt sind. Die Antworten der Bundesregierung zu beiden Testphasen in Südkreuz veröffentlichen wir.

Seit dem Sommer letzten Jahres lief der Test zur automatisierten Gesichtserkennung am Bahnhof Südkreuz. Für den Feldversuch waren freiwillige Biometrie-Probanden angelockt und für die sonstigen Passanten Schilder zum Ausweichen auf den Boden geklebt worden. In der Bahnhofshalle, auf einem Teil der Treppe und auf der Rolltreppe wurde dann mit mehreren Kameras Gesichtserkennungssoftware von drei unterschiedlichen Anbietern getestet.

aufkleber suedkreuz

Die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt, das Bundesinnenministerium und die Deutsche Bahn zeichneten gemeinsam für den Versuch verantwortlich. Allzu auskunftsfreudig zu den technischen Details gaben sich die Behörden und das Ministerium von Anfang an nicht. Stattdessen inszenierte der damalige Innenminister Thomas de Maizière sein Prestigeprojekt medienwirksam durch einen Besuch und lobte dabei schon vor Ende des Tests die Leistungsfähigkeit der neuen Überwachungstechnik. Aussagekräftige Zahlen zum Test behielt er der Öffentlichkeit monatelang vor. Selbst die Namen der drei getesteten kommerziellen Anbieter ließ sich das Ministerium erst nach vielen Nachfragen aus der Nase ziehen: Anyvision von Elbex, Biosurveillance von Herta Security (mit Dell) und Morpho Video Investigator von Idemia.

Abschlussbericht: CCC kritisiert unwissenschaftliche Schönfärberei

Umstritten sind die nun endlich veröffentlichten Zahlen und die Testbedingungen, die dem Südkreuz-Abschlussbericht [PDF] zu entnehmen sind. In der dazugehörigen Pressemitteilung betonte das Innenministerium die Trefferrate von über achtzig Prozent, die in Kombination mit einer Falscherkennungsrate von unter 0,1 Prozent als Erfolg gewertet wird. Als nun zuständiger Minister erklärte Horst Seehofer, was sein Vorgänger schon zu wissen glaubte: Die biometrischen Systeme hätten sich in beeindruckender Weise bewährt. Wie de Maizière hält er die Technik für einsatzbereit durch die Polizei. So bewahrheitet sich die schon 2017 gemachte Vorhersage der Bundesregierung, der Südkreuz-Test werde ein Erfolg.

Nach einer Analyse des Chaos Computer Clubs (CCC) erhält diese Bewertung jedoch erhebliche Kratzer. In einer detaillierten Stellungnahme attestiert der Hackerverein dem Testbericht Schönfärberei, Realitätsferne und eine unwissenschaftliche Herangehensweise. Unter anderem geht es um die Erkennungsraten, die bei den Standorten der Kameras am Bahnhof teilweise inakzeptabel schlecht seien. Einer der drei getesteten Biometrieanbieter konnte beispielsweise am Eingang zur Bahnhofshalle nur eine Trefferrate von mageren 18,9 Prozent erreichen, die tagsüber sogar auf nur zwölf Prozent fiel. Bei solchen Werten könne man laut CCC den Test nicht als Erfolg hinstellen, vielmehr sei der Anbieter „glatt durchgefallen“. „Selbst das beste der drei getesteten Systeme“ hätte an diesem Kamerastandort nur eine Trefferquote von 65,8 Prozent erreicht.

Die angeblich so positive durchschnittliche Erkennungsrate von 80 Prozent sei in Wahrheit bei keinem der erprobten Hersteller gemessen worden, sondern sei eine imaginäre Zahl, die rechnerisch ermittelt und nur erreicht werden könne, wenn man alle drei Testsysteme gleichzeitig nutze. Insgesamt sei die Auswertung der Gesichtserkennungsergebnisse nicht überzeugend und auch „absichtlich geschönt worden“. Generell könne „die gesamte Auswertung nicht als wissenschaftlich angesehen“, sondern müsse „als PR-Bericht verstanden werden“. Der Schluss der Hacker: Der Bericht werde absichtlich zugunsten des politisch gewünschten Ergebnisses verzerrt.

Zugleich weist der CCC darauf hin, dass die statistischen Ergebnisse der Gesichtserkennung und generell die Diskussion um die Erkennungsraten nicht die politischen, juristischen und gesellschaftlichen Fragen der biometrischen Überwachung überdecken dürfen. Schließlich bedeutet eine permanente biometrische Identifikation durch Software im öffentlichen Raum eine bisher ungekannte Einschränkung der Freiheit.

Flächendeckender Einsatz trotz rechtlicher Zweifel?

In ihrer parlamentarischen Anfrage schlagen die Liberalen in dieselbe Kerbe und verweisen auf eine Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins [PDF]. Darin analysierte der DAV die geltende Rechtslage hinsichtlich des Südkreuz-Tests und verglich die „intelligente“ Videoüberwachung mit der herkömmlichen. Die Juristen kamen zu dem Schluss, dass bei dem Biometrie-Test anders als bei einer normalen Kamera eine Personenüberwachung durchgeführt wird. Dies ist nach Ansicht des DAV durch die derzeitige Rechtslage nicht gedeckt. Zudem verböten sich solche gravierenden grundrechtsrelevanten Einschränkungen des Persönlichkeitsrechts aufgrund verfassungsrechtlicher Erwägungen – zumal „ohne eine breite Diskussion in der Gesellschaft“.

Dieser Einschätzung widerspricht das Bundesinnenministerium in seiner Antwort an die FDP-Fraktion, die wir hier veröffentlichen [PDF]: Das Gesetz über die Bundespolizei (BPolG) genüge als Rechtsgrundlage für den bis zum 31. Juli 2018 durchgeführten Südkreuz-Test. Schließlich hätten die Testpersonen in die Gesichtserkennung eingewilligt. Außerdem seien die erhobenen Daten „innerhalb der gesetzlichen Speicherfristen wieder gelöscht“ worden. Daher könne von einem grundrechtsrelevanten Eingriff nicht die Rede sein, jedenfalls keinem, „der über den mit der konventionellen Videoüberwachung einhergehenden Eingriff wesentlich hinausgeht“. Es sei auch „kein Ziel eines etwaigen Einsatzes von intelligenter Videoüberwachung“ durch die Bundespolizei, „sämtliche videografierten Personen automatisch anhand der Biometrie zu identifizieren“.

Konkret interessieren die Liberalen die Konsequenzen der Testergebnisse für einen etwaigen flächendeckenden Einsatz von biometrischen Gesichtserkennungssystemen. In ihrer schriftlichen Antwort drückt sich die Bundesregierung jedoch um eine greifbare Aussage. Man habe feststellen wollen, ob durch den Biometrieeinsatz ein „signifikanter Mehrwert für die Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben der Bundespolizei“ festgestellt werden könne. Das sei der Fall. Auf die eigentliche Frage nach den Konsequenzen für einen künftigen flächendeckenden Einsatz schweigt sich das Ministerium aus.

Datei:Bahnhof Berlin Südkreuz denis apel.JPG

Die FDP-Abgeordneten lassen aber nicht locker und fragen explizit, ob die Bundesregierung einen flächendeckenden Einsatz an Bahnhöfen oder anderen öffentlichen Räumen plant und ab wann. Doch die „Meinungsbildung hierzu innerhalb der Bundesregierung ist noch nicht abgeschlossen“, winden sich die Ministerialen heraus.

FDP: Anonymität im öffentlichen Raum muss möglich bleiben

Auch auf eine Frage nach dem Risiko der fälschlichen Kriminalisierung von Unschuldigen durch fehlerhafte Identifizierungen reagiert die Bundesregierung ausweichend. Die Liberalen wollten wissen, wie sie mit der hohen Anzahl Falsch-Positiver-Fälle umzugehen gedenkt. Doch das Problem existiert nach Auskunft der Regierung gar nicht wirklich, schließlich habe es sich doch nur um einen Test gehandelt. Für den „Wirkbetrieb“ sei die Prüfung dieses Problems „noch nicht abgeschlossen“.

Die ausweichenden Antworten befriedigen Jimmy Schulz, Abgeordneter der FDP und Vorsitzender des Ausschusses für Digitale Agenda, nicht. Gegenüber netzpolitik.org erklärt er:

Völlig unklar bleibt, wie genau die Unterstützung der intelligenten Videoüberwachung bei der Polizeifahndung konkret geregelt wird. Eine fälschliche Erkennung könnte zu erheblichen Nachteilen für die betroffenen Personen führen – zum Beispiel durch verdeckte Überwachung bis hin zu einer vorläufigen Festnahme. Das wäre ein enormer Eingriff in die Grundrechte völlig unschuldiger Bürgerinnen und Bürger und muss unbedingt verhindert werden.

Denn auch über Details zu den juristischen Planungen nach dem Ende des Versuchs schweigt sich das Ministerium aus. Konstantin Kuhle, innenpolitischer Sprecher der FDP, fordert daher, Grenzen für die biometrische Überwachung zu definieren:

Intelligente Videoüberwachung ist ein stärkerer Eingriff in die Grundrechte als konventionelle Videoüberwachung. Keinesfalls darf das Maß an intelligenter Videoüberwachung nach dem Pilotprojekt am Berliner Südkreuz schleichend erhöht werden. Stattdessen müssen die Voraussetzungen und Grenzen intelligenter Videoüberwachung in einer bereichsspezifischen Rechtsgrundlage geregelt werden. In diesem Zusammenhang muss sichergestellt werden, dass Bürgerinnen und Bürger sich auch weiterhin anonym im öffentlichen Raum bewegen können.

Zweite Testphase: Kein Bedarf an ethischen Richtlinien

In einer zweiten Phase wird am Südkreuz künftig Software getestet, die automatisiert vordefinierte Gefahrenszenarien erkennen soll. Viele Details zu den kommerziellen Anbietern und dem Ablauf des Tests gibt die Bundesregierung in ihrer Antwort allerdings nicht preis. Man wolle „voraussichtlich im Januar 2019“ starten, der genaue Testbereich stehe aber noch nicht fest. Die Deutsche Bahn führe außerdem noch „mit drei Herstellern intelligenter Videoanalysesysteme Gespräche über eine Teilnahme“. Da sei noch nichts endgültig, so die Bundesregierung. Auch ein Datenschutzkonzept liege noch nicht vor. Für etwaige ethische Richtlinien, nach denen die Liberalen gefragt hatten, sieht die Regierung keinen Bedarf.

Die Liberalen wollten außerdem wissen, ob in dieser Testphase neben der Anomalieerkennung auch biometrische Bildabgleiche mit Testpersonen vollzogen werden. Das wird in der Antwort klar verneint, ein solcher Abgleich „erfolgt nicht“. Im zweiten Teilprojekt komme gar keine biometrische Gesichtserkennung zum Einsatz.

Ein Detail ist der Antwort der Bundesregierung allerdings zu entnehmen, das die Passanten in Südkreuz interessieren könnte: Man werde „mit Hilfe von freiwilligen Darstellern“ einzelne Testszenarien direkt im Bahnhof ausprobieren. Beispielsweise plane man, „liegende Personen zu simulieren“. Dadurch wolle man die Systeme zur intelligenten Videoanalyse testen.

Nachdem die Hinweise auf die biometrische Videoüberwachung inzwischen alle entfernt wurden, könnten Pendler und Touristen am Südkreuz also ganz neue Hinweisschilder entdecken: „Wir testen für Sie! Bitte gehen Sie ohne ruckartige Bewegungen weiter. Die am Boden liegenden Personen sind nur freiwillige Darsteller.“

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Grafikquelle     :
Oben      —           CC-BY-NC 2.0 freeeda  /   Netzpolitik.ORG
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2. )  von Oben    CC-BY-NC 2.0 freeeda   /  Netzpolitk.ORG
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Unten     —        Bahnhof Berlin Südkreuz bei einem Rundflug über Berlin.
Urheber Denis Apel   /       Quelle      —   Eigenes Werk

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Solidarische Stunden

Erstellt von Redaktion am 17. Oktober 2018

Die Kluft ist zwischen Bürgern und ihren Delegierten

Schlagloch von Mathias Greffrath

Die Unteilbar-Demo hat gezeigt: Es fehlt nicht an Ideen für eine Übergangsgesellschaft – sondern an deren politischer Konzentration

Am Samstag gingen in Berlin so viele auf die Straße, dass die Welt am Sonntag unverzüglich Entwarnung geben müsste Zum Glück, seufzte der Kommentar, war es nur „die nivellierte Mittelschicht mit ihren Kindern“ und sie war „nicht zornig, sondern heiter, nicht für die Veränderung des Status quo, sondern für dessen Verteidigung gegen Rechtspopulisten“. Nur einige Radikale – Hausbesetzer, Islamisten und Theologen – hätten „abschreckend“ gewirkt.

Die „Multitude“, jubelte der Kommentar der taz, habe„in historischer Größe“ und „ohne ­strategisches Ungefähr“ gegen die autoritäre Wende demonstriert und für die Grundrechte. Nur die linksnationalistische Sahra habe sich in „jämmerlicher Gesellschaft“ mit Reaktionären selbst ausgeschlossen von diesem „Prozess kollektiver Vergewisserung“, in dem „gesellschaft­liche Debatten zu Übereinkünften gerinnen“.

Aber ist die „kollektive Vergewisserung“ nicht eigentlich schon viel weiter? Besteht nicht ein breiter Konsens darüber, dass das Asylrecht unantastbar bleiben soll, aber es kein unqualifiziertes „Recht, zu kommen und zu bleiben,“ geben kann (weswegen die Häme gegen Wagenknecht ebenso fehlgeht wie deren Weigerung, sich der Volksfront gegen Autoritarismus, Rassismus und Xenophobie anzuschließen). Und weiter: Dass Pflegeheime, Schulen, Bahnverkehr und Löhne unter dem Niveau eines Exportweltmeisters sind – da gibt es durchaus solide „Übereinkünfte“ im Wahlvolk, ebenso wie für eine Mietpreisbremse, öffentlichen Wohnungsbau, Energiewende und scharfe Maßnahmen gegen die Migration von Vermögen in Steueroasen. Forderungen, die allesamt an die materiellen Ursachen von Migrantenfurcht und Ausgrenzung rühren.

Ich finde, man kann davon ausgehen, dass eine Mehrheit der Bürger zumindest eine Ahnung von Missständen und Lösungsmöglichkeiten hat und zumindest ein Bauchgefühl davon, dass viele Probleme nur durch Systemwechsel mitsamt einer stark veränderten Einstellung zum Eigentum gelöst werden können. Und das heißt: die hemmendste, mentale wie politische Spaltung in unserer Gesellschaft ist nicht die zwischen Globalisten und Lokalisten, Volk und Elite, Armen und Reichen, nicht einmal zwischen Reaktionären und Progressiven. Die Kluft, an der unsere Zukunft gerade zu scheitern droht, ist die zwischen erkannten Notwendigkeiten und staatlichem Handeln, zwischen Bürgern und ihren Delegierten.

File:Köln gegen Rechts - Solidarität statt Hetze -2309.jpg

Die Membran zwischen Bürgerwillen und Parlament ist undurchlässig geworden. In der Demonstration vom Samstag zeigte sich in volksfestartiger Heiterkeit der ganze Reichtum an Energien für eine Übergangsgesellschaft. Aber all diesen Initiativen fehlt (noch) eine politische Speerspitze, die Aufbruchsenergien politisch konzentriert, Vorstöße durch Gesetze absichert und ein Fundament für eine postkapitalistische Gesellschaft legt.

Quelle       :      TAZ           >>>>>          weiterlesen

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Grafikquelle     :

Oben     —         Twitter      Kübra Gümüşay -Via Wikimedia  Commons

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Unten       —        Köln gegen Rechts, antifaschistisches Aktionsbündnis. Demonstration der bundesweiten Kampagne „Solidarität statt Hetze – Der AfD die Show stehlen!“

Source Own work
Author Elke Wetzig

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DL – Tagesticker 17.10.18

Erstellt von Redaktion am 17. Oktober 2018

Direkt eingeflogen mit unseren  Hubschrappschrap

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Erst das Torf, dann die Bahn und jetzt auch noch ein Bus. Schland löst sich in Flammen auf ! Morgen vielleicht die Fäkalienbude in Berlin, das Hartz 4 Gebäude in Nürnberg und Übermorgen ? Nur die in ihren Köpfen Knallgas-produzierende PolitikerInnen scheinen sehr, sehr schwer, noch schwerer entflammbar ?

Ursache unklar

1.) Deutscher Reisebus brennt auf Autobahn in der Schweiz komplett aus

Ein deutscher Reisebus mit mehr als 20 Passagieren ist auf einer Autobahn in der Schweiz komplett ausgebrannt. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, hatten die Passagiere im Inneren des Busses Rauch bemerkt und den Fahrer informiert. Alle konnten den Doppeldecker anschließend rechtzeitig verlassen, ehe er vollständig abbrannte. „Wir haben die Passagiere dann mit einem Ersatzbus etwa 15 Minuten weiter nach St. Gallen gefahren“, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Ab da hätten sich die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) um die Menschen gekümmert.

MZ

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Nah, da es schon in einer Arbeiterpartei am nötigen Stallgeruch fehlt,  darf nun eine Juristin den nächsten Versuch wagen. Nach dem Genuss des Genossen aller Bosse – einen angeblichen Rechteverdreher aller nicht seiner Klasse – Zugehöriger, nun eine neue Paragraphen – Dreherin. Dabei gibt es doch nur eine Möglichkeit den vorsätzlich entgleisten Zug wieder auf die Räder zu stellen: Hartz 4 muss weg! Oh jedes Wenn und Aber !!

Justizministerin wird Spitzenkandidatin

2.) Katarina Barley soll SPD in Europawahlkampf führen

Es war kein einfacher Job für Andrea Nahles: Die SPD-Chefin handelte sich bei der Suche nach einem Spitzenkandidaten für die Europawahl zunächst einige Absagen ein. Auch Justizministerin Katarina Barley wollte zunächst nicht. Doch nun wird es die 49-Jährige nach SPIEGEL-Informationen doch: Noch in dieser Woche soll Barleys Bewerbung für die Spitzenkandidatur bekannt gegeben werden, Anfang Dezember stellt die SPD ihre Liste für die Europawahl auf. Der Wahltermin ist am 26. Mai 2019. Über die Personalie hatte zuerst das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet.

Spiegel-online

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Alle die von der Doppelmoral befreiten ehemaligen CSU – Leute. Die ohne Kreuz !!

Podcast: Was jetzt? / 16. Oktober 2018:

3.) Wer sind die Freien Wähler?

Nach der Landtagswahl sucht die CSU einen Koalitionspartner. Viel spricht für die Freien Wähler, doch was wollen die? Außerdem: Jogi Löws Endspiel gegen Frankreich

Zeit-online

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Das ist aber sehr mutig, mit gefühlten 100 Jahren! Sich noch mit so vielen Extremisten aus den verschiedensten Lagern auseinanderzusetzen.

4.) Helmut Markwort wird Alterspräsident im Landtag

Mittwochs dürfte es für Helmut Markwort schwer werden, an Ausschuss-Sitzungen im Landtag teilzunehmen. Am Mittwoch spielt er seit Jahren Tennis in Grünwald, auch jetzt noch, im Alter von 81 Jahren. Er kann das mit Fakten belegen: Der Publizist und Gründer des Nachrichtenmagazins Focus hat beim dortigen Tennis-Club die Mitgliedsnummer zwei. In den vergangenen Wochen aber hat er allerdings auf Sprints auf rotem Sand verzichtet – mitten im Wahlkampf war ihm die Verletzungsgefahr zu groß.

Sueddeutsche-Zeitung

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Oh, – Hat Sahra die Führung dort übernommen? Wie viele können dort gesammelt werden? So geht Leben – Jede findet einmal zurück zu seinen Gründer – Wurzeln. 

Kommunistische Partei :

5.) Die Letzten ihrer Art

Wer in Zeiten, da die kommunistische Idee weithin als gescheitert gilt, am Gedanken der Revolution festhält, kann womöglich gar nicht anders, als im Kleinen zu beginnen. Mit zwei Feuerwehrgerätehäusern im Südhessischen zum Beispiel. Es ist ein Donnerstagmittag in Mörfelden-Walldorf, als Gerd Schulmeyer, 67 Jahre alt und der Chef der Kommunisten im Ort, mit einem Stapel der Parteizeitung in seiner roten Umhängetasche zum Wochenmarkt aufbricht. Eine Handvoll Genossen, mit Ausnahme eines jungen Mannes ergraute Herren, hat gegenüber der Gemüseverkäuferin schon den Infostand aufgebaut. Auf mit Klebefilm zusammengehaltenen Blättern steht die Parole der Stunde: „Für den Erhalt der beiden Feuerwehrgerätehäuser in Mörfelden und Walldorf.“

FAZ

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Jetzt wird aber aufgeräumt ! Oskar schickt seine Spürhunde in das letzte Gefecht. Ähnlich Napoleon seiner Zeit seine Soldaten in den sibirischen Eiskanal. Na, da hoffen wir doch das nicht zu viele der aufgefundenen Scheinchen in falsche Kanäle hängen bleiben. Staatskommisarin wäre auch ein gut bezahlter Posten für Sahra?

Finanzskandal

6.) Linke will Staatskommissar für LSVS

Jochen Flackus, Links-Fraktionsmanager und Vize-Chef des Untersuchungsausschusses, sagte: „Ein ganzes Heer von Gutachtern und Beratern und unzählige Sitzungen von Arbeits- und ‚Lenkungsgruppen‘ haben auch zehn Monate nach Bekanntwerden des Millionenlochs keine vorzeigbaren Ergebnisse erbracht.“ Die SaarLB hatte kürzlich mitgeteilt, noch ein weiteres Gutachten in Auftrag geben zu wollen.

Saarbrücker-Zeitung

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7.) Wie TITANIC einmal der CSU die letzte Ehre erwies

Montag, 15.10.2018. Markus Söder weint, Horst Seehofer grinst schief, die Weißwürste hängen auf Halbmast. Seit einer Woche ist die Wiesn vorbei. Und dann auch noch diese doofe Landtagswahl, bei der andere Nazis der CSU die Stimmen geklaut haben. Das “Unions-Beben” (bild.de) war ein Schock für Groß und Klein, Weiß und Blau, Ochs und Esel – sowie die christsozial-versiffte TITANIC-Redaktion.

Titanic

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Hinweise und Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquelle:   Oben —  DL / privat – Wikimedia Commons – cc-by-sa-3.0

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