Der Geburtsort entscheidet über die Lebenschancen. Das ist nicht fair. Aber würde eine globale Bewegungsfreiheit für alle wirklich weiter helfen?
Über offene Grenzen nachzudenken wirkt aus der Zeit gefallen. Die Stimmung ist nach dem kurzen Refugees-welcome-Herbst 2015 umgeschlagen. Die Republik wirkt wie jemand, der nach einem heftigen Rausch am Tag danach alle Spuren des Fehltritts tilgen will. Die AfD prägt den Diskurs. Die CSU versucht mit Polemik gegen Flüchtlingsunterstützer zu punkten. Und die Grünen sagen lieber gar nichts mehr.
Angesichts dieser verspannten Gemütslage scheint die Frage, was für offene Grenzen spricht, wie von einem anderen Stern. Wer mehr Migranten ins Land lassen will oder prinzipiell die Grenzregime, die in Europa befestigt werden, anzweifelt, gilt als linksradikaler Spinner. Oder, noch schlimmer, als besser verdienender Gutmensch, dessen Alltag unberührt vom Zuzug der Habenichtse ist – während die Unterschicht sich mit knappem Wohnraum und Konkurrenz um Jobs herumschlagen muss. Doch es gibt seriöse Argumente, Grenzen abzuschaffen – zum Beispiel die Menschenrechte.
In Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es: „Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen.“ Es existiert somit kein explizites Menschenrecht, zu leben, wo man will – allerdings hat der Artikel 13 nur Sinn, wenn es auch Staaten gibt, die Migranten aufnehmen.
Der kanadische Philosoph Joseph Carens vertritt die Idee, dass ein individuelles Recht auf globale Freizügigkeit existiert. Warum kann, wer in El Paso geboren ist, ohne Probleme in New York jobben – während wer ein paar Kilometer weiter südlich in Ciudad Juárez groß wurde, dafür als illegaler Migrant sein Leben auf Spiel setzen muss?
Fies(el)er Storch – Deutsches Museum, Grenzenlos
Zufälliges Glück
Nichts ist so entscheidend für die Chance, ein gutes Leben zu führen, wie der Ort, an dem man geboren wird. Wer in einem Slum in Lagos aufwächst, hat kaum die Möglichkeit zu bekommen, was in Stockholm oder El Paso selbstverständlich ist: sauberes Wasser, Bildung, Aussicht auf einen guten Job. Mit welchem Recht blockieren Staaten also die Bewegungsfreiheit und gießen das zufällige Glück des Geburtsortes in Beton?
Einige Verfechter offener Grenzen berufen sich auf John Rawls, der mit „Theorie der Gerechtigkeit“ (1971) den politischen Liberalismus auf den Stand gebracht hat. Das gedankliche Experiment lautet, anknüpfend an Rawls, in etwa so: Wenn wir nicht wüssten, ob wir in Lagos oder Stockholm zur Welt kommen, würden wir dann für abgeriegelte Grenzen oder für das Recht auf globale Bewegungsfreiheit plädieren? Eben.
Für offene Grenzen lassen sich argumentativ nicht nur philosophische Trockenübungen in Anschlag bringen. Der globale Kapitalismus, der in atemlosem Tempo Glanz und Elend erzeugt, jagt Informationen, Kapital und Waren grenzenlos um den Globus.
Wir erleben „die fortwährende Umwälzung der Produktion, die ununterbrochene Erschütterung aller gesellschaftlichen Zustände, die ewige Unsicherheit und Bewegung. Alle festen, eingerosteten Verhältnisse werden aufgelöst. Alles Ständische und Stehende verdampft.“ So hat Marx 1848 die Effekte des Industrie-Kapitalismus beschrieben. Damals rumpelten die ersten Eisenbahnen durch Europa.
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Google will einen 2500m² „Campus“ in Kreuzberg eröffnen um profitversprechende Unternehmen anzuziehen und zu kaufen. Als „Gemeinschafts“-Projekt verkauft, zielt es in Wirklichkeit nur auf jene „Unternehmer“ ab, die Google’s Milliarden-Profit noch steigern.
Seit Google bekannt gegeben hat, dass sie in Berlin – Kreuzberg einen Start-up-Campus eröffnen wollen, gab es eine Fülle von Initiativen, die sich mit dem Technologiekonzern und was damit verbunden ist beschäftigt haben. Sprühereien, Plakate, Farbattacken, Veranstaltungen, Kundgebungen und Zeitungsprojekte zeugen davon, dass der Aufruf zum Kampf gegen Google auf offene Ohren gestossen ist und in diesen Handlungen ein Echo fand. Genauso vielseitig wie die einzelnen Momente des bisherigen Widerstandes scheinen auch die AkteurInnen darin zu sein. Von anarchistischer Seite kamen konkrete Vorstellungen welcher Mittel sich dieser Kampf bedienen könnte; ein informeller, selbstorganisierter und offensiver Kampf, ohne den Appell an Politik und jegliche Autorität.
Dieser Vorschlag bedeutet für uns die Notwendigkeit einer tiefergehenden Analyse der herrschenden Verhältnisse um ein weiterführendes, revolutionäres Projekt anhand dieses Kampfes zu diskutieren und in unsere Handlungen mit einfliessen zu lassen. Es muss daher darum gehen die Verzahnung der digitalen Herrschaft und der fortdauernden Restrukturierung des Kapitalismus aufzuzeigen, um anhand dessen, die Dringlichkeit nach der Infragestellung des
Bestehenden zu verstärken. Dabei gilt es anzuerkennen, dass Google zweifellos eine treibende Kraft in einer gesamtgesellschaftlichen Veränderung ist, welche tief in unsere sozialen Beziehungen eingreift. Alleine deswegen ist es Wert sich ihm gegenüber in Stellung zu bringen. Letzten Endes aber ist dieser Konzern nur ein Beispiel von vielen aus dem Bereich der New Economy, die sich mit ihren technologischen Innovationen als Heilbringer aller Problemlösungen präsentieren, durch welche sich die kapitalistische Vorherrschaft noch weiter verfestigt. Deshalb scheint es angebracht, sich mit verschiedenen Aspekten dieses Kampfes zu beschäftigen, um Möglichkeiten zu skizzieren, wohin die Reise gehen könnte.
Die Bedingungen, die wir vorfinden
Die meisten von uns sehen sich verschiedensten ökonomischen Zwängen ausgesetzt. Lohnarbeit, Schule, Ausbildung, Jobcenter, Miete zahlen usw. sind alles Dinge, die uns das Leben schwer machen und direkt miteinander verknüpft sind. Die bestehende soziale Ordnung basiert auf der Trennung in Besitzende und Ausgebeutete und baut darauf auf uns in diesem Abhängigkeitsverhältnis zu halten. So soll garantiert werden das die Kapitalanhäufung und das stetige Wirtschaftswachstum gewährleistet sind. Diese Notwendigkeit und die Logik des grenzenlosen Wachstums bringt das System aber immer wieder an seine Grenzen, was gemeinhin als „Krise“ bezeichnet wird. Diese wiederkehrenden Phasen der negativ Entwicklung führen dazu, dass sich der Kapitalismus permanent neu erfinden muss, um so weitere Märkte zu erschliessen.
Dabei wird es immer schwieriger, die Prozesse der kapitalistischen Transformation nachzuvollziehen und die Linie der Trennung zu identifizieren. War seit der Industrialisierung bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts, diese Trennung der Klassen, in diejenigen die im Besitz der Produktionsmittel waren und denjenigen die gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen, noch weitestgehend offensichtlich, hat sich dies mit der Auslagerung grosser Teile der Produktion in die Zweit- und Drittweltländer und der Erweiterung des Dienstleistungssektors, schrittweise verändert. Damit ging auch das Bewusstsein der ArbeiterInnenüber ihre Klassenzugehörigkeit und die darüber definierten Auseinandersetzungen zunehmend verloren.
Die aktuelle Veränderung hin zu einer Informationsgesellschaft, und die Bestrebungen unter dem Titel Industrie 4.0, verstärken diese Tendenzen noch weiter. Mit der fortschreitenden Automatisierung von Produktionsprozessen durch Roboter, künstlicher Intelligenz und digitalen Systemen, sowie dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien geht ein weiterer grundlegender Wandel einher.
Dies hat die Zerstreuung auf dem Arbeitsmarkt und die Vereinzelung der Individuen zur Folge. Die klassische Vollzeitbeschäftigung wird immer seltener und durch Teilzeit-, Minijobs und (Schein-) Selbstständigkeit ersetzt. Die Firmen suchen sich ihre Lohnsklaven nach Bedarf und sparen so einen Haufen Geld und Ärger. Auf der dadurch erzwungenen Flexibilität der Prekären baut ein ganzer Wirtschaftszweig auf, innerhalb dessen die On-Demand-Unternehmen wie Uber, Deliveroo usw. die Inwertsetzung alltäglicher Dinge auf die Spitze treiben. Es geht um die ökonomische Erschliessung aller Lebensbereiche, wobei den Start-Ups hier eine tragende Rolle zukommt.
Gleichzeitig verstehen es die ideologischen Strategen und Geldgeber der Tech-Konzerne den ökonomischen Zwängen einen Lifestyle überstülpen, der Freiheit und Selbstbestimmung verspricht, der als erstrebenswert gilt und an vermeintlich edle Ziele geknüpft ist. Man sieht sich moralisch auf der richtigen Seite, da unter dem Vorwand der Ökologie technologische Lösungen angeboten werden um die Probleme der Welt zu lösen. Dabei wird konsequent ignoriert, dass all diese Probleme von der Ressourcenknappheit bis hin zu den zugemüllten Weltmeeren, hausgemacht sind. Ihre Ursachen sind in der zerstörerischen Kraft des Kapitalismus zu finden. Manche mögen naiv sein, und wirklich denken, dass sie mit ihren Innovationen die Welt verbessern können, doch vieles ist knallhartes Kalkül um mit der selben Scheisse in Grün, neue Bereiche der Verwertung zuzuführen.
Währenddessen scheinen sich die AkteurInnen und ZuarbeiterInnen der New Economy in ihren unzähligen Start-ups und Co-working-Büros ihrer Rolle innerhalb der kapitalistischen Verwertung immer weniger bewusst zu sein. Ihr Office ist Wohnzimmer und Lebensmittelpunkt zugleich und ihre Familie ist die „Community“. Das man sich dafür bis zum Umfallen an vermeintlich tollen Ideen abarbeitet, immer mit dem Blick auf den Durchbruch und das grosse Geld, wird dabei völlig selbstlos in Kauf genommen.
Es ist keineswegs so, dass sich die Ausbeutungsverhälnisse dadurch aufgelöst hätten, vielmehr sind sie feinmaschiger und weniger offensichtlich geworden, während gleichzeitig die Seelen der Ausgebeuteten mit dem Gift des Spektakel betäubt werden.
Parallel zu diesen Entwicklungen hat sich auch in den urbanen Zentren der Metropolen eine massive Umwandlung vollzogen. In Berlin, waren und sind, die in grossen Teilen der Innenstadt ehemaligen Arbeiterbezirke diesen Veränderungen, und dem damit einhergehenden sozialen Angriff, am Stärksten ausgesetzt. Durch Mieterhöhung, Luxussanierung, Rausschmiss und Räumungen wurden bereits viele der ärmeren BewohnerInnen aus ihrem gewohnten Umfeld vertrieben und gewachsene soziale Strukturen zerrissen, um der kapitalistischen Verwertung platz zu machen. Orte, die vor nicht all zu langer Zeit noch einfache Wohngegenden waren oder wegen Dreck und Kriminalität als unattraktiv galten sind die Goldgruben der InvestorInnen von heute.
Boutiquen, Galerien, hippe Bars und Bioläden schiessen wie Pilze aus dem Boden und bedienen die Bedürfnisse der neuen Mittelschicht. Gleichzeitig wird von Seiten der Politik um die Ansiedlung der Kreativ-Wirtschaft und New-Economy gebuhlt, um sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüberanderen Metropolen in der Erneuerung der Stadt zur „Smart City“ zu verschaffen. Eine Stadt die mit Hilfe der neuen Technologien intelligent und effizienter werden soll. Dabei wird die Infrastruktur mit Hilfe von Big Data und dem Internet der Dinge allumfassend vernetzt, um den öffentlichen Raum durchgängig analysieren, vermessen und steuern zu können.
All diese Entwicklungen bringen einen sozialen Konflikt mit sich, um deren Verwaltung sich die Autoritäten bemühen um einen reibungslosen Ablauf zu Gunsten des Kapitals zu ermöglichen. Vielseitige Techniken des Herrschens werden hier angewandt um die Ausgeschlossenen in Schach zu halten und eine Rebellion gegen die Verhältnisse bereits im Keim zu ersticken. Um widerständiges Potential zu integrieren wird bei Aufwertungsprozessen zunehmend eine vermeintliche Partizipation der BürgerInnen suggeriert. Auch wenn dadurch für die Gutgläubigen kaum realpolitische Erfolge zu verzeichnen sind, gelingt es den PolitikerInnen damit immer wieder den Protest zu spalten und sich ein demokratisches Antlitz zu verleihen, um danach guten Gewissens den InvestorInnen die Hände zu reichen.
Gleichzeitig werden in den Quartiermanagments der verschiedenen Kieze Eingreiftruppen von SozialarbeiterInnen und Ordnungsämtern installiert, welche an den Brennpunkten, wo die sozialen Konflikte am deutlichsten zu Tage treten, den Unmut der Betroffenen zu beschwichtigen. Unangepasste Jugendliche und andere „Problemgruppen“ sollen assimiliert und unter Kontrolle gehalten werden, oder zumindest aus dem öffentlichen Raum verschwinden. Immer mit dem Ziel, die Doktrin des sozialen Friedens auch unter denjenigen zu schüren, die das System schon längst ausgespuckt hat.
Dabei ist allen klar, dass die Veränderungen in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung in den kommenden Jahren noch unzählige weitere Überflüssige, produzieren wird. Um die herrschende Ordnung dabei langfristig aufrecht zu erhalten, wird ein allumfassendes System der sozialen Kontrolle errichtet. So sind Überwachungskameras und private
Sicherheitsdienste neben der Präsenz der Polizei zu einem festen Bestandteil der städtischen Sicherheitsarchitektur geworden. Gegenden an denen offene Konflikte oder staatliche Kontrollverluste drohen werden zum Gefahrengebiet erklärt und wenn nötig unter Dauerbesatzung durch die Polizei gestellt, die dort nach Lust und Laune kontrolliert, schikaniert, zuschlägt und verhaftet. Der Ausnahmezustand wird zur Norm und die Militarisierung des Alltags zur Gewohnheit. Auch hier werden die herkömmlichen Methoden der Kontrolle durch die digitale Umstrukturierung erweitert. Intelligente Kameras sollen, wie aktuell am Bahnhof Südkreuz erprobt wird, Gesichter erkennen und Verhaltensmuster die auf mögliche kriminelle Absichten hindeuten von den Algorithmen erkannt werden. Polizeibehörden werden mit Predictive-Policing-Software, die Verbrechen bereits bevor sie geschehen Vorhersagen soll, ausgerüstet. Durch die Vernetzung von Allem und Jedem mit Chips und Sensoren werden neue Möglichkeiten für Kontroll- und
Überwachungsinstrumente geschaffen. Gleichzeitig wird durch das Dauersenden von Informationen bei der Benutzung der technischen Errungenschaften im Alltag bereits jetzt ein fast lückenloses Bewegungsprofil der Nutzer erstellt. Daten, die es den Repressionbehörden ermöglichen ein totalitäres Überwachungssystem, wie aus einer dystopisch anmutenden Zukunftsvision, zu errichten.
Kreuzberg, eine Ressource für die Tech-Industrie
Es ist davon auszugehen, dass die Standortauswahl von Google für ihren Campus kein Zufall war. In Kreuzberg finden die Technologiekonzerne mittlerweile genau das Milieu einer jungen, kreativenund techaffinen Szene, von deren Innovationen sie sich viel versprechen. Gleichzeitig gibt es hier eine starke Präsenz von Alternativkultur und in vielen Köpfen existiert noch immer der Mythos Kreuzberg aufgrund seiner Geschichte. Dies sorgt für eine gewisse Authentizität, die dabei nicht unbedeutend ist. Es sind ähnliche Bedingungen wie die Branche bei der Entstehung des Silicon Valleys bereits vor vielen Jahrzehnten in San Francisco vorgefunden hatte oder sogar aus ihnen hervorgingen.
Es wird wohl niemand bestreiten, dass die wilden Zeiten Kreuzbergs längst vorüber sind. Zeiten, in denen Hausbesetzungen und Strassenschlachten nicht selten waren und die Bullen sich nur in Mannschaftsstärke in die dunklen Ecken des ehemaligen Postbezirks SO36 verirrt haben. Die Entwicklungen, die wir heute in dem Bezirk erleben, lassen sich aber nicht losgelöst von seiner Geschichte betrachten. Mit den HausbesetzerInnen kamen auch neue Lebensentwürfe, Subkultur und Alternativszene. Menschen, die mit viel Kreativität ihren Alltag bestritten, fernab von klassischer Maloche, Familie und Zukunftsplanung. Es war eine Revolte gegen das Existierende, nicht aber ohne Widersprüchlichkeiten. Schnell war klar, das die erkämpften Freiheiten, welche umfassende Möglichkeiten der Selbstverwirklichung und des Hedonismus mit sich brachten, gleichzeitig auch eine Lähmung der Kampfeslust zur Folge hatte. Während sich Einige der permanenten Konfliktulität verschrieben, verstanden es viele Andere, sich ihre
Nischen und Wohlfühlzonen zu schaffen. Alternativszene und Kollektivbetriebe suchten sich ihre Wege eines anderen Lebens innerhalb der herrschenden Spielregeln und sind nicht selten schon bald wieder von der gnadenlosen Realität des Kapitalismus eingeholt worden. Nichts desto Trotz hat es zu einer materiellen Verankerung im Kiez in Form von Kneipen, Hausprojekten, Werkstätten usw. geführt, die den Stadtteil nachhaltig verändert haben und zum Teil bis heute fortbestehen.
Nur wenige dieser Orte konnten ihre rebellische Haltung über die Jahrzehnte bewahren. Die Mehrzahl jedoch wurde zum Teil des Problems mit dem wir heute konfrontiert sind. So sind die bunten Fassaden von damals oft nur noch ein Schatten seiner selbst und in gewisser Weise der Bodensatz auf dem die Aufwertungsspirale nach dem Mauerfall gewachsen ist, die bis heute anhält und in den letzten Jahren nochmal massiv an Tempo zugelegt hat.
Was geblieben ist, ist ein Image eines Stadtteils als Ort der Offenheit und Toleranz, wo alles geht und jeder darf wie er will. Ein Ort für Aufbruch und Kreativität, Innovation und Selbstverwirklichung. Der beste Nährboden für die ganzen Selfmade-Hipster von Facebook, Youtube und Instagram, die sich in ihrer so viel beschworenen Individualität gleicher nicht sein könnten. Gleichzeitig sind es genau diese Schlagworte, welche ihre Wurzeln in der Gegenkultur haben, die wir bei den ideologischen Strategen der Start-Up-Szene und Tech-Konzerne heute wieder finden. So wird der Mythos Kreuzberg zu seinem eigenen Untergang, denn die InvestorInnen haben verstanden, das sich aus diesem Image Profit machen lässt. Einem Image, das auf all dem aufbaut, was die AufwerterInnen danach restlos zu zerstören bereit sind.
So sind es aktuell nicht mehr nur diejenigen, die ihren ökonomischen Interessen einen alternativen Stempel aufdrücken oder sich vielleicht sogar einer alternativen Lebenswelt zugehörige fühlen, die die Aufwertungprozesse vorantreiben, sondern zunehmend auch Grosskonzerne. Hier im Speziellen, diejenigen der Tech-Industrie wie Zalando und Google oder ein Zusammenschluss vieler wie in der Start-up-Factory am Rande Kreuzbergs, welche Europas grösste dieser Art ist. Am Beispiel von Google zeigt sich, dass dabei der direkte Profit der daraus zu ziehen ist, für die Finanzstarken derBranche nicht das ausschlaggebende Kriterium für den Standort ist. Vielmehr geht es hier genau darum, das Image Kreuzbergs zu vereinnahmen, als Ressource in Form von Hippness und Lifestyle. Eine Adresse als Visitenkarte eines Konzerns, um die kreativen Köpfe die sich in diesem Milieu zu Hause fühlen zu ködern. Und nicht zuletzt, sind es die analogen Daten eines Kiezes am Puls der Zeit, die in die digitale Welt eingespeist werden sollen, um diese an anderer Stelle zu verwerten.
Der Sand im Getriebe sein
Die genannten Faktoren und Gesellschaftlichen Prozesse gilt es zu berücksichtigen wenn wir mit einem Kampf gegen ein konkretes Projekt, wie im Falle von Google mehr wollen, als dem geplanten Campus einen Strich durch die Rechnung zu machen. Es zeigt die Verstrickung von Kapitalismus, Aufwertung, Repression und Herrschaft im digitalen Zeitalter und verdeutlicht, dass dieser Campus nur als ein Fragment des technologischen Angriffs verstanden werden kann. All diese Entwicklungen sind Teil einer Welt, der wir nicht angehören wollen. Einer Welt der Verwertung und des Profits, wo selbst die letzten Freuden die uns bleiben, zur Ware werden. Es ist die kapitalistische Logik, die diese Welt durchdringt, den sozialen Raum besitzt und alles Lebendige überlagert.
Dementsprechend ist unser Drang nach Autonomie und Freiheit und die Ausarbeitung einer anderen Idee des Lebens unmittelbar gekoppelt an das Bewusstsein darüber, diese Welt der Waren zerstören zu müssen. Dabei kann es nicht nur darum gehen der Schlange den Kopf abzuhacken oder der „Datenkrake“ die Tentakeln zu kürzen, denn dies ändert an den Grundbedingungen erst mal nichts. Vielmehr müssen wir den Kapitalismus als Gefüge der Macht, basierend auf sozialen Beziehungen und der Zirkulation von Waren und Informationen verstehen. Um selbst dann, wenn der Gegner wie im Falle von Google, vermeintlich klar ist, auch auf das zu zielen, was den ganzen Laden am laufen hält. Das heisst nicht, dass der Google-Campus selbst oder die Verantwortlichen dafür keine geeigneten Adressaten unserer Wut wären, ganz im Gegenteil, halten wir das für einen notwendigen Wirkungsbereich, aber wir sollten nicht dabei stehen bleiben.
Mit dieser Erkenntnis, wollen wir den Kampf gegen den Google-Campus führen. Der Kiez, die Nachbarschaft, als Basis zum Zusammenkommen, für diejenigen, die sich diesen Entwicklungen nicht unterwerfen wollen. Als Ausgangspunkt für einen Kampf durch die Betroffenheit der Beteiligten, anhand der drohenden Verdrängung. Was angesichts der oben beschriebenen Entwicklungen und dem Wissen über die Abwesenheit eines gemeinsamen sozialen Raumes und dem Fehlen von geteilter Erfahrung, als sinnvoll erscheint. Es geht darum Orte zu schaffen um sich auf Augenhöhe zu treffen und gemeinsame Räume der direkten Kommunikation ohne die Vermittlung durch Politik und Medien zu eröffnen, jenseits von Herrschaft und politischen Identitäten. Was aber nicht bedeutet, dass die eigene Betroffenheit sich hier nur anhand der Wohnraumproblematik finden lässt und an diesen Ort gebunden sein muss. Deshalb sehen wir eine Aufgabe auch darin ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Gentrifizierung, auch wenn wir hier möglicherweise darüber in Verbindung kommen, nur ein Teil des Problems darstellt. Der technologische Angriff aber betrifft uns alle, und zwar ganz konkret. Und genau darin sehen wir das Potenzial dieses Kampfes.
Das was hier gegen Google am Entstehen ist, können wir nutzen, um uns mit anderen, die sich gegen die digitalisierte Welt zu wehren beginnen, auszutauschen und Affinitäten zu finden. Wir schlagen vor, den Kampf auf andere Akteure und Bereiche auszudehnen, dabei die Logistik und Infrastruktur mitzudenken und die Waren-und Datenströme als Teil der Auseinandersetzung zu begreifen. Ein Kurzschluss oder der Blackout als Möglichkeit sich in der Enge des Bestehenden Luft zum Atmen zu verschaffen.
Ein praktisches Beispiel dazu lieferte der Versuch einer Blockade des Amazon-Verteilzentrums in Berlin zum Black-Friday letzten Jahres. Mit dem Ziel, die Auslieferung der Pakete zu unterbrechen gab es eine Blockade vor Ort, aber auch handfeste Unterstützung von einigen die mit direkten Aktionen am Vorabend mehrere Amazon-Fahrzeuge fahruntauglich gemacht hatten. Gleichzeitig wurde an verschiedenen Standorten von Amazon gestreikt. Auch wenn die Resonanz relativ gering war und es an Kreativität und Eigeninitiative, die den vorgegebenen Rahmen verlassen, weitestgehend gefehlt hat, lässt sich diese Idee bestimmt weiter denken. Ebenso in dem Bereich der On-Demand-Ökonomie kommt es zunehmend zu Arbeitskämpfen der „SklavInnen“, wie die Streiks der KurierfahrerInnen von Deliveroo und Foodora zeigen.
Aber auch die zum Teil militanten Kämpfe von TaxifahrerInnen gegen Uber, die sich rund um den Globus erstreckten, oder die Besetzung von Ferienwohnungen in Berlin, die über AirBnB vermittelt wurden, haben ihre Wurzeln in der Welt der Start-Ups und den neuen Technologien. Wir wissen und lesen von vielen anderen Städten in Deutschland und darüber hinaus, die sich in einem ähnlichen Konfliktfeld bewegen. Google und Facebook in San Francisco mussten kürzlich ihre Shuttlebusse, welche die MitarbeiterInnen ins Silicon Valley fahren umleiten, weil es immer wieder zu Attacken auf diese kommt. All diese Beispiele zeigen, dass es an vielen Orten ein Bedürfnis gibt sich dem technologischen Wahnsinn in den Weg zu stellen. Aber auch, dass es neben Demonstrationen und Kundgebungen, Flyer verteilen und Plakate kleben noch eine Fülle an anderen Handlungsoptionen gibt um direkt und unvermittelt einzugreifen.
Der geplante Google-Campus in Kreuzberg kann dabei, für die unterschiedlichen Initiativen in Berlin als Kristallisationspunkt dienen, weil an diesem Beispiel alle Facetten der digitalen Welt, und die Verschmelzung mit den anderen Bereichen des Lebens so deutlich zum Ausdruck kommem. Wenn wir uns aber darauf beschränken, laufen wir Gefahr, dass dieser Kampf durch die Intervention von der Politik oder Google selbst zu einem Ende kommt, oder nach der Eröffnung des Campus sich der Widerstand nach einer Weile verläuft. Deswegen wollen wir keine klassische Kampagne, die sich an dem einen Objekt fest klammert, genauso finden wir Parolen, die Google auffordert nach Adlershof zu gehen, verkürzt und wenig zielführend. Vielmehr wollen wir mit diesem Kampf ein Bewusstsein über die Herrschaftsstrukturen in ihrer Gesamtheit vertiefen. Wir wollen Ideen und Wissen teilen und mit Möglichkeiten und Methoden eines selbstbestimmten Kampfes experimentieren. Wir wollen diesen Konflikt zuspitzen, mit allen Mitteln die uns zu Verfügung stehen und anhand dessen eine weitergehende Perspektive entwickeln.
Wir wollen die Herrschaft der Technologie über unser Leben zurückweisen und dabei eine Revolte gegen das Bestehende und die Erschaffung der neuen, digitalen Welt, entfesseln. Lasst uns zusammenkommen und mit Kreativität und Intelligenz, direkten Aktionen, Wut und Leidenschaft diese Welt bekämpfen, immer mit dem Blick auf etwas besseres als das Jetzige.
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Mit dem Attentat auf meinen Vater Rudi Dutschke war das Ende der 68er-Bewegung besiegelt. Doch bis heute sind die Nachwirkungen der Studentenrevolte von einst zu spüren.
Anfang April las ich in der Washington Post einen Artikel über Ralph Dannheisser, der 1938 in Hamburg als „Jewish baby in Nazi Germany“ – wie er schreibt – geboren wurde. Dannheisser überlebte den Holocaust nur, weil er und seine Familie kurze Zeit später nach Holland emigrieren konnten und 1940 schließlich ein Visum für die USA bekamen. Seine beiden Großeltern wurden in Konzentrationslagern ermordet. Nun, mit fast 80 Jahren, entscheidet dieser Mann, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen. Er ist sogar stolz, Deutscher zu sein, weil er glaubt, dass Deutschland heute ein ganz anderes Land ist: vielfältig, einladend und offen.
Die Hochzeit der Studentenbewegung, die mit der Ermordung von Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 begann, und deren Ende nach dem Attentat auf meinen Vater am 11. April 1968 besiegelt war, dauerte nur sehr kurz. Was bleibt von Achtundsechzig, ist deshalb keine einfache Frage. Für mich steht die Öffnung der Gesellschaft, die danach in Deutschland schrittchenweise einsetzte, sehr weit oben. An diesem erstaunlichen Wandel hat die Studentenbewegung auch einen Anteil. Eine neue Generation von Jusos, Liberalen, SDSlern und RCDSlern wurde antiautoritär politisiert. Joschka Fischer, Gerd Langguth, Gerhard Schröder und hunderttausend Andere beanspruchten für sich, die politische Verantwortung übernehmen zu wollen und begaben sich auf den Marsch durch die Institutionen – mein Vater wäre vielleicht auch unter ihnen gewesen.
Als jemand, der erst nach der Wiedervereinigung als Zehnjähriger für längere Zeit in Deutschland gelebt hat, will ich es mir aber nicht anmaßen, die Frage „Was bleibt?“ für andere zu beantworten. Ich persönlich glaube, dass besonders die antiautoritäre Ausrichtung der Studentenbewegung in den Jahren 1967/68 die Entwicklung von Deutschland bis heute beeinflusst.
Aber auch wenn nicht alle der Aktivisten von damals den antiautoritären Geist aufgenommen haben, so hat diese Form des Protests ein Umdenken in der Bevölkerung provoziert. Beispielsweise als mein Vater am Heiligabend 1967 in der Berliner Gedächtniskirche von der Kanzel über den Vietnamkrieg sprechen wollte, aber stattdessen von den versammelten Gläubigen als unerwünschter Eindringling verprügelt wurde, hat er die Menschen gezwungen, sich mit gesellschaftlichen Problemen und Repressionen auseinanderzusetzen.
Der Protest gegen das Autoritäre ist Teil unserer Kultur geworden
Der Protest gegen das Autoritäre ist Teil unserer Kultur geworden. Von den großen Massendemonstrationen bis zu Bürgerbegehren hat sich eine rege Teilnahme und Mitbestimmung in der Demokratie jenseits der Parteien etabliert. Doch über diese großen politischen Themen der 1968er, die öffentlichen Auseinandersetzungen, die globale Politik, wurde bereits viel geschrieben.
zum Beschluss der Fraktion DIE LINKE zu „70 Jahre Staat Israel“ vom 25.4.2018.
1.) Obwohl der Beschluss der Fraktion der Partei Die LINKE im deutschen Bundestag zum 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels mehrheitlich verabschiedet wurde, enthält er nicht ein Wort zu den Geschehnissen in Gaza seit dem 30.März 2018. Tausende Palästinenser*innen wurden durch das israelische Militär verwundet. Gegenwärtig beläuft sich die Zahl auf über 7.000 – und täglich kommen Hunderte dazu! Die Zahl der Toten liegt schon bei 52. All das von gut verschanzten Scharfschützen, die aus sicherem Abstand und in aller Ruhe Ziel nehmen und abdrücken.
Die meisten Schüsse gehen in schwer zu treffende Körperregionen wie die Knie schwer zu treffende Körperregionen wie die Knie. Internationale Ärzte, Amnesty international und israelische Zeitungen berichten darüber, dass Israel explosive Munition verwendet, die die Knie sozusagen ‚pulverisiert‘. Die Barbarei ist kaum zu beschreiben. Es handelt sich offenkundig um Kriegsverbrechen – um schwere Verstöße gegen die Genfer Konvention – der Antrag schweigt sich dazu in unverantwortlicher Weise völlig aus.
2.) Der Antrag der Fraktion beginnt mit folgendem Satz: „Die Gründung des Staats Israels vor 70 Jahren ist eine herausragende und bleibende Leistung, die für uns ein Grund zum Feiern ist“. Weiter heißt u.a. „Israel blickt heute mit Stolz auf 70 Jahre Demokratie mit einer lebendigen und pluralistischen Zivilgesellschaft und einer immensen Vielfalt in den Formen des Zusammenlebens“. Im gesamten Antrag wird nicht ein einziges Mal auf die Nakba – die Katastrophe – für die Palästinenser*innen hingewiesen, die mit der Staatsgründung Israels verbunden war. Es wurden zwischen 700.000 und 800.000 Palästinenser*innen von Israel vertrieben. Der Text benennt die jahrzehntelangen systematischen Menschen- und Völkerrechtsverletzungen Israels, die durch zahlreiche UN-Resolutionen verurteilt worden sind, nicht.
3.) Speziell in puncto Völkerrecht versagt der Antrag. Denn unter Punkt 3.) der Forderungen erfolgt lediglich eine zahnlose Erwähnung des Völkerrechts, ohne den einzig entscheidenden Punkt dabei einzufordern – seine DURCHSETZUNG! 70 Jahre lang hat Israel alle UN-Resolutionen ignoriert und gebrochen. Einen Sinn macht das Völkerrecht aber erst dann, wenn konkrete Schritte zu seiner Durchsetzung beschlossen werden. Dies wäre praktischer diplomatischer und politischer Druck, durch von der UN oder der EU sanktionierten Maßnahmen, wie wir es z.B. bei Erdogan selbstverständlich einfordern, und wie es auch die Beschlusslage der Partei widerspiegelt.
4.) Einen schwerwiegenden innenpolitischen Skandal stellt Punkt 14 des Fraktionsbeschlusses dar: „Im Kontext der Erinnerungsarbeit an die Shoah und des Schutzes jüdischen Lebens in Deutschland schnellstmöglich auch die weiteren Forderungen aus dem interfraktionellen Beschluss zur Bekämpfung des Antisemitismus umzusetzen“.
Hierzu sei daran erinnert, dass sich die LINKE noch vor drei Monaten wenigstens noch enthielt, als unter der Drucksache 19/444 der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der AfD am 17.01.2018 u.a. die Kriminalisierung von Kritik an Israel und seiner Besatzung und eine pauschale Verdächtigung muslimischer Migrant*Innen beschloss.
Es heißt dort u.a.:
„6. gegenüber den Ländern darauf hinzuwirken, dass die Möglichkeiten des § 54 Absatz 1 Nr. 5 des Aufenthaltsgesetzes konsequent gegenüber Ausländern/Ausländerinnen angewandt werden, die zu antisemitischem Hass aufrufen. Es ist der Wille des Deutschen Bundestages, dem Aufruf zum Hass gegen Teile der Bevölkerung und der Gefährdung des friedlichen Zusammenlebens durch geistige Brandstifter frühzeitig durch die Einstufung dieser Verhaltensweise als besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse entgegenzutreten; 7. der weltweiten Bewegung „Boycott, Divestment, Sanctions“ entschlossen entgegenzutreten. Der Deutsche Bundestag verurteilt den Aufruf zum Boykott israelischer Geschäfte und Waren sowie die Aufbringung von „Don’t Buy“-Schildern auf Waren aus Israel aufs Schärfste. Es ist Aufgabe der unabhängigen Justiz zu prüfen, inwieweit durch einen Boykott Straftatbestände, z. B. Volksverhetzung, erfüllt sind, und gegebenenfalls angemessene Sanktionen gegen die Täterinnen und Täter zu verhängen.“
5.) Im Januar hatte sich die Fraktion noch enthalten u.a. mit der Begründung, dass die Bundesregierung sonst aufenthaltsrechtliche Maßnahmen allein aufgrund von „Antisemitismus“-Vorwürfen beschließen könnte. Nun aber unterläuft dieser undemokratische Beschluss in bewusster Absicht die Haltung vom Januar. In klaren Worten ausgedrückt, bedeutet dies nichts anderes als, dass die LINKE sich dafür einsetzt, Migrant*innen/Flüchtlinge wegen israelkritischer Aussagen auszuweisen.
Diejenigen Aktivist*innen, die sich auf friedliche Art und Weise für die Einhaltung der Menschenrechte und des Völkerrechts im Konflikt einsetzen und zu diesem Zweck zu gewaltlosem Boykott und vor allem völkerrechtlich legitimierten Sanktionen (www.bds-kampagne.de) aufrufen, sollen ebenfalls mit den Mitteln des Strafrechts verfolgt werden.
Das alles findet natürlich die volle Unterstützung von CDU/CSU bis AfD, welche gerade versuchen, neue reaktionäre und repressive Polizeigesetze in den Bundesländern durchzusetzen.
6.) Wir fordern stattdessen nicht mehr und nicht weniger, als die Einhaltung der Beschlüsse der Partei. Der diesbezüglich zuletzt gefasste Beschluss des Bundesparteitags 2017 lautet wie folgt:
„Für eine friedliche Lösung…. Dazu gehört:
ein sofortiges Ende und Rückführung des im Charakter kolonisierenden israelischen Siedlungsbaus auf der palästinensischen Westbank einschließlich Ostjerusalem und die Schaffung eines souveränen Staates Palästina in den Grenzen von 1967 – einschließlich der Möglichkeit einvernehmlicher Gebietsaustausche;
die Souveränität über die eigenen natürlichen Ressourcen, sowie über den inner- wie zwischenstaatlichen Waren- und Personenverkehr – auch und besonders zwischen der Westbank und dem Gaza-Streifen;
eine schlussendliche Verständigung über die palästinensische Flüchtlingsfrage auf der Grundlage der UN-Resolution 194 und im Verbund mit den arabischen Anrainer-Staaten… „
Zusätzlich dazu beschlossen auf ihren Landesparteitagen 2017, die Landesverbände
„Die LINKE fordert die zeitweilige und bedingte Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel, bis zu dem Zeitpunkt, da Israel die in Artikel 2 eindeutig benannten Voraussetzungen aller Vertragspartner zur Einhaltung der Menschenrechte und des Völkerrechts und damit zur Beendigung der Besatzung und vollständigen Aufhebung der Blockade Gazas erfüllt.“
Diese Forderung war in noch schärferer Form (nicht nur ‚zeitweise und bedingt‘, etc.) bereits vom 5. Kongress der Europäischen Linken in Berlin (Dezember 2016, mit 88,52% Zustimmung!) beschlossen worden.
7.) Wir wissen um die Tatsache, dass es ein undemokratisches Manöver bei der Antragseinbringung gegeben hat. Zum Zeitpunkt der Abstimmung waren nur noch wenige Abgeordnete anwesend. Viele Abgeordnete des linken Flügels waren nicht anwesend, die diesem Antrag vermutlich nicht zugestimmt hätten. Trotzdem oder gerade deswegen haben die Fraktionsspitze und die Antragssteller*innen versucht diesen Antrag durchzudrücken. Wir danken insbesondere den beiden Genossinnen, die sich dieser Form von Erpressung widersetzt und gegen den Antrag gestimmt haben.
8.) Wir fordern die Mitglieder der Linksfraktion im deutschen Bundestag auf, sich öffentlich von diesem Antrag zu distanzieren, sowohl von der undemokratischen Art und Weise seines Zustandekommens, aber vor allem von seinem antipalästinenschen Inhalt.
Wir haben in den letzten Monaten in den Auseinandersetzungen um die Aufgaben der Partei immer wieder darauf hingewiesen, dass wir DIE LINKE nur als eine demokratische Partei der Mitglieder weiter entwickeln können und wollen. Wir orientieren uns an den Beschlüssen der Partei und stehen weiterhin auf dem Boden des Erfurter Programms. Wir hoffen, dass die Mehrheit der Fraktion sich dieser Umgangsweise und Ansicht anschließt. Deshalb ist diese Erklärung einer Minderheit der Fraktion Die LINKE im Bundestag für uns nicht legitim und nicht bindend, da sie in Form und Inhalt nicht der Beschlusslage der Partei DIE LINKE entspricht und in keinster Weise mit ihrem Anspruch als eine internationalistische Partei vereinbar ist.
Menschenfeindliche ARD-Schalte, Bismarck statt Trump und eine Statistik-Bionade aus dem Hahn. Dazu die Frage, ob Cannes verboten werden sollte.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: In der ARD-Schaltkonferenz werden Randalierer beim HSV-Abstieg als „Abschaum“ und „keine Menschen“ bezeichnet.
Und was wird besser in dieser?
Bundesligapause.
Nun hat Trump also den Atom-Deal mit dem Iran aufgekündigt. Israel und Iran bombardieren sich derweil im Golan und in Syrien. Was wohl als Nächstes passiert?
„Ein Flächenbrand“, UN-Generalsekretär Guterres. „Es geht wahrlich um Krieg und Frieden“, Angela Merkel. Verglichen mit dem Viermächtestatus, der Deutschland endlich befriedete, stehen in Syrien ein Dutzend Interessenten Schlange, keinesfalls mit den jeweils anderen zu reden. Trump spielt Mikado mit dem Baseballschläger; das Signal, Verhandlungen zu ächten und Verträge zu brechen, macht alle Toten zu den Toten aller. Erneut erinnert Trump an unseren Hochdruckstümper Wilhelm II., der Bismarcks feinädriges Vertragsgeflecht grandios zerlegte und, siehe oben, Flächenbrand. Allerdings gibt es eine Mehrheit von Staaten, die keine territorialen und strategischen Interessen in Syrien haben. Die zu organisieren wäre der „weiße Ritter“. Und mehr Steinmeier als Maas.
Offiziell macht Europa zwar bei Trumps Neuauflage der Iran-Sanktionen nicht mit. Aber der droht nun, europäische Firmen zu sanktionieren, die mit Iran Geschäfte machen. Was sollen wir tun?
Deutschland exportiert Waren im Wert von 3,4 Milliarden Euro in den Iran – und 111 Milliarden in die USA. Spannende Frage, für welchen Kunden sich die Wirtschaft langfristig entscheiden wird. Kurzfristig werden Firmen im Iran-Geschäft nach dem Staat rufen, langfristig einknicken und gegenüber der Bundesregierung Trump-fromm daherargumentieren. Maas, dann Altmaier, dann Merkel reisen standrechtlich diese Woche nach Moskau, um dort zu erklären, dass das ja wohl voll der totale Zufall sei und man keineswegs andeuten wolle, künftig mehr Business mit Russland zu machen. Außerdem führe man gute Gespräche über mehr Business mit Russland. Die russische Seite wird gern bereit sein zu reden: über den Abbau der Sanktionen gegen Russland. Also: Das sieht nach einer Lose-lose-Partie aus. Makabrer Trost: Will Merkel hier die EU zusammenhalten, kann die EU Merkel wuchtiger fragen, was ihr das denn so finanziell wert wäre. Macron formuliert das feiner.
Eine wirklich aufregende Meldung ! Die Polizei zeigt „ein Herz für Tiere“ und tritt den vermummten Rindern nicht mit gezogener Waffe entgegen. Es geht scheinbar doch auch andres als in Hamburg bei „Gangster 20“ oder in Ellwangen. Die Tiere sollen eingefangen, auf einen Lastwagen geladen und in der Scheune eines naheliegenden Bauernhofes Asyl finden. Obwohl sich die Viecher den Bullen entgegenstellten werden sie nicht in ein sicheres Herkunftsland abgeschoben !! Die Lehren: Benehmen wir uns wie Rinder – das verstehen sogar Bullen.
Fünf Wasserbüffel blockieren A3 bei Leverkusen
1.) Büffel zwischen Leitplanke und LKW eingeklemmt
Leverkusen. Ein wirklich außergewöhnlicher Vorfall auf der A3 zwischen Langenfeld und Leverkusen: Die Autobahn ist seit dem späten Sonntagabend gesperrt, weil fünf Wasserbüffel auf die Fahrbahn gelaufen sind. Bei den Tieren handelt es sich laut Polizei um einen Bullen, zwei Kühe und zwei Kälber. Offenbar waren die Tiere aus einem Gehege in Leverkusen ausgebrochen.
Vielleicht versucht es die Deutsche Regierung einmal mit den aufrechten Gang?
Atomabkommen:
2.) Iran fordert EU-Garantien innerhalb von 60 Tagen
Kurz vor der Reise von Irans Außenminister Sarif nach Brüssel stellt seine Regierung den europäischen Partnern ein Ultimatum. Neue Gespräche mit den USA schließt sie aus. Der Iran hat den europäischen Unterzeichnerstaaten des Atomabkommens eine Frist von 60 Tagen gesetzt, um die weitere Umsetzung des Vertrags, besonders dessen wirtschaftlichen Teil, zu garantieren. „Die Europäer haben zwischen 45 und 60 Tage Zeit, um die notwendigen Garantien abzugeben, um die iranischen Interessen zu wahren und die durch den US-Ausstieg verursachten Schäden zu kompensieren“, zitierte die Parlamentswebsite Icana.ir am Sonntag Vize-Außenminister Abbas Araghschi, und beruft sich dabei auf den Sprecher des Auswärtigen Ausschusses im iranischen Parlament, Seijed Hossein Naghawi.
Für Jörg Behlen, den Kreisvorsitzenden der FDP in Marburg-Biedenkopf, war der Bundesparteitag der Freien Demokraten in Berlin bereits am Samstagabend zu Ende. Der Delegierte aus Mittelhessen reiste vorzeitig ab. „Weil ich mich nicht verarschen lasse“, wie er auf seiner Facebook-Seite begründete. Erbost hatte Behlen die Parteitagsregie des Bundesvorstands unter FDP-Chef Christian Lindner. Nach dem Empfinden des Delegierten ließ die Debattenführung bei einem für ihn zentralen Thema das vermissen, was Wesen, Kern und Identität einer liberalen Partei ausmache: „Den fairen Diskurs.“
Ich frage mich jeden Morgen: „Was rauchte er wohl gestern ?
Debatte um Abschiebe-Klagen – Anwaltverein:
4.) Dobrindt legt Axt an Grundsatz des Rechtsstaats
CSU-Landesgruppenschef Alexander Dobrindt hat am Wochenende angesichts zahlreicher Asyl-Klagen von Abschiebe-Saboteuren und einer Anti-Abschiebe-Industrie gesprochen. Damit legt er laut Deutschem Anwaltverein die Axt an den Grundsatz, dass sich in Deutschland jeder gegen staatliche Entscheidungen juristisch wehren könne.
Wenige Tage vor einem Verfassungsreferendum in Burundi hat ein blutiger Überfall die Spannungen im Land verschärft. Am 17. Mai sollen die Burunder über eine Verfassungsänderung abstimmen, die einen Verbleib des Präsidenten Pierre Nkurunziza im Amt bis 2034 möglich machen soll. In der Nacht zum Samstag starben 26 Menschen, als eine Gruppe Bewaffneter den Hügel Ruhagarika in der Gemeinde Buganda im Nordwesten des Landes überfiel, bestätigte die burundische Regierung am Samstag. Sicherheitsminister Albert-Guillaume Bunyonyi sprach von einem „Terrorangriff“.
6.) Chatzimarkakis ist wieder zurück im politischen Geschäft
Der frühere Generalsekretär der Saar-FDP, Jorgo Chatzimarkakis, kehrt im Saarland überraschend auf die politische Bühne zurück. Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) wählte den 52-Jährigen zu ihrem Landesvorsitzenden. Chatzimarkakis schmiedet bereits große Pläne: Er will 2019 für den Saarbrücker Stadtrat und eventuell als OB kandidieren. Und er denkt schon über neue Koalitionsoptionen im Land nach: „Warum nicht eine CDU/ÖDP-Koalition?“
Regenschirme. Unterhosen. Dildos. Das sind keine ungewöhnlichen Dinge, die Gäste im Hotel vergessen. Aber es gibt andere, bei denen man sich fragt, was für Menschen die schusseligen Eigentümer wohl sind. Das Unternehmen Jurys Inn veröffentlicht jedes Jahr eine Liste von Dingen, die Gäste in den 28 Hotels der Kette zurückgelassen haben. Im Schnitt sind es 65.000 Objekte. An der Spitze stehen Ladegeräte, das ist langweilig. Handys, Shampoo und Brillen sind es auch. Was aber hat der ältere Herr gefrühstückt, dass er sein fehlendes Gebiss nicht bemerkte? Ein weich gekochtes Ei? Gibt es bei Jurys nicht, die Eier sind immer hart.