DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Archiv für August 27th, 2017

Die Stuttgarter Rechnung

Erstellt von Redaktion am 27. August 2017

Am Ende zahle ja eh das Jobcenter,

Von Minh Schredle

Für nur 4,5 Quadratmeter Wohnfläche knapp 400 Euro im Monat zu verlangen, ist selbst für Stuttgarter Verhältnisse bodenloser Wucher. Diesen Betrag aber will die Stadtverwaltung ab September von Geflüchteten. Am Ende zahle ja eh das Jobcenter, argumentiert der grüne Sozialbürgermeister Werner Wölfle.

In Deutschland sind die Mietpreise im vergangenen Jahr um 4,4 Prozent gestiegen. In Stuttgarter Flüchtlingsunterkünften verdreifachen sich die Nutzungsgebühren über Nacht. Das entschied der Stuttgarter Gemeinderat, nach mehreren nicht-öffentlichen Vorberatungen, kürzlich bei vier Gegenstimmen der Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-Plus. Weit hinten auf der Tagesordnung, kurz vor der Sommerpause, wurde das Ganze ohne größere Debatte abgehandelt.

Ab 1. September 2017 zahlt ein Geflüchteter statt bisher knapp 120 Euro pro Platz für 4,5 Quadratmeter Wohn- und Schlaffläche 390 Euro und für sieben Quadratmeter stolze 606 Euro im Monat. Die Stadt kalkuliert dabei pro Quadratmeter mit 31,37 Euro Kaltmiete für die Unterkunft, das ist beinahe das Dreifache des Stuttgarter Schnitts. Dazu kommen 47,65 Euro für Betriebs- und sonstige Nebenkosten. Würde man das auf eine 70 Quadratmeter große Privatwohnung anwenden, entspräche das 3360 Euro im Monat. Außerdem werden 7,61 Euro für Personalkosten angerechnet. Ein Zuckerle: Dabei verzichte man sogar darauf, die Kosten für die Überwachung der Einrichtungen auf deren Bewohner umzulegen.

Die Stadt, sagt Sozialbürgermeister Werner Wölfle, mache dabei keinen Gewinn, die Kosten für den Betrieb der Einrichtungen würden auch nach der Erhöhung nur zu gut 89 Prozent gedeckt. Dabei halte man sich an die Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes. Wie es allerdings dazu kommt, dass die Unterkunft in den städtischen Einrichtungen so viel teurer ausfällt als auf dem Wohnungsmarkt, kann die Pressestelle der Stadt auf Anfrage nicht schlüssig beantworten. Zwar betont sie mehrfach, eine Nutzungsgebühr sei nicht mit einer Miete zu vergleichen. Warum das allerdings so ist beziehungsweise was genau die immensen Mehrkosten verursacht, konnte der Redaktion trotz mehrfacher Rückfragen bislang niemand erklären.

Dass die Gebühren indes für den Großteil der Geflüchteten nicht durch das eigene Einkommen gestemmt werden können, scheint in der Entscheidungsfindung keine Rolle gespielt zu haben. Denn: Die meisten von ihnen würden, sagt Wölfle, ohnehin kein eigenes Einkommen beziehen; somit kämen Bund und Land für die Kosten auf. Die höheren Zuwendungen für die Stadtkasse entsprächen dabei höheren Zuschüssen, die an anderer Stelle für Integrationsmaßnahmen aufgewendet werden könnten. Nach dem „Stuttgarter Weg“ bei der Flüchtlingsunterbringung kommt nun die „Stuttgarter Rechnung“. Circa 5,8 Millionen Euro spart die Landeshauptstadt damit in den kommenden beiden Jahren. Für den kommunalen Haushalt ist das eine Entlastung – Restdeutschland zahlt drauf.

800 hypothetische Fälle sind ganz real

Quelle   :   KONTEXT – Wochenzeitung   >>>>>   weiterlesen

——————————————————————————————————————————–

Grafikquellen    :

Oben    —  Neubau in Esslingen-Hohenkreuz – Hohenbühlweg

Abgelegt unter Baden-Württemberg, P.Die Grünen, Überregional, Wirtschaftpolitik | Keine Kommentare »

Der große Riss

Erstellt von Redaktion am 27. August 2017

Der große Riss

Autor Uri Avnery

ICH GLAUBE, ich war der erste, der den Vorschlag machte, den Soldaten Elor Azaria, den Killer von Hebron, zu begnadigen.

Aber dieser Vorschlag wurde von mir an mehrere Forderungen geknüpft: erstens, dass der Soldat offen und ohne Bedingung, sein Verbrechen eingesteht, dass er sich entschuldigt und dass er zu vielen Jahren im Gefängnis verurteit wird.

Ohne diese Bedingungen, jeder Wunsch nach einer Begnadigung des Soldaten würde eine Zustimmung zu seinem Handelns sein und eine Einladung zu noch mehreren solcher Kriegsverbrechen.

Der Unteroffizier Azaria, ein Sanitäter in einer Kampfeinheit, erschien auf der Bühne nachdem ein Anschlag im Zentrum einer jüdischen Enklave in der alten Stadt Hebron begangen wurde. Zwei junge Palästinenser hatten einen Armee-Kontrollpunkt mit Messern angegriffen und wurden erschossen. Wir wissen nicht wie der eine starb, aber der zweite wurde von einer Kamera gefilmt, die den Einheimischen von der wunderbaren israelischen Anti-Besatzungsorganisation B‘Zelem gegeben wurde.

Die Kamera zeigt, dass der Angeschossene schwer verletzt, bewegungslos auf dem Boden liegt und blutet. Dann, etwa zwölf Minuten später, erschien Azaria, der vorher nicht anwesend war, auf dem Bildschirm. Er steht weniger als ein Meter von dem verletzten Araber, schießt ihm aus der Nähe in den Kopf, und verursacht seinen Tod.

Das israelische Fernsehen machte das photographische Material sofort bekannt (eine Tatsache, die nicht vergessen werden darf) und ließ der Armee keine Wahl. In einer zivilisierten Armee ist es ein Verbrechen, einen hilflosen Feind zu töten. Azaria wurde des Totschlags – nicht des Mordes – angeklagt.

Im ganzen politisch rechten Flügel wurde er sofort ein Nationalheld. Die Politiker, einschließlich Benjamin Netanjahu und der gegenwärtige Verteidigungsminister Avigdor Lieberman, eilten, ihn zu verteidigen.

Azaria wurde für schuldig erklärt. In einem scharfen Urteil, stellte das Militärgericht fest, dass seine Zeugenaussage nur aus Lügen bestand.

Das Urteil verursachte einen Sturm des Protestes vom ganzen rechten Flügel. Das Gericht wurde verflucht und wurde der wirkliche Angeklagte. Diesem Sturm ausgeliefert, knickte das Gericht ein und verurteilte Azaria diese Woche zu einer lächerlichen Gefängnisstrafe von 18 Monaten, die übliche Strafe für einen arabischen jugendlichen Steinewerfer, der niemanden getroffen hat.

Azaria hat sich nicht entschuldigt. Weit davon entfernt.

Stattdessen standen seine Familie und seine Bewunderer im Gerichtsaal auf und sangen die Nationalhymne.

DIESE GERICHTSHOF-Szene wurde das Bild des Tages. Es war klar eine Demonstration gegen den Gerichtshof, gegen das Oberkommando der israelischen Armee und gegen die ganze demokratische Struktur des Staates.

Aber für mich war es noch viel, viel mehr.

Es war die Erklärung der Unabhängigkeit eines anderen israelischen Volkes. Es war das Auseinanderbrechen der israelischen Gesellschaft in zwei Teile. Die Spannungen zwischen ihnen sind von Jahr zu Jahr immer akuter geworden.

Die zwei Teile haben immer weniger gemein. Sie nehmen ganz verschiedene Haltungen gegenüber dem Staat ein, seine moralischen Grundlagen, seine Ideologie, seine Struktur. Aber bis jetzt wurde es akzeptiert, dass wenigstens eine fast heilige Institution über der Auseinandersetzung stand, und jenseits jeder Kontraverse: die israelische Armee.

Die Azaria-Affäre demonstriert, dass dieses letzte Symbol der Einheit jetzt grbrochen ist.

WER SIND diese Lager? Was ist das tiefste Element dieser Teilung?

Es gibt keine andere Erklärung: es ist der ethnische Faktor.

Jeder versucht dieser Tatsache auszuweichen. Berge von Euphemismus sind schon errichtet worden, um ihn zu verstecken. Jeder ist ängstlich, ja sogar erschrocken vor den Konsequenzen. Heuchelei ist ein wesentlicher Verteidigungsmechanismus.

Da gibt es jetzt zwei jüdisch-israelische Völker. Sie verachten einander intensiv.

Das eine wird Aschkenazim genannt, ein Abkömmling des alten hebräischen Ausdrucks für Deutschland. Es umfasst alle Israelis mit europäischer und amerikanischer Herkunft, die noch an den alten westlichen Werten festhalten oder so tun als ob.

Die andern sind die Mizrahim (die „östlichen“). Sie sind gewohnt irrtümlicherweise Sepharadim („Spanier“) genannt zu werden, aber nur eine kleine Fraktion von ihnen sind tatsächlich die Abkommen der aus Spanien vor etwa 700 Jahren vertriebenen Juden. Die große Mehrheit der Vertriebenen wählte die muslimischen Länder, statt Europa.

Die Mizrahim-Gemeinde umfasst all die Israelis, deren Familien aus Ländern kommen, die sich zwischen Marokko und dem Iran erstrecken.

Historisch wurden Juden in Europa oft misshandelt und selten in islamischen Ländern. Aber die Ashkenazim sind stolz auf ihr europäisches Erbe (obwohl sie sich tatsächlich immer mehr davon entfremden), während es für die Mizrahim keine schlimmere Beleidigung gibt, als mit den Arabern verglichen zu werden.

Wie ist es zu dem Abgrund gekommen? Die zionistische Bewegung wurde hauptsächlich von den Ashkenazim geschaffen, die vor dem Holocaust die überwiegende Mehrheit der Juden in der Welt waren. Natürlich waren sie auch die Haupt-Schöpfer der neuen zionistischen Gemeinschaft in Palästina, obwohl es auch herausragende Mizrahim- Persönlichkeiten gibt.

Der tiefe Gegensatz begann schon gleich nach den Krieg von 1948. Wie ich schon oft erwähnt habe, war ich einer der ersten, die das voraussahen. Als ich ein Führer einer Gruppe im Krieg war, befehligte ich Freiwillige aus Marokko und anderen Mittelmeerländern. (die übrigens mein Leben retteten, als ich schwer verwundet war). Ich wurde Zeuge des Beginns des Risses und warnte das Land in einer Reihe von Artikeln, die im Jahre 1949 begannen.

Wer war daran schuld? Beide Seiten. Aber die Ashkenazim kontrollierten alle Aspekte des Lebens, ihr Teil der Schuld ist sicher viel größer.

Da sie von zwei großen aber verschiedenen Zivilisationen kamen, war es vielleicht unvermeidbar für die beiden Gemeinden sich bei so vielen Aspekten des Lebens zu unterscheiden. Aber in der damaligen Zeit war jeder von der zionistischen Welt der Mythen verwirrt und nichts wurde gemacht, um dieses Disaster zu vermeiden.

Heutzutage sehen sich die Mizrahim selbst als „das Volk“, die wirklichen (jüdischen) Israelis, die die Ashkenazim als die „Elite“ verachten. Sie glauben auch, dass sie die große Mehrheit sind.

Dies ist ziemlich falsch. Es ist mehr oder weniger ein Graben zwischen zwei gleichen Gemeinden, während die russischen Einwanderer, die ultra-orthodoxen Juden und die arabischen Bürger getrennte Einheiten bilden.

Ein verblüffendes Thema betrifft die Mischehe. Da gibt es eine Menge und einmal glaubte ich, dass sie automatisch den Riss heilen würden. Doch das geschah nicht. Eher schließt sich jedes Paar der einen oder der anderen Gemeinde an .

Die Linien sind nicht klar gezogen. Es gibt viele Mizrahim – Professoren, Mediziner, Architekten und Künstler, die sich den „Eliten“ angeschlossen haben und sich als ein Teil davon fühlen. Viele Ashkenazim- Politiker (besonders im Likud) benehmen sich so , als ob sie zum „Volk“ gehören, und hoffen bei Wahlen mehr Stimmen zu bekommen.

Die Likud-Partei ( „Vereinigung“) ist schon ein Phänomen. Die überwiegende Masse seiner Mitglieder und der Wähler sind Mizrahim. Tatsächlich ist es die Mizrahim-Partei – par Exellence. Aber beinahe all ihre Führer sind Ashkenazim. Netanjahu benimmt sich als wäre er beides.

ZURÜCK ZU Azaria. Öffentliche Meinungsumfragen sagen uns, dass für die große Mehrheit der Mizrahim das Töten eines tödlich verwundeten „Terroristen“ richtig sei. Nach dem Singen im Gericht küsste sein Vater ihn und rief aus: „Du bist ein Held!“ für viele Ashkenazim aber war es ein jämmerlicher Akt von Feigheit.

Ein Opfer der Affäre ist der Stabschef Gadi Eisenkot. Bis vor kurzem war er die populärste Person im Land. Jetzt wird er von den Mizrahim als ein verachtenswerter Diener der Ashkenazi „Elite“ angeklagt, verurteilt oder verflucht. Doch trotz seines so deutsch klingenden Namen, ist er marokkanischer Abstammung.

Er schuf die Armee nicht so, wie sie ist. Er übernahm sie so.

Seit mehr als 40 Jahren hat die Armee keinen wirklichen Krieg geführt und gegen ein wirkliches Militär gekämpft. Es ist zu einer kolonialen Polizeitruppe verkommen, zu einem Instrument eines Systems der Unterdrückung eines anderen Volkes. Im Laufe dieser Pflicht werden täglich viele Akte von Brutalität begangen.

Erst vorkurzem wurde ein unschuldiger arabischer Lehrer, ein Beduine aus Israel, durch Zufall in einen Vorfall verwickelt, als die Polizei mit der lokalen Bevölkerung zusammenstieß. Sie schossen auf den Lehrer in der irrigen Annahme, dass er dabei war, sie zu überfahren.

Der Mann war schwer verletzt und blutete – und rund um ihn die Polizisten. Die Ambulanz wurde nicht gerufen. Er blutete langsam zu Tode. Es dauerte 20 Minuten.

Nur ein Soldat mit höchster menschlicher Qualität, der in einer gesunden menschlichen Familie aufwuchs, kann diesem brutalen Effekt wider-stehen. Zum Glück gibt es davon viele.

ICH GLAUBE, dass dort die Lösung liegt. Wir müssen die Besatzung mit allen verfügbaren Mitteln los werden – je schneller, desto besser.

Jeder treue Freund Israels in aller Welt muss uns dazu helfen.

Nur dann können wir uns unseren geistigen und sozialen Ressourcen widmen, um den großen Riss zu flicken. Viele von uns würden dies gerne sein.

Und die Nationalhymne mit klarem Bewusstsein singen.

(dt. Ellen Rohlfs, vom Verfasser autorisiert)

Abgelegt unter Friedenspolitik, Nah-Ost | Keine Kommentare »

450 Schuss Munition

Erstellt von Redaktion am 27. August 2017

Prozess zum Amoklauf in München

Autor Konrad Litschko

Ab Montag steht Philipp K. vor Gericht: Er soll die Waffe verkauft haben, mit der David Sonboly neun Menschen erschoss. Wusste er von den Plänen?

Es wird die ganz große Öffentlichkeit sein, in die Philipp K. am Montag tritt. In den Saal A101 des Münchner Oberlandesgerichts mit hundert Zuhörerplätzen. Es ist der Saal, in dem sonst über Beate Zschäpe und den NSU-Rechtsterror verhandelt wird. Nun werden sich dort alle Blicke auf Philipp K. richten. Dabei bevorzugte dieser bis vor einem Jahr noch ein Schattendasein: im Darknet des Internets.

Fahrlässige Tötung in neun Fällen und unerlaubten Waffenhandel wirft die Anklage Philipp K. vor. Der arbeitslose Verkäufer, 32 Jahre alt, groß und kräftig, soll derjenige sein, der dem Münchner Amokläufer David Sonboly die Tatwaffe verkaufte, eine Glock 17. Vor gut einem Jahr, am 22. Juli 2016, hatte der 18-Jährige damit neun – fast durchweg jugendliche – Menschen nahe dem Olmpia-Einkaufszentrum erschossen, zuletzt auch sich selbst. Und eine ganze Stadt in den Ausnahmezustand versetzt.

Viele fürchteten damals einen Terrorangriff. Nach den Schüssen brach in der ganzen Stadt Panik aus, Hunderte schwer bewaffnete Polizisten durchkämmten Straßenzüge. Erst nach Stunden entdeckten zwei Polizisten Sonboly in einer Nebenstraße – der sich daraufhin erschoss. Für die Ermittler ist der Fall inzwischen abgeschlossen: Es war kein Terror, sondern die Tat eines depressiven Jugendlichen, der jahrelang gemobbt wurde.

Für die Opferfamilien aber bleiben bis heute Fragen. Ist das die ganze Wahrheit? Warum starben ausschließlich Migranten bei dem Amoklauf? Roberto R., Can L., Selcuk K., Armela S., Sevda D., Giuliano K., Dijamant Z., Chousein D., Sabina S. Spielte nicht doch auch Rassismus eine Rolle bei der Tat?

Die Familien verfolgen deshalb den Prozess gegen Philipp K. Mehrere Angehörige sind als Nebenkläger in dem Verfahren vertreten. „Den Familien lässt die Frage keine Ruhe, warum gerade ihre Kinder ermordet wurden“, sagt Yavuz Narin, einer ihrer Anwälte. „Es wäre gut, wenn ihnen dieser Prozess Antworten liefern könnte.“

Übergabe am Busbahnhof

Tatsächlich stand der Händler Philipp K. schon vor der Prozesseröffnung mächtig unter Druck. Im August 2016, drei Wochen nach dem Amoklauf, hatten ihn Polizisten festgenommen. Sie hatten K. über das Darknet gefunden, einen abgeschirmten, verschlüsselten Teil des Internets. Seit 2014 hatte er dort Waffen verkauft. Die Beamten täuschten einen Waffendeal vor, mit den Daten eines zuvor verhafteten Kunden. Bei der Übergabe in K.s Wohnort Marburg wurde Philipp K. verhaftet.

Wenige Wochen zuvor, im Mai, hatte Philipp K. über das Darknet die Glock 17 samt 100 Schuss Munition für 4.000 Euro an einen gewissen „Maurächer“ verkauft. Auch diese Übergabe erfolgte in Marburg, am Busbahnhof. Vier Tage vor dem Münchner Amoklauf überreichte K. „Maurächer“ dort noch mal 350 Schuss Munition für 350 Euro. „Maurächer“ war David Sonboly.

 

Mcdonalds muenchen hanauer strasse oez.jpg

Dass mit der von ihm gelieferten Waffe Menschen getötet werden könnten, müsse für ihn vorhersehbar gewesen sein, heißt es in der Anklage gegen Philipp K. Gerade bei so viel mitverkaufter Munition. Die neun Toten des Amoklaufs müsse sich K. deshalb zurechnen lassen. Mehr noch steht bis heute im Raum, dass der Angeklagte auch von den Amokplänen Sonbolys gewusst haben könnte. Dann würde das Urteil am Ende auf Beihilfe zum neunfachen Mord lauten – und eine bis zu 15-jährige Haftstrafe nach sich ziehen.

Die Ermittler versuchten nach K.s Festnahme, dessen Leben zu rekonstruieren. Immer wieder hatte der 32-Jährige seine Jobs verloren, mal als Lagerist, mal als Staplerfahrer. Zwischendurch war er obdachlos, zog deshalb zu seiner Freundin nach Marburg.

Seit 2014 war er im Darknet unterwegs. Als „Rico“ bot er im Forum „Deutschland im Deep Web“ Pistolen und Gewehre an. Waffen, die er zuvor in der Schweiz oder Tschechien besorgt hatte, ebenfalls über das Darknet.

Mitnutzern galt Philipp K. als Sonderling, wegen seines ungewöhnliches Faibles für persönliche Warenübergaben. In seinen Chats legte er auch seine Gesinnung offen. In Gesprächen mit einem Freund war von „Türkenratten“, „Niggeraffen“ oder „Salafisten Abschaum“ die Rede.

„Man sollte dieses Schlangennest zertreten, bevor es eine Gefahr für Europa wird“, schrieb er. Seine Nachrichten beendete Philipp K. regelmäßig mit „Hitler lebt“. Auf seinem Handy fanden Ermittler Hakenkreuzbilder und eine Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“. In einem Video sieht man, wie Philipp K. den Hitlergruß zeigt.

Als ihn Ermittler später darauf ansprechen, sagt K., das sei Spaß gewesen. Er habe sich nichts dabei gedacht. Als „unglaubwürdig“ wird das in den Akten vermerkt. An anderer Stelle ist von einer „offensichtlich rechten Gesinnung“ von Philipp K. die Rede.

Diese galt auch für David Sonboly. Der Deutschiraner, Sohn eines Taxifahrers und einer Verkäuferin, wächst im Münchner Norden auf, in einem eher schwierigen Viertel. Schon ab der fünften Klasse wird er gemobbt. Mitschüler nennen ihn einen „Affen“, lachen ihn aus, wann immer er etwas sagt, schubsen oder ohrfeigen ihn.

Laut Ermittlern leidet Sonboly unter „massiv psychischen Störungen“. Er zieht sich in die Wohnung seiner Eltern zurück, spielt exzessiv Egoshooter-Spiele. Über Jahre steigert er sich in Rachefantasien hinein, rekonstruieren die Ermittler. Am Ende sei ein „tiefer Hass“ auf türkische und albanische Migranten entstanden – deren Personengruppe er für das Mobbing nun generell verantwortlich macht.

Sonboly dagegen ist stolz, als Iraner und Deutscher „Arier“ zu sein. Iran gilt als Heimat der „Arier“. Statt seines Geburtsnamens Ali lässt er sich zu seinem 18. Geburtstag in David umbenennen – wenige Wochen vor seinem Amoklauf. Zeugen erinnerten sich an seine Flüche über „Kanacken“ bei Computerspielen und an seine Sympathien für die AfD.

Auch Anders Breivik habe er verehrt, den norwegischen Rechtsextremisten, der vor sechs Jahren 77 Menschen erschoss, fast alle Opfer waren Jugendliche. Von dem Attentat war er laut Ermittlern „fasziniert“, Breiviks Foto macht Sonboly zu seinem WhatsApp-Profilbild. In einer Psychotherapie ruft er „Sieg Heil“ und zeichnet Hakenkreuze in einen Block. Von einer Mitpatientin gefragt, ob er ein Nazi sei, verneint Sonboly.

Kondolenzen wegen des Amoklaufs in München am 22. Juli 2016.JPG

Hass auf „Kakerlaken“ und „Untermenschen“

Quelle  :    TAZ    >>>>>   weiterlesen

——————————————————————————————————————————

Grafikquellen    :

Oben :  —  Der Haupteingang des Olympia-Einkaufszentrums (OEZ) in München, 2007

 

Abgelegt unter Bayern, Innere Sicherheit, Kriegspolitik, Regierung, Wirtschaftpolitik | Keine Kommentare »

DL-Tagesticker 27.08.17

Erstellt von Redaktion am 27. August 2017

Direkt eingeflogen mit unseren  Hubschrappschrap

************************************************************

Recep Tayyip Erdoğan:

1.) De Maizière will Anti-Terror-Kampf mit Türkei fortsetzen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will die Kooperation mit der Türkei nicht aufs Spiel setzen: „Auf eine Zusammenarbeit mit der Türkei bei der Terrorismusbekämpfung können wir nicht verzichten“, sagte de Maizière der Bild am Sonntag. Dies gelte unter anderem deshalb, weil die Türkei ein direkter Nachbar des Bürgerkriegslands Syrien ist.

Zeit-Online

************************************************************

Statement der Kanzlerin

2.) Flüchtlinge werden plötzlich zum Wahlkampfthema

Inhaltlich dagegen ist der behäbige Kanzlerinnen-Podcast in dieser Woche durchaus bemerkenswert. Denn Merkel äußert sich darin zu einem Thema, das sie lange Zeit nicht mal mit der Kneifzange anfassen wollte: zur Flüchtlingspolitik. Jenes Thema also, das Merkel 2015 und 2016 viel Rückhalt gekostet hatte, als sie auf dem Höhepunkt der Syrien-Krise kurzerhand die Grenzen öffnete und rund eine Million Flüchtlinge nach Deutschland strömten.

Spiegel-Online

************************************************************

Ja – wer marschiert denn für einen Staat ? Wer ist denn der Staat ? Immer der welcher gerade an der Regierung ist! Was bedeutet- hier sollte ich für eine Mekel marschieren?

Was tut die für mich ? Gustav Heinemann sagte einst. „Ich liebe Familie – aber nicht den Staat.

3.) Südamerika  –  Venezuela lässt nach US-Drohungen
hunderttausende Soldaten aufmarschieren

Als Geste der Stärke gegenüber den USA hat die venezolanische Führung für ein Großmanöver mehrere hunderttausend Soldaten aufmarschieren lassen. Armee und Bevölkerung sollten mit der Militärübung ihre Bereitschaft zur „Verteidigung des Territoriums und der Souveränität“ demonstrieren, erklärte der linksnationalistische Präsident Nicolás Maduro zu Beginn des Manövers am Samstag über den Kurzbotschaftendienst Twitter.

Der Tagesspiegel

************************************************************

Da böte sich ein schönes Pärchen an, welchen es zwar im Kopf fehlt, was aber durch ein fast krankhaftes Geltungsbedürfnis ausgeglichen würde:
Eine geistige Koalitionen zwischen CSU und Linke.

Guttenberg gegen „Bunte“

4.) Grober Unsinn

Tief war der Fall des Karl-Theodor zu Guttenberg. Einst vielversprechendes Sternchen am CSU-Polit-Himmel, floh er nach der Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit 2011 für ein „politisches Sabbatical“ samt Familie in die USA. Arbeitet nun für eine Beraterfirma, ließ Gras über die Sache wachsen. Doch wie der Begriff „Sabbatical“ schon sagt, ist eine Rückkehr intendiert. Guttenberg vermisst die gute alte Heimat, seine Partei, die ihm immer noch „sehr nahe ist“, und natürlich die Macht. Doch er hatte sein Gesicht verloren, da ist eine Rückkehr natürlich schon mit etwaigen Hindernissen verbunden.

TAZ

************************************************************

Es ist schon seltsam wenn in einen „Rechtsstaat“ jeder „Tünnes“ Verbote nach eigener Großfürsten Wilkür aussprechen kann.

Verbotene Webseite

5.) „linksunten.indymedia“ kündigt Comeback an

Nach dem Verbot wurde die Unter-Domain „linksunten.indymedia.org“ von einem Server in Frankreich auf Rechner in Kanada umgezogen. Die Haupt-Domain „indymedia.org“ gehört einem Verein zur „Demokratisierung der Kommunikation» (Associacao Brasileira pela Democratizacao da Comunicacao) in Sao Paulo (Brasilien). Das Verbot des Innenministeriums bezieht sich nur auf den „linksunten“-Bereich. Kritik am Vorgehen des Bundesinnenministeriums gegen „linksunten.indymedia“ kam von der innenpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Irene Mihalic.

FR

************************************************************

Wahltrend

6.) AfD mit zehn Prozent drittstärkste Kraft

Vier Wochen vor der Bundestagswahl sieht der ARD-„Deutschlandtrend“ die rechtspopulistische AfD mit zehn Prozent als drittstärkste Kraft im neuen Bundestag. Die Partei verbesserte sich im Vergleich zu Anfang August um zwei Punkte, wie die am Freitag veröffentlichte Umfrage für das ARD-„Morgenmagazin“ ergab. Die Union verlor einen Punkt auf 38 Prozent, die SPD büßte zwei Punkte ein und erreichte nur noch 22 Prozent. Die FDP legte um einen Punkt auf neun Prozent zu, die Linke erreichte unverändert neun Prozent. Die Grünen verharrten bei acht Prozent.

Stuttgarter-Zeitung

************************************************************

Morgen in PamS:

7.) „Eine seltene Krankheit ließ mich schwarzweiß werden“ – Lindner erklärt FDP-Kampagne

„Wir sind bis dahin eh tot“: Warum den meisten ARD- und ZDF-Zuschauern die für 2029 geplante Gebührenerhöhung egal ist

Der Postillon

************************************************************

Hinweise und Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

—————————————————————————————————————————————-

Grafikquelle: DL / privat – Wikimedia Commons – cc-by-sa-3.0

 

Abgelegt unter Allgemein | Keine Kommentare »