DEMOKRATISCH – LINKS

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RENTENANGST

Archiv für März 5th, 2015

Wir sind Athen

Erstellt von Redaktion am 5. März 2015

Versuchskaninchen der Troika

von Serge Halimi

August 1914: Überall wird die „Union sacrée“ beschworen, die Heilige Allianz. In Frankreich wie in Deutschland kennt man keine Parteien mehr. Die Arbeiterbewegung schwenkt um, die Führer der politischen und gewerkschaftlichen Linken lassen sich auf die „nationale Verteidigung“ einschwören, die Kämpfe für den gesellschaftlichen Fortschritt sind suspendiert. Es scheint keine Alternative zu geben: Nach den ersten blutigen Schlachten gibt es bereits zehntausende Tote. Das Getöse der Waffen und das nationalistische Feldgeschrei übertönte alle Friedensappelle. Im Juni 1914, vielleicht auch noch im Juli, hätte man das Unheil im letzten Moment abwenden können.

Ein Jahrhundert später stehen wir an einem ähnlichen Punkt. Der „clash of civilisations“ ist bislang zwar nur eine von mehreren denkbaren Entwicklungen. Dieser Kampf der Kulturen kann durch das, was sich in Europa – erst in Griechenland, dann in Spanien – anbahnt, womöglich noch verhindert werden. Doch die dschihadistischen Anschläge begünstigen ein Katastrophenszenario – und damit eine Strategie des „Antiterrorkriegs“, inklusive der Einschränkung aller bürgerlichen Freiheiten. Diese Attentate könnten also sämtliche Krisen verschärfen, die dringend einer Lösung bedürfen. Das ist die Gefahr. Die Herausforderung der kommenden Monate besteht darin, dieser Gefahr entgegenzuwirken.

Hat ein Zeichner die Freiheit, eine Mohammed-Karikatur zu produzieren? Eine Muslimin die Freiheit, Burka zu tragen? Und werden immer mehr französische Juden nach Israel auswandern? Willkommen im Jahr 2015. Frankreich muss sich mit einer schweren sozialen und demokratischen Krise herumschlagen, die durch die ökonomischen Optionen seiner Regierungen und der Europäischen Union noch verschärft wurde. Themen wie die Umstrukturierung des Finanzsektors, die Umverteilung des Reichtums oder die Produktionsweise insgesamt sind endlich im öffentlichen Bewusstsein angekommen. Und doch werden sie immer wieder von Fragen der Religion in den Hintergrund gedrängt.  Seit mehr als zwanzig Jahren lassen sich die Medien wie ein Teil der öffentlichen Meinung von Themen wie „Islam der Banlieue“, „kulturelle Unsicherheit“ oder „Parallelgesellschaft“ in Panik versetzen. Das machen sich Demagogen zunutze, die in den Wunden herumstochern, um sich auf die politische Bühne zu drängen. Solange ihnen das gelingt, wird man die grundlegenden Probleme nicht ernsthaft debattieren können – auch die nicht, von deren Lösung fast alles andere abhängt.

Die Ermordung von zwölf Menschen, die meisten von ihnen Journalisten und Karikaturisten, am 7. Januar in den Büros von Charlie Hebdo und von vier jüdischen Franzosen in einem koscheren Supermarkt war eine entsetzliche Tat. Obwohl die Verbrechen im Namen des Islams verübt wurden, haben sie – jedenfalls bislang – keinesfalls den Teufelskreis von Hass und Repression in Gang gesetzt, auf den ihre geistigen Väter gesetzt haben. Zwar waren die Mörder zum Teil erfolgreich: Moscheen werden angegriffen, Synagogen von der Polizei geschützt, junge, radikalisierte Muslime, die manchmal erst frisch konvertiert und über ihren Glauben nur oberflächlich informiert sind (also für ihre Glaubensgemeinschaft wenig repräsentativ), verfallen dem Dschihad, dem Nihilismus, der Idee des bewaffnetem Kampfs. Doch die Mörder sind zugleich gescheitert: Sie garantieren der Zeitschrift, die sie auslöschen wollten, ein ewiges Leben. Allerdings war dieses Ziel für sie ohnehin nur zweitrangig. Ob sie ihre anderen Ziele durchsetzen können, wird vom Widerstand der französischen Gesellschaft abhängen. Und von der Renaissance einer kollektiven Hoffnung in ganz Europa.

Quelle: le monde diplomatique >>>>> weiterlesen

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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber Giovanni Dall’Orto.

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Lidl-Zulieferer in Bangladesch

Erstellt von Redaktion am 5. März 2015

Verschwörung des guten Willens

AUS DHAKA UND GAZIPUR LALON SANDER

Zwei Jahre nach dem Einsturz des Rana Plaza: Die Situation in den Fabriken von Bangladesch bleibt schwierig. Nachdem Gewerkschaftsmitglieder in einem Lidl-Zulieferbetrieb Sicherheitsbedenken geäußert haben, werden 48 von ihnen gefeuert. Nach monatelangem Streit schließt der deutsche Besitzer nun seine Fabriken – 1.300 Beschäftigte verlieren ihren Job

Mitte Februar kommt es in der Fabrik von BEO Apparels – Hersteller von T-Shirts, Polohemden und Pullovern und Zulieferer der deutschen Supermarktkette Lidl – zu einer auch für Bangladesch ungewöhnlichen Szene: Vor den Augen eines Einkäufers zerren leitende Angestellte, mit Stangen bewaffnet, an der Kleidung eines Gewerkschafters. Sie hätten ihn wohl auch zusammengeschlagen, wenn es ihm nicht gelungen wäre, in ein Auto zu flüchten. Von dort aus macht Kamrul Hassan, der Gewerkschafter, Handyfotos: Sie zeigen die Manager, mit Eisen- und Holzstäben bewaffnet.

So glimpflich wie für Kamrul Hassan endet dieser 16. Februar nicht für alle Anwesenden. Bei der folgenden Prügelei werden auf beiden Seiten mindestens zehn Personen verletzt. Für die Beschäftigten der Fabrik rückt damit der letzte Arbeitstag näher: Der deutsche Besitzer von BEO Apparels, Ulrich Bornemann, verkündet, dass er diese und eine zweite Fabrik in Bangladesch dauerhaft schließen will. Die Probleme der letzten Monate hätten dazu geführt, dass er keine Aufträge mehr habe. 1.300 ArbeiterInnen werden dann auf der Straße stehen.

Die Geschichte des Konflikts zwischen der Fabrikleitung von BEO Apparels und der Betriebsgewerkschaft ist ein Beispiel für den komplizierten Alltag im Billiglohnland Bangladesch. Wie es dazu kam, darüber gibt es unterschiedliche Versionen, je nachdem, wen man fragt. Kamrul Hassan berichtet, dass die Gewerkschaftsmitglieder dem Management im September vergangenen Jahres zunächst Bedenken wegen der Sicherheit im Betrieb vorgetragen und höhere Feiertagsgelder gefordert hätten. Wenige Tage darauf seien 48 Beschäftigte entlassen worden. Seitdem drängten internationale Gewerkschaften und Kunden der Fabrik darauf, die Gefeuerten wieder einzustellen. Fabrikeigner Bornemann hingegen sagt, die Leute hätten wild gestreikt und sogar einige der Fabrikleiter eingesperrt. Deshalb sei die Entlassung rechtens gewesen.

Im schlichten Büro von Kamrul Hassans Gewerkschaftsverband AGWF, am Rande der staubigen Hauptstraße zwischen Dhaka und Gazipur gelegen, sitzen nun 6 der 48 gefeuerten Arbeiter und 3 weitere, die derzeit noch bei BEO Apparels arbeiten. Sie haben die Briefe dabei, die sie im September geschrieben hatten. In wackliger Schrift und unsicherer Orthografie steht darin, dass sie um Schränke bitten, um ihre Schuhe verstauen zu können. Sie wünschen sich auch, dass der Dampfkessel für die Bügeleisen verschoben wird, weil sie glauben, er könnte explodieren. In einem dritten Brief fordern sie ein höheres Feiertagsgeld für das kommende muslimische Opferfest. Es solle die für die Branche übliche Summe übersteigen und allen ausgezahlt werden – nicht nur an die, die länger als drei Monate im Betrieb waren.

„Die Fabrikleitung hat uns gleich gesagt, dass das nicht geht“, erinnert sich Ariful Islam, der Chef der Betriebsgewerkschaft. „Aber sie sagten, sie würden mal nachrechnen.“ Als dann wenige Tage später ein Aushang über das Feiertagsgeld auftauchte, auf dem die Namen der neuen KollegInnen im Betrieb fehlten, marschierten zwölf ArbeiterInnen zur Fabrikleitung, um zu verhandeln.

„Aussage gegen Aussage“

Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber rijans

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Schwanz wedelt mit Hund

Erstellt von Redaktion am 5. März 2015

Benjamin Netanyahu hat Hitler im Iran entdeckt

Autor: U. Gellermann

Rationalgalerie

Datum: 05. März 2015

So richtig neu ist das nicht, was der israelische Ministerpräsident bei seinem jüngsten Besuch in den USA zu erzählen wusste: „Mullah-Regime bedroht den Weltfrieden wie Nazis“, so brachte die BILD-Zeitung – das Sturmgeschütz Israels in Deutschland – Netanyahus Rede auf den Punkt. Gemeint ist der Iran. Würde jemand dem israelischen Premier glauben wollen, dann plant die iranische Regierung einen Weltkrieg. Doch diese Botschaft ist, durch ihre ständige Wiederholung, ziemlich verbraucht. Relativ neu ist es, dass Netanyahu vor dem US-Kongress redete ohne seinen Auftritt mit der amtierenden amerikanischen Regierung abzustimmen: Wie mag der kleine israelische Schwanz nur den dicken US-Hund zum wedeln gebracht haben?

Eine Erklärung liegt in der US-Innenpolitik: Die Republikaner und ihr Sprecher im Kongress, John Boehner, wollten zu gern Obamas Iran-Politik als zu weich denunzieren. Doch viel wichtiger als Boehner war im Vorfeld des Netanyahu-Wahlkampfauftritts im US-Komgress die jüdische Lobby-Organisation AIPAC (America Israel Public Affairs Committee). AIPAC ist eine einzige große Spenden-Sammel- und Spenden-Verteil-Maschine, die politischen Einfluss über teure PR-Kampagnen nimmt, aber durchaus auch direkt Politiker kauft. Auf ihrer Agenda steht zur Zeit als wesentliches Investitionsvorhaben die Ablehnung eines möglichen Atom-Abkommens mit dem Iran. Dass sie damit die Politik eines gewählten Präsidenten konterkariert? Was soll´s.

Das Magazin THE NEW YORKER berichtete darüber, dass AIPAC mehr als hunderttausend Mitglieder hat und über ein Netzwerk von siebzehn Niederlassungen verfügt. Und am Beispiel des früheren demokratischen Abgeordneten Brian Baird konnte The NEW YORKER auch den üblichen Politiker-Kauf belegen: AIPAC hatte ihm viel Geld angeboten, damit er zum Beispiel den für Israel unangenehmen Ausdruck „besetzte Gebiete“ nicht benutzte. Die AIPAC-Leute hätten sich das 200.000 Dollar für seinen Wahlkampf kosten lassen. Als der Abgeordnete dann gewählt war, wurde er mit einer Israel-Reise vom Feinsten belohnt. Baird erklärte dem Magazin, dass viele Abgeordnete im Kongress nicht die Frage stellen würden: `Was ist richtig für die USA´, sondern `Wie wird AIPAC das bewerten?´

Diese israelische Einflussnahme ist in Deutschland preiswerter zu haben: Von Angela Merkel bis Petra Pau hält sich eine Mehrheit in der Politik an die ausgerufene Staatsräson, die in Treue fest dem Staat Israel nahezu jeden Wunsch von den Augen abliest und erfüllt. Auch jenen nach der Lieferung von atomwaffenfähigen U-Booten, die Israels Nachbarstaaten bedrohen, während gefährliche Verrückte wie Benjamin Netanyahu den iranischen Vorhang über die eigene atomare Rüstung fallen lassen. Der deutsche Schwanz, um im Sprachbild zu bleiben, würde nie wedeln ohne den israelischen Hund vorher zu fragen.

Unter dem Titel
KRIEG UM DIE KÖPFE
veranstaltet die „Neue Gesellschaft für Psychologie“
einen Kongress in Berlin.

Am Donnerstag 05. 03. 2015 um 19.30 Uhr
Begrüßung und Eröffnungsvortrag
Prof. Dr. Moshe Zuckermann (Tel Aviv)
„Wie der Krieg die Gesellschaft im Inneren verändert. Das Beispiel Israel.“

Am Freitag 06. 03. 2015 um 14.30 Uhr
Vortrag und Diskussion
Uli Gellermann
„Die Enteignung des Zuschauers.
ARD & ZDF lügen wie gesendet.“

Der Ort:
Seminarzentrum der Freien Universität Berlin, in der Silberlaube (Erdgeschoss), Otto-von Simson-Str. 26, 14195 Berlin-Dahlem. Die nächstgelegene U-Bahn-Station ist Dahlem Dorf (U3).

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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber Paul863

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DL – Tagesticker 05.03.15

Erstellt von Redaktion am 5. März 2015

Direkt eingeflogen mit unserem Hubschrappschrapp

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Hurra : Alles hat sich den Politikern anzupassen

1.) Berlin will EU-Datenschutz aushöhlen.

Banken sollen Kundendaten nutzen dürfen

Banken, Versicherungen und die Werbewirtschaft sollen Kundendaten zu kommerziellen Zwecken nutzen dürfen. Das sieht ein Schlupfloch vor, das die Bundesregierung in Brüssel durchsetzen will.

Der Tagesspiegel

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Machen wir’s dem Schröder nach

2.) Der Unverbesserliche

Nach seinem Intermezzo als SPD-Kanzlerkandidat widmet sich Peer Steinbrück wieder lukrativeren Tätigkeiten. Auf seiner Bundestagswebseite sind unter „entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat“ für 2014 notiert: die Teilnahme an einer Podiumsdiskussion des Deutschen Zigarettenverbands zu TTIP,

TAZ

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So würde sich diese Kaste endlich nützlich machen.

3.) Flüchtlinge sollen in Abgeordneten-Wohnungen ziehen

Steigende Flüchtlingszahlen stellen die Politik vor neue Herausforderungen. Die Erfurter Stadtverwaltung hat eine Idee, wo die Menschen untergebracht werden könnten: in den Wohnungen der Landtagsabgeordneten.

Der Spiegel

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Foto: Volksschmarotzer unter sich

3.) Kabinett verlängert Bundeswehreinsatz in Somalia

Deutsche Soldaten sollen in Somalia stationiert bleiben. Die Bundeswehr soll ein weiteres Jahr dabei helfen, die somalische Armee auszubilden – und das Land für die anstehenden Wahlen zu stabilisieren.

Der Spiegel

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4.) Leistungsprinzip im öffentlichen Dienst? Ein Flop

In vielen Unternehmen gibt es Prämien für fleißige Mitarbeiter. Auch die Länder wollten ihre Bediensteten mit Zielvereinbarungen motivieren. Doch das Experiment ist kläglich gescheitert.

Die Welt

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So lernen die Nichts nutze das Schwimmen

5.) Wasserhähne geklaut

Wasseranschlag auf BND-Zentrale: LKA ermittelt

Unbekannte klauten aus der neuen BND-Zentrale in Mitte Wasserhähne, ließen alles voll laufen. Gesucht wird nun die undichte Stelle in der neuen Zentrale der Spione.

BZ

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Der, Die, Das – Letzte vom Tag

Helmut und das Clinton – Syndrom

7.) Spätes Geständnis: Helmut Schmidt betrog seine

Mentholzigaretten mit filterlosen Gauloises

Erstmals hat der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt öffentlich zugegeben, seine geliebten Reyno-White-Mentholzigaretten betrogen zu haben. „Ich hatte eine kurze Beziehung zu filterlosen Zigaretten der Marke Gauloises“ schreibt der 96-jährige Altkanzler in seinem neuen Buch.

Der Postillon

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Hinweise und Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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