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Archiv für September 4th, 2014

Sozialpolitische Infos 09/2014

Erstellt von Redaktion am 4. September 2014

Sozialpolitische Infos 09/2014
Frieder Claus, Heimstatt Esslingen e.V.

File:Küferstraße (Esslingen) Straßenzug von Ost nach West.jpg

Unabhängige Hartz-IV-Beratung im Landkreis Esslingen

Liebe sozialpolitisch Interessierte,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

zum heranziehenden Herbst hier mal wieder Sozialpolitische Infos, heute mit folgenden Themen:

1. „Rechtsvereinfachung“ – die neue SGB II-Reform

2. Schreiben Sie Ihren Abgeordneten wegen der „Rechtsvereinfachung“

3. Armut – und wie sie gemacht wird

4. Armutsfälle heute

5. TTIP – Freihandelsabkommen im Schatten der Ukraine

Zu 1. „Rechtsvereinfachung“ – die neue SGB II-Reform
Bereits zum 1. April 2015 soll das zweite Sozialgesetzbuch mit den Hartz IV-Leistungen unter dem Stichwort „Rechtsvereinfachung“ erneut verändert werden. Das Drehbuch dazu wurde einseitig von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Leistungsträgerseite ohne Beteiligung von Wissenschaft, Wohlfahrtsverbänden, Betroffenenvereinigungen und Gewerkschaften vorbereitet. Obwohl das Gesetzgebungsverfahren schon angelaufen ist, werden die Ergebnisse der Öffentlichkeit noch vorenthalten und sind nur über Drittquellen zu erhalten. Harald Thomé von tacheles klagt deshalb gegen das federführende Ministerium von Andrea Nahles wegen Verstoß gegen das Informationsfreiheitsgesetz.
Es wird nun entscheidend sein, was die Politik aus dieser sehr einseitigen Leistungsträgersicht macht. In den Vorschlägen sind einige sinnvolle Verbesserungen aufgenommen, etwa die Entschärfung der Sanktionsregeln, die Verlängerung des Regelbewilligungszeitraums oder eine neue Rechtsgrundlage für Vorauszahlungen. Auf der anderen Seite überdehnen eine ganze Reihe neuer Verschärfungen die Schieflage von Fördern und Fordern in schwer erträglicher Weise. Bereits jetzt ist ersichtlich, wie stark Überforderung und Rechtlosigkeit in Lähmung und Resignation führt und somit das Gegenteil einer ständig proklamierten Aktivierung erreicht. Nach ca. 60 Änderungen des SGB II mit dem Schwerpunkt gravierender Verschärfungen sind die neuen Entrechtungen aus sozialstaatlicher Sicht nicht mehr verständlich.
Hier finden Sie aus Sicht einer parteilichen Beratung Maßnahmen, die Not ohne Not vergrößern und die ohne Not weggelassen werden können: die gravierendsten Verschärfungen im Schlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe.

Zu 2. Schreiben Sie Ihren Abgeordneten wegen der „Rechtsvereinfachung“
Breiter politischer Widerstand kann die gravierendsten Verschärfungen des Gesetzesvorhabens verhindern. Schreiben Sie deshalb Ihre örtlichen Abgeordneten mit diesem Anliegen an, und zwar sowohl die Bundestags- als auch Landtagsabgeordnete, da auch der Bundesrat dem Gesetz zustimmen muss. Die örtlichen Abgeordneten beider Parlamente finden Sie ganz leicht bei http://www.abgeordnetenwatch.de/ durch Eingabe der Postleitzahl. Über das Kontaktformular kann dort auch gleich die Mitteilung erfolgen.
Hier finden Sie einen Vorschlagstext für ein solches Schreiben, das auf die Zusammenstellung mit den gravierendsten Verschärfungen verweist und das Sie auch nach eigenem Gusto abändern können.

Zu 3. Armut – und wie sie gemacht wird
Die stark ansteigende Armut ist nicht vom Himmel gefallen, sie wurde insbesondere seit 2000 durch gezielte Maßnahmen der Umverteilung gemacht. Im reichen Deutschland ist sie schlichtweg falsch verteilter Reichtum. In den Ausführungen mit vielen Schaubildern und Begleittext sind die wirksamen Hebel für Armut und Reichtum in ihrer Entwicklung und Auswirkung dargestellt. Wichtige Schlüssel liegen in den Bereichen Steuerpolitik, Sozialreformen, Niedriglohn und atypische Beschäftigung sowie Übermacht der Finanzsysteme.

Zu 4. Armutsfälle heute
In der sozialen Beratung stößt man immer wieder auf Armutsprobleme, die nicht gelöst werden können, weil sie durch gesetzlich abgesicherte Entrechtung entstehen. Die Zwillinge von Armut und Rechtlosigkeit kommen wieder zusammen. Dazu eine Auswahl realer Geschichten, die am klarsten notwendigen Änderungsbedarf aufzeigen können.

Zu 5. TTIP – Freihandelsabkommen im Schatten der Ukraine
Die Freihandelsabkommen zwischen Europa und Kanada (CETA) bzw. den USA (TTIP) bedrohen massiv unsere sozialen Standards, aber auch unseren Verbraucher- / Umwelt- und Datenschutz. CETA soll bereits im Oktober von Minister Gabriel unterschrieben werden. Wenn dies verhindert werden kann, sinken auch die Chancen für das gleichartige TTIP, die Verhinderung von CETA hat eine entscheidende Schlüsselfunktion. Sie können im Kampagnenportal Campact sowohl den Stopp von CETA als auch den Stopp von TTIP mit Ihrer Unterschrift unterstützen.
Beide Abkommen werden derzeit in Geheimverhandlungen vorbereitet, es gibt nur geleakte Unterlagen. Ganz wesentlich ist etwa, welche Standards gelten sollen. Dabei setzen sich die USA natürlich für ihre eigenen lockereren Regulierungen ein, interessanterweise aber nicht im Banken- und Finanzbereich, denn dort hat Europa die laxeren Bedingungen. Stichwort, die öffentlich diskutiert werden, sind etwa Fracking, Genprodukte oder Chlorhähnchen.
Massive Auswirkungen drohen jedoch z.B. auch in folgenden Bereichen:
:: Investorenschutz: geheim tagende Sondergerichte ohne Berufungsinstanz können hohe Strafen gegen Staaten verhängen, wenn diese gesetzliche Schutzbestimmungen erlassen, die die Gewinne von Investoren und Konzernen schmälern – egal, ob dies eine verbesserte Gesundheits- und Altersversorgung, der Schutz von Umweltzerstörung u.v.a.m. ist. Schon ohne diese Regelungen klagt derzeit z.B. Vattenfall auf 3,7 Mrd. € Schadensersatz gegen den deutschen Staat wegen dem Ausstieg aus der Atomkraft.
:: Öffentliche Aufträge: Grundversorgung (Wasser, Strom, soziale Infrastruktur…) und soziale Dienstleistungen können endgültig dem internationalen Markt übergeben werden, soweit sie nicht in einer Negativliste ausgenommen sind (beim GATS galt bislang eine Positivliste). Die Förderung einer regionalen Entwicklung ist kaum noch möglich.
:: Dritte Welt: Diese Länder geraten noch weiter ins Abseits durch einen privilegierten Markt, zu dem sie keinerlei Zugang haben. Dies wird die Armutsentwicklung und folglich auch die Flüchtlingsströme erheblich tangieren.
Und was soll das nun mit der Ukraine zu tun haben? Je mehr Russland an den Rand gedrängt und je stärker Putin dämonisiert wird, umso stärker schallt der Ruf, unsere Abhängigkeit von Russland zu lösen und deshalb die amerikanische Partnerschaft zu stärken. Dies betrifft insbesondere die Gasabhängigkeit, die Alternative dazu ist eigentlich nur das Fracking in den USA und Kanada. Die Nachdenkseiten stellen dies sehr anschaulich dar. Den starken Bedenken der Öffentlichkeit zu den Freihandelsabkommen kann man dann erneut ein TINA (there is no alternative) entgegenhalten.
Ist dies der Grund für die polarisierende Entwicklung, in der der Westen Russland als einseitigen Aggressor darstellt, in Sanktionsmustern erstarrt, schnelle Eingreiftruppen in die früheren Ostblockstaaten und deutsche Kampfjets ins Baltikum entsenden will? Experten haben schon früh darauf hingewiesen, dass das Assoziierungsabkommen die Ukraine zerreißen wird – genau das ist jetzt geschehen. Man stelle sich mal vor, Russland hätte Mexiko solch ein Abkommen mit gemeinsamen Militärübungen angeboten. Die USA wären vermutlich ganz anders aufgefahren.
Inzwischen gibt es viele sachkundigen Rufer, die vor einer neuen Kriegsgefahr vor unserer Haustüre und Verdrehung der Tatsachen warnen – etwa Michail Gorbatschow, der jüngst verstorbene Peter Scholl-Latour, die frühere ARD-Korrespondentin in Moskau, Gabriele Krone-Schmalz, der ehemalige Vizepräsident der OSZE Willy Wimmer u.a.m. Weshalb aber singen hier die gesamten deutschen Medien im Einheitschor? Überraschende Zusammenhänge präsentierte die ZDF-Satire-Sendung „Die Anstalt“ am 29.4.2014, wurde daraufhin vom Chefredakteur der ZEIT angezeigt und ist seitdem aus der ZDF-Mediathek verschwunden. Dank Internet ist sie jedoch weiter hier zu sehen.
Ausgerechnet am Jahrestag zum Beginn des 2. Weltkriegs hat selbst Bundespräsident Gauck zur weiteren Polarisierung aufgerufen. Wie anders die Worte seines Vorgängers Richard von Weizsäcker zum Ende dieses Weltkrieges am 8. Mai 1985: „Die Bitte an die jungen Menschen lautet: Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass gegen andere Menschen, gegen Russen oder Amerikaner, gegen Juden oder Türken, gegen Alternative oder Konservative, gegen Schwarz oder Weiß. Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander.“

In diesem Sinne wünscht Ihnen schöne Herbsttage

Frieder Claus

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Deutsch: Denkmalschutz: die belebte Küferstraße mit ihren diversen denkmalgeschützten Gebäude von Ost nach West gesehen.
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Traumjob: Politisch sein ?

Erstellt von Redaktion am 4. September 2014

Mit Politik hab ich nicht mehr viel am Hut

File:Andre Hahn, August 2009 - by Die Linke Sachsen.jpg

Ja, in diese Richtung gehen auch wohl unsere Gedanken, wenn wir uns über Politik äußern. So finden wir diesen Artikel Lesens – und dementsprechend Empfehlenswert. Er setzt sich ab, von diesen dumpfen nur noch Sprüche klopfenden, sich von ihren Parteien abhängig machenden  Möchtegern – Politikern.

So halten wir es für vollkommen deplatziert wenn nach den Landtagswahlen in Sachsen ob dieser nur sehr geringen Wahlpflicht wieder einmal in den Medien die Einführung einer Wahlpflicht gefordert wird. Nein nicht der Wähler ist in der Pflicht sondern die von Ihnen bezahlten Volksvertreter. Sollten Merkel, Gauck und Co. mit Ihren Bürgern nicht zufrieden sein, sollten sie sich schnellstens ein Land suchen, welches sich entsprechend Ihren Willen,  unterordnet.

Der Wähler hat die Qual der Wahl und fordert das Recht ein, so zu wählen wie er es für richtig hält. Wenn die Linken nichts taugen wählt er eben Rechts und wenn Beide in Ihren Angeboten und späteren Handeln nicht den Anforderungen entsprechen, bleibt er zu Hause. So einfach ist das.

Sich an einer Wahl zu beteiligen erfordert auch eine Auswahl angeboten zu bekommen. Wenn aber kaum Unterschiede sichtbar sind bleibt der Wähler zu Hause oder macht den Wahlschein ungültig. Auch das ist Teil der Demokratie und gut so. Die Kriegstreibenden Parteien werden genauso wenig akzeptiert wie die Leerköpfe der Opposition. Lasst Euch etwas anderes einfallen, ansonsten steht Ihr bald vollkommen ohne Anhang da.

Traumjob: Politisch sein

Selbstorganisation Die Landtagswahl in Sachsen hat mir mal wieder gezeigt: Mit Politik hab ich nicht mehr viel am Hut. Warum und wie ich trotzdem politisch bin

Etwas über 8.000 Euro verdient ein Mitglied des Bundestages im Monat. Brutto. Ungefähr zehnmal so viel wie ich. Gut, ich arbeite nicht Vollzeit. Ich bin Studentin. Und trotzdem ist da ein gewisses Gefälle nicht zu übersehen. Dabei habe ich “nebenbei” einen ziemlich ähnlichen Job: Ich bin politisch aktiv. Bezahlt werde ich dafür allerdings nicht, zumindest nicht mit Geld.

Eigentlich lässt mich das Wort “Politik” nur noch die Stirn runzeln: Ich denke an Wahlkampf, an falsche Versprechen, an Macht, an Geld, an Eliten – und dass ich mit alledem nichts zu tun haben will. Die gestrige Landtagswahl in Sachsen hat mir das mal wieder sehr deutlich gezeigt: Nicht mal die Hälfte der Menschen ist zur Wahl gegangen. Trotzdem bedankt sich der neue und alte Ministerpräsident Tillich für das “Vertrauen der Sachsen”, nachdem er das schlechteste Ergebnis der CDU seit Jahrzehnten eingefahren hat.

Nichts als leere Phrasen

Die Statements der übrigen Politiker lassen mich im besten Fall kalt, weil es die üblichen leeren Phrasen sind. Im schlimmsten Fall muss ich mich zusammenreißen, um nicht auszurasten: Da steht der NPD-Vertreter wie völlig selbstverständlich in der Runde der Spitzenkandidaten und kann seinen menschenfeindlichen Müll verbreiten. Und gleich daneben: Die größten Gewinner der Wahl, die Rechtspopulisten der AfD, die vor allem ehemalige CDU-Wähler mobilisieren konnten.

Quelle: Der Freitag >>>>> weiterlesen

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Description André Hahn
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Heimat ist Heimat

Erstellt von Redaktion am 4. September 2014

Bürgerwehr in Eisenhüttenstadt

WEHRHAFT Viele Eisenhüttenstädter haben Angst, einige junge Männer wollen diese lindern. Auf Patrouille mit der Bürgerwehr

VON VIKTORIA MORASCH

Kurz vor Mitternacht in Eisenhüttenstadt. Die Lindenallee, die Magistrale der Stadt und gleichzeitig ihr Zentrum, ist schon lange menschenleer. Hier passiert nichts, scheint es. Früher hieß die Lindenallee Leninallee. Sie war eine symbolträchtige Verbindung zwischen der Arbeiterstadt und dem Stahlwerk. Heute ist sie nur eine Verbindung. Es gibt viele Linden hier.

Vor der Bäckerei „Dreißig“ hält ein Auto an, dann noch eines, wenig später ein drittes. Sechs junge Männer steigen aus. „Guckt bei den Garagen und Autohäusern, auch im Gebüsch. Aber lasst euch kein blaues Auge schlagen“, sagt Benjamin Rudolph und verteilt Walkie-Talkies an die fünf anderen. Sie teilen sich in Trupp 1 bis 3 auf. Von ihren Autos und T-Shirts strahlen reflektierende Buchstaben: „Bürgerwehr Eisenhüttenstadt“.

Immer um Mitternacht beginnt die Patrouille. Benjamin Rudolph und ein Bekannter von ihm sind im Trupp 1. Sie kennen sich vom Rettungsdienst, wo beide arbeiten. Sie steigen ins Auto und fahren durch Eisenhüttenstadt, mit ihren Taschenlampen leuchten sie in dunkle Ecken.

Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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Fotoquelle: Wikipedia – Attribution: Hamster3 (M. Bechmann)

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BLÖD erklärt V-Fall

Erstellt von Redaktion am 4. September 2014

Die Botschaft zum Antikriegstag

.Autor: Wolfgang Blaschka

Rationalgalerie

Datum: 04. September 2014

Jetzt ist es heraus: „Putin greift nach Europa“. Ein schauerlicher Verdacht bestätigt sich. Denn „erste EU-Politiker sprechen es aus: Russland führt Krieg gegen Europa“, weiß das Blatt mit den großen Buchstaben passend zum Antikriegstag zu berichten. „Zurückgeschossen“ wird anscheinend noch nicht, jedenfalls war um 5.45 Uhr noch alles ruhig, denn Europa will wohl seinen Friedensnobelpreis nicht aufs Spiel setzen. Obwohl ziemlich klar sein dürfte: In 48 Stunden steht „der Russe“ an der Oder, in weiteren 48 Stunden dann am Rhein. Das weiß man seit dem Kalten Krieg. Wenn nichts dazwischen kommt, schlürft Putin nach weiteren 48 Stunden an den Champs Elyssee seinen Café au lait. Dann war´s das mit dem freien Westen.

Aber sonst sind alle gesund, bis auf den BILD-Kolumnisten, der sich in seinem launigen Brief an ein „liebes Paradies Deutschland“ darüber auslässt, wie schön es ist Geburtstage zu feiern, während anderswo Krieg herrscht. Und welche Werte über den Jordan gehen würden oder über die Oder oder über den Rhein: „Unsere Werte sind, sich zu umarmen, menschlich zu sein und sich miteinander zu betrinken“. Klar, da würden die Russen gern und locker mithalten. Aber doch bitte nicht die Prorussen aus dem Donbass! Hätte er nüchtern auf der Titelseite derselben Ausgabe nachgelesen, wie es um das „Paradies“ steht, wäre ihm nicht entgangen, dass die Arbeitslosen von dem Jobwunder, das er bejubelt, nicht viel mitbekommen, denn „freie Stellen werden vor allem von Zuwanderern und aus der sogenannten stillen Reserve besetzt: Menschen, die zuvor nicht arbeitslos gemeldet waren“. Nicht gerade paradiesisch für Betroffene. Aushaltbar nur für Journalisten, deren „Werte“ in Trinken liegen.

Aber „wir“ sind ja zum Glück nicht direkt betroffen: „Wir sind wie auf einer Insel des Glücks“, und liefern daher aus mittelbarer Besoffenheit 16.000 Sturmgewehre an die Kurden im Nordirak: 8000 alte G3 mit 2 Millionen Schuss und 8000 moderne G36 mit doppelt soviel Schuss Munition, dazu 40 Maschinengewehre MG3 mit 1 Million Schuss sowie 8000 Pistolen P1 mit 1 Million Schuss. Dazu 500 Panzer-Abwehrraketen „Milan“, 200 leichte und 40 schwere Panzefäuste mit 2500 bzw. 1000 Schuss. Ein Volltreffer gegen das Kriegswaffen-Kontrollgesetz. Soll es doch andere treffen! Das Parlament nickt den Kabinettsbeschluss mit großkoalitionärer Mehrheit brav ab, gegen den Protest und Restverstand der LINKEn und einiger Grüner, als wäre es Business as usual. Ist es auch, doch in neuer Qualität. Praktisch gedacht – das alte Gerödel muss raus: 10.000 Handgranaten, auch 5 Dingo-Transportpanzer, sogar ein Tanklastwagen, der bei Kunduz offenbar nicht bombardiert werden konnte, 40 Unimogs und 20 teilgepanzerte LKW „Wolf“, kurz alles, was die Bundeswehr irgendwie erübrigen kann. Und später nagelneu ersetzt bekommt.

Ein rundes Paket für 70 Millionen Euro an die halbfeudalen Kurden-Clans im Nordirak, während die Kurden weiter westlich vom NATO-Staat Türkei drangsaliert werden, und die im syrischen Rojava von ebenjenen sunnitischen IS-Leuten akut bedroht sind, die die USA, die Türkei, Saudi-Arabien und Katar gerade freigiebigst mit Mordwerkzeug hochgepäppelt hatten gegen Assad. Bei all der Verwirrung über die wild durcheinander geratenen Fronten im Mittleren Osten scheint der Blick auf den hauseigenen Tabubruch, Waffen aus Deutschland in Spannungs- und Kriegsgebiete zu liefern, glorios umwölkt. Ist ja für einen „guten Zweck“; es sind immerhin 25 Feldküchen dabei, Ferngläser, 4000 Gefechtshelme und 4000 Schutzwesten, rein defensiv, fast humanitär.

Bei soviel Ermunterung an die Leserschar dann die schlechte Nachricht: Ein neues Wort aus Putins Mund: „Novorossia“! „Das gefährlichste Wort unserer Zeit“! „Es steht für Landgewinn. Es steht für Krieg“, säbelrasselt das Springer-Blatt, und man fragt sich: Kann Putin mit den Zähnen schießen? Er kann, und BLÖD hat’s getroffen: „Jetzt spricht sogar Russlands Präsident Wladimir Putin (61) das Wort öffentlich aus“. Ja, ist es denn die Possibility!? „Denn er will die Ukraine teilen! Er will einen neuen Staat! Er will Novorossia!“ Auch wenn dagegen Putins Pressesprecher Dmitri Peskow zitiert wird: „Die Ostukraine soll selbstverständlich Teil der Ukraine bleiben“, ficht das BLÖD nicht an. Das „selbstverständlich“ wird im Zitat selbstverständlich in Anführungszeichen gesetzt. Anführungszeichen sind nämlich eine der schärfsten Angriffswaffen im medialen Verblödungsgeschäft. Man erinnere sich nur an die „DDR“-Zeiten. Der Kalte Krieg kehrt zurück, die NATO verstärkt ihre Truppenpräsenz in früheren Warschauer-Vertrags-Staaten, eine Aufrüstungsspirale kommt in Gang. Klar doch: Um das westliche Paradies ostwärts zu erweitern.

Arbeitslose aufgemerkt: Da werden bald Leute gesucht zum Panzergrabenbau. Denn „immer mehr Panzer rollen Richtung Westen“. Wo genau, steht nicht geschrieben. Aber „rrrollen“ klingt bedrohlich. Da schwingt zwischen den Rädern ein bisschen „Sieg“ mit. Nur die Richtung stimmt noch nicht, die müsste umgekehrt laufen, das Rollback der Geschichte: Richtung Osten. Dazu muss dieser zunächst dämonisiert werden, um ihn dann zu erlösen. Man spricht von Separatisten statt von Föderalisten. Was müssen die auch von Autonomie reden und russisch sprechen wollen! Und nun Putin auch noch von Verhandlungen über staatliche Strukturen! Als bedeutete bayerische oder sächsische „Freistaatlichkeit“ das Ende der Bundesrepublik Deutschland. BLÖDer geht´s kaum. Doch dient es dem Ziel die Ukraine so schnell wie möglich in die NATO einzugliedern. Aber dann …

War man bisher der altmodischen Ansicht, dass der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit den Verteidigungsfall feststellt, gilt es im Medienzeitalter umzudenken: Da genügt eine BLÖDe Schlagzeile, und nichts ist passiert, außer dass Putin ein Wort in den Mund nahm. Das Wort! Das böse N-Wort: Und schon ist Krieg. Nur die Kanzlerin hat´s noch nicht gemerkelt, liefert (noch) keine Waffen nach Kiew. So geht Journalismus mittlerweile. Blöderweise ist der atombombensichere Regierungs-Bunker in der Eifel eingemottet. Wahrscheinlich hätten die Telefone dort auch noch Wählscheiben. Bleibt die Frage: Wohin mit Merkel? Nicht dass Putin sie noch anruft und in lupenreinem Deutsch anfragt, ob auf der Insel der Seligen ein Plätzchen für Snowden frei wäre.


Grafikquelle: DL/Redaktion/UP

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DL – Tagesticker 04.09.14

Erstellt von Redaktion am 4. September 2014

Direkt eingeflogen mit unserem Hubschrappschrapp

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1.) Heidelberger Druckmaschinen Leipzig:

IG Metall und Linke bereiten Ausverkauf

der Arbeitsplätze vor

„Wir sichern die Zukunft der Print Medien“ steht seit Jahren am Eingangstor der Heidelberg Post-Press Fabrik an der Brahestrasse 8 in Leipzig. „Aber nicht die Arbeitsplätze unserer Belegschaft“, muss man ergänzen, nachdem der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Gerold Linzbach, am 6. August das Aus für den Standort Leipzig verkündet hat.

World Socialist Web Site

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2.) 30 Jahre schuldlos im Gefängnis

Seit 1984 saßen zwei geistig Behinderte in einem US-Gefängnis – für einen Mord, den sie nicht begangen haben. Nun kamen die Brüder dank neuer DNA-Beweise auf freien Fuß.

Der Tagesspiegel

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3.) Wir haben nicht zugehört

Es entbehrt nicht der Ironie, dass die Dschihadisten der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) ausgerechnet jenen Journalisten öffentlich die Kehle durchschneiden, die einst nach Syrien gereist waren, um über das Leiden der syrischen Bevölkerung zu berichten;

TAZ

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4.) SPD an der Basis schwankt zwischen

Stolz und Elend

In Thüringen wird der neue Landtag gewählt. Hier wurde einst die SPD gegründet. Und heute? Die Chancen der Sozialdemokraten sind begrenzt, vielleicht werden sie hier der Juniorpartner der Linkspartei.

Der Tagesspiegel

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5.) Hermann Stehr tritt aus Partei aus Linke

Fraktion löst sich auf

DATTELN. Hermann Stehr (Die Linke) wartet seit Monaten auf eine Entschuldigung von seiner Fraktions-Vorsitzenden Petra Willemsen. Vergeblich. „Sie hat mir vorgeworfen, mit der SPD einen geheimen Deal gemacht zu haben“, sagt Stehr.

Dattelner Morgenpost

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6.) Idylle ist schwer zu halten

Dummer Hund“, sagt der Rentner auf dem Rad. „Dummer Mensch“, erwidert der Rentner im beigen Trenchcoat. Wir befinden uns in einer der reichsten Regionen des Erdballs – mal sehen, wie hier Konflikte gelöst werden.

TAZ

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Der, Die, Das – Letzte vom Tag

Wo die so alle hineingucken!

Das alles im Auftrag der Politik!

7.) Verfassungsschutz in Klopapieraffäre verwickelt

Wer glaubte, die Suche nach einem internen Klopapierdieb beim LKA Thüringen sei gänzlich aufgearbeitet, sieht sich eines Besseren belehrt: Um den Informanten zu überführen, der die interne Fahndung an die Medien verriet, wurde sogar das Landesamt für Verfassungsschutz eingeschaltet. Doch die eifrigen Fahnder wurden von Richtern ausgebremst.

MDR Thüringen

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Hinweise nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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