Von Amerika lernen
Erstellt von Redaktion am 27. August 2014
Roosevelts »New Deal« und die große Krise Europas
von Stephan Schulmeister
Seit Mitte Juli verfügt die Europäische Union über einen neuen Kommissionspräsidenten: Jean-Claude Juncker. Zudem hat Italien unter Ministerpräsident Matteo Renzi die Ratspräsidentschaft übernommen. Neue Chancen also, die EU-Politik der letzten Jahre zu überdenken und die gravierenden Fehler im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik endlich zu korrigieren.
Tatsächlich hat die Finanz- und Wirtschaftskrise von allen Regionen der Welt Europa am schwersten getroffen. Dafür gibt es vier Hauptursachen. Erstens: In der EU hat die Politik den Anstieg von Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung mit der Kürzung von Reallöhnen, Sozialleistungen und sonstigen Staatsausgaben zu bekämpfen versucht und so die Krise immer weiter vertieft. Zweitens: Der „Spekulationsspielraum“ von Banken, Hedgefonds und sonstigen „Finanzalchemisten“ wurde in der EU – im Gegensatz zu den USA – nicht eingeschränkt. Dafür gibt es – drittens – strukturelle Ursachen: Die Organisation der EU als Staatenbund, von denen 18 Länder eine gemeinsame Währung haben, erschwert eine energische und gemeinschaftliche Krisenbekämpfung. Und schließlich finden sich viertens ideologische Gründe: Die neoliberale Weltanschauung prägt ironischerweise das Denken und Handeln der europäischen Eliten in ungleich höherem Ausmaß als in den USA, dem vermeintlichen Heimatland des Kapitalismus. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das Fundament der EU die gemeinsamen Märkte und Marktfreiheiten sind, nicht aber der soziale Zusammenhalt.
Die Konsequenz aus all dem: Obwohl die Finanzkrise und der Wirtschaftseinbruch 2009 die gesamte Weltwirtschaft trafen, vertieften sich nur in der EU die Probleme danach immer mehr. Die Spekulation auf einen Staatsbankrott sprang von Griechenland auf andere Länder wie Portugal, Spanien und Italien über, im Auftrag des „Rettungsschirms“ verordnete die „Troika“ strenges Sparen sowie Lohnkürzungen, die Wirtschaft dieser Länder schlitterte in eine Depression. Dies sowie die anhaltend hohen Zinsdifferenzen zwischen den „Problemländern“ in Südeuropa und den „guten“ Ländern im Norden führten in die Eurokrise. Gleichzeitig nahm die Staatsverschuldung in nahezu allen EU-Ländern zu, am stärksten wiederum in jenen, die am härtesten gespart hatten: Griechenland, Spanien und Portugal (das Gleiche gilt für Großbritannien). Daraufhin beschlossen die EU-Staats- und Regierungschefs im Januar 2012 den „Fiskalpakt“, der zu weiterem Sparen verpflichtet. Auf diese Weise schlitterte die gesamte EU 2011 und 2012 neuerlich in eine Rezession, die Arbeitslosigkeit stieg auf das höchste Niveau seit den 1930er Jahren.
Quelle: Blätter >>>>> weiterlesen
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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber William Gropper public domain.
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