Begegnungen an der ehemaligen DDR Grenze
Erstellt von Redaktion am 12. August 2014
Streik bei Autogrill Deutschland GmbH in Eisenach
Den folgenden Bericht erhielten wir von Reisenden welche an dem ehemaligen Grenzübergang bei Eisenach an BAB 4, auf einen Streik der dortigen Rasthofmitarbeiter aufmerksam wurden. Aber lassen wir Sie selber erzählen:
Eisenach, Rastplatz, ehemaliger Grenzübergang an der deutsch- deutschen Grenze, Thüringen, ein absolut historisches Monument, Transitübergang zu DDR- Zeiten, stehen viele alte Gebäude und ein Wachturm, sehr großes Objekt.
Als Reisender in den Osten mach man gerne Halt am Rastplatz Eisenach. Zur Wende war dies besonders beeindruckend, da man als DDR- Bürger nur mit Ausreisegenehmigung durch dieses undurchdringbare Tor fahren durfte unter strengster Bewachung und Kontrolle und dies herüber, wie hinüber.
Nun ist dieses Großsperrgebiet frei für jeder Mann. Es begannen sich Firmen auf diesem Gelände anzusiedeln, die den Eindruck erweckten, dass es aufwärts gehen wird. Warum auch sollte das Gelände ungenutzt bleiben oder die alten Gebäude abgerissen werden. Ein Mahnmal für eine schlechte Zeit sollte erhalten bleiben. Dies war auch im Sinn der Reisenden, die die unheimlich stark befahrene Autobahn in beide Richtungen jeden Tag nutzen.
Nach längerer Pause rasteten wir wieder an den uns bekannten Ort. Was uns dieses mal erst noch unbewusst auffiel war, dass weniger Autos parkten, weniger Fahrzeuge an der sehr gut erreichbaren Tankstelle tankten und in den Gebäuden kaum Menschen aufhielten. Vielleicht lag es an den Baustellen der Autobahn, welche noch vor kurzen ausgebaut wurden?
An anderen Autobahnraststätten bekommen wir sonst kaum einen Parkplatz. Irgend etwas war anders, als vor Jahren, wo wir selbst in Eisenach kaum richtig parken konnten.
Dieses Mal schauten wir bei unserer Rast genauer hin. Vor der Einfahrt zum Rastplatz blinkte uns eine gelbe Warnweste entgegen mit der Aufschrift „Streik“.
Hoppla, aber man denkt nicht daran und erledigt seine Notdurft, die dringend erforderlich schien.
„Komm wir rauchen eine“, sagte mein Mann zu mir.
Da wir wie immer kein Feuerzeug mit uns führten machten wir uns suchend auf die Suche nach Menschen. So sahen wir am anderen Ende der Tankstelle mindestens 30 Leutchen in diesen gelben Westen mit der Aufschrift „Streik“. „Komm, wir gehen mal zu denen. Die haben bestimmt Feuer und dann würde mich auch interessieren, warum sie streiken.“
Freundlich und etwas distanziert wurden wir empfangen. Als wir uns vorstellten und unser Ansinnen bekundeten, begann man zu erzählen. Sie streiken wieder einmal seit April 2014 für mehr Lohn, für Überstunden die nicht bezahlt werden und gegen Schikanen am Arbeitsplatz: „Sie können froh sein, dass sie hier arbeiten dürfen“ für den Tarifanschluss…usw.
Über diesen Streik berichtete schon die Eisenacher Presse unter anderen am 25. 11. 2013
Streik bei Autogrill Deutschland GmbH in Eisenach
Nur eine kleine Restbesetzung verrichtete am Sonntagnachmittag zwischen 14 und 17 Uhr ihren Dienst in der Autobahnraststätte Eisenach. Das Gros der Belegschaft des Unternehmens Autogrill Deutschland GmbH streikte vor der Tür für bessere Löhne.
Zum Warnstreik aufgerufen hatte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Gefolgt waren die meisten der etwa 60 in Eisenach Beschäftigten des weltweit größten Anbieters von Gastronomie- und Einzelhandelsdienstleistungen für Reisende mit Sitz in Mailand (Italien). Die Frauen und Männer, die als Köche, im Service, im Verkauf oder im Tankstellenbereich arbeiten, protestierten mit Trillerpfeifen und hielten Plakate mit ihren Forderungen in die Höhe.
Quelle: Eisenacher Presse >>>>> weiterlesen
So harrten Sie auch nun schon wieder ein paar Tage an dieser Stelle aus.
Ich fragte sie, ob sich „unsere“ Politiker schon einmal hier blicken lassen haben? Man bejate dies und sagte, dass Gregor Gysi und Bodo Ramelow sich schon gezeigt haben. Ich musste aufpassen, dass ich mich nicht am Kaffee verschluckte, den sie uns spendierten.
„Und was haben die bisher getan?“ Schulterzucken.
Was können Politiker auch tun? So eine Frage. Wir wollten nicht weiter bohren und auch weiter fahren. Aber diese halbe Stunde des Gesprächs hatte uns die Augen geöffnet. Hat viele meiner Fragen beantwortet. Dafür bin ich diesen Menschen sehr dankbar.
Wenn es diese Probleme auch hundertfach in Deutschland geben mag, egal in welchem Bundesland, eines ist Fakt: Wo bleiben die Lösungen? Wo bleiben die Politiker mit ihren Taten?
Es sind nicht nur die Arbeitsbedingungen, sondern auch das Aussehen dieses Rasthofes. Es hat den Anschein, dass dort seit Jahren nichts mehr investiert wird. Klar, Supertoiletten wurden nach der Wende eingebaut und Drehtüren davor. 0,70 Cent löhnen für den Stuhlgang (Was auch noch ok wäre). Nur diese Drehknüppel regen mich jedes Mal höllisch auf.
Dann muss ich etwas kaufen, wenn ich 0,50 Cent wieder bekommen will. Wobei ein Kaffee 3 Euro kostet, umgerechnet in DM ca 6 Mark.
Es geht hier nicht um Ansprüche zu stellen, sondern einfach darum, dass es uns aufregt, solch ein historischen Gebäude in solch einem Zustand zu sehen. Man spürt regelrecht, dass die Arbeitsbedingungen hier nicht gut sein können.
Arbeitsplätze werden dringend gebraucht. Aber mit einigermaßen vernünftigen Bedingungen. Dort rasten Menschen aus vielen Ländern um nach der Weiterfahrt wieder eine Diskussion zu führen, nach dem der Osten wieder abgewertet wird. Es geht nicht alles gleichzeitig, aber nach 25 Jahren? Davon spricht auch keiner.
Und trotzdem werden wir diese Raststätte wieder anfahren. Gerade eben jetzt !
Siehe auch „Tarifvertrag bei Autogrill“ auf Facebook
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Fotoquelle:
Wikipedia
Oben: September 2013 / Urheber Metilsteiner
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